Unbezähmbar

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 24.04.2007, 19:34

Unbezähmbar

Meine größte Konsequenz ist meine Inkonsequenz
oder doch nicht?

Fiebrige Gedanken peitschen mich durch die Nacht, schlagen mich wund in den warmen Decken. Nein, sie sind eisig, wie meine Ehrlichkeit es sein muss. Ich gab mir das Versprechen! Schon so oft ... Kreuzte ich die Finger? Hohle Versprechen, Worthülsen ohne Brücke. Verfalle ich dem eigenen Verrat? Nein, es muss raus! Du hast mein Vertrauen verdient, mein Dunkel zu erfahren, endlich ... Ich forme mein Geheimnis, widerrufe, rede, widerrufe, ringe nach Silben. Wie kann harte Ehrlichkeit sanft sein, auch wenn sie Wahrheit ist, dich nicht in Abgründe stürzen, von denen ich dir erzählen muss? Es ist meine Wahrheit. Eitriges Geschwür in mir, aber meine Wahrheit. Wie ich Teil von dir bin. Du schläfst ruhig. Dein Atem. So gleichmäßig. Ich keuche, getrieben von Bildern, die mir den Schlaf stehlen. Schlaf, Schlaf ...Spitzen wuchern. Tausende ... Pfeile jagen zu mir zurück. Ein Zeichen, eine Warnung? Füge ich mir selbst Schmerz zu, wenn ich dir ... Sehe dich an der Wand stehen. Aufgespießt durch meine Worte, meine wahren ...
Du lebst, überlebst, doch deine Augen sterben, sterben ... Und ich mit ihnen ... Du wachst auf, lächelst mich an. Noch ...

© Mucki
24.04.2007

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.04.2007, 12:54

Hallo smile,

das Fremdgehen hatte ich emotional gemeint, war aber trotzdem wohl von deiner Intention weit entfernt. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht weiß, was dieses Unbezähmbare ist, dieses dunkle Geheimnis, das das Ich erzählen will und nicht kann. Und warum es dem Partner so weh tun würde. Irgendwie will sich mir der Text nicht recht erschließen.


Ich habe im Text ganz bewusst offen gelassen, um welches Geheimnis es geht, was das "Unzähmbare" ist. Deshalb sind hier viele Interpretationen möglich. Es gibt nur einige Hinweise, "Schlüsselworte", durch die man darauf kommen könnte. Aber es ist eigentlich gar nicht so wichtig, zu wissen, was denn nun dieses Geheimnis ist, smile. Mir geht es im Text um die Situation des LIs, um das Beschreiben dieses Zustandes des Hin- und Hergerissen-Seins, um die "Dynamik" im Text.

Ich freu mich, dass die Lesung für dich stimmig war,-)
Saludos
Mucki

Gast

Beitragvon Gast » 27.04.2007, 13:00

Liebe Mucki,

Dieses "Schlaf, Schlaf", von dem du geschrieben hast, dass es so wichtig sei, bezeichnet die Sehnsucht des Ichs (des unterbewussten Ichs) einerseits nach "Ewiger Ruhe", diese Sehnsucht muss aber ins Bewusstsein gewechselt haben sonst könnte dieser Kampf nicht gefochten werden.
Also Ich und Überich unterhalten sich, bekämpfen sich gegenseitig auf emotionaler - und Vernuftbasis, es geht um Versprechen Sehnsucht, Wahrheit, Leidenschaft, Erlösung.(Es fahlt gänzlich die Stimme die das Leben als lebenswert beschwört).
Elsas Komm. stützt meine Vermutung, dass es darum geht, dass die eine Seite des Lyrich den Freitod sucht. Aber im Text liest es sich, als ob die andere Seite nichts wisse?
Da wird es für mich nun undurchschaubar und ist nicht mehr nachvollziehbar.
Ich habe bereits in meinem ersten Kommentar geschrieben, es müsse sich um innere Zwiesprache handeln. das impliziert allerdings, dass dies auf einer Ebenen geschieht auf der das unterbewusste dem Ich bewusst wird.
So weiß offenbar das Ich über das Unterbewusstsein sehr gut Bescheid, da sonst der Kampf so nicht ausgetragen werden könnte .
Das erscheint mir nun doch merkwürdig konstruiert - oder ich habe immer noch nicht verstanden.

Liebe Grüße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.04.2007, 13:00

Liebe Elsie,

Zitat:Es geht sehr viel weiter, tiefer.


Zitat:Das LI gab sich dieses Versprechen (schon so oft ...) Es quält sich, ringt mit sich selbst, weil es um die Konsequenzen weiß, wenn es das Versprechen an sich selbst endlich erfüllen würde.

Geht es um eine Überlegung des Freitodes? Der Gedanke kommt mir jetzt. Das Versprechen ist, in den Tod zu gehen?
Das wäre natürlich viel viel Tiefergehend als lediglich ein Beziehungsthema zum Du hin.


Es geht in diese Richtung, ja. (Schlaf, Schlaf ...)
Und darin liegt das Dilemma des LIs, zumal das LyrDu von der "dunklen Innenwelt" des LIs absolut nichts weiß. Durch das Zitat (und dem Beisatz darunter) möchte ich aber noch etwas Zusätzliches ausdrücken, was damit zu tun hat, mit dem "Unbezähmbaren", und wie das LI bisher damit umgegangen ist.
Saludos
Mucki

Gast

Beitragvon Gast » 27.04.2007, 13:02

Huch, jetz dachte ich gerade mein Komm wäre weg... zeitgleich, liebe Mucki, auf die Minute! LGG

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.04.2007, 13:23

Liebe Gerda,

mein posting an Elsie hat sich gerade überschnitten mit deinem Kommentar.

Dieses "Schlaf, Schlaf", von dem du geschrieben hast, dass es so wichtig sei, bezeichnet die Sehnsucht des Ichs (des unterbewussten Ichs) einerseits nach "Ewiger Ruhe", diese Sehnsucht muss aber ins Bewusstsein gewechselt haben sonst könnte dieser Kampf nicht gefochten werden.


Wichtig ist hierzu das kursive Zitat mit dem Beisatz darunter, wie ich an Elsie schrieb. Dies sagt etwas aus über diese Sehnsucht, dieses Versprechen bzw. wie das LI bisher damit bisher umgegangen ist.

Elsas Komm. stützt meine Vermutung, dass es darum geht, dass die eine Seite des Lyrich den Freitod sucht. Aber im Text liest es sich, als ob die andere Seite nichts wisse?
Da wird es für mich nun undurchschaubar und ist nicht mehr nachvollziehbar.
Ich habe bereits in meinem ersten Kommentar geschrieben, es müsse sich um innere Zwiesprache handeln. das impliziert allerdings, dass dies auf einer Ebenen geschieht auf der das unterbewusste dem Ich bewusst wird.
So weiß offenbar das Ich über das Unterbewusstsein sehr gut Bescheid, da sonst der Kampf so nicht ausgetragen werden könnte .
Das erscheint mir nun doch merkwürdig konstruiert - oder ich habe immer noch nicht verstanden.


Die "andere Seite" des LIs in dem Sinne gibt es nicht. Nur das Bewusstsein. Dem LI ist bewusst, was es will, hadert jedoch damit, dieses "Versprechen" an sich selbst nicht konsequent zu erfüllen.
Hinweise dazu:

Wie oben erwähnt, das Zitat mit dem Beisatz darunter
Kreuzte ich die Finger?
Verfalle ich dem eigenen Verrat?
und:
sterben ... Und ich mit ihnen ...

Dieses "sterben... Und ich mit ihnen ..." soll andeuten, was da passiert, nämlich, dass das LI sich wahrscheinlich erneut selbst verraten wird, wenn es die "sterbenden" Augen des DU sieht in seinen fiebrigen Gedankenbildern.

Ich weiß, dieser Text ist schwer zu verstehen. Weil hier das Wort "sterben" einmal als absterben gemeint ist, beim LyrDu, und das "sterben ... Und ich mit ihnen" als "Doch-nicht-sterben", sprich "Leben", also Selbstverrat des LIs gemeint ist.
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.04.2007, 13:28

Nachtrag an Gerda:

Ja, die Stimme, die das Leben als lebenswert beschwört, fehlt zur Gänze. Und das soll sie auch, da diese Stimme beim LI nicht existent ist. Das "Unbezähmbare" lässt sie nicht zu.
Saludos
Mucki

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Beitragvon Elsa » 27.04.2007, 13:43

Liebe Mucki,

Und darin liegt das Dilemma des LIs, zumal das LyrDu von der "dunklen Innenwelt" des LIs absolut nichts weiß
Ja, das habe ich ganz klar verstanden. Am Ende lächelt das nichtsahnende LyrDu das Li an.

Lieben Gruß
Elsie
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Gast

Beitragvon Gast » 01.05.2007, 01:48

Liebe Mucki,

irgendwie habe ich den Eindruck mich hier noch einmal zu Wort melden zu müssen.
Ich werde jetzt eine Inhaltsangabe machen, weil ich glaube, dass es notwendig ist, die innere Logik des Versprechens des Lyrich an sich selbst zu hinterfragen.
Denn noch einmal: Es geht dir nicht darum, dass das Lyrich dem Du etwas Derartiges (Freitod-Wahl) versprochen hat.
Das Du soll geschützt werden.

Ein Lyrich leidet.
Am Leben, am Dasein, vielleicht auch körperlich.
Es ist im Zwiegespräch mit seiner dunklen Seite, die den Freitod wählen möchte.
Lyrich wird zwischen dem Wunsch zu leben oder zu sterben hin und her gerissen.

Welche Seite hat nun wem versprochen, ein Versprechen einzulösen?
Geht es um ein sich selbst gegebenes Versprechen, in den Tod zu gehen?
Kann sich ein Mensch so etwas "versprechen"?
Oder ist es eher der Wunsch nicht mehr sein zu müssen?

Dann ist da ein lyrisches Du, das von dem Dilemma nichts weiß, oder nicht wissen soll?

Je mehr ich mich mit deinem Text beschäftige, je weniger finde ich darin diese ungeheure Tiefe, von der du schreibst. Auf mich wirkt der Text merh wie ein Alptruam den das Lyrich versucht irgendwie für sich zu lösen.
Mir kommt es so vor, als hättest du, dem Lyrich diese Konstruktion des als ernst zu nehmenden „Versprechens“ untergeschoben.
Ich kenne mich mit Bewusstseinsspaltung nicht aus, aber für mich ist es schlicht unmöglich, sich selber zu versprechen in den Tod zu gehen und sich wohlmöglich noch dafür richten, dass man es immer noch nicht getan hat.
Denn das wäre ja dann der Fall. das Lyrich lässt sich vom eigenen Versprechen sozusagen bestimmen, weil es meint, es müsse doch einmal im Leben konsequent sein.
Das ist mir zu weit weg, von dem, was ich als nachvollziehbar akzeptieren könnte.
Freitodgedanken beschäftigen sicher jeden sensiblen Menschen irgendwann in seinem Leben. (Bis zu einem gewissen Grad gehört das wohl zum Leben als völlig normal dazu).
Aber ist der Mensch dann nicht völlig von diesen Gedanken, von der Todesehnsucher einvernommen?
Beschäftigt sich so jemand noch mit der Konsequenz der Inkonsequenz? Erinnert er sich daran dass er konsquent sein müsste, wegen eines Versprechens, was er sich selbst gab?
Wenn ein mensch nach solchen Talwanderungen erkennt, dass er nicht konsequent war, so hat das doch etwas Gutes. Insofern ist die Inkonsequenz in diesem Fall das Positive.
Mir wäre der Text sehr viel näher ohne diese vertrackte "Versprechenskonstruktion".

Liebe Nachtgrüße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.05.2007, 14:00

Liebe Gerda,

Ich werde jetzt eine Inhaltsangabe machen, weil ich glaube, dass es notwendig ist, die innere Logik des Versprechens des Lyrich an sich selbst zu hinterfragen.


Es ist unmöglich, hier eine "Inhaltsangabe" oder Chronologie aufzustellen, um die "Logik" herauszuarbeiten, da es in diesem vertrackten Kontext keine Logik gibt.
Nur soviel. Mehr mag ich dazu nicht schreiben, weil es hier um ein "psychotisches" Innenleben des LIs geht, das jeglicher Logik und Vernunft entbehrt, was wiederum die Crux des Ganzen ist.
Saludos
Mucki

Gast

Beitragvon Gast » 01.05.2007, 14:27

Liebe Mucki,

das Muster nach dem du das Lyrich entworfern hast ist in sich nicht konsistent.
Für mich deshalb nicht nachvollziehbar.
Ich unterstelle dem Lyrich eine Psychose, sonst käme ich dem Text ja überhaupt nicht näher.
Die Frage ist ja nur, gibt es jene in dieser Form?
Das Wort "Inhaltsangabe" war sicher nicht geschickt gewählt, ich wollte mich Wort für Wort duchtasten.

Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 01.05.2007, 14:35, insgesamt 2-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 01.05.2007, 14:29

Hallo Mucki,

soweit ich das verstanden hatte, geht es doch um das Versprechen des LI dem Partner die Wahrheit zu sagen, sich zu öffnen und nicht um das Versprechen des LI Selbstmord zu begehen.
Konsequent zu sein, würde also nicht den Tod, sondern ein Ablegen der Maske bedeuten. Oder? Das LI weiß nicht, ob der Partner sie trotzdem lieben und weiter mit ihr leben könnte, wenn er erst diese dunkle Seite zu sehen bekommt.

liebe Grüße
smile

Gast

Beitragvon Gast » 01.05.2007, 14:43

Liebe smile,

diese Idee hatte ich ganz zu Anfang, bevor ich überhaupt geschrieben habe.
Wo bleibt dann aber die Konsequenz der Inkonsequenz?
Alles immer unter der Prämisse, dass das Lyrich seine Wankelmütigkeit meint, den Tod zu wählen, was bisher nicht verneint wurde.
Ich kann mir darüberhinaus auch nicht vorstellen, dass das Lyrich ausschließlich darüber in "Raserei" verfiele, wenn es darum ginge dem DU die Wahrheit zu sagen, das wäre zu einfach, für meine Begriffe.

Liebe Grüße
Gerda

Aber vielleicht denke ich ja auch zu komplziziert und abstrus.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.05.2007, 14:46

Liebe Gerda,

das Muster nach dem du das Lyrich entworfern hast ist in sich nicht konsistent.
Für mich deshalb nicht nachvollziehbar.


Du sagst es. Das Muster ist in sich nicht konsistent. Genau DAS ist es ja. Genau das soll sich in diesen Gedanken des LIs zeigen, diese Inkonsistenz.

Liebe smile,
das LI hat sich versprochen, dem DU seine "schwarze" Seele zu offenbaren, ja, und zweitens befürchtet das LI, wenn dies geschehen ist, dass das DU mit "sterbenden Augen" reagieren wird, und diese sterbenden Augen das Vorhaben des LI wiederum sterben lassen, sprich, es zum Leben zwingen, welches jedoch für das LI kein Leben ist, sondern Sterben, ein sterbendes Leben.
Es ist ziemlich verquer das Ganze, ich weiß. Aber in der schwarzen Seele des LI gibt es kein "normal", keine Logik. Deshalb ist der Text so seltsam "verstrickt".
Saludos
Mucki


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