Unlauterer Wettbewerb

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klara
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Beitragvon Klara » 05.07.2007, 14:45

Unlauterer Wettbewerb

Man hat die Krankenschwester töten sehen.
Man hat nichts dagegen gesagt.

Man hat die Krankenhäuser mit Effizienz
zu Centres of Excellence gemacht

Man hat das Personal dem angepasst
und ausgesetzt am Rand seiner Patienten

Zuvor hat man die kranken Leute totgeschwiegen
Und allen Tod im Leben krank geschminkt

Man hat dabei die Leere ganz vergessen
die Löcher in der Nacht, die wunden Liegen

Man hat die Krankenschwester töten sehen
Man hat sie schließlich angeklagt

Man sagte, dass sie wusste, was sie tat
Sie sagte, dass sie musste, was sie tat

Man hat die Krankenschwester eingesperrt
Man sagt, sie hat mit dem System versagt

Herby

Beitragvon Herby » 06.07.2007, 00:07

Liebe Klara,

ja, ich weiß, worauf Du anspielst. Mitleid oder Hybris oder weder noch?

Zum Text nur kurz, da die Müdigkeit fortschreitet:

Man hat die Krankenschwester töten sehen.


Hier hab ich Probleme mit "Man", da es mir im Zusammenhang zu verallgemeinernd vorkommt. Wurde sie denn überhaupt gesehen bei ihren Taten oder kam das nicht eher erst durch irgendeine Überprüfung ans Licht?

Stark und nachdenkenswert diese Stellen:

Man sagte, dass sie wusste, was sie tat
Sie sagte, dass sie musste, was sie tat
...
Man sagt, sie hat mit dem System versagt


Auch der Titel in seiner zynischen Doppeldeutigkeit gefällt mir. Hatte zunächst gedacht, er umfasse nicht den gesamten Text, aber da irrte ich. Ist wohl besser, ich hör jetzt auf zu kommentieren und geh schlafen :sleepy1:

Späte Grüße
Herby

Klara
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Beitragvon Klara » 06.07.2007, 09:01

Hallo Herby,

danke für deinen Kommentar.

"Man hat die Krankenschwester töten sehen" . Es ist ja ein Text, und keine Realität, wenn auch angelehnt an letztere.

Aber davon abgesehen, selbst wenn du es nur auf den "Fall" beziehst, der kürzlich durch die Presse ging: Es ist offenbar so, dass mehrere Pfleger gesehen haben, wie die Betreffende Spritzen verabreicht hat, die nicht ärztlich verordnet waren. Schlafmittel. Es dauerte noch Monate bis zur Anzeige, obwohl dann auf der Station getuschelt wurde. Man wollte es nicht wahrhaben. Es ist auch offenbar so, dass die Ärzte zögerlich gehandelt haben, noch später ihren Chef informiert haben (oder nformieren konnten, manche behaupten, er sei nicht erreichbar gewesen über eine Woche lang, und in dieser Woche starb noch ein Patient, glaube ich). Es ist auch unbekannt, ob diese vier bekannten Todesfälle die einzigen von der Verurteilten verursachten sind.

Ich finde die ganze Sache sehr beklemmend. Nicht nur die Krankenschwester (eine merkwürdig hartleibige Person), sondern auch das Urteil, das der Angeklagten ja "unlautere Motive" unterstellt und - natürlich - die Systematik und die Industrialisierung des Gesundheitswesens ausklammert.

Viele Grüße
Klara

Niko

Beitragvon Niko » 06.07.2007, 09:12

dieses "man" gefällt mir, klara. weil es das unpersönliche verstärkt.
ansonsten....ich weiß nicht. mir ist er etwas platt, wenn ich das mal so sagen darf. da ist nicht wirklich etwas drin, was ein wenig weiter greift. auch das ende ist mir zu ......vorhersehbar?

lieben gruß: Niko

Klara
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Beitragvon Klara » 06.07.2007, 13:30

Hallo Niko,
mir ist er etwas platt, wenn ich das mal so sagen darf. da ist nicht wirklich etwas drin, was ein wenig weiter greift. auch das ende ist mir zu ......vorhersehbar?

Vielleicht hast du recht. Ich würde nicht "platt" sagen, sondern "deutlich", "ausgesprochen", wenn ich dich richtig verstehe. Das muss der Text aber auch, er kann ja nicht weiter weggucken und nichts sagen. Vielleicht ist es auch gar keine Lyrik, und ich wollte das einfach nur mal, ganz platt, gesagt haben .-)

Herzlich
klara


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