Am Strand

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 16.05.2007, 16:29

Am Strand

Eine Linie der Horizont,
die andere führt von Dir
zu mir

über das Meer,
das ich bisher nie sah
und doch kenne:
es pulsiert in mir

seine Dünung
reibt meine Fingerspitzen
von innen wund,

als wolle es mich drängen
zum Universumsrand,
als könne das All sich nicht weiten,
wenn wir uns nicht fänden,
Du und ich.

Himmelerdend fliegen wir,
bauen Nester in die Zeit,
und wärmen uns die Hände
an geträumter Ewigkeit.




Erstfassung:

Die Dimensionen: ein Stern
eine Linie der Horizont
die andere führte von mir zu Dir
in die Tiefe

über das Meer
das ich nie sah
und doch kannte:
es pulsierte in mir

seine Dünung
rieb meine Fingerspitzen
von innen wund

als wolle es mich
ziehen, ein Wegweiser
zum Universumsrad,
dem ein Baustein fehlte,
wenn wir uns nicht fänden,
Du und ich.

Himmelerdig fliegen wir,
wir bauen Nester in die Zeit,
und wärmen unsere Hände
an geträumter Ewigkeit.
Zuletzt geändert von leonie am 21.05.2007, 21:57, insgesamt 6-mal geändert.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 19.05.2007, 16:40

Liebe leonie,

die 1. Str. der 2. fassung ist schlicht und pur.
Der Rest sowieso gelungen.

Fein!

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 20.05.2007, 12:35

Liebe leonie,

ich weiß nicht - die Urfassung der ersten Strophe - für sich genommen trauere ich um sie.

Um so öfter ich lese (ich glaube, darum ging es auch hier in der Diskussion?), umso mehr scheint mir, dass du hier mehrere Texte oder Textanfänge miteinander vermischt hast, die erste Strophe sträubt sich für mich einfach Richtung mehr - sie will doch auf das Universum Bezug nehmen (nicht falsch verstehen, in der Neufassung ist das durchaus homogen jetzt...aber die erste Strophe für sich in der der Erstfassung leuchtet einfach). Genauso wie die letzte Strophe für sich immer leuchtet und auch nicht smit dem Meer zu tun hat - wenn ich genau auf mein Gefühl dabei gucke.

(Falls für dich aber die Neufassung in sich stimmig ist, würde ich über das pulsiert nachdenken - für mich kein stimmiges Bild für das Meer. )

Insgesamt hätte ich als Grundbezug lieber das Universum (obwohl das so gewaltig ist!) als den Strand, weil ich glaube, natürlich wieder nicht begründbar, dass das bei diesem Text so gedacht ist...es ist in der Erstfassung vielleicht nur noch nichrt genügend berührt, was für ein Meer du überahupt meinst...

Ich bin gerade mal ...also..natürlich bitte KEIN Vorschlag..nur zeigen...:


Die Dimensionen: ein Stern
eine Linie der Horizont
die andere führte von mir zu Dir
in die Tiefe

über das Saturnmeer
das ich nie sah
und doch kannte:


seine Dünung
rieb meine Fingerspitzen wund

als wolle es mich
ziehen, von innen,

ein Wegweiser
zum Universumsrad,
dem ein Baustein fehlt,
wenn wir uns nicht finden,
Du und ich.

Himmelerdig fliegen wir,
wir bauen Nester in die Zeit,
und wärmen unsere Hände
an geträumter Ewigkeit.


Mich berührt viel an deinem Text. Vor allem der Vorstoß ins Universum.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 20.05.2007, 12:38

Liebe Leonie,

gerade sehe ich, dass da eine Version 2 entstanden ist, die mir gerade durch ihren schlankeren Beginn gut gefällt.

Ein sehr rundes, gelungenes Gedicht, auch wenn ich mit dem Universumsrad stets noch hadere - das empfinden wir wohl beide anders.

Liebe Grüße
Max

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leonie
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Beitragvon leonie » 20.05.2007, 14:11

Liebe Lisa,

Du hast genau einen wunden Punkt getroffen (wie machst Du das nur immer?), weshalb ich selber noch am Überlegen war: Dass ich etwas gekürzt habe, was mir wichtig war. Deine Fassung mag ich sehr, darf ich sie für mich übernehmen?

Ich glaube, ich lasse dann für mich erstmal beide stehen, die andere mag ich auch, auch, wenn sie nicht so "umfassend" ist, vielleicht sollte ich dort nochmal über das Universumsrad nachsinnen, mit dem Du, Max, haderst und das tatsächlich für mich auch das Wort ist, das mir selbst in der zweiten Fassung am "fremdesten" ist.

Ich denke nochmal in Ruhe drüber nach. Danke auf jeden Fall an Euch beide!

Liebe Grüße

leonie

scarlett

Beitragvon scarlett » 20.05.2007, 14:28

Liebe leonie,

ich muß zugeben, mit der ersten Fassung (die Dimensionen: ein Stern...) konnte ich nicht ganz so viel anfangen. Jetzt sehe ich, dass du eine zweite eingestellt hast, die mich sehr anspricht. Sie erscheint mir geglättet, liest sich flüssiger...und sie erreicht mich, berührt etwas.

Die letzte Strophe ist einfach wunderschön, das Bild mit den Nestern, die in die Zeit gebaut werden... toll.

Und das Universumsrad - das würde ich ungern missen wollen, eine außergewöhnliche Formulierung.

Liebe Grüße,

scarlett

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leonie
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Beitragvon leonie » 20.05.2007, 22:50

Liebe scarlett,

vielen Dank Dir. Ich bin selbst gerade mit mir uneins, was ich will, ich glaube, ich brauchen noch ein bisschen Zeit, um das zu klären. Ich bin froh, Deine Meinung dazu gelesen zu haben!

Liebe Grüße

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 21.05.2007, 08:50

Liebe leonie,

immer gelingen mir so Vorstöße gar nicht, aber diesmal war es halt zu spüren. Klar kannst du dir meine Version in ein Kästchen legen für die Überlegungen!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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Beitragvon leonie » 21.05.2007, 16:00

Liebe Lisa,

Dir auf jeden Fall nochmal vielen Dank. Ich muss mal sehen, was ich mit der Fassung mache, sie liegt erstmal im Kästchen.... Ich habe jetzt erstmal die "kleine" Version nochmal geändert, weil mir das Bild des "Universumsrades" nicht stimmig erschien, außerdem habe ich "himmelerdig" in "himmelerdend" geändert. es ist ein bisschen größenwahnsinnig jetzt. Aber ist die Liebe das nicht auch? :-)

Ich freu mich noch über kurze Rückmeldungen zur Änderung und allen Kritikern nochmal vielen Dank!

Liebe Grüße

leonie

Gast

Beitragvon Gast » 21.05.2007, 17:41

Liebe leonie,

ein sehr poetischer Text und ich kann noch nicht sagen, welche der Versionen mich besser erreicht, für mich stimmiger ist.
Vielleicht auch, weil ein wichtiger Teilaspekt für mich noch unklar ist.
Es geht um "eine linie von mir zu dir".
Das Bild der Linie am Horizont und auch die folgenden sind gut gewählt, aber wenn ich weiter lese und spüre, wie das Lyrich "unwissend" ist (im Sinn von noch nicht kennen : das Meer das ich bisher nicht sah) sich aufreibt (Fingerspitzen) dann meine ich instinktiv zu fühlen, dass die Linie vom "Du" ausgehen müsste, ohne das de facto begründen zu könnnen
Um das "Drängen" einzuordnen, zu verstehen, frage ich mich, von wem aus würde ich die Linie vermuten, wenn sie nicht in Vers 1 ausgehend vom Lyrich benannt wäre?.
Diese Linie empfinde ich als Band der Anziehung zwischen den Polen, an der das Lyrich als Suchende zum Du strebt.

Der letzte Vers so innig er dir auch klingen mag, verliert m. M. durch den Reim von "Zeit" auf "Ewigkeit".
"Geträumte Ewigkeit" als Begriff für Sehnsucht nach immerwährender Liebe, trägt ebenso dazu bei, dass das frische poetische Bild von "Nestern in die Zeit bauen", Wirkung einbüßt.
Ich würde versuchen den Reim zu vermeiden, vielleicht sogar die letzte Zeile weg lassen - denn ganz offen, der Kitschfaktor ist hier für mich erreicht, weil das Wunschdenken zu direkt ausgesprochen wird.
Ich glaube, dass du das anders und besser kannst.

Zum Titel möchte ich noch etwas anmerken, mir ist er zu beliebig. "Unser Strand" wäre mir da näher am Text, aber sicher noch nicht optimal. Dein Text bewegt sich weg vom Strand (strandet nicht)) und die Liebe erhält Flügel ... für mein Empfinden.

Liebe Grüße
Gerda

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leonie
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Beitragvon leonie » 21.05.2007, 21:56

Liebe Gerda,

ich habe heute mnachmittag immer wieder an das denken müssen, was Du über die "Linienführung" schreibst. Ich glaube, es ist tatsächlich stimmiger, sie vom Du ausgehen zu lassen. Ich denke, das ändere ich.

Die letzte Strophe. Hm. Ich finde, es fehlt was, wenn ich nur die letzte Zeile streiche. Ich glaube, da muss ich mal weiter in mich gehen, ebenso wie mit dem Titel. Ich habe ihn gewählt, weil ich das Bild so für nachvollziehbarer halte. Ich überlege mal weiter...


Danke Dir! Und liebe Grüße

leonie

Gast

Beitragvon Gast » 21.05.2007, 23:44

Liebe leonie,

ich freue mich, dass ich dich anregen konnte, noch einmal zu überlegen.
Aber nichts überstürzen, auch ich schau morgen noch einmal.

Liebe Grüße
Gerda

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Beitragvon leonie » 22.05.2007, 17:36

Liebe Gerda,

ich ärgere mich schwarz. Heute nacht hatte ich eine Idee, aber ich habe sie nicht aufgeschrieben. Und schwupps war sie wieder weg. Nun warte ich schon den ganzen Tag darauf, dass sie zurückkehrt. Bisher leider vergeblich. Naja, ein paar Stunden hat der Tag ja noch. Und heute liegen Zettel und Stift neben
mir und nicht so weit weg in der Nachttischschublade...

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 22.05.2007, 18:32

Liebe Leonie,

meine Erfahrungen mit nachts notierten Ideen sind eher der Natur, dass die Idee, die ich im nächtlichen Delirium für genial hielt, entweder am morgen nicht lesbar ist oder sich als "wenn man Hunger hat, soll man essen" oder eine ähnliche Weisheit herauskristallisiert.
Also nicht ärgern ...
Liebe Grüße
Max

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Beitragvon leonie » 22.05.2007, 20:47

Lieber Max,

ich hatte leider auch schon gute Ideen nachts. Aber vielleicht sollte ich einfach davon ausgehen, dass dieses eine von denen war, die man am nächsten Tag sowieso verschrottet.

Liebe Grüße

leonie


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