Wilde Johannisbeerträume

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 20.04.2006, 19:09

Der Abend starb johannisbeeren
doch die Nacht war noch nicht müde
und wollte sich in unser Küssen legen.

Wir rissen uns nicht mehr zusammen
wir rissen alles voneinander

und als die Fliegen uns´rer Zeit
höhnisch ihre Beine rieben
scheuchten wir sie einfach fort-

Die Zitronenfalter schliefen
wie freie, gelbe Träume
auf blauen Hyazinthen

und meine Augen schliefen auch
ganz heimlich nur mit Deinen.

Ihr weites Blut hing an den Wolken
und die Luft atmete schwer
hauchte nur: Begehren...

Deine Lippen hingen weicher
als die überreifen Kirschen
wortlos an den meinen

Bis der grelle Tag ins Zimmer brach
starb der Himmel so johannisbeeren.



-Falls das ein Kritikpunkt sein sollte: Ja, mir ist meine derzeitige Waldfrucht-Macke auch schon aufgefallen. (Freud, was meinst Du?)
Zuletzt geändert von Louisa am 03.09.2006, 19:12, insgesamt 4-mal geändert.

Last

Beitragvon Last » 21.04.2006, 11:16

Hallo Louisa,

als ich den Titel las, musste ich irgendwie an Fruchtjoghurt denken. Johannisbeertraum von Ehrmann, oder vielleicht auch als Sommereis des Jahres von Mövenpick. Vielleicht kannst du da etwas umstellen, damit diese Verknüpfung nicht mehr auftaucht.
Das Gedicht liest sich nämlich nicht wie ein Joghurt. Du verwendest wieder eine schöne Sprache und gelungene Bilder womit du der Sinnlichkeit eine angemessene Hülle schenkst.
Nur die dreimalige Wiederholung der Johannisbeeren stört etwas. Habe da aber keine Idee für, wie man eine Ersetzen könnte. Denn die erste fungiert als Einleitung, die zweite stellt die Verknüpfung zum Begehren her, die dritte bildet den Schluss. Vielleicht kannst du das mit dem Begehren auch irgendwie in Anfang oder Schluss mit einbauen, oder einen Bezug herstellen, der das Wort "Johannisbeere" einmal ersetzen kann.

Louisa

Beitragvon Louisa » 21.04.2006, 14:05

Danke für Deine Antwort, Last!

-Eigentlich wollte ich es heute löschen. Aber das funktioniert hier ja immer nicht, wenn schon jemand geantwortet hat (Wieso eigentlich?)-

Ich hoffe es ist jetzt kein Joghurt mehr, sondern ein wildes Waldfrüchtchen.

Danke und bis bald, Louisa

Gast

Beitragvon Gast » 21.04.2006, 14:21

Liebe Louisa,
deine Gedichte mit den erzählenden Bilder lieben sicher fast alle hier im Forum und auch sonst, ziehen sie einen doch durch Außergewöhnlichkeit in ihren Bann. :smile:
So auch wieder hier, dennoch habe ich zu mäkeln. Einmal etwas sehr Grundsätzliches: Ich hab ein wenig Angst, wie du "Dein Pulver verschießt", ich hoffe, du verstehst, was ich meine...
Mir gibt ein Satz, den ich heute als Krtitk an anderer Stelle gelesen habe sehr zu denken. (Ich glaube es war Herby, bei Lisas Gedicht, „Jeder andere Name“).
Es sprach jemand, von Gedichten, die man sofort vergisst, Gedichte die etwas länger haften, wenn man diese ein paar Mal liest und Gedichte, die sich nach dem ersten Lesen bereits ins Gedächtnis einbrennen.
Ich habe immer wieder in mich reingehört und das fällt mir seit geraumer Zeit auf, Du lässt die bilder wie wilde Blumen sprießen,.
Ich befinde mich zwar auf einer bunten , abwechslungsreichen Wiese, , aber eigentlich ohne Orientierung, wenn ich in deine Gedichte eintauche.
Bitte vergiss nicht die ordnende Hand oder das Band, was alles zusammenhält, und vielleicht versuchst du etwas sparsamer zu zeichnen, damit deine Bilder besser auf den Punkt kommen können.
Genau das ist es nämlich womit ich bei den meisten deiner Gedichte ein Problem habe, ich kann sie nicht im Kopf behalten, weil die Aussage, oft sehr verschwommen ist. Es ist auch nicht so, dass einmal verstanden, sich das Gedicht vom Sinn her immer wieder abrufen ließe.
Deine Werke leben von den Bildern und ich liebe diese Sprache, aber ich glaube, dass du dir dennoch über das von mir hier Geschriebenen Gedanken machen solltest, weil es schade wäre, würde man dieser überdrüssig, weil sie nicht mehr genügend ausgearbeitet sind.
Wer weiß, vielleicht bin ich auch ein wenig zu ängstlich was die Abnutzung solcher Texte angeht…
Das war das Allgemeine. Nun noch ein wenig speziell:

Der Abend starb johannisbeeren
doch die Nacht war noch nicht müde
sie wollte sich in unser Küssen legen


Wenn die Nacht nicht müde war, warum dann „legen“?

Deine Lippen hingen weicher
als die überreifen Kirschen
wortlos auf den meinen


Bitten hingen, nicht hangen, vielleicht kannst du über das "hing" zuvor und das "hingen" noch mal nachdenken.


Bis der grelle Tag ins Zimmer brach
starb der Himmel so johannisbeeren.


Welche Bedeutung hat das „So“


Ich hoffe, mich dir verständlich gemacht zu haben.

Liebe Grüße
Gerda

Louisa

Beitragvon Louisa » 21.04.2006, 14:41

Hallo Gerda!

Du hast vollkommen recht. Ich gebe zu, dass meine Texte in den letzten Wochen sich hier versammeln wie zu einem bunten Kaffeekränzchen, bei dem alle durcheinander schwatzen und man am Ende gar nichts mehr versteht.

vielleicht liegt das daran, dass Ferien sind...und dann auch noch Frühling...und dann auch noch Liebe...

da liegt auf jedem Kieselstein ein Gedicht und spricht zu mir: "Schreibe mich!" Danach sagt es zu sich selbst: "Bist Du auch nicht miserabel?"

und so kommt es dann. Fataler Weise, ich weiß-

Zum Beerentraum: Ich glaube man kann sich auch hinlegen ohne müde zu sein...

Mit "hingen" hast Du recht.

Und: Kann ich nicht genau erklären, aber ich dachte es liest sich nett, wenn er noch einmal "so" johannisbeeren stirbt. Ich kann es auch streichen.

Danke und liebe Grüße, ich übe das Verdichten.

louisa


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