Denn schau

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 23.07.2007, 17:20

Denn schau
an meinen Füßen klebt
diese schwarze satte Erde

Regen blieb aus
und tiefer wurden die Risse –

groß und leicht ist dein Schritt
achtet das Samenkorn nicht

Wind kommt auf

vielleicht

wird der Mohn
dann woanders blühn


scarlett, 2007

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 23.07.2007, 21:03

Liebe Scarlett!

Für mich spricht hier Wehmut und Sehnsucht einer entwurzelten Frau, die eine Liebe sucht, wie sie in ihrer Heimat üblich war.

Das kenne ich aus männlicher Sicht ebenso.

Wenn der Mohn überhaupt blühen wird, dann natürlich anderswo.

Moshe

Gast

Beitragvon Gast » 24.07.2007, 00:42

Hallo scarlett,

dein Gedicht spricht mich sehr an, spricht meine Sinne an, und genau an dem Punkt scheitere ich. Denn kaum habe ich den Geruch schwarzer, satter Erde (was für ein wunderbares Bild!) in der Nase, trocknest du sie mir aus. Nun bin ich verwirrt.
Vielleicht geht mir ja auch nur der Übergang anfangs zu schnell. Ich bin noch am Nachdenken. Der Mohnsamenflug gefällt mir jedenfalls :)

LG Mel

Mucki
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Beitragvon Mucki » 24.07.2007, 01:34

Liebe scarlett,

dein Gedicht finde ich sehr gelungen. Es liest sich auch so klasse.
Schön, wie du das Samenkorn auf die Reise schickst, damit es doch noch blühen kann.
Hab nur ein Meckerli, du weißt schon ;-) Den Bindestrich braucht es m.E. nicht.
Sehr gerne gelesen.
Saludos
Mucki

Gast

Beitragvon Gast » 24.07.2007, 02:02

@ Mucki: Das ist aber ein Gedankenstrich. Ähm. Nur der Ordnung halber.
(Rosinen auf dem Klo, ich weiß.)

Caty

Beitragvon Caty » 24.07.2007, 07:58

Liebe Scarlett, ich frag mich ernsthaft, woher die schwarze satte Erde an den Schuhen kommt, wenn alles ausgetrocknet ist. Ich finde dieses Bild ein bisschen verunglückt, als ob noch ein Gedankengang zwischen diesen beiden Versen fehle. Mit dem Vers "groß und leicht ist dein Schritt" mich anzufreunden gelingt mir auch nicht ganz, ihm fehlt das Einmalige, Besondere. Sicher, das ist ein Liebesgedicht, man kann das alles nachvollziehen, aber du sprichst in Bildern, und die sollten doch auch so authentisch sein wie das Gefühl, das dahinter steht. Ich bin nun mal so gebaut: Ich suche nicht nur den schönen Klang, sondern vor allem den einmaligen Menschen hinter den Worten.
Vielleicht gefällt dir das nicht? Herzlichst Caty

Max

Beitragvon Max » 24.07.2007, 11:29

Liebe Scarlett,

ich finde die Bilder des Gedichts sehr schön, sehr kräftig, weil sehr natürlich.

Die Frage nach der schwarzen Erde kam mir aber ähnlich wie Caty. Natürlich ist klar, dass man sie metaphorisch lesen muss, nur muss das Bild auch als Bild funktionieren, finde ich ...

Liebe Grüße aus Endgland, wo es noch Vormittag ist :-) (solche Dinge können mich immer wieder freuen ..)
Max

scarlett

Beitragvon scarlett » 24.07.2007, 15:50

Hallo und herzlichen Dank für euere Rückmeldungen.

moshe,
deine Lesart gefällt mir sehr gut, ja, so kann man diesen Text tatsächlich verstehen.

Mel,
klar, der Wechsel ist ziemlich plötzlich. Einen Zwischenschritt wollte ich allerdings nicht einbauen...
Logischerweise kann es ja nur so sein, daß bevor die Erde rissig wird, etwas an den Füßen klebenbleiben kann, dachte ich zumindest.
Daß dir die Bilder gefallen, freut mich.

Mucki,
schön, daß du die Melodie des Gedichts erspüren und ihr folgen konntest.
Und ich denke, daß diesmal der Gedankenstrich gerechtfertigt ist, ich möchte hier bewußt eine kleine Zäsur einbauen, ein Innehalten bewirken, bevor es auch inhaltlich auf eine andere Ebene geht.

Caty,
tja, woher kommt die schwarze Erde? Das Ich hat sie eben aus einer Zeit mitgenommen, in der sie eben noch keine Risse hatte. Ausgetrocknet ist alles erst danach. Die Erinnerung an etwas Intaktes, an etwas Heiles, etwas was Vieles hervorbringen kann, die Anlagen, das ws einen geprägt hat... all das bleibt irgendwo "hängen", man schleppt es weiter mit sich herum, auch wenn (scheinbar) schon längst alles rissig geworden ist. Und dennoch ist auch ein Samenkorn, ein "Etwas" aus dieser Zeit erhalten. Wenn es aber nicht gesehen, nicht wahrgenommen, nicht ernstgenommen, nicht als Potential erkannt wird, tja dann .... kann es verwehen und vielleicht woanders, in einer anderen Umgebung, unter Umständen von jemand anderem zum Blühen gebracht werden.
Zum Schritt - kann ich nciht viel sagen. Ich wollte damit einfach das darüber hinweggehen des Du ausdrücken (darüber=das, was das Ich ausmacht, diese satte, schwarze Erde, die es mit sich trägt). Das ist sicher nichts Einmalig, Großes, diese Formulierung ist schlicht gehalten.
Ich suche meistens auch nicht nur den schönen Klang und wenn mir hier diesmal nicht der "große Wurf" gelungen ist, na ja - geht halt nicht immer, dann wars ne nette Fingerübung.
Was meinst du mit "Vielleicht gefällt dir das nicht"? - Solltest du damit deine "Kritik" an diesem Gedicht meinen, damit habe ich kein Problem, solange sie in der Art, wie du sie formuliert hast, passiert. Wünschte ich keinerlei negative Anmerkungen, würde ich nichts einstellen, damit muß man immer rechnen und das ist auch gut so.

Max,
freut mich,d aß dir die Bilder im großen und ganzen gefallen.
Was die Erde und das Kleben an den Füßen anbelangt, habe ich nun schon einiges geschrieben, ich hoffe, du kannst auch etwas damit anfangen.
Gute Zeit dir noch in Engeland... bis bald.

Habt alle vielen Dank nochmal,

liebe Grüße,

scarlett


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