musik ist

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klara
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Beitragvon Klara » 06.06.2007, 16:40

2. Fassung

musik ist
ein tanz um den tod


1. Fassung

musik ist ein spiel

hört nicht auf und
beginnt
immer wieder von vorn
unkenntlich alt -
eben erfunden -
vertraut
wie ein sprung übern bock
wie schwimmzüge im see
die blendung über den brauen
hinnehmend
bis zur mitte
zum tiefsten
zum dunkel
eintauchen
wo schlingpflanzen lauern
und fremde fische an den füßen
knabbern könnten

ein wagnis
eine sehnsucht
eine ewigkeit

im takt fest
gehalten
fallen wir doch
bei jeder erhebung
neu hin
:
musik ist ein tanz um den tod
Zuletzt geändert von Klara am 11.06.2007, 09:09, insgesamt 3-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 06.06.2007, 18:17

Liebe Klara,

bei diesem Text sprichst du für mich im ersten und letzten Teil zu deutlich.
Die Bilder im mittleren Teil können mich nicht überzeugen, das liegt wohl daran, dass mir das "Schwelgende" fehlt, was ich immer hören möchte, wenn es um Musik geht.
Den Zusammenhang Tod/Musik sehe ich schon auch (deswegen liebe ich wohl Requieme).
Ich empfinde, dass du diesen Text "auf Sparflamme gekocht hast", mir fehlt Leidenschadft und Genusssucht. :confused: Etwas Allumfassendes, vielleicht sogar Theatralisches, aber gleichzeitig Alltägliches, weil die Musik alles durchdringt ...
Da lassen sich doch Bilder finden, die nichts mit knabbernden Fischen gemein haben ... (entschuldige bitte)

Aber deine Intention ist sicher eine ganz andere.

Ich habe wahrscheinlioch gerade zu lange und zu oft "Baiser" von dir gehört ... :rolleyes:

Liebe Grüße
Gerda

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 06.06.2007, 18:40

Hallo Klara,

Dein Gedicht gefällt mir gut, eine interessante Beschreibung eines Verhältnisses zur Musik. Vor allem die erste Strophe hat tolle Bilder (z. B. eben erfunden - vertraut oder Sorung über´n Bock usw.). Der Schlusssatz erscheint mir etwas melodramatisch, aber vielleicht verstehe ich seine Aussage auch nicht wirklich.

Stutzig machen die fremden Fische. Warum sind die Fische fremd? Ich denke, das "fremd" könnte wegfallen.

Gern gelesen

Jürgen

Max

Beitragvon Max » 06.06.2007, 21:26

Liebe Klara,

ich kann mich in Gerdas Gedanken finden.

Zu Beginn gibt es ein paar Passagen, mit denen ich Mühe habe, weil sie zu plakativ sind und gleichzieitg nicht so furchtbar stark sind in ihrer Aussagekraft.

hört nicht auf und
beginnt
immer wieder von vorn
unkenntlich alt -
eben erfunden -


kann ich dabei beinahe als ganze Passage zitieren, wobei ich den Anfang halb glücklich, halb unglücklich lese: die Bewegung stimmt für mich, aber die Art es zu formulieren, macht mich nicht so rec ht zufrieden, weil es mir zu bekannt klingt. "Unkenntlich alt" ist für mich ein Sinnbild für das, was ich eingangs schrieb. Es ist ein Wort, das fängt, aber alt ist heutzutage so viel und unkenntlich zeichnet kein Bild für mich (soll es ja vielleicht auch nicht :-)).

Die Bilder in

vertraut
wie ein sprung übern bock
wie schwimmzüge im see
die blendung über den brauen


finde ich sehr git getroffen, woebi eine blendung über den brauen immerhin so unvertraut ist, dass ich nicht wirklich weiß, was Du meinst.

Die Tiefe beschreibst Du schön. Wobei ich die knabbernden Fisch nur als ein humoristisches kleines Kitzeln des Lesers lesen kann.

Hier klingt die Muski für mich aus:

im takt fest
gehalten
fallen wir doch
bei jeder erhebung
neu hin
:
musik ist ein tanz um den tod


Gerade mit derl letzten Zeile werde ich nicht mehr so richtig froh ... Aber vielleicht ist das ja alles auch absichtlich so komponiert.

Liebe Grüße
Max

Klara
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Beitragvon Klara » 07.06.2007, 14:24

Hallo,

Gerda:
bei diesem Text sprichst du für mich im ersten und letzten Teil zu deutlich.

zu deutlich??
Die Bilder im mittleren Teil können mich nicht überzeugen, das liegt wohl daran, dass mir das "Schwelgende" fehlt, was ich immer hören möchte, wenn es um Musik geht.

Es schwelgt doch durchaus .-)

Ich empfinde, dass du diesen Text "auf Sparflamme gekocht hast", mir fehlt Leidenschadft und Genusssucht. confused Etwas Allumfassendes, vielleicht sogar Theatralisches, aber gleichzeitig Alltägliches, weil die Musik alles durchdringt ...

Komisch, dabei habe ich all das geschrieben.
Da lassen sich doch Bilder finden, die nichts mit knabbernden Fischen gemein haben ... (entschuldige bitte)

Kennst du nicht das Gefühl, dass dir mulmig wird, wenn du Richtung Mitte eines Sees schwimmst, es ist irrational, aber ich denke dann manchmal, auweia, jetzt könnte da ein Hai sein, weil: ICH SEHE JA NICHT, WAS UNTER MIR IST.

So ist es auch mit der Musik: Ich weiß nicht, was unter mir ist.

Aber deine Intention ist sicher eine ganz andere.

Ich schätze, es ist zu persönlich, und daran scheitert dieser Text. Und daran, dass es zu allgemein heißt "Musik". Ich muss darüber nachdenken.

Danke für deinen Kommentar!

Hallo Jürgen,
danke für dein wohlwollendes Lesen. Leider liest du das Gegenteil von Gerda, die ja das Fehlen von Theatralik bemängelte.
Der Schlusssatz erscheint mir etwas melodramatisch

Stutzig machen die fremden Fische. Warum sind die Fische fremd? Ich denke, das "fremd" könnte wegfallen.

Die fremden Fische sind fremd, weil das lyrische Ich nicht weiß, was es für welche sind. Sie müssen fremd sein, weil sie deshalb interessant sind und auch beängstigend.


Lieber Max,
ich kann mich in Gerdas Gedanken finden.

Da lese ich deinen Kommentar aber anders.
Zu Beginn gibt es ein paar Passagen, mit denen ich Mühe habe, weil sie zu plakativ sind und gleichzieitg nicht so furchtbar stark sind in ihrer Aussagekraft.

Ja, der Anfang, ich weiß auch noch nicht so recht, aber dennoch... es ist nicht plakativ! Es beschreibt nur etwas, das sich der Beschreibung im Grunde entzieht.

"Unkenntlich alt" ist für mich ein Sinnbild für das, was ich eingangs schrieb. Es ist ein Wort, das fängt, aber alt ist heutzutage so viel und unkenntlich zeichnet kein Bild für mich (soll es ja vielleicht auch nicht biggrin).

Nein, ein Bild soll es nicht malen, eher einen Gedanken skizzieren. Den Versuch eines Gedankens, eines Begriffs.

woebi eine blendung über den brauen immerhin so unvertraut ist, dass ich nicht wirklich weiß, was Du meinst.

Stell dir die Sonne vor - hier doch ein Bild! ,-) - schräg überm See, und du schwimmst in die Richtung der Sonne, so dass sie dir über die Augenbrauen blendet, du musst die Augen zusammenkneifen...

Die Tiefe beschreibst Du schön. Wobei ich die knabbernden Fisch nur als ein humoristisches kleines Kitzeln des Lesers lesen kann.

Hm. Ich denke noch mal über die knabbernden Fische nach. Ob sie nur lustig klingen sollen. Weiß es selbst noch nicht.
Gerade mit derl letzten Zeile werde ich nicht mehr so richtig froh ... Aber vielleicht ist das ja alles auch absichtlich so komponiert.

Der Tod ist in diesem Falle als Helligkeit gemeint. Als Grundlage. Als immerwiederkehrendes im Leben. Als Reservoir. Der Tod meint nicht einen einzelnen Menschen, sondern die Menschheit als Ganzes, die schon so viel gestorben ist, so viel hinterlassen hat. UND der Tod will sich beziehen auf Sex im weiteren Sinne. Dass das nciht rauskommt, ist mir jetzt klar. Sex habe ich ja vorher gestrichen, weil mir DAS zu plakativ vorkam. Dass Sex Musik ist. Sex hat viel mit dem Tod zu tun. Ich kann das jetzt nicht erklären. Aber ich sehe ein, dass das Gedicht es auch nicht kann und dshalb nicht wirklich gelungen ist. Ich versuche mal eine andere Fassung, sobald ich weiß, wie ich es besser machen kann.
Dank dir für deine Beschäftigung.

Liebe Grüße
Klara
EDIT Für mich kleines Streifentier stimmt der Text trotzdem ohne Abstriche, seid bitte nicht böse. Ich änder erst mal nichts.

Max

Beitragvon Max » 07.06.2007, 20:44

Liebe gestreifte Klara,

für mich ist es in Ordnung an einem Text trotz Kritik erstmal nix zuändern, so lange man auf die Kritik eingeht.

Dass ich mich in Gerdas Gedanken findne kann, bezog ich auf ihr "zu deutlich" als Urteil über Anfang und Ende.
Dass "unkenntlich alt" kein Bild für mich malt, war so gemeint, dass es einfach keine rechte Assoziation weckt und ja, daher falle auch ins nachdenken, das ist aber bei gedichten bei mir manchmal ehr der zweite Schritt.
Das bild mit der Sonne hast Du schön gemalt, da ist mir die Blendung über den Brauen beinahe zu komprimiert, denn ich finde nicht wieder zu diesem Bild zurück.
Die kanbbernden finde ich nicht direkt lustig, sondern eher ist es so, das sich es mir lustig vorstelle, wenn an mir kleine Fische knabberten.

In der Hoffnung nun endlich alle Klar(a)heiten besteitig zu haben
grüßt
Max
lieb
Zuletzt geändert von Max am 08.06.2007, 08:21, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitragvon Elsa » 07.06.2007, 23:51

Liebe Klara,

nachdem ich auch zu wilder Emotion neige (plakativ) bin, schätze ich deinen Text über Musik.

Mit der letzten Zeile komme ich jedoch auch nicht klar.

hört nicht auf und
beginnt
immer wieder von vorn
unkenntlich alt -
eben erfunden -
vertraut


Der Anfang des Gedichts widerspricht eigentlich der letzten Zeile?

Lieben Gruß
ELsa
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Beitragvon Klara » 08.06.2007, 08:48

Hallo,

Max, wenn die Fische dann an dir knabbern, wäre es vielleicht nicht mehr so lustig ,-) Verstehst du die Angst nicht vor dem dunklen Wasser? Dem Unergründlichen? Musik lässt dich das Unergründliche spüren, in dir selbst. Dein eigener See sozusagen, deine Tiefen und Untiefen. Das macht Angst, und wer weiß, was für fremde Fische darunter lauern...

Elsa, danke für dein Lesen. Mir leuchtet nicht ein, dass "plakativ" und "wild emotional" dasselbe sind. Wenn es so wäre, wäre ich auch öfter mal total plakativ (wenn man mich lässt, hihi) ,-)

Ob das Ende und der Anfang zusammenpassen? Stößt du dich am Spiel? Oder am Tod? Das Spiel ist ein Zusammenspiel, und ein Spiel mit all den Möglichkeiten, die die Musik bietet. Musik steht wohl im Grunde für Leben, aber so einfach ist es auch nicht. Der Tod? Ich erlaube es, mich selbst zu zitieren:

Der Tod ist in diesem Falle als Helligkeit gemeint. Als Grundlage. Als Immerwiederkehrendes im Leben. Als Reservoir. Der Tod meint nicht einen einzelnen Menschen, sondern die Menschheit als Ganzes, die schon so viel gestorben ist, so viel hinterlassen hat. UND der Tod will sich beziehen auf Sex im weiteren Sinne. Dass das nciht rauskommt, ist mir jetzt klar. Sex habe ich ja vorher gestrichen, weil mir DAS zu plakativ vorkam. Dass Sex Musik ist. Sex hat viel mit dem Tod zu tun.


Lieber Gruß
Klara

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Beitragvon Elsa » 08.06.2007, 08:59

Liebe Klara,

Mir leuchtet nicht ein, dass "plakativ" und "wild emotional" dasselbe sind
Vielleicht haben wir verschiedene Vorstellungen zu dem Begriff.
Ich meine damit, beides ist "laut"! Und deine Gedicht ist laut, klar, weil es ja um auditives Sachen geht. :-)

Ich finde das aber durchaus positiv.

Stößt du dich am Spiel? Oder am Tod?
Am Tod. Danke für deine Erklärung.

Musik ist ein Tanz um Sex und Tod

Würde mir besser zusagen mit der Erweiterung. Aber ich bin eben keine richtige Lyrikerin.

Lieben Gruß
ELsa

Lieben Gruß
ELsa
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Beitragvon Klara » 08.06.2007, 09:01

Aber ich bin eben keine richtige Lyrikerin.


Ich auch nicht...
°g°

Klara

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Beitragvon Elsa » 08.06.2007, 09:12

Klara hat geschrieben:
Aber ich bin eben keine richtige Lyrikerin.


Ich auch nicht...
°g°

Klara


:-)

Aber Spaß macht es!

Elsa
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Gast

Beitragvon Gast » 08.06.2007, 11:10

Liebe Klara,

ich glaube jetzt weiß ich endlich, was mich stört.

Es ist die Art, wie du als Autorin feststellst, (behauptest) dass Musik so und so sei.
Als geäußerte Empfindung eines Lyrich könnte ich den Text anders lesen.

Der Text wirkt auf mich nicht offen genug, als dass ich mich darin finden kann.
Verstehst du das?

Es hat etwas gedauert, bis ich das herausfand und es ist natürlich nur mein Eindruck.

Liebe Grüße
Gerda

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Beitragvon Klara » 08.06.2007, 11:20

Hallo Gerda,

dank dir für dein Nachdenken!
Es ist die Art, wie du als Autorin feststellst, (behauptest) dass Musik so und so sei.
Als geäußerte Empfindung eines Lyrich könnte ich den Text anders lesen.

Ich glaube nicht, dass jemand behauptet, dass Musik so und so sei, sondern dass der Text versucht, ein bestimmtes Verhältnis zu Musik auszudrücken bzw. eine Art individuelle Verallgemeinerung. Das misslingt offenbar, (muss es wohl auch, ich sehe das ein, und kann es doch nicht ändern).

Der Text wirkt auf mich nicht offen genug, als dass ich mich darin finden kann.
Verstehst du das?

Ich glaube schon. Ich würde wahrscheinlich umgekehrt als Leser ähnlich reagieren. Ich fürchte, es ist gewissermaßen ein autistischer Text. In mehreren Hinsichten. Wahrscheinlich kann sich deshalb gar niemand "darin finden". Der Text ist sicherlich weniger "kommunikativ" (du nennst es "offen"?) als andere Sachen von mir, die dann zwar vielleicht auch versponnen sind, oder subreal, aber doch noch mitteilen wollen. Dieser Text hier, scheint mir (du hast mich jetzt selbst darauf gebracht, darüber noch mal nachzudenken), will, glaube ich, gar niemandem etwas mitteilen außer sich selbst. Nennt man das selbstreferentiell? Gibt es überhaupt etwas, das selbstreferentiell wäre? Oder doch autistisch? ,-)

Dennoch wollte er aus mir unerfindlichen Gründen geschrieben sein .-)

Herzlich
Klara

Gast

Beitragvon Gast » 08.06.2007, 11:42

Liebe Klara,

das geht in Ordnung, das Selbstreferentielle, meine ich. :smile:
Es gibt auch Kommentatoren, die den Text anders lesen können.
Dass Musik mit Sex und Tod zu hat, kann ich blind unterschreiben.

Liebe Grüße
Gerda


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