Bewußt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Chiquita

Beitragvon Chiquita » 17.06.2007, 14:39

Bewußt



Sieh den Schatten von mir
und daß ich hier stehe
ganz fest
und daß mir der Tag
die Tränen abwischt
und mich der Wind
ganz zart umwehe



...

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 24.06.2007, 20:34

Hallo Aram.

Der Konjunktiv ist halbtot, der Konjunktiv I dreivierteltot, und der Konjunktiv I in anderen Verwendungen als der indirekten Rede...? Na ja :)

Du sagst: "In der Praxis kommt es darauf an - sind 'Regelabweichungen' 'Bedeutungsträger', oder nicht?" Da hast du recht. Aber wenn, wie in meinem Fall, die Regelabweichungen (oder vielleicht besser "Regelverschleierung"?!) dazu führen, dass der Text unverstanden bleibt, dann kann es doch gar nicht zu einer solchen Abwägung kommen, oder?!

Hallo Melusine.

Ich versuche, diesen Text zu verstehen. Was hat das mit "Konjunktivitis" zu tun? Und was soll der Verweis auf "wäre"?

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 20:36

ich glaube, daß eine kritik nachvollziehbarer sein sollte als das werk selbst. leider ist das hier gerade nicht der fall. ich komme mir vor wie beim finanzamt, wo mir ein netter steuerbeamter gegenübersitzt und mir erklärt, warum ich 200 euro nachzahlen soll.
natürlich muß ich zahlen, weil ich mir keinen eigenen steuerberater leisten kann. ich verstehe die materie einfach nicht.

in diesem fall beharre ich auf meiner dichterischen freiheit. es gab für mich bisher keine überzeugenden argumente, das werk abzuändern. nein, im gegenteile, umso mehr hier über grammatik geschwätzt wird, desto stärker ist mein festhalten an der urfassung.

könnt ihr das verstehen?

chiqu.

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 20:46

danke für dein außerordentliches einfühlungsvermögen, scal, gepaart mit grammatikalicher intelligenz.
leider bringt mich dein kommentar auch nicht weiter.

chiqu.

aram
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Beitragvon aram » 25.06.2007, 00:05

Chiquita hat geschrieben:in diesem fall beharre ich auf meiner dichterischen freiheit. es gab für mich bisher keine überzeugenden argumente, das werk abzuändern.

hallo chiquita,
das würden vermutlich alle hier genau so halten wie du. - es wird wohl auch niemand erwarten, dass der autor irgendwas ändert, ohne selbst überzeugt zu sein - nur, dass er fragen/einwände in betracht zieht, darauf antwortet, und das tust du hier ausführlich. (im café nicht, aber das ist etwas anderes.)

Chiquita hat geschrieben:ich komme mir vor wie beim finanzamt, wo mir ein netter steuerbeamter gegenübersitzt und mir erklärt, warum ich 200 euro nachzahlen soll.

gefällt mir, gut illustriertes gefühl.
(autoren sind hier nicht 'zahlungs-', nur 'auskunftspflichtig' - und auch dieser anspruch ist nicht 'exekutierbar'.-)


@ ferdi:
ferdi hat geschrieben:Der Konjunktiv ist halbtot, der Konjunktiv I dreivierteltot, und der Konjunktiv I in anderen Verwendungen als der indirekten Rede...? Na ja :)

da stimme ich dir nicht zu - aber das ist ja wenn überhaupt nur ein nebenschauplatz.

ferdi hat geschrieben:Aber wenn, wie in meinem Fall, die Regelabweichungen (oder vielleicht besser "Regelverschleierung"?!) dazu führen, dass der Text unverstanden bleibt,

ich bezweifle, dass dieser zusammenhang zwischen 'regelabweichung' und 'unverständnis' besteht:

erstens gibt es überhaupt keine 'für alle verständlichen' texte, egal, ob sie eigenwillige grammatik o.ä. beinhalten, oder nicht.

zeitens:
wenn man die angedeutete aussage versteht / ahnt, versteht man auch die 'abweichung'. ahnt man sie nicht, hilft auch 'korrekte' gammatik nicht weiter - am textbeispiel von ilse aichinger: der letzte satz im indikativ ist formal eigenständig, so gesehen gibt es keinen 'regelbruch' - aber hilft dir das, zu verstehen, weshalb ihr text hier vom konj. in den indik. wechselt??

drittens:
auch bei chiquitas text sehe ich nicht notwendigerweise einen 'regelwidrigen' konjunktiv:

ferdi hat geschrieben:1. Wenn "umwehe" Konjunktiv sein soll, geht das nicht.

2. Der Satzbau ist undurchsichtig. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist er sogar falsch. Schauen wir mal!
(...)
Keine Frage, das letzte Glied passt nicht.
(...)
im Endeffekt ist das "sieh" der ersten Zeile dein einziges fintites Verb, so dass normalerweise von diesem alles abhängig sein muss.

muss es nicht - man kann auch lesen:

sieh, dass ich hier stehe, ganz fest, und dass ['und auf dass'] mir der tag die tränen abwischt und mich der wind ganz zart umwehe

natürlich ist das eigen - aber darstellbar. (nach deiner argumentation ginge dann der konj., aber nicht der indik. :-) - mehrdeutigeiten in lyrischen texten sind doch normal - und wie du siehst, hilft auch eine 'korrekte' lesemöglichkeit des letzten gliedes dir nicht unbedingt dabei, sie zu entdecken .-)

liebe grüße
aram
Zuletzt geändert von aram am 25.06.2007, 00:13, insgesamt 1-mal geändert.
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 25.06.2007, 00:12

danke ,aram, für diese spätstündlichen erläuterungen zu meinem gedicht.
ganz schön kompliziert die dichterei hier.

gutenachtgruß
chiqu.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 25.06.2007, 00:54

Hallo Aram!

Vielleicht bin ich zu müde, aber zum einen verstehe ich nicht, warum du mir nicht zugestehen willst, dass die grammatikalische Struktur des Textes so unklar erscheint, dass ich Schwierigkeiten beim Verständnis habe? Zum anderen erschließt sich deine Lesung des Textes mir selbst nach deiner Erläuterung nicht.

Na ja, mal sehen, was der Morgen bringt :)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Gast

Beitragvon Gast » 25.06.2007, 17:21

Hallo Ferdi,

Konjunktivitis heißt Bindehautentzündung. Das war als ironisches Wortspiel gemeint. Indem ich schrieb, dass "wäre" Konjunktiv II sei, wollte ich dich auf deinen Fehler hinweisen.
ferdi hat geschrieben:Dass es Konjunktiv I wäre, schrieb ich.

Korrekt müsste es aber heißen: "Dass es Konjunktiv I sei, schrieb ich."
(Abgesehen von der faktischen Unkorrektheit der Aussage, denn das schriebst du keineswegs.)

So, aber ich denke, nun ist es wirklich genug der unsinnigen Haarspaltereien.


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