Brief an Dora Diamant
Liebe Frau Dora Diamant,
ich muss Ihnen etwas erzählen. Wir sind ja Freunde geworden, und ich darf mich auf Ihre Verschwiegenheit verlassen.
Ich habe jemanden kennen gelernt, und da ich sonst niemanden fragen kann und doch einen Rat brauche und Sie sich in Liebesdingen gut auskennen, möchte ich mich an Sie wenden und würde mich auch an Sie wenden, wenn ich jemand anderen um Rat fragen könnte.
Ich bin aufgeregt. Dabei geht es nicht um mich. Stellen Sie sich vor, ich bin aufgeregt, aber es geht nicht um mich. Das gehört auch zu den Problemen. Ich habe jemanden kennen gelernt und der hat jemanden kennen gelernt und hat mir gestern Nacht in großer Ausführlichkeit von diesem Kennenlernen erzählt.
Es war eine Geschichte, die mich sehr verwirrt hat. Es geht um ein Mädchen oder vielmehr um eine Frau. Diese Frau müssen Sie sich sehr besonders vorstellen, sie muss ein sehr reines Wesen haben, und auch der Freund, ich nenne ihn mal so, obwohl wir uns nicht lange kennen, hat im Grunde ein reines Wesen, er ist auch ein besonderer Mensch. Er lebte lange allein, genauso wie ich, aber das Alleinsein hat ihm nicht geschadet, wie es mir geschadet hat, nein, ihm scheint es geholfen zu haben, was man z.B. an seiner Sprache erkennt, da bei ihm jedes Wort einen inneren Bezug aufweist, ich habe selten einen Menschen gesehen, der einen so direkten Bezug besaß.
Aber auch das gehört zum Problem. Also gut, ich erzähle.
Er erzählte mir, dass er sich manchmal mit einer Frau treffe, sie hätten einen bestimmten Ort, den er zwar nicht näher beschrieb, aber ich stellte ihn mir dunkel vor. Ich musste immer an einen Baum denken. Es ging viel um Blätter. Sie müssen ja verstehen, dass eben ein solch reiner Mensch oft in Bildern redet, eigentlich redet ein solcher Mensch immer in Bildern, was zwar wunderbar anmutet, aber ein Verstehen oft erschwert.
Er sprach hauptsächlich in Bildern. Das macht das ganze schwer. Ich wusste nicht, spricht er jetzt von Blumen oder von der Frau. Einmal sprach er von Wolken, wie sich aber herausstellte, hatte er von einem Brief gesprochen. Er schien überhaupt nur von Briefen zu sprechen und die Frau noch nie gesehen zu haben, obwohl er sie sehr genau beschreiben konnte und sie doch wieder nicht „genau“ beschrieb, da er immer abschweifte in Horizonte, in Bilder.
Er liebte sie sehr. Es schien mir so. Aber er hatte Angst vor ihr. Er fürchtete (soweit ich verstand), dass sie ihn nicht erkennen würde. Er hätte so viele Masken auf. Er hatte tatsächlich Masken auf. Bei aller Metaphorik war dies doch wahr.
Es erschreckte mich. Ich muss das näher erzählen. Wir trafen uns nämlich in einem dunkeln Raum, sagen wir, es war eine Kneipe. Überall waren raunende Stimmen. Ich setzte mich an einen Tisch. Ich dachte ich säße allein, da kam sein Gesicht hervor. Es war aber kein Gesicht, es war eine Maske. Es war ein übergroßes Lachen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Sein ganzes „Gesicht“ bestand aus Bögen, Augenbögen, Mundbögen, Wangenbögen. Aber es bestand nur für den Moment so. Gleich darauf hatte es sich nämlich umgedreht, plötzlich war das Bogengesicht ungeheuer traurig. Es sagte nichts. Aber ich hatte trotzdem das Gefühl, nicht den Menschen aber dieses Gesicht sofort zu verstehen – nicht weil es traurig war, nicht weil es lachend war, es war irgendetwas anderes.
Ich glaube, er wusste, dass ich ihn verstand. Also fingen wir an zu sprechen. Er kommt anscheinend aus derselben Gegend wie ich. Wir unterhielten uns über einen See, und vieles andere, bis er plötzlich verstummte, und da kamen wir langsam auf die Frau zu sprechen. Dora, es muss eine herrliche Frau sein, ich sage das nochmal. Was ich gehört oder vielmehr geahnt oder vielmehr, ich weiß nicht, erspürt habe, war so wunderbar, ganz unbeschreiblich, eine Frau, Dora, es war eine Frau!
Er hatte ganz Recht, wenn er von der Sonne sprach. Oder er sprach vom Schnee. Oder er sprach vom Wind. Er sprach vom Regen. Aber alles zitterte. Eigentlich sprach er von der Angst. Er sprach von einer Hand. Seltsamerweise sprach er auch von einem Begräbnis. Das hatte mit der Hand zu tun. Er sprach so vieles. Ich bin mir sicher, dass keine Musik in der Kneipe war, aber wenn ich jetzt zurückdenke, war dort Musik. Und die Musik. Und die Instrumente. Und die Klänge. Und die Töne auch. Er sprach von Saiten. Er sprach von vielem. Aber ich hätte immer weiter zuhören können. Denn eigentlich war alles ganz einfach, was er sprach. Man musste sich nicht anstrengen. Die Einfachheit, das war es überhaupt, um was es ging.
Beide suchten die Einfachheit – wenn ich sonst nichts begriffen habe, das habe ich doch verstanden. Sie suchten die Einfachheit. Es klingt paradox, aber eben das war das Schwierigste. Die Einfachheit war das Schwierigste. Und plötzlich taten mir beide so leid. Ich glaubte an ihre Liebe, vielleicht mehr als der andere. Er sprach immer nur von einer Vorbereitung, was übrigens ein rätselhaftes Wort war. Man müsse alles „vorbereiten“ – ich interpretiere. Denn er sprach von einem Gießen, von einem Regen, das klingt falsch, wenn ich es sage – gestern war alles viel schöner.
Für diesen Menschen waren die Worte Wesen. Einmal sprach er sogar von einem Fleisch, das er sich herausschneide – auch Wesen. Er sprach von seinem Augenlicht (aber er hatte gar keine Augen), das er hergebe – auch Wesen? Und dass er sich auflöse. Oder dass sie sich auflöse, die Frau. – Das kann man alles nicht erzählen! – Ich glaubte an ihre Liebe. Und ich glaube, eben das hat mich so verwirrt. Weil ich doch einsehen musste, dass sie nicht möglich war. Oder war sie doch möglich?
Was mich am Ende gruselte: Diesen Menschen gab es gar nicht. Es gab ihn nicht. Wer kann das verstehen. Nicht, dass er sich auflöste. Er war nur einfach nicht zu fassen. Es waren die Bilder da. Es war auch die Musik da. Aber er - und doch ging eine Kraft von ihm aus. Er sagte aber, als er meinen Gedanken merkte, dass die Kraft von der Frau käme. Und also habe ich bestimmt Recht, zu sagen, dass sie schön sei. Denn ich spürte sie! Ich spürte sie. Ich spürte sie sehr. Das hat mich verwirrt. Ich habe jemanden kennen gelernt, der jemanden kennen gelernt hat, soll ich das vergessen?
Rate mir, Dora.
Ihr K.
Brief an Dora Diamant
lieber peter,
ich habe gerade angefangen zu lesen und das gefällt mir sehr! - ich würde aber nicht "(aus kafkas verlorenen briefen)" drüberschreiben - das irritiert doch nachhaltig, weil der stil nicht der kafkas ist (wie auch) - und damit unter wert bleibt, mit diesem bezug. -ich les mal weiter-
aram
ich habe gerade angefangen zu lesen und das gefällt mir sehr! - ich würde aber nicht "(aus kafkas verlorenen briefen)" drüberschreiben - das irritiert doch nachhaltig, weil der stil nicht der kafkas ist (wie auch) - und damit unter wert bleibt, mit diesem bezug. -ich les mal weiter-
aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen
l. cohen
nochmal ich -
im weiteren verlauf erinnert mich der text an traumhaftes...
vielleicht liegt es auch daran, dass der erzähler, der briefschreiber, mit dem fortschreiben im text verloren zu gehen scheint... was er schildert nimmt den ganzen raum ein, nicht seine schilderung... in einem 'realen' brief ist das glaube ich kaum so, man kann die beziehung zwischen schreiber und adressaten deutlicher spüren... ich glaube, der text ließe sich dahingehend verfeinern und würde dadurch transparenter - die suggestion des erzählten empfinde ich als etwas dumpf, beengt, ich glaube, mir fehlt ein atmen, das durch die weiterführung der sender-empfänger-ebene, wie sie anfangs ja vorgestellt ist, raum haben würde.
(ich hoffe, es ist verständlich, was ich meine? - entschuldige bitte, dass ich zu müde und unkonzentriert bin, um auf anderes schon einzugehen!)
liebe nachtgrüße!
aram
im weiteren verlauf erinnert mich der text an traumhaftes...
vielleicht liegt es auch daran, dass der erzähler, der briefschreiber, mit dem fortschreiben im text verloren zu gehen scheint... was er schildert nimmt den ganzen raum ein, nicht seine schilderung... in einem 'realen' brief ist das glaube ich kaum so, man kann die beziehung zwischen schreiber und adressaten deutlicher spüren... ich glaube, der text ließe sich dahingehend verfeinern und würde dadurch transparenter - die suggestion des erzählten empfinde ich als etwas dumpf, beengt, ich glaube, mir fehlt ein atmen, das durch die weiterführung der sender-empfänger-ebene, wie sie anfangs ja vorgestellt ist, raum haben würde.
(ich hoffe, es ist verständlich, was ich meine? - entschuldige bitte, dass ich zu müde und unkonzentriert bin, um auf anderes schon einzugehen!)
liebe nachtgrüße!
aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen
l. cohen
Lieber Aram,
die Suggestion steht hier im Vordergrund, sie ist der Ton des Briefes, das denke ich auch, ebenso, dass sie immer mehr Raum einnimmt - der Grund dafür, mag eine Not sein, eine Sprach-Not, etwas nicht erzählen zu können. An einer Stelle heißt es ja: "Das kann man alles nicht erzählen!". Es geht irgendwie um etwas anderes (als das Erzählen), ich bin selbst noch nicht dahinter - es geht um die Sprache selbst... um eine Verschachtelung...
Ganz zuletzt ist es aber eine Ironie.
Die Sender-Empfänger-Ebene scheint mir nicht wirklich ausgeblendet - es scheint nur so. Vielleicht ist das die Ironie.
Ich muss auch nachdenken!
(Es ist ein atemloser Text. Es gab keine Absätze. Ich habe sie erst nachträglich eingefügt.)
Liebe Grüße,
Peter
die Suggestion steht hier im Vordergrund, sie ist der Ton des Briefes, das denke ich auch, ebenso, dass sie immer mehr Raum einnimmt - der Grund dafür, mag eine Not sein, eine Sprach-Not, etwas nicht erzählen zu können. An einer Stelle heißt es ja: "Das kann man alles nicht erzählen!". Es geht irgendwie um etwas anderes (als das Erzählen), ich bin selbst noch nicht dahinter - es geht um die Sprache selbst... um eine Verschachtelung...
Ganz zuletzt ist es aber eine Ironie.
Die Sender-Empfänger-Ebene scheint mir nicht wirklich ausgeblendet - es scheint nur so. Vielleicht ist das die Ironie.
Ich muss auch nachdenken!
(Es ist ein atemloser Text. Es gab keine Absätze. Ich habe sie erst nachträglich eingefügt.)
Liebe Grüße,
Peter
Hallo Peter, (aram)
nur erstmal kurz mein Raten:
da schreibt ein Autor (Peter), dass einer (Erzähler) jemanden (den "Freund", den er doch gerade erst kennengelernt hat - kann es ein Freund sein?) gesprochen oder - eben kennengelernt hat, der wiederum jemanden (eine Frau) anscheinend liebt, ohne dass man weiß, ob es eine Traumfrau ist oder eine Projektion (es gibt ja Leute, die behaupten, jede Liebe zwischen Erwachsenen sei in erster Linie Projektion). Und all dies schreibt der Erzähler an eine andere Frau, eine zunächst als "real" dem Leser angebotene Freundin (oder wäre der jeweilige Leser Frau Diamant?) mit so golddiamantenem Namen, dass sie schon wieder geträumt wirkt, herbeigesehnt. (Ich hab als Kind mal eine nicht sehr lange Zeitlang ein Tagebuch geführt, das ich an eine Art alter ego gerichtet habe, wie ein Brieftagebuch, damit mir jemand zuhört, nein: damit ich mir vorstellen konnte, dass mir jemand zuhört...).
Mir drängt sich beim Lesen diese Deutung auf: Der Erzähler lernt sich selbst als Freund kennen, als andere Möglichket, mit der Einsamkeit umzugehen, als heile, und traut sich nur im Verschachteln, nur mit dem Verfahren der russischen Puppen, eine in die andere, an die Liebe als traumhafte "Arbeitshypothese" zu glauben; die Liebe wäre die letzte Puppe, nicht zu öffnen, aber vorhanden! - vorhandener jedenfalls als Frau Diamant.
Grüße
Klara
nur erstmal kurz mein Raten:
da schreibt ein Autor (Peter), dass einer (Erzähler) jemanden (den "Freund", den er doch gerade erst kennengelernt hat - kann es ein Freund sein?) gesprochen oder - eben kennengelernt hat, der wiederum jemanden (eine Frau) anscheinend liebt, ohne dass man weiß, ob es eine Traumfrau ist oder eine Projektion (es gibt ja Leute, die behaupten, jede Liebe zwischen Erwachsenen sei in erster Linie Projektion). Und all dies schreibt der Erzähler an eine andere Frau, eine zunächst als "real" dem Leser angebotene Freundin (oder wäre der jeweilige Leser Frau Diamant?) mit so golddiamantenem Namen, dass sie schon wieder geträumt wirkt, herbeigesehnt. (Ich hab als Kind mal eine nicht sehr lange Zeitlang ein Tagebuch geführt, das ich an eine Art alter ego gerichtet habe, wie ein Brieftagebuch, damit mir jemand zuhört, nein: damit ich mir vorstellen konnte, dass mir jemand zuhört...).
Mir drängt sich beim Lesen diese Deutung auf: Der Erzähler lernt sich selbst als Freund kennen, als andere Möglichket, mit der Einsamkeit umzugehen, als heile, und traut sich nur im Verschachteln, nur mit dem Verfahren der russischen Puppen, eine in die andere, an die Liebe als traumhafte "Arbeitshypothese" zu glauben; die Liebe wäre die letzte Puppe, nicht zu öffnen, aber vorhanden! - vorhandener jedenfalls als Frau Diamant.
Grüße
Klara
Liebe Klara,
von Kafka gibt es einen Text, der heißt: "Eine kleine Frau", in dem es, denke ich, um eine ihm innere Frau geht, die ihn beständig zurechtweist. An diesen Text und andere Texte von Kafka um diese Zeit, als er Dora Diamant kennenlernte, dachte ich (die gab es ja wirklich).
Meine Idee war (vielleicht zu vermessen) Kafkas Lieben aufzuzeigen, das mir oft in seinen Briefen wie eine Verschachtelung vorkommt. Ich wollte wie Kafka sprechen, das ist mir aber nicht gelungen ("wie auch", wie Aram so schön sagt).
Ich muss da nochmal drüber nachdenken, der Text kommt mir inzwischen etwas überzogen vor - Aber die Idee gefällt mir nach wie vor: fiktive verlorene Briefe zu schreiben (vielleicht sollte ich doch lieber bei Novalis bleiben).
Die Suche nach der Einfachheit halte ich für wesentlich bei Kafka. Er hatte ja diesen Sprachdiamanten in sich, daraus ist mein Gedankenspiel geworden - Diamant : "Diamant".
Mal sehen!
Liebe Grüße,
Peter
von Kafka gibt es einen Text, der heißt: "Eine kleine Frau", in dem es, denke ich, um eine ihm innere Frau geht, die ihn beständig zurechtweist. An diesen Text und andere Texte von Kafka um diese Zeit, als er Dora Diamant kennenlernte, dachte ich (die gab es ja wirklich).
Meine Idee war (vielleicht zu vermessen) Kafkas Lieben aufzuzeigen, das mir oft in seinen Briefen wie eine Verschachtelung vorkommt. Ich wollte wie Kafka sprechen, das ist mir aber nicht gelungen ("wie auch", wie Aram so schön sagt).
Ich muss da nochmal drüber nachdenken, der Text kommt mir inzwischen etwas überzogen vor - Aber die Idee gefällt mir nach wie vor: fiktive verlorene Briefe zu schreiben (vielleicht sollte ich doch lieber bei Novalis bleiben).
Die Suche nach der Einfachheit halte ich für wesentlich bei Kafka. Er hatte ja diesen Sprachdiamanten in sich, daraus ist mein Gedankenspiel geworden - Diamant : "Diamant".
Mal sehen!
Liebe Grüße,
Peter
Hallo Peter,
danke für die Erklärung .-)
aber tja, wenn man da auf so ungebildete Leserinnen trifft wie mich, die weder Kafkas Texte noch dessen Briefe gelesen haben noch von Dora Diamant gehört haben, funktioniert dein Spiel natürlich nicht.
Ich bin zu blöd (allerdings setzt du da auch arg viel voraus: Kafkas kleinen Text kennen, seine Briefe kennen, eine ähnliche Lesewahrnehmung von Kafka UND seinen Texten bzw. - noch vermessener - seinen LIEBEN... das würde sich ein lebender Schriftsteller, sollte er davon erfahren, kaum gefallen lassen ,-) das ist deine dichterische und menschliche Freiheit, aber ich fürchte, dass so etwas sich dann einerseits zu sehr hinter Kafka versteckt, um noch selbst erkennbar zu sein, andererseits auf Kafkakenner wie eine Vergewaltigung oder Anbiederung wirken könnte. Ich weiß es nicht.)
Tut mir Leid.
K.
danke für die Erklärung .-)
aber tja, wenn man da auf so ungebildete Leserinnen trifft wie mich, die weder Kafkas Texte noch dessen Briefe gelesen haben noch von Dora Diamant gehört haben, funktioniert dein Spiel natürlich nicht.
Ich bin zu blöd (allerdings setzt du da auch arg viel voraus: Kafkas kleinen Text kennen, seine Briefe kennen, eine ähnliche Lesewahrnehmung von Kafka UND seinen Texten bzw. - noch vermessener - seinen LIEBEN... das würde sich ein lebender Schriftsteller, sollte er davon erfahren, kaum gefallen lassen ,-) das ist deine dichterische und menschliche Freiheit, aber ich fürchte, dass so etwas sich dann einerseits zu sehr hinter Kafka versteckt, um noch selbst erkennbar zu sein, andererseits auf Kafkakenner wie eine Vergewaltigung oder Anbiederung wirken könnte. Ich weiß es nicht.)
Tut mir Leid.
K.
Liebe K.,
lies doch mal Kafka, das lohnt sich!
Dass ein Kafkakenner hier irrtiert sein wird, glaube ich auch, oder noch mehr, er würde schmunzeln und das ganze nicht Ernst nehmen. Trotzdem besteht eine kleine Berechtigung, die mir die scheint, dass sich ein Werk (wie von Kafka) nicht allein daraus ergibt, dass man es kennt, sondern dass man es wird. Was hindert uns eigentlich daran zu denken, dass Kafka immer noch lebt? Oder dass es die Dora noch gibt? Der Text will, denke ich, dass man bestimmte Spielformen erkennt - was ja übrigens kein neuer Gedanke ist. Ob dann am Ende alles nicht stimmt, das muss mich gar nicht angehen, denke ich.
Trotzdem spielt das Biographische doch eine Rolle, wie auch die Texte von Kafka. Die muss man aber gelesen haben, sonst funktioniert das nicht - Es geht um eine Reibung. - Und der andere Gedanke ist, dass es Initial-Erfahrungen gibt. Warum schrieb Kafka so wie er schrieb, muss da nicht ein Schlüsselerlebnis gewesen sein? Es war sicher das der Unmöglichkeit einer Liebe.
Liebe Grüße,
Peter
lies doch mal Kafka, das lohnt sich!
Dass ein Kafkakenner hier irrtiert sein wird, glaube ich auch, oder noch mehr, er würde schmunzeln und das ganze nicht Ernst nehmen. Trotzdem besteht eine kleine Berechtigung, die mir die scheint, dass sich ein Werk (wie von Kafka) nicht allein daraus ergibt, dass man es kennt, sondern dass man es wird. Was hindert uns eigentlich daran zu denken, dass Kafka immer noch lebt? Oder dass es die Dora noch gibt? Der Text will, denke ich, dass man bestimmte Spielformen erkennt - was ja übrigens kein neuer Gedanke ist. Ob dann am Ende alles nicht stimmt, das muss mich gar nicht angehen, denke ich.
Trotzdem spielt das Biographische doch eine Rolle, wie auch die Texte von Kafka. Die muss man aber gelesen haben, sonst funktioniert das nicht - Es geht um eine Reibung. - Und der andere Gedanke ist, dass es Initial-Erfahrungen gibt. Warum schrieb Kafka so wie er schrieb, muss da nicht ein Schlüsselerlebnis gewesen sein? Es war sicher das der Unmöglichkeit einer Liebe.
Liebe Grüße,
Peter
Hallo Peter,
Das wäre doch auch nicht wünschenswert, oder?
Über Kafka kann ich mangels Kenntnissen nichts sagen.
Ich frage mich allerdings, ob für ein Verstehen nicht auch Einblicke in deine Werke einen Zugang ermöglichen können. Der Umweg über Kafka also gar nicht nötig wäre.
Der Text funktioniert auch ohne Hintergrundwissen. Ob natürlich das verstanden wird, was du beabsichtigt hattest sei dahingestellt.
Zwei Dinge sind mir aufgefallen:
Dieser Abschnitt ist nicht aus dem Text selbst heraus zu verstehen. Vor allem die fehlenden Augen irritieren mich.
Muss da nicht "bemerkte" stehen?
Die Ironie suche ich noch. Vielleicht liegt sie in der Vielzahl der Unmöglichkeiten und dem Verschleiern, wer und was an und in der Geschichte fiktiv ist.
Aber es könnte auch eine wundervolle Liebeserklärung sein.
Vielleich sollte ich doch mal Kafka lesen.
liebe Grüße smile
Ich wollte wie Kafka sprechen, das ist mir aber nicht gelungen
Das wäre doch auch nicht wünschenswert, oder?
Über Kafka kann ich mangels Kenntnissen nichts sagen.
Ich frage mich allerdings, ob für ein Verstehen nicht auch Einblicke in deine Werke einen Zugang ermöglichen können. Der Umweg über Kafka also gar nicht nötig wäre.
Der Text funktioniert auch ohne Hintergrundwissen. Ob natürlich das verstanden wird, was du beabsichtigt hattest sei dahingestellt.
Zwei Dinge sind mir aufgefallen:
Einmal sprach er sogar von einem Fleisch, das er sich herausschneide – auch Wesen. Er sprach von seinem Augenlicht (aber er hatte gar keine Augen), das er hergebe – auch Wesen? Und dass er sich auflöse. Oder dass sie sich auflöse, die Frau.
Dieser Abschnitt ist nicht aus dem Text selbst heraus zu verstehen. Vor allem die fehlenden Augen irritieren mich.
Er sagte aber, als er meinen Gedanken merkte, dass die Kraft von der Frau käme.
Muss da nicht "bemerkte" stehen?
Die Ironie suche ich noch. Vielleicht liegt sie in der Vielzahl der Unmöglichkeiten und dem Verschleiern, wer und was an und in der Geschichte fiktiv ist.
Aber es könnte auch eine wundervolle Liebeserklärung sein.
Und der andere Gedanke ist, dass es Initial-Erfahrungen gibt. Warum schrieb Kafka so wie er schrieb, muss da nicht ein Schlüsselerlebnis gewesen sein? Es war sicher das der Unmöglichkeit einer Liebe.
Vielleich sollte ich doch mal Kafka lesen.
liebe Grüße smile
Lieber Peter,
ich beginne mal mit Nifls Satz: Nix gelesen (außer Deinem Text natürlich).
Der Text hat die Struktur eines Irrgartens und steckt voller feiner Beschreibungen.
Besonders angetan haben es mir dabei Beschreibungen wie
Die Beschreibung ist zugleich ungewöhnlich und treffend, das macht es sehr angenehm, diesen Text zu lesen.
Was mir aber am besten von allem gefällt, ist, dass sich der Text gewissermaßen selbst spiegelt. Er beschreibt:
Schon allein die Umständlichkeit
gefällt mir. Danach wird die Verwirrung des Protagonisten so gründlich beschrieben, dass auch der Leser mitverwirrt wird ... Auch, wenn ich meist alles genau wissen will, so ist mir das doch hier ein Vergnügen gewesen.
Liebe Grüße
max
ich beginne mal mit Nifls Satz: Nix gelesen (außer Deinem Text natürlich).
Der Text hat die Struktur eines Irrgartens und steckt voller feiner Beschreibungen.
Besonders angetan haben es mir dabei Beschreibungen wie
s war aber kein Gesicht, es war eine Maske. Es war ein übergroßes Lachen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Sein ganzes „Gesicht“ bestand aus Bögen, Augenbögen, Mundbögen, Wangenbögen. Aber es bestand nur für den Moment so.
Die Beschreibung ist zugleich ungewöhnlich und treffend, das macht es sehr angenehm, diesen Text zu lesen.
Was mir aber am besten von allem gefällt, ist, dass sich der Text gewissermaßen selbst spiegelt. Er beschreibt:
Schon allein die Umständlichkeit
Ich habe jemanden kennen gelernt und der hat jemanden kennen gelernt und hat mir gestern Nacht in großer Ausführlichkeit von diesem Kennenlernen erzählt.
gefällt mir. Danach wird die Verwirrung des Protagonisten so gründlich beschrieben, dass auch der Leser mitverwirrt wird ... Auch, wenn ich meist alles genau wissen will, so ist mir das doch hier ein Vergnügen gewesen.
Liebe Grüße
max
Liebe Smile,
Willkommen zurück!
Ist das eigentlich leicht, wenn man vom Meer und vom Sonnenlicht kommt wieder in Texten zu lesen? Ich stelle mir das sehr schwer vor, besonders wenn man auf einen so heimtückischen Zimmer-auf-Zimmer-Text trifft wie den obigen. Vielleicht ist dir deswegen die Ironie entgangen. Ich habe sie Klara gegenüber schon angedeutet. Die Ironie liegt darin, dass das natürlich ein Liebesbrief ist, ein im letzten Sinn sehr direktes Zugeständnis an Dora selbst - ich glaube, dass Kafka so liebte. Je mehr er aber von diesem Direkten sprechen will, desto mehr entfernt er sich. Es ist eine Möglichkeit, die aufgrund ihrer Möglichkeit zur immer größeren Unmöglichkeit wird. Ungefähr so besteht eine Ironie.
Die fehlenden Augen irritieren dich an einer Stelle. Sie fehlen, weil das Gegenüber nur Maske ist.
Ja, an dieser Stelle habe ich auch überlegt, und dachte mir, dass "be-merken" an der Stelle zu bewusst ist; "merken" hat etwas Instinktives, also in den Gefühlsraum Versetztes, und da meiner Vorstellung nach jener Maskenmensch von einem Erspüren lebt, schien mir eben dieser Vorgang über ein "merken" besser beschrieben.
Danke fürs Lesen! (Übrigens ist die Sonne heutzutage nicht mehr gesund, das weißt du hoffentlich. (Irgendwie ist das auch im Geistigen so geworden).)
Liebe Grüße,
Peter
-
Lieber Max,
Danke, das ist sehr schön.
Du sprichst bei der von dir zitierten Stelle von "angenehm", mir hat sich das ein bisschen verändert. Es könnte vielleicht doch so sein, wie Aram oben meinte, dass die Überspitzung an manchen Stellen so zunimmt, dass sie "dumpf" zu wirken beginnt. Besonders hier: "Soetwas hatte ich noch nie gesehen". (Das ist so "sensationsgeil"...) Oder vielleicht doch nicht, ich bin mir nicht sicher - vielleicht schwimmt, zum keinen Teil, doch eine Wirklichkeitslinse (mit Spiegelung) auf diesem Suppenausdruck.
Auch das finde ich fein beobachtet. Es war zumindest die Idee, dass Form und Inhalt sich annähern, dass das Maskenhafte und Verschachtelte übergeht in die Erzähl- bzw. Textform. Und dass am Ende die Verwirrung übergreift auf den Leser. Es ist immer gut, sich zu verlaufen.
Liebe Grüße,
Peter
Willkommen zurück!
Ist das eigentlich leicht, wenn man vom Meer und vom Sonnenlicht kommt wieder in Texten zu lesen? Ich stelle mir das sehr schwer vor, besonders wenn man auf einen so heimtückischen Zimmer-auf-Zimmer-Text trifft wie den obigen. Vielleicht ist dir deswegen die Ironie entgangen. Ich habe sie Klara gegenüber schon angedeutet. Die Ironie liegt darin, dass das natürlich ein Liebesbrief ist, ein im letzten Sinn sehr direktes Zugeständnis an Dora selbst - ich glaube, dass Kafka so liebte. Je mehr er aber von diesem Direkten sprechen will, desto mehr entfernt er sich. Es ist eine Möglichkeit, die aufgrund ihrer Möglichkeit zur immer größeren Unmöglichkeit wird. Ungefähr so besteht eine Ironie.
Die fehlenden Augen irritieren dich an einer Stelle. Sie fehlen, weil das Gegenüber nur Maske ist.
Muss da nicht "bemerkte" stehen?
Ja, an dieser Stelle habe ich auch überlegt, und dachte mir, dass "be-merken" an der Stelle zu bewusst ist; "merken" hat etwas Instinktives, also in den Gefühlsraum Versetztes, und da meiner Vorstellung nach jener Maskenmensch von einem Erspüren lebt, schien mir eben dieser Vorgang über ein "merken" besser beschrieben.
Danke fürs Lesen! (Übrigens ist die Sonne heutzutage nicht mehr gesund, das weißt du hoffentlich. (Irgendwie ist das auch im Geistigen so geworden).)
Liebe Grüße,
Peter
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Lieber Max,
Der Text hat die Struktur eines Irrgartens und steckt voller feiner Beschreibungen.
Danke, das ist sehr schön.
Du sprichst bei der von dir zitierten Stelle von "angenehm", mir hat sich das ein bisschen verändert. Es könnte vielleicht doch so sein, wie Aram oben meinte, dass die Überspitzung an manchen Stellen so zunimmt, dass sie "dumpf" zu wirken beginnt. Besonders hier: "Soetwas hatte ich noch nie gesehen". (Das ist so "sensationsgeil"...) Oder vielleicht doch nicht, ich bin mir nicht sicher - vielleicht schwimmt, zum keinen Teil, doch eine Wirklichkeitslinse (mit Spiegelung) auf diesem Suppenausdruck.
Was mir aber am besten von allem gefällt, ist, dass sich der Text gewissermaßen selbst spiegelt.
Auch das finde ich fein beobachtet. Es war zumindest die Idee, dass Form und Inhalt sich annähern, dass das Maskenhafte und Verschachtelte übergeht in die Erzähl- bzw. Textform. Und dass am Ende die Verwirrung übergreift auf den Leser. Es ist immer gut, sich zu verlaufen.
Liebe Grüße,
Peter
Hallo Peter,
Ja, denn das Meer und die Sonne und der Sturm entwickeln sich erst noch, sprachlich.
Heimtückisch fand ich den Text nicht, eher klar und (verzeih, ich vermute das willst du nicht lesen) rührend und süß (von K.). Aber dafür verwirren mich ja deine sonstigen Texte zur genüge. (Vielleicht habe ich es bei diesem auch nur nicht bemerkt.)
Die Augen haben mich nur irritiert, weil die Betonung für mich darauf liegt, dass sie nicht da sind. Was sich ja aus dem Text selbst schon ergibt. (Das Fleisch ist ja z.B. auch nicht da.)
Das hatte ich beim ersten Komm vergessen. Die Formulierung finde ich etwas unglücklich. Sie hat mich aus dem Text geworfen. Vor allem das Wort "gruselte".
Ich hoffe du meinst nicht, dass die Sonne mir meine letzten Gehirnzellen weggebruzelt hat.
liebe Grüße smile
Ist das eigentlich leicht, wenn man vom Meer und vom Sonnenlicht kommt wieder in Texten zu lesen? Ich stelle mir das sehr schwer vor, besonders wenn man auf einen so heimtückischen Zimmer-auf-Zimmer-Text trifft wie den obigen.
Ja, denn das Meer und die Sonne und der Sturm entwickeln sich erst noch, sprachlich.
Heimtückisch fand ich den Text nicht, eher klar und (verzeih, ich vermute das willst du nicht lesen) rührend und süß (von K.). Aber dafür verwirren mich ja deine sonstigen Texte zur genüge. (Vielleicht habe ich es bei diesem auch nur nicht bemerkt.)
Die Augen haben mich nur irritiert, weil die Betonung für mich darauf liegt, dass sie nicht da sind. Was sich ja aus dem Text selbst schon ergibt. (Das Fleisch ist ja z.B. auch nicht da.)
Was mich am Ende gruselte
Das hatte ich beim ersten Komm vergessen. Die Formulierung finde ich etwas unglücklich. Sie hat mich aus dem Text geworfen. Vor allem das Wort "gruselte".
(Übrigens ist die Sonne heutzutage nicht mehr gesund, das weißt du hoffentlich. (Irgendwie ist das auch im Geistigen so geworden).)
Ich hoffe du meinst nicht, dass die Sonne mir meine letzten Gehirnzellen weggebruzelt hat.
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liebe Grüße smile
Hallo Peter,
gebannt habe ich deinen "Brief" in einem Zug gelesen, eingesogen von der Verwirrtheit des Schreibers, von seiner Verzweiflung, seinem Irren. Im Verlaufe des Briefes verheddert er sich immer mehr, er hastet rastlos, ja, fast schon halluzinierend, im Fieberwahn, redet sie erst mit "Liebe Frau Dora Diamant" an, dann mit Dora und am Schluss dieses flehende "Rate mir, Dora. Ironie kann ich - für mich - nicht erkennen, da hier der "Schein der Äußerung" fehlt und auch das "Entgegentreten". Im Gegenteil, der Schreiber offenbart sich zur Gänze durch die Art, wie er schreibt. Ein Liebesirrer im Fieberwahn. So lese ich deinen "Brief".
Faszinierend!
Saludos
Mucki
gebannt habe ich deinen "Brief" in einem Zug gelesen, eingesogen von der Verwirrtheit des Schreibers, von seiner Verzweiflung, seinem Irren. Im Verlaufe des Briefes verheddert er sich immer mehr, er hastet rastlos, ja, fast schon halluzinierend, im Fieberwahn, redet sie erst mit "Liebe Frau Dora Diamant" an, dann mit Dora und am Schluss dieses flehende "Rate mir, Dora. Ironie kann ich - für mich - nicht erkennen, da hier der "Schein der Äußerung" fehlt und auch das "Entgegentreten". Im Gegenteil, der Schreiber offenbart sich zur Gänze durch die Art, wie er schreibt. Ein Liebesirrer im Fieberwahn. So lese ich deinen "Brief".
Faszinierend!
Saludos
Mucki
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