deine spur

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 03.07.2007, 22:30

deine spur
hab ich verloren zwischen
dem flügeln** der eintagsfliegen
und blauenden luftschlössern
kam irgendwann der große
regen in die pfützen warf
der mond sein gesicht
tausendfach *
verwaschen

orientierungslos

(und ich tappe im dunkeln
wie man so hört)

* zitternd raus, anregung von Mucki. Danke!
** mäandernd ersetzt durch flügelnd, merci Max!

scarlett, 2007
Zuletzt geändert von scarlett am 07.07.2007, 21:55, insgesamt 2-mal geändert.

Herby

Beitragvon Herby » 04.07.2007, 08:33

Hallo scarlett,

das gefällt mir von der Sprache und Form her wirklich gut.

Nur mit dem Klammerzusatz hab ich noch Probleme. Für mich ist das Gedicht nach "orientierungslos" zu Ende. Bedarf es der Klammer? Das Tappen im Dunkel ist doch ohnehin schon in "orientierungslos" enthalten.

Liebe Grüße in einen grauslich verregneten Morgen
Herby

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.07.2007, 12:25

Liebe scarlett,

"mäandernden", mal ein ganz unverbrauchtes und ungewöhnliches Wort. Doch es liest sich recht schwer, finde ich. Dazu dann die enjambements, diesmal, ganz ungewöhnlich für dich,-) ohne Bindestriche.
Mir ist klar, was du mit den mäandernden eintagsfliegen meinst, aber irgendwie tue ich mich schwer mit deinem Gedicht. Was mir sehr gut gefällt, ist der Mond, dessen Gesicht durch den Regen in den Pfützen verwäscht, wobei ich mich frage, ob verwaschen und zitternd nicht zuviel ist, ob eines genügt. Der letzte Satz in Klammern kann m.E. entfallen, außerdem grüble ich, warum du das "wie man so hört" da geschrieben hast. (Dieser Perspektivenwechsel)

Eine Idee für eine andere Setzung:

deine spur
hab ich verloren
zwischen
mäandernden eintagsfliegen --> hierüber würde ich noch mal nachdenken
und blauenden luftschlössern
platzte irgendwann --> evtl. "platzte" ? statt "kam"
der große regen
warf
der mond sein gesicht
tausendfach verwaschen und zitternd --> evtl. "und zitternd" streichen?
in die pfützen

orientierungslos

Nur mal so, als Anregung. Vielleicht kannst du damit etwas anfangen.
Saludos
Mucki

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leonie
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Beitragvon leonie » 04.07.2007, 12:31

Liebe scarett,

ich mag Dein Gedicht auch, vor allem das Mondbild.
Mir den beiden Adjektiven "mäandern und blauend" tue ich mich aber auch ein wenig schwer, sie erhalten so ein großes gewicht durch ihre Eigenheit und ich muss zudem den Kopf einschalten und kopmme ein wenig aus dem Lesefluss.

Am Ende würde ich unbedingt die Klammer lassen und das "orientierunglos" weglassen. Es ist doppelt, aber "orientierungslos ist das reflektierende Wort, während die Klammer das Bild enthält und deshalb für mich viel, viel stärker ist.

Liebe Grüße

leonie

scarlett

Beitragvon scarlett » 04.07.2007, 21:49

LIebe leonie, leibe Mucki, lieber Herby

das war ein Experiment, ich gebe es zu, was völlig Neues für mich (zumindest). Aber ein weiteres wird folgen, weil ich daran Geschmack gefunden habe...

Die Klammer kann ich nicht weglassen. Sie bringt mir eine Perspektive "von weiter weg" rein, die ich brauche. Der Mond macht durch sein Spiegelbild in den Pfützen alles unklar, er verstreut sein LIcht scheinbar wahllos, orientierungslos auch er, mal hier, mal dort, je nachdem, wo das Ich steht und sucht, schaut es anders aus. D h das Ich tappt letztendlich im dunklen, es weiß nicht, wo die Spuren zu finden sind, es gibt ja auch eigentlich keine mehr (siehe Anfang)... der große Regen hat dafür gesorgt.

Ob ich "orientierungslos" weglassen kann, darüber will ich noch nachdenken. Es ist ja so, daß ich damit ausdrücken wollte, daß selbst der Mond sein Licht mal hier mal da verstreut und die Pfützen unterschiedlich aufleuchten, je nachdem, wo das lyrIch steht. Aber letztendlich trägt das nur zur Verwirrung bei, das >Ich tappt im dunklen, weiß nicht, woran es sich halten soll.

Mit dem "wie man so hört" wollt ich ausdrücken, daß das lyrIch ja schon sucht, nach den Spuren, aber daß es offensichtlich an den falschen Stellen sucht- andere scheinen besser zu wissen, daß es auf dem Holzweg ist...d h nachdem was dem lyrIch zugetragen wird, tappt es mit seinem Suchen im Dunkeln...

Ich glaube, ich kann mcih grad nicht sehr verständlich ausdrücken.... sorry!

Ich danke euch für eure Rückmeldungen, ich werde noch mal über alles nachhdenken,

scarlett

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.07.2007, 22:39

Liebe scarlett,

ja, es ist wirklich etwas ganz anderes von dir, stimmt. Aber experimentieren ist immer gut, findet man doch bisweilen auf diese Weise neue Wege und Sichtweisen,-)

Für mich ist eigentlich der größte "Stolperstein" dies hier:

(und ich tappe im dunkeln
wie man so hört)


Was du dazu schreibst, ist klar, aber es geht, jedenfalls für mich, so nicht aus den Zeilen hervor, weil dieses "wie man so hört" sich zu lapidar anhört, nicht "ernst" genug, und für das LI ist es ja ernst, verstehst, wie ich meine?
Lass es mal sacken. Das hilft oft,-)

Saludos
Mucki

scarlett

Beitragvon scarlett » 04.07.2007, 22:43

Ja Mucki, aber es relativiert das alles, verstehst du? Dem LI ist es ernst, aber was bedeutet das schon im "Weltgeschehen"?

scarlett

P.S. Ich laß es trotzdem mal sacken...

Max

Beitragvon Max » 05.07.2007, 21:02

Liebe Scarlett,

mein erster Eindruck ist sehr positiv.

Das "mäandernd" beschreibt sehr vieles gut, ob allerdings Fliegen, möchte ich mal als Frage in den Raum werfen .. irgendwie verbinde ich es mit etwas Ruhigerem - etwa eben einem Fluss ;-)

Liebe Grüße
max

Klara
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Beitragvon Klara » 05.07.2007, 21:30

Hallo Scarlett,

gefällt mir sehr gut (keine Kommentare gelesen). Lässt offen und traut sich das zu (das Offene).

Das Wort "mäandernd" mag ich allerdings nicht. Ich finde, es klingt unschön, außerdem denke ich unweigerlich an Flüsse - keinesfalls an etwas hektisch und summend Fliegendes.
Ähnlich geht es mir mit "blauend" - kann mri einfach nichts drunter vorstellen. Sind die Schlösser blau? Warum dann nicht "blau"? Werden sie blau? Warum dann nicht blauwerdend? Oder machen sie blau? Aber was oder wen?

Das mag geschmäcklerisch sein, und du wirst deine Gründe haben. Wollte dir nur mein Feedback geben.

Das hier dagegen lässt mich in die Knie gehen:
(und ich tappe im dunkeln
wie man so hört)

so sehr, dass ich mich frage, ob das "orientierungslos" nicht vielleicht überflüssig ist.

Lieber Gruß
Klara

Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.07.2007, 22:10

Das "mäandernden" habe ich auch den Flüssen zugeordnet, ein sich schlängeln. Und wenn man es mit den Eintagsfliegen in Zusammenhang bringt, als eine Art von Taumeln.
Die "blauenden Luftschlösser" lese ich als Luftschlösser, die sich auflösen, die verschwinden (ins Blau)
Saludos
Mucki

scarlett

Beitragvon scarlett » 06.07.2007, 12:31

Lieber Max,

dank dir für die Rückmeldung und für die positive Aufnahme meines neuen (für meine Verhältnisse eher ungewöhnichen) Versuchs, Ordnung ins Wort- und gedankenlabyrinth zu bringen.

Was das "mäandernd" anbelangt: ich fürchte, du (und nicht nur du, Klara hat es ja auch angesprochen) hast nicht ganz unrecht. Ich dachte bei diesem Wort ausschließlich an das sich Schlängelnde, sich Windende, mal dahin, mal dorthin - so weit, so gut, das würde ja auch zu den Fliegen passen, allerdings: daß das keineswegs was Hektisches an sich an, dieses Wort, das habe ich einfach ignoriert... (huhu... aber andere haben es bemerkt, sowas aber auch :-) ).
Nur: wie ich das jetzt lösen soll, das ist mir im MOment noch etwas schleierhaft... Ja, ja... entweder ein anderes Substantiv für "Eintagsfliegen" oder ein anderes Adjektiv, das besser zu ihnen paßt.

Hast du eine Idee? Die Sammelbox ist geöffnet... ;-)

Liebe Klara,

schön, dich wieder mal bei einem meiner Gedichte zu lesen. Danke fürs feedback.

Zu dem "mäandernd" - s. o. Ich glaube, da muß was anderes her.

Das "blauend" allerdings, wenn auch etwas ungewohnt, das werde ich wohl stehen lassen. Ich denke, das ist offen genug, bietet Spielraum für eigene Interpretationen- schade, daß du so gar nichts mit anfangen kannst. Und ja, es ist absichtlich so unklar gehalten, wobei Muckis Lesart auch die meine ist... sich im Blau allmählich auflösend... Luftschlösser, die sich letztlich als solche "outen".

Am "orientierungslos" hänge ich noch... aber wenn keiner das so sieht, wie ich das gedcht habe, wird es wohl gekappt werden.

Das "zitternd" jedenfalls, Mucki, das nehme ich jetzt raus, da hat das Nachdenken darüber (aufgrund deines Hinweises) mich zu dem Schluß kommen lassen, daß es überflüssig ist.

Habt lieben Dank für eure Gedanken und Anregungen,

"herbstliche" Grüße aus München,

scarlett,
die sich jetzt mal nen Pullover anziehen geht, jawoll!

Max

Beitragvon Max » 06.07.2007, 21:19

Liebe Scarlett,

nicht so leicht ... die irrlichternden Eintagsfliegen vielleicht, oder zwischen "dem Flügeln der Eintagsfliegen"?!

Liebe Grüße
Max

scarlett

Beitragvon scarlett » 06.07.2007, 21:59

Lieber Max,

"dem flügeln der eintagsfliegen" schon mal ganz gut, ja doch...
Bissi viel "f"... hmm... liest sich das denn flüssig?

Gerade hab ich die Idee: wie wäre es mit "schillernden"? Schillern die Flügel der Fliegen nicht im Licht? Das hätte ja auch was, die weiteren Konnotationen lägen schon mal ganz in meiner Intention.

Mal sehen.

Liebe Grüße,

scarlett

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 06.07.2007, 22:06

Liebe Scarlett,

ich liebe ja das Wort "mäandernd" aber keinesfalls im Zusammenhang mit den herumhektelnden Fliegen, das ergibt für mich ein schiefes Bild, wie auch für andere, wie ich las.
Ein sanft gekurvter Weg, ein Strom mäandert durchaus.

dem flügelnd der eintagsfliegen <- das ist hübsch. schillernd würde zum verzitterten pfützenmond passen.

Dazu habe ich auch noch eine Frage:
(und ich tappe im dunkeln
wie man so hört)


Wer hört es denn? Das verstehe ich nicht ganz.

Lieben Gruß
ELsa
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