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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Peter

Beitragvon Peter » 19.07.2007, 17:14

aus copyright-gründen gelöscht

siehe: http://www.blauersalon.net/online-liter ... highlight=
Zuletzt geändert von Peter am 19.02.2008, 13:49, insgesamt 2-mal geändert.

Caty

Beitragvon Caty » 19.07.2007, 18:26

Lieber Peter, ich bin am Überlegen, wie ich dieses Gedicht verstehen soll. Am meisten Eindruck hinterlassen bei mir die letzten beiden Verse: Er ließ eine Tasche zurück/in der nichts Besonderes war. Das hinterlässt mich mit einem Fragezeichen, wie ich dieses ganze Gedicht lese. Egal. Worum es geht, halte ich in diesem Gedicht für zweitrangig. Mich spricht die schöne erzählende Stimmung an, etwas getragen, vielleicht zu sehr (ich weiß es nicht). Fraglich ist, ob die Sandburg zweimal erwähnt werden muss, ich komme auch nicht dahinter, wer dieses "andere Wesen" ist, aber ich kann mir die Nordsee vorstellen, jemand, ein Fremder, ging "über die Dünung". Im nächsten Vers stimmt der Konjunktiv nicht: Man sagte, er sei ertrunken - das wäre richtig. Strophe 3 würde ich völlig rausnehmen, sodass es keine Unterbrechung gibt bei: "und es waren die Schwellen" - "und der Strand war es" (fast eine Anapher). Wie gesagt, mir gefällt die schöne erzählende Stimmung an diesem Gedicht. Herzlichst Caty

Peter

Beitragvon Peter » 19.07.2007, 19:42

Liebe Caty,

es soll eine innere Zeichnung fehlen, eben das Besondere. Man findet keine Gründe, wie man auch den Mensch selbst nicht findet, der verschwand. Ein Gedankenspiel könnte sein, dass das Gedicht selbst diese Tasche ist am Ende. Zum Stil: Ja, das Getragene - ich kann nicht anders. Aber wäre sonst die erzählende Stimmung? Das andere Wesen: es ist eben der Strand, und das eine ist das Meer, und noch eines ist das Sehen. Der Konjunktiv: ich finde, dass "wäre" einen Zweifel ausdrückt und aus dem Sagen ein Gerücht macht. Grammatikalisch scheint mir das möglich.

Strophe 3: eher würde ich alles andere streichen:-) weil das, das ist es.

Danke fürs Lesen!

Liebe Grüße,
Peter

Max

Beitragvon Max » 20.07.2007, 19:45

Lieber Peter,

inhaltich werde ich mich dem Gedicht wohl über die Zeit erst nähern müssen.

Zunächst aber ein erster Eindruck, dass mit diese ungewöhnliche Technik gefällt, das Anknüpfen und Weiterweben, als bestünde das Gedicht aus einzelnen Gedankenflicken, die erste veroben den großen gedanbken ergeben können.

Bislang ist es so: das was ankommt, kommt gut an, aber es kommt noch nicht alles zu mir durch.

Liebe Grüße
Max

Peter

Beitragvon Peter » 20.07.2007, 19:56

Hallo Max,

"Gedankenflicken" passt hier sehr gut, denke ich. Im Gedicht gibt es einige Bilder oder Worte dazu: Das Aufgerissene, das Schlagende, oder die roten Drachen, vom Sonnenlicht zerschnitten. - Zur Technik: Ich würde es weiträumige Schritte nennen, oder: eine hintergründige Verwebung, oder: Schwellen, die dort ineinander übergehen. Mir fällt es selbst noch schwer, dieses Horizonthafte der (möglichen) Beziehungen zu erkennen.

Liebe Grüße,
Peter

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 20.07.2007, 20:55

Hallo Peter!

Der Text gefällt mir ausgesprochen gut!
Prinzipiell sehe ich hier drei Elemente: Erstmal zwei: Das Meer und das Land, wobei ersteres dynamisch ist und letzteres passiv. Dazwischen taucht dann der Mensch auf, der zwischen diesen beiden Eigenschaften der anderen Elemente steht, sich bewegt und seinen eigenen Weg hat.

(Persönlich fände ich es ganz reizvoll, wenn du in der dritten Zeile das Wort Stacheln durch Stacheldraht ersetzen würdest.)

Mit liebem Gruß

Moshe

Max

Beitragvon Max » 20.07.2007, 21:02

Lieber Moshe,

natürlich widerpsreche ich sofort und bin für die Beibehaltung der Stacheln *g* ... der Stacheldraht würde (wie immer) die Sicht zu sehr einengen .. denke cih.

Liebe Grüße
max

Peter

Beitragvon Peter » 20.07.2007, 21:31

Hallo Moshe,

das freut mich, dich hier einmal zu lesen.

Das Drei-Elementige habe ich oben schon angesprochen, ich würde aber soweit gehen zu sagen, dass im Gedicht ein Mensch nicht vorkommt, es wird von Bedingungen gesprochen, in denen der Mensch keine eigene Zeichnung besitzt, auch wenn er "seinen Weg darin sucht", oder "geht", wie du schreibst.

Es ist das Besondere, das am Ende fehlt.

Die Stacheln: eine Schwachstelle, wie ich jetzt sehe. Ich dachte nämlich an Sterne, an die... Disteln der Ferne. Für mich: Ein bedrohter Zwischenraum, einerseits von der Nähe (die Mauern), andrerseits von der Ferne.

Liebe Grüße,
Peter

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 20.07.2007, 21:52

Lieber Peter!

'Es ist das Besondere, das am Ende fehlt'

Ja.
(Keine Diskussion hier bitte darum. Davon gibt es genug.)

Man weiß es, ahnt es, und wenn man es ahnt, weiß man es.
Das ist nichts, oder kaum etwas, für Worte, allenfalls für die Zwischenräume von Worten.
Also nicht verifizierbar.

Für die Stacheln möge dir noch eine gute Lösung einfallen.

Moshe

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 22.07.2007, 12:46

gut finde ich, peter, daß du nicht konkret wirst. alles bleibt in der schwebe. langsam schält sich heraus, daß der junge (mann) in einer seltsamen fremdheit zur welt, zu den anderen menschen lebte. er entschloß sich zu gehen, fortzugehen, seine kindheit zu verlassen, vielleicht gar die welt zu verlassen.
als ich 19 war, schrieb ich ein ganz ähnliches gedicht. ich fühlte mich total von der welt und ihren erwartungen an mich überfordert. ich war nicht mehr kind aber eben auch noch nicht erwachsen. ich hatte nichts als einen schulabschluß in der tasche.

du reihst die eindrücke aneinander - es kommt einer aufzählung gleich. am ende bleibt die tasche mit nichts besonderem drin. der fremde bleibt für immer fremd ... mehr fällt mir jetzt nicht dazu ein.
ich bin berührt von deinem gedicht.

gruß
chiqu.

Perry

Beitragvon Perry » 22.07.2007, 21:45

Hallo Peter,
nachdem ich deinen Text nun mehrmals gelesen habe, komme ich zu der Ansicht, dass es mehr ein Abschied von einer Landschaft/Heimat, hier "der Strand das andere Wesen" ist. Es ist viel Kindheitserinnerung (Sandburgen, Drachensteigen) eingewebt, so dass ich an das Fortgehen eines Erwachsenen denke. Neben der Wehmut sind aber auch nüchterne Aspekte spürbar (Er ließ eine Tasche zurück, in der nichts Besonderes war).
Ingesamt ein sehr berührender Text, der die innere Zerrissenheit gut widerspiegelt.
LG
Manfred

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Beitragvon leonie » 22.07.2007, 22:03

Lieber Peter,

was ich an diesem Text besonders spannend finde, ist die Frage der Perspektive. Mir scheint, die ersten fünf Strophen nehmen eher eine Innenperspektive ein. Sie zeichnen etwas, in das ich mich hineinfühlen kann. Ganz sensibel, mit starken Bildern. Sie scheinen mir jemanden(?) zu zeichnen, der zum einen fast übersensible wahrnehmen kann, besondere Antennen hat, der auf der anderen Seite „weiche“ Grenzen hat, die leicht überschritten werden, was fast mit einem Erstaunen zur Kenntnis genommen wird, zudem jemand, der leicht in eine Verwirrung gerät, weil manches nicht zu deuten ist oder vielleicht weil er alles deuten will und daran scheitert?

Die letzten beiden Strophen dagegen enthalten ganz klar eine „Außensicht“. „Man sagt“ – distanziert dieser Blick, nicht wirklich interessiert, nicht nachforschend, ob es so ist. „Nichts Besonderes“ – nur deshalb, weil „er“ ein Unbekannter blieb, man sich nicht die Mühe machte zu erforschen, zu lesen, zu entziffern?

Dann die Strophe dazwischen, die gerade keine Verbindung schafft, obwohl eine Verbindung möglich gewesen wäre. Denn das Verschwinden vollzog sich langsam, zentimeterweise. Ein Dialog wäre möglich gewesen. An was ist er gescheitert? Desinteresse, Gleichgültigkeit?

So wie das Verschwinden fast gleichgültig konstatiert wird, als der Abschied vollzogen ist und es kein Zurück mehr gibt.

Ich kann den Text in verschiedenen Konkretionen lesen: Am ehesten als Suizid, aber auch ein Abschied aus einer Beziehung scheint mir möglich.

Ich finde stark, wie der Text etwas von dem geschehen lässt, über das er schreibt. Und die Sensibilität darin berührt mich.

Liebe Grüße

leonie (hoffentlich nicht total daneben...)

Peter

Beitragvon Peter » 23.07.2007, 21:02

Hallo Chiqu,

es gefällt mir, wie du das Gedicht beseelst. Ich kann mir diesen 19-Jährigen Mann vorstellen, oder dass du dich anhand des Gedichts erinnerst. - Die Aufzählung scheint mir auch die Grundform des Gedichts (es sind die Schritte, wie ich an Max schrieb). Zur Fremdheit vielleicht noch: Ich sehe sie so: Es ist die Form, der plötzlich der Inhalt fehlt, und die Frage, inwiefern man existert(e).

Liebe Grüße,
Peter

--

Hallo Perry,

interessant an den Kommentaren, wie sich dieses doch recht offene Gedicht widerspiegelt in den Lesern. Du siehst einen Abschied von einer Landschaft und siehst einen erwachsenen Menschen, vielleicht "herausgewachsenen" Menschen, der sich erinnert. Auch dem kann ich folgen - ohne dass ich für mich denke, dass mir selbst das Gedicht beliebig ist; es scheint nur einen großen "Spiegel-Wert" zu haben. Und es gibt eine Ironie: Die Tasche füllt sich, scheint mir, je mehr Leser sich äußern, mit allerei Besonderheiten an!

Liebe Grüße!

--

Liebe Leonie,

nach den drei Punkten ("Worte...") denke ich auch an einen Wechsel der Perspektive. Eine Innenstimme geht über in... den Bericht einer Außenstimme. Man ist vielleicht verlockt, aus dieser Innenstimme einen Menschen zu lesen, oder zumindest Eigenschaften dieses Menschen, wie du sie aufzählst. Soweit hab ich selbst nicht gedacht, aber... die Übersensibiltät scheint doch als Charaktereigenschaft eine Rolle zu spielen. Jedenfalls sehe ich daraus eine mögliche Zeichnung. Ob sie wichtig ist - das Gedicht würde vielleicht sagen, nein, weil es das eben behauptet: Dass es nichts Besonderes gäbe, keine Zeichnung, kein Eigentliches, sondern nur verschiedene Bedingungen und vielleicht zuhöchst eine Verwirrung daran.

Das Verschwinden, wenn man weiter denkt, wäre dann keines, weil es ihn / oder die Stimme / oder wer oder was er war, nie gab.

Ich verstehe den Text am ehesten so.

Liebe Grüße,
Peter


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