Caravaggio

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Herby

Beitragvon Herby » 17.05.2007, 12:46

Caravaggio

Er lebte, wie er malte
und malte sein Leben,
Grenzgänger
zwischen Licht und Schatten.

Getrieben von Chimären,
gehetzt von den Geistern seiner Größe
und auf der Flucht
vor eigenen Abgründen,
zerrieb er sich
im Helldunkel seines Genies.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 17.05.2007, 14:07

Lieber Herby,

Ich liebe Caravaggio. Obgleich er ja auch kirchliche Aufträge erhielt, hatte er wohl für damalige Verhältnisse eine verpönte Lebensweise. Jähzorn, Homo- oder Bisexualität, etliche Gefängnisaufenthalte, weil er ausrastete, spannend.

Dazu war er kein "schönender" Maler, wie es üblich war, sondern sehr sehr realistisch.

Schön hast du das in Worte gefasst. Hell-dunkel malte er, hell-dunke lebte er.
Dein Gedicht begeistert mich.

Lieben Gruß
ELsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.05.2007, 16:24

Lieber Herby,

du hast hier, so finde ich, genau den richtigen Mittelweg gefunden, um Caravaggio zu beschreiben. Nicht zu kurz, nicht zu oberflächlich (schlaglichtartig) und nicht zu episch (das würde dann auch ein sehr langes Erzählgedicht fordern), sondern pointiert das Wichtigste beschrieben, einmal seiner Malerei (die Hell-Dunkel-Kontraste) und das "Gehetzte" seines Lebens, und diese in wohlpassende Worte gebracht.
Sehr gerne gelesen!
Saludos
Mucki

Herby

Beitragvon Herby » 17.05.2007, 19:50

Liebe Elsa, liebe Mucki,

ja, ich bewundere Caravaggio sehr und finde seine Biographie faszinierend. Ich habe mich oft gefragt, ob es zwischen den vielen Höhen und zahlreichen Tiefen seines Lebens und seiner Helldunkeltechnik einen Zusammenhang gibt. Am liebsten ist mir seine "Madonna di Loreto" (Pilgermadonna), die in einer Seitenkapelle von S. Agostino in Rom zu bewundern ist.

Ich danke Euch sehr fürs Lesen und freue mich, dass Euch meine kleine Hommage an Caravaggio gefällt.

Herzliche Grüße
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 21.05.2007, 14:13

Lieber herby,

dein Palazzo-Oden, an die ich mich gern erinnere, hatten für mein Dafühalten eine Tiefe, eine Wahrhaftigkeit, die ich in diesem Text vergeblich suche. Mir fehlen lyrische Elemente. Ich finde, dass du in deinem Text über die allgemeinen Informationen, die auf einige andere große Künstler ebenso zutreffen, nicht herauskommst.
Aber genau das vermisse ich. Eine Echtheit, eine Wahrheitt, die "Caravaggio" zum Individuum macht, die ihn ganz persönlich erfahrbar und interssant macht für den Leser, auch den der ihn nur dem Namen nach kennt.
Welcher der großen Künstler lebte nicht so wie er malte, und malte das was er lebte?
Ich fange jetzt nicht an aufzuzählen, denn ich glaube, dass du auch so verstehst, worum es mir geht.

Vielleicht kann es in dieser kurzen Form auch nur anhand der Beschreibung eines Kunstwerks gelingen, oder du könntest versuchen für Ausschweifungen und das Ausleben der Homosexualität, Metaphern finden. Lass ihn doch erzählen, aus dem Gefängnis heraus meinetwegen, indem er ein im kopf ein Bild entwickelt, o. ä. Dann hast du Lebensnähe, Authenzität drin.
Es wird dann vielleicht eher ein Erzählgedicht oder Prosatext.

(Falls dich diese Tipps inzwischen nerven, sag Bescheid) ;-)

Mir fehlt hier absolut das Salz in der Suppe. Das was dich eigentlich bewogen (getrieben) hat, gerade über ihn zu schreiben, müsste (im Text) spürbar werden, wenn mich der Text erfassen und berühren soll.

Liebe Grüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 21.05.2007, 22:31

Hallo Gerda,

für Deine Antwort danke ich Dir, auch wenn ich mit ihr nicht konform gehe. Nur habe ich im Moment nicht die Ruhe, um auf die von Dir angeführten Punkte einzugehen, aber ich werde später dazu schreiben.

LG Herby

Herby

Beitragvon Herby » 22.05.2007, 19:13

Liebe Gerda,

so, jetzt hab ich mehr Zeit und Muße, auf Deine Antwort einzugehen als gestern.

Du verweist zu Beginn vergleichend auf meinen Palazzozyklus, in dem Du eine Tiefe und Wahrhaftigkeit fandest, die Du in „Caravaggio“ vermisst, wie Du schreibst. Kann es sein, dass dieser Eindruck auch dadurch entstanden ist, dass es sich beim „Palazzo“ um eine Reihe handelt, die sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln (Innensicht vs. Außensicht) mit dem Thema befasst, während mein aktueller Text ja nur ein einzelnes Gedicht ist, welches sich bewusst auf die Außensicht beschränkt?

Du schreibst weiter:

Mir fehlen lyrische Elemente.


Hier frage ich mich, was genau Du meinst. Wenn ich es richtig verstehe, beziehst Du Dich dabei auf formale Elemente, im folgenden Satz gehst Du jedoch auf inhaltliche Aspekte ein (allgemeine Informationen), so dass er mir beim Verständnis des zitierten Satzes nicht weiter hilft.

In der gerade angesprochenen Stelle schreibst Du:

Ich finde, dass du in deinem Text über die allgemeinen Informationen, die auf einige andere große Künstler ebenso zutreffen, nicht herauskommst.


Ich stimme Dir zu: es sind tatsächlich allgemeine Informationen über Caravaggio, die ich - in einer komprimierten Gesamtschau – verarbeitet habe, doch mehr als genau diese soll und will mein Gedicht auch nicht sein. Es ist, wenn Du so willst, eine erste, sehr grobe Annäherung an diesen Künstler, die für seine menschliche und künstlerische Biographie substantielle Thesen enthält, welche dann in weiteren Texten belegt werden könnten, z.B. mit dem, was Du aufzählst: Beschreibung eines Kunstwerks, Caravaggio selbst sprechen zu lassen … der Möglichkeiten sind da sicherlich viele, und ich finde sie ausgesprochen reizvoll.

Ich glaube, meine Verse machen klar, dass ich mich ausschließlich auf Caravaggios Technik des „chiaroscuro“, des „Helldunkel“ beziehe, die viele seiner Werke, besonders auch die späten, auszeichnet. Wenn Du dann fragst:

Welcher der großen Künstler lebte nicht so wie er malte, und malte das was er lebte?


so muss ich sagen, dass ich diese sehr spezielle Übereinstimmung zwischen der Maltechnik und der Vita des Künstlers im Falle Caravaggios als besonders ausgeprägt empfinde, fast als einzigartig. Ob und inwieweit dies auch auf andere Maler zutrifft, vermag ich nicht zu sagen, als erste fielen mir da, sehr verallgemeinernd, noch die Expressionisten ein. Ich bin kein Kunsthistoriker, fände es aber spannend, darüber mehr zu erfahren.

Es war gerade diese Parallelität des Helldunkels in Caravaggios Werk und Leben, die mich bewog, zu schreiben, was aber offenbar zumindest für Dich, wie du im letzten Satz formulierst, so nicht rüberkommt.

Liebe Gerda, auch wenn unsere Ansichten differieren, Du hast mir mit Deiner Kritik Denkanstöße gegeben (und ich spreche bzw. schreibe jetzt nicht von Deinem längst verinnerlichten Rat des Erzählgedichts bzw. Prosatextes ;-) ), wofür ich Dir dankbar bin. Die Thematik reizt mich sehr, mal sehen, ob und was unter Einbeziehung Deiner Impulse daraus im Laufe der Zeit eventuell noch wird.

Liebe Grüße
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 22.05.2007, 19:34

Lieber Herby,

Nur kurz zum Chiaroscuro: (italienisch "hell-dunkel") Gestaltungsmittel der Grafik und Malerei, das von Hell-Dunkel-Kontrasten gekennzeichnet ist. in der Malerei der Spätrenaissance und des Barock

Ich kenne Rembrandt, der für sein Hell/Dunkel berühmt geworden ist, und das ist nur einer, der mir auf Anhieb einfällt, weil ich mich mit ihm beschäftigt habe, gut er war später als Caravaggio.
Ich denke, das ist typisch für die Epoche, nicht für Caravaggio explizit.

Die Künstler bedienten sich dieses Spiels von Licht und Schatten, um Körper und ihre Formen deutlicher zu modellieren, dramatische Effekte zu steigern oder eine geheimnisvolle Stimmung zu erzeugen. Es wurde von gehöhten Partien mit Glanzlichtern bis zu grellen Schlaglichtern und Schlagschatten nuanciert

Der früheste Maler, der Chiaroscuro meisterhaft einsetzte, war Leonardo da Vinci, z. B. in der Anbetung der hl. drei Könige von 1481 in den Uffizien.

Eine besonders dramatische Form - auch „tenebrismo“ genannt - entwickelte Caravaggio kurz vor 1600, der extrem hartes, gerichtetes Licht einsetzte, um die Figuren aus der Umgebung herauszuheben und seelische Spannungen theatralisch zu steigern. Rembrandt nutzte Helldunkeleffekte in vielen seiner Grafiken und Gemälde. Auch Georges de la Tour, Peter Paul Rubens, Francisco de Zurbarán und Diego Velazquez waren Meister dieser Technik.

Teilweise habe ich das recherchiert, weil ich es auch nicht mehr genau wusste. Aber ein wenig war noch hängen geblieben. Denn das wäre ja echt eine schlechte Kritik gewesen, wenn ich Caravaggio fälschlichersweise mit den anderen in einen Topf geworfen hätte. ;-)

Für mich bleibt also weiterhin das wirklich interssante offen, nämlich das lebensechte, spezielle Hell/Dunkel in Caravaggios Leben.

Ich bin gespannt, in wie weit du dich mit diesem spannenden Thema weiter auseinandersetzen wirst und wir uns darüber austauschen werden.
Wie gesagt, ich hatte mich rein zufällig, vor 4 Jahren wars, mal auf Rembrandts Spuren begeben und diese Art der Malerei ein wenig dillettantisch erforscht.

Liebe Grüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 22.05.2007, 19:51

Liebe Gerda,

Denn das wäre ja echt eine schlechte Kritik gewesen, wenn ich Caravaggio fälschlichersweise mit den anderen in einen Topf geworfen hätte.


Kann es sein, dass jetzt ein kommunikatives Missverständnis vorliegt? Denn das wollte ich auch noch nicht einmal angedeutet, geschweige denn expressis verbis geschrieben haben!

Doch jetzt muss ich eine Frage loswerden. In Deiner ersten Antwort schriebst Du:

Welcher der großen Künstler lebte nicht so wie er malte, und malte das was er lebte?


Trifft denn dies unter Berücksichtigung des chiaroscuro auch auf die von dir genannten Maler zu?Denn darum ging es mir ja und nicht darum, wer diese Technik noch verwendet hat. Ich weiß es wirklich nicht, da ich - wie oben gesagt - leider(!) kein Kunsthistoriker bin. aber da ich ohnehin gerne Biographien lese, sehe ich Lesestoff für den Rest des Jahres ;-)

Liebe Grüße
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 22.05.2007, 20:19

Lieber Herby,

keine Sorge, alles ist in Ordnung, das war die Eigenbewertung meiner Kritik, ;-)
Ich habe nämlich erst Mal gedacht, hoppla, jetzt aber noch Mal von vorn und genau.

Zum Leben, der großen Künstler, ja ich weiß es von Rembrandt auch, dass er in allen Facetten für die Kunst lebte, sie lebte. Und ich bin sicher, dass du bei den andern Künstlern auch darauf stoßen wirst, dass sie lebten, wie sie malten.
Das Besondere, das Individuelle zu entdecken, es zu beschreiben lohnt, das wäre das Spannende. Verstehst du, was ich meine ...
Das Hell/dunkel ist nicht alles was du speziell auf Caravaggio übertragen kannst, da muss mehr kommen ... Dein Gedicht auschließlich darauf zu bauen, scheint mir nicht genug.
Ist es jetzt ein wenig klarer, was ich meine, ich hoffe doch.

Liebe Grüße
Gerda


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