Unbegreiflich mein Fluss
Himmelsspiegel gütiges Wasser
Alles fließt, unten oben nichts bleibt, es fließen
Auch Fische und Molche, getaucht
In den kühlen Wasserleib meine Hand
Ich wühle im Bracksand zieh mir einen Stein
Eine tote Muschel ans Licht das
Zufällige Lindenblatt ertrunkenes Leben
Bäume verfallen in neuen Herbst hernach
Im hohen Geäst singt ein bescheidener Vogel
Vergangene Lieder die bleiche Muschel
Ritzt meine blutleere Hand siebenmal
Werf ich den Stein über siebengeborenes Wasser
Den Stein und dich, frierendes Herz.
Einmal am Fluss
hallo caty,
das klingt für mich schon fast wie eine beschwörung oder, nein, wie ein atemloses lamento.
sehr gelungen, finde ich.
besonders gut gefallen mir "himmelsspiegel" und "kühler wasserleib", aber auch das wortspiel mit der magischen sieben.
überdenken würde ich eventuell den titel, der im gegesatz zum text merkwürdig farblos bleibt.
im gedicht selbst dominieren diese adjektiv-nomen-verbindungen. für meinen geschmack macht das dein flussbild schwer, aber möglicherweise hast du das beabsichtigt. (wenn nicht: auch wenn man einige der adjektivattribute weglässt, zeichnen die verbleibenen worte ein anschauliches bild.) mit dem "bescheidenen vogel" kann ich mich nur schwer anfreunden.
lg
pan
das klingt für mich schon fast wie eine beschwörung oder, nein, wie ein atemloses lamento.
sehr gelungen, finde ich.
besonders gut gefallen mir "himmelsspiegel" und "kühler wasserleib", aber auch das wortspiel mit der magischen sieben.
überdenken würde ich eventuell den titel, der im gegesatz zum text merkwürdig farblos bleibt.
im gedicht selbst dominieren diese adjektiv-nomen-verbindungen. für meinen geschmack macht das dein flussbild schwer, aber möglicherweise hast du das beabsichtigt. (wenn nicht: auch wenn man einige der adjektivattribute weglässt, zeichnen die verbleibenen worte ein anschauliches bild.) mit dem "bescheidenen vogel" kann ich mich nur schwer anfreunden.
lg
pan
Liebe Pandora, ja ein Lamento, kein Lamento, ein Erleben am Fluss. Meine Gedichte "leben" von solchen Dissonanzen, mein Vorbild ist nicht Sappho mit ihrem weichen Fließen, ich liebe das Gegenüberstellen von weicher und harter Fügung, Gehobenem und Alltäglichem, ich neige eher zu Pindar. Und wenn da ein schnellfließender Fluss ist, mache ich ihn langsam. Mir kommt er immer noch zu weich vor. Ich habe lange über den Titel nachgedacht, als farblos empfinde ich ihn nicht, eher alltäglich. Und das sollte er auch sein. Ich verabscheue große Gesten, ich bleibe gern auf dem Boden. Der "bescheidene Vogel" gehört dazu, das heißt, es ist ein unscheinbarer, mit kleiner Stimme. Es freut mich, dass er dir aufgefallen ist. Was die Attribute angeht, so betrachte ich mir jedes von allen Seiten. Jedes Attribut charakterisiert das Substantiv, das ist seine Aufgabe. Aber ob mir das wirklich gelungen ist, liegt nicht in meiner Entscheidung, es kommt auf die "Erfahrung" des Lesers an. Meinen allerherzlichsten Dank, liebe Pandora, dass du dich über den Text gebeugt hast. Herzlichst Caty
Hallo Caty,
ich mag diesen atemlos und schwer zugleich fließenden Gesang sehr in seinem Bilderreichtum und auch der bescheidene Vogel ist stimmig für mich. Aber anders als Pandora steigt mein Empfinden ab dieser Stelle aus
verweigert sich der dramatischen und inhaltslastigen Siebenerformel, dem tragischen Bild des Ritzens und dem frierenden Herz. Da verlässt du für mich genaus diese Qualität, die du anstrebst
und die ich ganz subjektiv schätze.
Grüße aus der wasserarmen Holledau
Eva
ich mag diesen atemlos und schwer zugleich fließenden Gesang sehr in seinem Bilderreichtum und auch der bescheidene Vogel ist stimmig für mich. Aber anders als Pandora steigt mein Empfinden ab dieser Stelle aus
Ritzt meine blutleere Hand siebenmal
Werf ich den Stein über siebengeborenes Wasser
Den Stein und dich, frierendes Herz
verweigert sich der dramatischen und inhaltslastigen Siebenerformel, dem tragischen Bild des Ritzens und dem frierenden Herz. Da verlässt du für mich genaus diese Qualität, die du anstrebst
eher alltäglich. Und das sollte er auch sein. Ich verabscheue große Gesten, ich bleibe gern auf dem Boden
und die ich ganz subjektiv schätze.
Grüße aus der wasserarmen Holledau
Eva
Jetzter wird's nicht. D. Wittrock
Liebe Eva, bei den von dir erwähnten Stellen handelt es sich um symbolistische Aussagen, die nichts mit "großen Gesten" zu tun haben. Auch Symbole können sehr alltäglich sein, sie sind eine lyrische Möglichkeit. Ich will den Text nicht verteidigen, versteh mich da richtig, aber ich glaube nicht, dass er sich durch Hohlheit und Substanzlosigkeit auszeichnet, die auch immer zur "großen Geste" gehören. Was die "Atemlosigkeit" angeht: Sprich diesen Text mal laut, versuch nicht, beim Enjambement einen "Sinn" herzustellen, das heißt: über die Zeile hinwegzulesen, sondern sprich immer eine kleine Zäsur am Versende. Dies widerspricht der landläufig gebräuchlichen Zeilenbruchtechnik, die so eingängig ist und sich oft pathetisch sinngerecht spricht, und dies ist von mir beabsichtigt. Mein Text soll nicht eingängig sein, sondern immer etwas Sprödes ausstrahlen. Die Atemlosigkeit stellt sich nur dadurch her, dass du eben am Versende Sinn herzustellen versuchst und den Zeilen hinterherläufst. Es ist tatsächlich ein langsamer Text. Hab meinen besten Dank für deine Meinung. Apropos: Wo liegt eigentlich Holledau?
Herzlichst Caty
Herzlichst Caty
Mir ist die Siebenersymbolik einfach zu oft und in zuvielen Zusammenhängen begegnet - vielleicht auch zu oft mißbraucht worden, ich bin also befangen. Und hier stört sie mich einfach, denn
Liebe Grüße
Eva
P.S. http://de.wikipedia.org/wiki/Hallertau
und mir wäre dieser Fluss in seiner klaren Schönheit ohne kryptisches Ende lieber. Hingegen hat mir das Paradoxon Atemlosigkeit und Schwere zugleich zugesagt, also lass mich freiweg atmend deine spröden Brüche genießen.es kommt auf die "Erfahrung" des Lesers an.
Liebe Grüße
Eva
P.S. http://de.wikipedia.org/wiki/Hallertau
Jetzter wird's nicht. D. Wittrock
Liebe Caty,
[keine Komms gelesen © Nifl
]
das ist wie ein Gebet, eine Beschwörung, die mir sehr gut gefällt, sehr intensiv ist in ihrem eigenen Rhythmus, mit dem das lyrische Ich den Fluss und seine Natur anruft.
Kleinigkeiten sind die Interpunktion, die mir willkürlich mal aufzutauchen scheint und mal nicht und der "bescheidene Vogel", den ich mir ebenso unbescheiden vorstellen könnte, da der Grund für seine Bescheidenheit für mich nicht ersichtlich ist.
Habe ich gern gelesen.
Liebe Grüße
Max
[keine Komms gelesen © Nifl
.gif)
das ist wie ein Gebet, eine Beschwörung, die mir sehr gut gefällt, sehr intensiv ist in ihrem eigenen Rhythmus, mit dem das lyrische Ich den Fluss und seine Natur anruft.
Kleinigkeiten sind die Interpunktion, die mir willkürlich mal aufzutauchen scheint und mal nicht und der "bescheidene Vogel", den ich mir ebenso unbescheiden vorstellen könnte, da der Grund für seine Bescheidenheit für mich nicht ersichtlich ist.
Habe ich gern gelesen.
Liebe Grüße
Max
Lieber Max, danke für den Kommentar. Zur Interpunktion habe ich mich schon an anderer Stelle geäußert. Der "bescheidene Vogel" fällt aus den gängigen Vorstellungen heraus, deshalb blickst du misstrauisch auf ihn, denke ich mir mal. Das Gedicht funktioniert oder auch nicht zwischen Autor und Leser und dessen Differenzerfahrung. Gäbe es sie nicht, niemand würde Gedichte lesen mit all ihren Umständlichkeiten, habe ich recht? Herzlichst Caty
Liebe Caty,
ich wollte nicht die gesamte Lyrik in Frage stellen, sondern deine Intention in diesem Gedicht nachvollziehen können
und was macht den Qualitätsunterschied zwischen lyrischer Zahlensymbolik gegenüber der sog esotherischen Zahlensymbolik aus?
Also was ist der unterscheidetdie eine 7 von der anderen?
Nicht polemische sondern wirklich ernsthafte Grüße
Eva
ich wollte nicht die gesamte Lyrik in Frage stellen, sondern deine Intention in diesem Gedicht nachvollziehen können
wozu scheint dir diese Zahlensymbolik in diesem Textzusammenhang so notwendig
und was macht den Qualitätsunterschied zwischen lyrischer Zahlensymbolik gegenüber der sog esotherischen Zahlensymbolik aus?
Also was ist der unterscheidetdie eine 7 von der anderen?
Nicht polemische sondern wirklich ernsthafte Grüße
Eva
Jetzter wird's nicht. D. Wittrock
Eva, versuch doch mal, das Gedicht einfach zu lesen, ohne nach meinen persönlichen Motiven zu suchen, die selbstverständlich bei jedem Autor vorhanden sind. Ich habe es nicht nur für mich, sondern auch für Leser geschrieben. Und jeder Leser bringt seine eigenen Erfahrungen mit (die sogenannten Differenzerfahrungen). Ich glaube aber auch, dass dir sogar Goethe nicht ins Einzelne gehend sagen würde, was er mit "Über allen Gipfeln ist Ruh" meinte, obwohl er sehr viel zur Lyrik gesagt hat. Das ist eben das Geheimnis der Lyrik, lass es ihr. Was den Unterschied betrifft zwischen esoterischen und magischen, literarisch bedeutenden Zahlen - sieh mal ins Wikipedia, ich könnte dir das nur unvollkommen erklären, ich will hier nichts Falsches oder Halbes sagen. Herzlichst Caty
Letzter Versuch (vielleicht habe ich mich nicht klar ausgedrückt):
Ich wollte nicht deine persönliche Erfahrung wissen, die dich zu diesen Worten führten, sondern warum du diese symbolische Wendung zu Körper und Seele für diesen TEXT für unverzichtbar hältst.
Aber wir können es auch einfach auf meiner Differenzerfahrung beruhen lassen, die darin besteht, dass dieses Ende m.E. den guten Text schwächt, und den Dialog an dieser Stelle beenden.
Und wieder bleibe ich grübelnd zurück, wozu konstruktiv gemeinte kritische Stellungnahmen in Literaturforen denn nun eigentlich gut sind (außer dass sie Zeit kosten)
ratlose Grüße
Eva
Ich wollte nicht deine persönliche Erfahrung wissen, die dich zu diesen Worten führten, sondern warum du diese symbolische Wendung zu Körper und Seele für diesen TEXT für unverzichtbar hältst.
Aber wir können es auch einfach auf meiner Differenzerfahrung beruhen lassen, die darin besteht, dass dieses Ende m.E. den guten Text schwächt, und den Dialog an dieser Stelle beenden.
Und wieder bleibe ich grübelnd zurück, wozu konstruktiv gemeinte kritische Stellungnahmen in Literaturforen denn nun eigentlich gut sind (außer dass sie Zeit kosten)
ratlose Grüße
Eva
Jetzter wird's nicht. D. Wittrock
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