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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Gast

Beitragvon Gast » 06.07.2007, 22:57

gelöscht
Zuletzt geändert von Gast am 28.07.2007, 22:45, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 07.07.2007, 02:03

Liebe Mel,

dann trau ich mich mal und hoffe nicht, in die nicht vorhandene Kritknorm zu passen. ;-)

Mein erster Eindruck: Gefällt mir, das Hin- und Her zwischen Sommer und Winter, (Leben/Sterben) starke Bilder besonders gelungen finde ich: "nimm den Schnee aus meinem Sommergefieder" und "warum hast du meine Schenkel mit Himbeereis bemalt".
Den Bogen zur griechischen Mythologie bekomme ich nicht ohne weiteres gespannt. So könnte ich mir zwar vorstellen, dass es sich um die Liebe zwischen Penelope und Telegonos (Sohn des Odysseus, auf der Irrfahrt mit Kirke gezeugt) handelt, aber hab doch gewisse Zweifel
Möglich ist aber, dass du lediglich die buchstäbliche Treue der Penelope intendierst, und deshalb deinem Text diese Überschrift gegeben hast.
(Ich habe so etwas mal mit "Juno" gemacht).

Ich mag , wegen dieser Unsicherheit bis auf eine etwas andere Setzung und die Streichung zweier Worte keine weitern Vorschläge machen.
Mir scheint der Text abgesehen davon auch in sich stimmig, wenngleich mir sich noch nicht erschließt, weshalb die Junikäfer selbstvergessen tanzen. Hinweis auf Wdhlg. "Vergessen/Selbstvergesssen"
Vielleicht ist es aber auch sehr wichtig, einmal dieses "Vergessen" tanken, also durch Fremdeinfluss etwas bewusst vergessen zu wollen, gegenüber dem leichten "Selbstvergessen" der Kreatur, die nichts bewusst vergessen muss... ob ich mich verständlich ausdrücke, weiß ich ehrlich gesagt nicht so recht.

Melusine hat geschrieben:an Mutterbrüsten getrunkenbis zur Ekstase
Vergessen getankt
grüne Glückskäfer tanzen selbstvergessen
in den Junimorgen der Dezembernacht
kalt ist mir
nimm den Schnee aus meinem
Sommergefieder
warum hast du meine Schenkel
mit Himbeereis bemalt
ich friere in deinen Armen
die Stängel geknickt,
die Knospen verdorrt
es wird spät, Geliebter
du bist müde
leg mich ins Grab
dass wir ruhen können


Kursiv= Setzungsvorschlag

Liebe Nachtgrüße
Gerda

Gast

Beitragvon Gast » 07.07.2007, 02:19

Das mit dem Setzungsvorschlag hab ich jetzt nicht ganz verstanden, fürchte ich. Sonst... hm. Danke fürs (unerwartete) Lob!
Das Ding hier war eine Art Sturzgeburt und ich hab's heute eingestellt, weil es mir wieder einfiel, als...
Na ja, ich kriegte dazu in einem anderen Forum (vor langer Zeit *g*) irgendwie "dämliche" Komms: Was willst du hiermit sagen, was soll jenes Bild bedeuten, warum kannst du das nicht erklären, wenn du das nicht erklären kannst, wer sonst, du musst doch wissen was du sagen wolltest, wozu hast du es dann überhaupt geschrieben ... so in der Art.

Penelope kann ich erklären. Jetzt. Damals nicht. Soll ich?

Ich glaube, von dem "getrunken" möchte ich mich nicht verabschieden. Eher von "getankt". Mal nachdenken.


Ach so... ich bin mit den Zeilenumbrüchen irgendwie nicht so recht zufrieden. Oder passen die doch? Keine Ahnung.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 07.07.2007, 12:52

Liebe Mel,

ich finde es sehr interessant, dass Du (wenn ich das richtig verstanden habe) den Text unmittelbar nach seiner Entstehung nicht erklären konntest, mit einigem zeitlichen Abstand dagegen schon - weil es mir auch schon oft so gegangen ist ... :pfeifen:

Kannst Du vielleicht ein paar Erläuterungen dazu schreiben? Ich könnte das Gedicht auch als Sprachbild einer emotionalen Erstarrung deuten, wie sie sich vielleicht durch das lange vergebliche Warten auf den Geliebten herausgebildet hat. (Ich habe so etwas - die Erstarrung und ihre schlussendliche Auflösung bei Odysseus' Rückkehr - mal sehr schön in Musik umgesetzt erlebt, in Monteverdis Oper zu diesem Thema; daher dachte ich bei diesem Gedicht sofort daran.)

Lieben Gruß
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.07.2007, 15:22

Liebe Mel,


Woran der Text auf keinen Fall krankt, ist, dass es "zu wenig sagt" @Erklärungsebene. Die Bilder wirken eindeutig. Da würde ich mir auf keinen Fall reinreden lassen.
Trotzdem wäre ich gespannt, was dir so im Kopf herumschwebt bezüglich des Textes.

Für mich handelt er davon, dass er einmal zeigt, dass jeder eben ein einzelner ist in der Liebe und dass in der Zuwendung auch immer ein Schmerz liegt (es könnten dann hier ganz konkrete Ausprägungen dieses Schmerzes sein wie immer halt, sowohl kronkete Gründe oder anthropologische Voraussetzungen könnten zum Scheitern führen..zum ) - dass man eben immer allein bleibt (ob das Ich den anthropologischen Blickwinkel hat oder an einem (von dem Partner nur?) ganz konkreten Scheitern einer ganz konkreten Beziehung scheitern leidet weiß ich nicht...intuitiv tedniere ich zu letzterem, würde dann aber das anthropologische da hineinlegebn in diesen Einzelfall).

Berühren tut in jedem Fall die Wehrlosigkeit in der Entfernung, die in jeder Liebe liegt (wo dann wieder auch die Schnittmenge mit Penelope zu finden wäre?).

Stilistisch bin ich etwas kritischer: Das geht natürlich nicht und muss auch nicht, aber ich würde den Text (wieder?) drastisch kürzen. Ich finde einige Bilder von dir (wieder!) zum Schreien schön und autark, aber dazwischen sehe ich auch viel Gängiges...zum Beispiel eben sowas wie "selbstvergessen" und dann noch in Kombination mit tanzen - ich glaube, ohne das als Immer-Ausschlusskriterium geltend machen zu wollen, wenn man eine Statistik über den Häufigkeitsgebrauch dieser Kombination erstellen würde, würde das gegen Herz nicht so abstinken.

Wenn ich eine Überlegung dazu anstellen darf: Ich glaube, wenn man die Bewegung nutzt (und sie ist nutzbar!), etwas "einfach zu schreiben", dann ist es manchmal, nicht immer, aber shcon manchmal so, dass es eine Volte ins Versteigen gibt, die sprachlich nicht unbedignt stärkt (es gibt die Bewegung auch in Sprachsteigerung, aber leider eben - so meine eigene (lächerlich kleine) Erfahrung nicht immer..)..leider sperren sich solche Texte hinterher auch meist gegenüber dem Autor, was die Überarbeitung betrifft. Was da die Lösung ist, weiß ich auch nicht....ich woltle nur sagen, dass ich glaube, dass es sich so verhält...

Ich weiß nicht...einiges schmeckt phantastisch an den Zeilen, anderes aber...~

Konkret:

Anderen Titel würde ich wohl schon wählen (mir zu griechisch mythologisch angehaucht, ohen die Bezüge in die Tiefe anzudeuten, was nicht imemr nötig ist, aber eben so zu Hauf gemacht wird, dass es mich eher unneugierig macht...es gibt sehr viele Leute, die eben meinen, sie hätten eine große Nähe/Tiefe dazu, aber sie nicht haben (ich hab sie auch nicht, klar!). Damti meine ich jetzt gar nicht dich, sondenr nur dass dieser Eindruck eben mitschwingt und wird der nicht entkräftet (und das wird er für mich hier nicht), dann ist es eben schon enttäuschend oder eben einfach nur "nichtssagend")

Ich möchte jetzt keine gekürzte Variante vorschlagen, darum nur dieser Eindruck:

Wunderbar stark finde ich:


nimm den Schnee aus meinem
Sommergefieder

warum hast du meine Schenkel
mit Himbeereis bemalt

es wird spät, Geliebter
du bist müde


nahezu "kaputtmachend" finde ich:


bis zur Ekstase
Vergessen
tanzen selbstvergessen

die Knospen
verdorrt

leg mich ins Grab
dass wir ruhen können

Alles dazwischen ist "Grauzone", die je nach Kontext leuchtender Genuss oder stukprimäre Unwichtigkeit bedeuten könnte, kommt - ganz echt - auf die Ausarbeitung an.

So mein Eindruck.


Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 07.07.2007, 16:29

Hallo ihr drei,
danke für die Rückmeldungen (auch noch mal an Gerda).

Erst mal zum Titel: Ich wusste, als ich das Gedicht schrieb, nicht, warum es so heißt. Es hieß eben so. Der Titel war zuerst da. Er war mehr Assoziation und mir wurde auch damals schon (aufgrund von Kommentaren) bewusst, dass die antike Figur falsche Erwartungen weckt, weil es eben kein Text über Odysseus' Gattin ist.
Meine Assoziation war nicht eheliche Treue, sondern das lange, lange Warten. Am Ende kommt das Glück zu spät, denn das Lyr.Ich ist innerlich bereits abgestorben. Es steckt auch ein Verzicht darin, indem Lyr.Ich den zu spät gekommenen Geliebten freigibt... oder nein, eigentlich ist es wohl eher ein endlich loslassen Können.

Insofern, das wird mir eben erst bewusst, ist es vielleicht wirklich die Auflösung der Erstarrung wie bei Monteverdi (?)

@ Lisa: Mit dem Titel hast du wohl Recht, eben insofern als, wie gesagt, das Ganze ja nichts mit der antiken Figur zu tun hat, sie stand nur quasi Pate für den Text. Er (der Titel) wirkt wohl auch zu "intellektuell", bzw. regt zu Spekulationen an, auf welche antike Geschichte hier wohl angespielt werden mag.
@ Gerda: Die Geschichte mit Telegonos kannte ich gar nicht :). Ich kenne die Odyssee, wie überhaupt das gesamte antike Sagengut, nur recht flüchtig.

Lisa, ich gebe dir auch Recht darin, dass zu viele "abgedroschene" Wendungen in dem Text sind.

Was mich persönlich stilistisch stört ist die Wortwiederholung "Vergessen" / "selbstvergessen", sonst kann ich's irgendwie nicht festmachen, bin wohl trotz zeitlichem Abstand immer noch zu nah am Text. Ich habe auch schon mehrmals die Erfahrung gemacht, dass spontan geschriebene Texte sich gegen die Überarbeitung sperren. Umso mehr dann, wenn - und das war hier so - ich beim Schreiben erst mal selber noch gar nicht weiß, warum ich das schreibe und was es bedeutet, sondern der Text sich eher aus dem Unterbewusstsein seinen Weg bahnt (oder vielleicht: direkt aus der rechten Gehirnhälfte fließt).

Am Grab hänge ich irgendwie.... das kommt immer und immer wieder als Motiv/Metapher, ich mag das Wort. Weiß auch nicht warum. Morbide Fantasie eben :)

Hmm... jedenfalls hilft mir das jetzt schon mal sehr weiter, in "gelungenes Bild" und "abgedroschene Phrase" unterscheiden zu können - danke, Lisa!

LG Mel

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 09.07.2007, 17:14

schwer, melancholisch - schwer für mich zu entschlüsseln. wie soll man ein solches gedicht aus der perspektive des ahnungslosen lesers verbessern? außer ich hätte augenblicklich eine eingabe gehabt. dein gedicht liest sich wie ein kampf zwischen bauch und kopf. die sprache übertüncht das.
aber für mich schimmert der verstand an einigen stellen durch, was gar nicht mal schlecht wirken muß auf der metaebene des erfühlens. welche geschichte steht hinter dem gedicht? die geschichte einer penelope?

gruß
chiqu.

Caty

Beitragvon Caty » 09.07.2007, 19:09

Das lange Warten auf den Geliebten, schreibst du, das zu lange währte. Ich würde ihn unter diesem Gesichtspunkt radikal einkürzen:

Kalt ist mir, Odysseus
nimm den Schnee aus meinem
Sommergefieder (sehr schön!)
Warum hast du meine Schenkel
mit Himbeereis bemalt? (wundervoll)

Alles Drumherum kommt mir doch ein wenig zu oft gebraucht vor. Ja, ich kenn das: Erst mal was schreiben, mal sehen, was draus wird. Aber dann muss überarbeitet werden, und daran hapert es
ein bisschen in diesem Gedicht. Wie vorgeschlagen eingekürzt, ist mir der Titel Penelope sehr verständlich, im Gesamttext finde ich keinen Bezug.

Herzlichst Caty

Gast

Beitragvon Gast » 09.07.2007, 20:57

Hallo Caty,
danke für deinen Vorschlag. Mal nachdenken... es würde dann irgendwie ein recht anderer Text werden. Aber vielleicht passt es trotzdem.

Hallo Chiquita,
"ahnungslose Leser" können natürlich nur Hinweise und Anregungen geben. Ab und zu funktioniert das. Nicht immer. Aber wenn ich gleichsam einen Knoten im Hirn oder in der Tastatur habe, versuche ich es zumindest mal ;).
Hinter dem Gedicht steht eine Geschichte, die immer noch am Rande meines Bewusstseins bleibt, wie ein Traum, dessen Bedeutung sich nicht recht fassen lassen will. Wie eine Romanfigur, die noch keine Lust hat, mir ihre Geschichte in die Feder zu diktieren.

LG Mel


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