Bewußt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Chiquita

Beitragvon Chiquita » 17.06.2007, 14:39

Bewußt



Sieh den Schatten von mir
und daß ich hier stehe
ganz fest
und daß mir der Tag
die Tränen abwischt
und mich der Wind
ganz zart umwehe



...

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 24.06.2007, 19:04

Hallo Melusine!

Dass es Konjunktiv I wäre, schrieb ich. Und auch, dass der für die indirekte Rede vorgesehen ist. Und auch, dass das hier keinen Sinn macht. Was das ist, worauf es mir ankommt. Und warum ich den Text so schwierig finde...

Ferdigruß!
Zuletzt geändert von ferdi am 24.06.2007, 19:18, insgesamt 2-mal geändert.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 24.06.2007, 19:05

Lieber Ferdi,

das ist Kon I (dass-Konstruktion). Und dass Ralph eben Indikativ und Konjunktiv in dem Text fließend überleitet ist doch eben das feine an dem Text und keine grammatische Sperrung. Ich finde sogar das man es grammatisch korrekt nennen kann. Jeder Einzelbezug ist stimmig.

Lieber Ralph,

titellos fände ich sehr gut. Hab mich nur nicht getraut es vorzuschlagen.


Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 24.06.2007, 19:12

Hallo Lisa!

Konjunktiv I außerhalb der indirekten Rede (und ein paar festen Wendungen)? Hm. Kannst du mich da irgenwohin schicken, wo ich mich informieren kann? Ist mir bisher nicht wirklich bekannt...

Ferdigruß!

Edit 1 : Wo hast du einen Indikativ her?! Ist "sieh" nicht Imperativ?

Edit 2: Ah! Ihr wollt das "umwehe" als Optativ lesen? So in etwa, wie ich es am Ende meines Aufdröselungsversuchs angedachte habe? Hm... Das sind ja Ideen! Geht aber wahrscheinlich. Da wäre ich dann überzeugt. Was aber an meiner Kernaussage, diesen Text für schwer durchschaubar zu halten, erst mal nichts ändert, da es mir in Abhängigkeit von "sehen" seltsam vorkommt?!

Edit 3: Ferdigruß!
Zuletzt geändert von ferdi am 24.06.2007, 19:34, insgesamt 3-mal geändert.

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 19:17

hallo ferdi, nun hast du mich überrumpelt. ich bin leider grammatikalisch nicht so bewandert wie du.
kurz gesagt: ich verstehe nicht mal die hälfte von dem, was du mir mitteilen willst.
du weißt: "die pisa-studie".
ich habe zwar abitur, aber 1. lange her, 2. war ich schon immer analphabet.

ich kann dir also hinsichtlich der grammatikalischen struktur meines gedichts nur sehr beschränkt weiterhelfen, indem ich dir sage:

sehe es bitte nicht so eng. lasse die sprache auf dich wirken.
denke an kunst und nicht an bürokratismus.

gruß
chiqu.

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 19:25

hi lisa, danke für die verteidigung. ich fühle mich fachlich nämlich nicht kompetent genug.

(ohne titel) ist aber schon sehr arm als titel. vielleicht mit dem untertitel "bewußt"?

gruß
chiqu.

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 19:30

allgemein:
ähm - hust, ich fände es nicht übel, wenn die sprachlichen koryphäen sich hier vor ihren kritiken an sprache und grammatik outen - als deutschlehrer, germanisten, philologen oder was auch immer. ich kann dann viel leichter ihre kritiken ernst nehmen. unter umständen auch annehmen.
denn ich habe großen respekt vor den fertigkeiten und dem wissen von gelehrten menschen.

gruß
chiqu.
Zuletzt geändert von Chiquita am 24.06.2007, 19:34, insgesamt 1-mal geändert.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 24.06.2007, 19:32

Hallo Chiquita!

Kann gut sein, dass Melusine und Pi- äh, Lisa mich auf den richtigen Weg geführt haben. Was zeigt, dass ich nicht wirklich "grammatikalisch bewandert bin". Und ich wollte dich auch nicht überrumpeln. Es war nur so, dass dein Hinweis auf dein "Empfinden" mir bei meinen Problemen nicht weitergeholfen hat.

Aber: Sprache wirkt über Regeln. Regeln ist ein anderes Wort für Grammatik. Da hat "Kunst" nichts verloren, genausowenig wie "Bürokratismus".

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 19:36

ja, ferdi, die erwähnung von kunst versus bürokratismus hast du ganz richtig als meinen hilflosen versuch erkannt, mich deiner fundierten kritik zu erwehren.

gruß
chiqu.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 24.06.2007, 19:50

Lieber ferdi,

ich meine, dass es eben um den Wunsch/möglichkeitzeigefokusscharakter oder wie man das immer auch nennen mag, geht - soweit ich weiß, ist das ganz ganz korrekt formuliert gar kein Konjunktiv da oben, die Formen fallen aber grammatisch im Deutschen immer zusammen. Habs darum einfach Konjunktiv genannt. Weil.-..so ein richtig reiner Optativ ist das ja auch nicht hier ~~ es ist eben...also das ist eben der feine poetische Moment (das übersteigt dann ja auch die grammatische Einordnung!) , dass das eben in der Schwebe ist, ob es angenommen, gewünscht, erfüllt oder bla ist, weshlab ich auch einfach Konjunktiv hingerotzt habe, weil es eh keinen ordnugnsgemäßen Begriff dafür gibt, der den Modus voll fasst.


Ralph: Tut mir leid, ich bin auch kein Profi.

Die Trennung in Grammatik und Poesie finde ich übriegsn doof. Wie aich alle solche Trennungen doof finde (Biologie/Religion oder Vernufnt/Gefühl eckig/rund). Ich finde das miteinander gerade reizvoll.....das eine bedingt das andere und das ist doch das tolle...ich habe keien Scheu davor, dass das eine versucht, das andere zu fassen. Nur darf es das eben nicht "scholastisch" oder "genialformlos" werden. Beides ist aufmüpfig und beides zu prinzipiell für sich genommen.


Liebe Grüße,
Lisa


edit: Ich find titellos mit Untertitel krank ,-). Schon richtig titellos dann bitte.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 19:59

aber es ist in diesem falle schon merkwürdig, daß einige mein werk nach meinem duktus lesen, während andere sich strikt dagegen wehren - ich hätte niemals geglaubt, daß mein gedicht solche gräben aufreißt.

lisa, ich eiere wie du auf dem grammatikalischen feld herum. was du sagst, klingt aber plausibel.
es kommt schließlich auf die lesbarkeit und nachfühlbarkeit des gedichts an. scheinbar gibt es da für jeden menschen andere grenzen. beispiel: der eine findet einen wilden garten schön, während der nachbar seinen "englischen rasen" pflegt und auch verteidigt. beides muß irgendwie nebeneinander mit derselben wertschätzung bestehen können.

ich danke euch.

chiqu.

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 20:03

(und außerdem unser sprachgefühl)

aram
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Beitragvon aram » 24.06.2007, 20:17

lieber ferdi,

aus meiner sicht: grammatische bezüge bestehen natürlich als basis, als hintergrund grundsätzlich auch bei (den meisten) lyrischen texten. das mittel der ver-dichtung (des inhaltsausdrucks, erst mal) ist dem aber ebenso grundsätzlich übergeordnet.

in der praxis kommt es darauf an - sind 'regelabweichungen' 'bedeutungsträger', oder nicht? das ist sicher sehr oft subjektiv (auch dieses kriterium als solches) - als kommentierender gebe ich mein empfinden als leser wieder: z.b. inversionen im satzgefüge finde ich schlimm, wenn sie dem sprachempfinden zuwiderlaufen und nicht im dienst von 'ausdruck' stehen, sondern nur schemata (reim, rhythmus) aufrecht halten - anderereits ist nichts 'heilig', alles kann gebrochen sein, wenn dies ausdruck trägt.

in diesem fall ist der wechsel in den konjuntiv m.e. motiviert und wesentlich - außergewöhnliche, aber motivierte wechsel zwischen konjuntiv und indikativ gibt es übrigens oft - in theas "juni 1943" findet sich einer, oder am ende meines derzeitigen signaturtexts von ilse aichinger:

Und hätt ich keine Träume, / so wär ich doch kein anderer, / ich wär derselbe ohne Träume, / wer rief mich heim?

liebe grüße
aram


p.s. auch "konjunktiv" und "indikativ" sind nur 'summarische annäherungen' - die fachbegriffe sind daher vermutlich differenzierter - ich berherrsche sie nicht.
Zuletzt geändert von aram am 24.06.2007, 20:29, insgesamt 2-mal geändert.
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Gast

Beitragvon Gast » 24.06.2007, 20:19

Hallo Ferdi, hoffentlich heilt deine Konjunktivitis bald aus ;)

Haarspalterei offtopic: "Wäre" wäre Konjunktiv II.
Wir Wiener Wäscherweiber würden weiße Wäsche waschen, wenn wir wüssten, wo weiches, warmes Wasser wär.


Lieben Gruß
Mel

Scal

Beitragvon Scal » 24.06.2007, 20:27

Hallo Chiquita!

Ich stimme im Wesentlichen Ferdi zu.

Sieh - dass (damit) mich der Wind ganz zart umwehe!
(Jemandes Sehen wird empfunden wie ein zart umwehender Wind).

Nur wenn es so gemeint sein sollte, könnte man es grammatikalisch korrekt nennen. Ich vermute aus dem Bisherigen, dass die Intention eine andere war.
So gesehen bleibt es unstimmig, auch wenn - weil es ein schönes Kurzgedicht ist - sich die Empfindungssympathie das nicht so gerne eingesteht.
Titel und Gedicht: Auch meinem Empfinden nach ist das keine glückliche Wahl.

Aber ich kann natürlich nachvollziehen, dass man zu manchen Texten eine besondere biographische Beziehung hat und sie deshalb später auch nicht gerne ändern möchte.

Lieben Gruß
Scal


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