Omen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.06.2007, 15:08

Endfassung

Wenn
der helllichte Tag zur düstren Nacht sich wandelt
am schwarzen Firmament der Mond rot glüht
tausend Tränen gen Erde schleudert
das Heulen der Wölfe verstummt
die Vögel in Formation das Weite suchen
Stampeden die Berge hinaufjagen
Stürme über die Ebenen peitschen
die Gezeiten sterben
die Meere sich vereinen
den Planeten ertränken

Dann
öffne ein letztes Mal die Augen
Mensch
und siehe die Erlösung allen Übels



1. Fassung

Wenn am pechschwarzen Firmament
der gigantisch rote Mond
milliarden blutender Sterne weint

das schaurige Heulen der Wölfe verstummt
die Grillen nachts nicht mehr zirpen
die Vögel ihren durchtränkten Nestern entfliehen

Vulkane ihre Lava brennend über die Erde jagen
Ebbe und Flut sich aufheben, die Gezeiten sterben
Stampeden die Berge hinaufstürmen

der zornig entfachte Sturm über die Ebenen peitscht
die Meere sich zum roten Ozean vereinen
die blutige Sintflut den Planeten ertränkt

Dann Mensch
öffne ein letztes Mal deine Augen
und siehe die Erlösung allen Übels.

Die Erlösung von dir!

© Mucki
Zuletzt geändert von Mucki am 01.05.2008, 18:19, insgesamt 2-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.06.2007, 16:38

Hallo Mucki,
das ist mir viel zu viel, zu biblisch, zu rot, zu viel Blut, zu viele Aufzählungen. Der Text erschlägt mich förmlich.
In der letzten Strophe schreibst du:
und siehe die Erlösung allen Übels
dann wird doch das Übel erlöst, oder?
Du meinst doch, dass die Welt erlöst wird, weil das größte Übel, der Mensch, von ihr vertilgt wird, oder?
Wenn am pechschwarzen Firmament
der gigantisch rote Mond
milliarden blutender Sterne weint

ohne "pech" und "gigantisch" fände ich das Bild sehr gelungen
ebenso gefällt mir das Vögelbild
und die Stampede den Berg hinauf


liebe Grüße smile

pandora

Beitragvon pandora » 15.06.2007, 16:42

liebe mucki,

schaurige, düstere endzeitstimmung in deinem gedicht. du summierst symptome für den nahenden untergang, um mit einer mahnung abzuschließen.
insgesamt sind mir die einzelnen omen zu abgenutzt und der grundtenor
zu schwülstig. aber das ist nur meine meinung.

einzelne dinge, die mir aufgefallen sind:

- "der gigantisch rote mond" - ich weiß nicht, ob "gigantisch wirklich sein muss. ich habe eine abneigung gegen das wort. "Milliarden" müssten groß geschrieben werden.

- das bild von den vogelnestern erschließt sich mir nicht. wovon sind sie durchtränkt? von sternenblut? (nur eine idee: ich würde es fast eindrucksvoller finden, wenn die vögel gar keine nester mehr bauen würden.)

- in strophe drei ist die rede davon, dass sich ebbe und flut aufheben. bedeutet das nicht, dass die gezeiten verschwinden? (ist dann "die gezeiten sterben" nicht redundant?)

- in strophe vier tauchen "rot" und der wortstamm BLUT--- wieder auf.
gewollt?

- die letzten zeilen finde ich grammatisch bzw auch inhaltlich problematisch:

Dann Mensch----> vor und nach mensch ein komma?
öffne ein letztes Mal deine Augen
und siehe die Erlösung allen Übels. ---> übel werden erlöst? ist es nicht eher so, dass von allen übeln erlöst wird?
Die Erlösung von dir!


lg
pan

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.06.2007, 16:51

Hallo smile,

das ist mir viel zu viel, zu biblisch, zu rot, zu viel Blut, zu viele Aufzählungen. Der Text erschlägt mich förmlich.
In der letzten Strophe schreibst du:
und siehe die Erlösung allen Übels
dann wird doch das Übel erlöst, oder?
Du meinst doch, dass die Welt erlöst wird, weil das größte Übel, der Mensch, von ihr vertilgt wird, oder?


es ist ziemlich dick aufgetragen, ja, das hast du wohl Recht. Dabei habe ich schon einiges rausgenommen. Ok, muss ich reduzieren. Dieses "biblische" habe ich bewusst so gewählt.

Und mit dem Übel, ja, damit meine ich den Mensch. Hm, ich dachte, das ginge aus den Zeilen hervor. Ist aber anscheinend nicht so. *grübel*
Danke dir für deinen Kommentar!
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.06.2007, 16:59

Hallo pandora,

schaurige, düstere endzeitstimmung in deinem gedicht. du summierst symptome für den nahenden untergang, um mit einer mahnung abzuschließen.


jep, das wollte ich darstellen.

insgesamt sind mir die einzelnen omen zu abgenutzt und der grundtenor
zu schwülstig. aber das ist nur meine meinung.


Na, mal schauen, ob es andere auch so sehen, was ich vermute. Smile hat ja auch bereits ihre Bedenken geäußert @zuviel

- "der gigantisch rote mond" - ich weiß nicht, ob "gigantisch wirklich sein muss. ich habe eine abneigung gegen das wort. "Milliarden" müssten groß geschrieben werden.


durch das "gigantisch" möchte ich das Bedrohliche sofort in den Fokus bringen. "Milliarden" groß, ok, werde ich ändern, aber später, da sicherlich noch einige Änderungen hier erfolgen werden.

das bild von den vogelnestern erschließt sich mir nicht. wovon sind sie durchtränkt? von sternenblut? (nur eine idee: ich würde es fast eindrucksvoller finden, wenn die vögel gar keine nester mehr bauen würden.)


ja, gute Idee, danke!

- in strophe drei ist die rede davon, dass sich ebbe und flut aufheben. bedeutet das nicht, dass die gezeiten verschwinden? (ist dann "die gezeiten sterben" nicht redundant?)


ja, es ist eigentlich redundant, die "Quasi-Wiederholung" soll es verstärken. Aber wahrscheinlich nehme ich doch eines von beiden raus.

in strophe vier tauchen "rot" und der wortstamm BLUT--- wieder auf.
gewollt?


jep, ist so gewollt.

Dann Mensch----> vor und nach mensch ein komma?
öffne ein letztes Mal deine Augen
und siehe die Erlösung allen Übels. ---> übel werden erlöst? ist es nicht eher so, dass von allen übeln erlöst wird?
Die Erlösung von dir!


muss ich auch ändern. Da hast du Recht, danke dir für deinen Kommentar!
Saludos
Mucki

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 15.06.2007, 17:36

Liebe Mucki,

mir ist das auch zuviel, soviel, dass ich eben nicht eintauchen kann. Ehrlich gesgat fängt das schon beim Titel an, der so mächtig ist, dass man kaum atmen kann.



Meine Radikalkur lautete: was passiert, wenn alle Adjektive>/Attribute wegfallen? Angucken und dann wieder aufbauen!



Omen

Wenn am Firmament
der rote* Mond Sterne weint

das Heulen der Wölfe verstummt
die Grillen nachts nicht mehr zirpen
die Vögel ihren Nestern entfliehen

Vulkane ihre Lava über die Erde jagen
Ebbe und Flut sich aufheben, die Gezeiten sterben
Stampeden die Berge hinaufstürmen

der Sturm über die Ebenen peitscht
die Meere sich zum Ozean vereinen
die Sintflut den Planeten ertränkt

Dann Mensch
öffne deine Augen
und siehe die Erlösung allen Übels.

Die Erlösung von dir!


*(rot lass ich drin, weil das eine feste Größe ist)


Natürlich geht das so nicht! Und der Text will das so auch nicht (er ist maßlos angelegt). Ich weiß, dass du eine Tendenz in diese Art Bildkraft hast. Meines Erachtens aber waren deine letzten beiden Texte sprachlich viel freier und damit stärker, weil mit weniger augenscheinlichem Willen. In diesem text liegt soviel Gewolltes, dass er sich gar nicht um den Leser kümmern kann. Die Apokalypse ist schon vollzogen, bevor der Leser zu lesen beginnt ~ und darum bleibt er außen vor. ich zumindest.

Fast könnte der Text auch in Lyrik und Kultur? Aber meist meinst du es ja als individuelle, "psychologische" Innenschau.

Deine letzten beiden Texte sind für mich in eine fruchtbarere Richtung gegangen - dieser hier dreht sich wieder im Kreis.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.06.2007, 17:50

Hallo Lisa,

mir ist das auch zuviel, soviel, dass ich eben nicht eintauchen kann. Ehrlich gesgat fängt das schon beim Titel an, der so mächtig ist, dass man kaum atmen kann.


Dass es zuviel ist, ist mir inzwischen klar. Du schreibst, dass man kaum atmen kann. Aber genau das möchte ich erreichen. Der Text soll dem Leser den Atem nehmen. Er soll gewaltig, zornig, und apokalyptisch sein. Dieser Zorn soll sich auf den Leser übertragen. Hm, nur wie bekomme ich das hin, ohne die Adjektive? *grübel*

Klar ist dies ein ganz anderer Textstil, aber ich mag auch mal "laute" Texte schreiben, nicht nur die "stillen".

Deine Version ginge auch, sicher, aber sie hat nicht die Vehemenz, die ich aber ganz bewusst möchte, verstehst?

Und der Text will das so auch nicht (er ist maßlos angelegt).


Genau!


Du schreibst:
Die Apokalypse ist schon vollzogen, bevor der Leser zu lesen beginnt ~ und darum bleibt er außen vor. ich zumindest.

Das ist die Crux. Wie bekomme ich das hin, dass der Leser da mit hineingezogen wird?

Deine letzten beiden Texte sind für mich in eine fruchtbarere Richtung gegangen - dieser hier dreht sich wieder im Kreis.

Kein Kreis, eine andere Facette meines Schreibens. Ich möchte hier maßlos sein, brüllen vor Zorn und mahnen, ja.

Hm, was tun?
grübelnde Mucki

Gast

Beitragvon Gast » 15.06.2007, 18:11

Liebe Mucki,

ich greife mal auf
Mucki hat geschrieben:Ich möchte hier maßlos sein, brüllen vor Zorn und mahnen, ja.


Lyrik eignet sich wohl eher nicht dazu die eigene Hilflosigkeit, denn die belibt es ja trotz Wut und Aufregung, herauszuschreien, und dabei so zu tranportieren, dass das der Text beim Leser, den Gefühlen des Autors ähnliche erzeugt.

So kann ein solcher Gefühlsaubruch durchaus berechtigt sein, aber er kann wohl eher nicht über "Betroffenheitslyrik" hinausgehen.

Das sieht im Prosabereich m. E. anders aus, wenn man es einem Protagonisten quasi in den Mund legt.

Wenn du allerdings, die vielen guten Vorschläge, für dich umsetzen kannst, was ja nicht sofort sein muss, du dir also Zeit lässt, findest du mit Sicherheit den, für dich richtigen Weg, den Text literarisch zu bearbeiten.
Mit Abstand und nicht so eruptiv.

Die Frage ist bei solchen Texten auch immer, will der Lyriklleser denn belehrt werden?
Das kann ich für mich schlicht mit "nein" beatworten.

Zum Text selbst ist schon genug geschrieben worden, denke ich .

Liebe Grüße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.06.2007, 19:35

Hallo Gerda,

Lyrik eignet sich wohl eher nicht dazu die eigene Hilflosigkeit, denn die belibt es ja trotz Wut und Aufregung, herauszuschreien, und dabei so zu tranportieren, dass das der Text beim Leser, den Gefühlen des Autors ähnliche erzeugt.

So kann ein solcher Gefühlsaubruch durchaus berechtigt sein, aber er kann wohl eher nicht über "Betroffenheitslyrik" hinausgehen.


Da hast du meinen Satz missverstanden. Es ist kein Gefühlsausbruch, keine Betroffenheitslyrik, sondern soll schon in diese Richtung gehen, die Lisa meinte:

Fast könnte der Text auch in Lyrik und Kultur?


aber nicht diese hier:

Aber meist meinst du es ja als individuelle, "psychologische" Innenschau


Es ist keine Innenschau, sondern soll, auf "laute" Weise das Thema "Mensch - Planet Erde" aufgreifen.

Prosa geht hier nicht.

Wenn du allerdings, die vielen guten Vorschläge, für dich umsetzen kannst, was ja nicht sofort sein muss, du dir also Zeit lässt, findest du mit Sicherheit den, für dich richtigen Weg, den Text literarisch zu bearbeiten.
Mit Abstand und nicht so eruptiv.


Jou, vielleicht finde ich einen Kompromiss, indem ich z.B. die Adjektive reduziere, das Mahnende am Schluss anders formuliere. Vielleicht könnte ich es sogar mehr beschreibend, sich in der Beschreibung steigernd schreiben, so dass die Apokalypse sich immer mehr anbahnt oder so. Mal sehen. Ich setze mir jetzt erst mal Lesezeichen und lasse es sacken. Dann gehts sicher auch besser.
Danke für deinen Kommentar,-)
Saludos
Mucki

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 15.06.2007, 21:15

hallo mucki,
schreckliches szenario mit ein paar hochpoetischen sentenzen.
die aussage sollte stilistisch verklärter daherkommen, um sich besser in die sprache zu fügen. schwer zu sagen, wie man das machen könnte.
aber inhaltlich stimme dir voll zu. naturkatastrophen werden irgendwann die katastrophe mensch abschaffen. und dann ist schluß mit seiner hybris.

gruß
chiquita

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.06.2007, 23:02

Hallo Chiquita-Ralph,-)

erst einmal herzlich willkommen im Blauen Salon,-)

schreckliches szenario mit ein paar hochpoetischen sentenzen.


Danke dir.

die aussage sollte stilistisch verklärter daherkommen, um sich besser in die sprache zu fügen. schwer zu sagen, wie man das machen könnte.


jep, genau das ist mein Problem. Ich glaub, da werde ich noch eine Weile dran rumfriemeln. Ich muss es wohl ganz anders strukturieren.
Saludos
Mucki

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 15.06.2007, 23:16

saludos. bei werken dieser größenordnung empfehle ich, so schnell als möglich das geschriebene zu vergessen - und einfach neu mit dem thema zu beginnen, um sich der eigenen phantasie unbefangen hingeben zu können. das ist (für mich) zum finden einer poetischen sprache, einem poetischen gesamteindruck das wichtigste. aber, wie gesagt, ich finde dein gedicht gar nicht übel. du kannst es auch ruhen lassen. manchmal ist das wiederlesen nach einigen wochen, monaten, gar jahren ein interessantes und inspirierendes erlebnis.

liebe grüße
chiquita

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.06.2007, 23:21

Hallo Chiquita,

bei werken dieser größenordnung empfehle ich, so schnell als möglich das geschriebene zu vergessen - und einfach neu mit dem thema zu beginnen, um sich der eigenen phantasie unbefangen hingeben zu können.


Manchmal hilft das, da hast du Recht.

Kleines Offtopic: Chiquita kennt man zwar von der Banane, aber im Spanischen heißt es übersetzt "die Kleine". Auch durch das "a" am Ende denkt man, dass du weiblich bist. Klick doch in deinem Profil "männlich" an, so dass man nicht zu verwirrt ist, hm?

Saludos
Mucki

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 15.06.2007, 23:37

danke für den hinweis. bei nicknamen denke ich mir nicht viel. außer daß ich mit diesen bananen groß wurde. in meinem profil steht mein vorname "ralph".

zu deinem gedicht: mich würde interessieren, aus welchem gefühl heraus du dieses gedicht schriebst. oder ob dich ein bestimmtes ereignis dazu veranlaßte ... . ich bin mir über die rolle des menschen in der natur, in der welt nicht recht im klaren. gibt es eine zukunft für den menschen?
eine evolution, die uns nicht nur technisch sondern auch menschlich weiterbringt? oder sind wir eine kultur von kreaturen, von biologischen zellanhäufungen, die sozusagen sprurlos und still in der schwärze des alls verschwinden wird? haben wir vielleicht einen draht zu gott, oder nennen wir es weltseele? was treibt uns um, und warum machen wir trotz besserem wissen so viel falsch und zerstören unsere eigene lebensgrundlage, schicken unsere kinder auf die schlachtfelder, ermorden uns für geld und macht?

gruß
bananemann chiquita


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