ankommen

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 17.04.2007, 20:32

ankommen

[align=justify]ockerner sonntag...ich lenze faul und gehe müßig...unterm arm so etwas wie methan...auf dem bildschirm reiben sich spärlich bekleidete damen aneinander...ich blättere in den aufzeichnungen einer ätherischen jugend...meißele schwungvoll fossile inschriften in die granitfarbene tastatur des lebens...auf dem halben glas roten von gestern schwimmen staubfasern...die dosenravioli blubbern auf dem panierten herd...irgendwo da draußen kreischen türkenkinder...eine kirre fliege brummt den ahnungslosen vorhang an...ich werfe mich auf dreckige laken...etwas von der roten brühe kleckert ins bett...ich wische sinnlos rum, lasse es wieder sein, und mache schnalzende geräusche mit den lippen, während ich mir die kochend heißen dinger reinlöffel...ich rülpse und lasse die sich auftürmende arbeit links liegen wie einen lallenden schnorrer in der fußgängerzone...mit gedanken an masuren wühle ich mich in speichelduftende kissen...mein schwanz wittert deinen geruch unserer ersten nacht...der mittagsschlaf kommt sanft daher...nichts ist wichtig...das tor ist verrammelt...treibenlassen...heute abend werden sie unten in der stadt texte vom dirty old man geben...muss noch beim gärtner vorbei und etwas gras kaufen...den polnischen wodka auf den edelstahlflachmann ziehen, zum dran nuckeln ...

und in der kalten und stillen stunde der späten nacht werde ich wieder über die brücken des hafens laufen...heimkehren...und endlich ankommen...
...in mir.[/align]
Zuletzt geändert von Thomas Milser am 18.04.2007, 15:26, insgesamt 4-mal geändert.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

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leonie
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Beitragvon leonie » 18.04.2007, 15:25

Lieber pjotr,

jetzt werde ich aber streng:

große Staubfasern auf einem Weinglas vom verhergehenden Abend halte ich für äußerst unwahrscheinlich. Fast so unwahrscheinlich wie Wollmäuse...

Sie sind klein. Und tot sowieso. Und man braucht das nicht extra zu erwähnen.

Liebe Grüße

leonie (ja gut, ich gebe es zu, ich hasse überflüssige Adjektive, weil sie die schönsten Texte kaputtmachen können)

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 18.04.2007, 15:27

Ich nehm das Adjektiv jetzt raus. Es muss tatsächlich nicht sein... eisnahmswause...äh...ausnahmsweise :o)
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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 18.04.2007, 15:31

Strenge Frauen finde ich interessant.

Cheers!

pandora

Beitragvon pandora » 18.04.2007, 15:56

was schreibt ihr denn hier zusammen? :auge0023:

bionachhilfe für tom: ob weibliche brustwarzen wie haifische (was für ein zusammenhang!!!!herr freud hätte was zu deuten) riechen können, wage ich zu bezweifeln. aber was ich aus gesicherter quelle weiß, ist, dass sie ÖFFNUNGEN besitzen.

und zurück zum text: ich schrieb ja, dass ich mein empfinden schlecht beschrieben kann. genaugenommen ist es vielleicht nur die raviolistelle, die für mich stilistisch rausfällt.
mir würde es so zum beispiel besser gefallen:

die dosenravioli blubbern auf dem herd...irgendwo da draußen kreischen türkenkinder...eine kirre fliege brummt den ahnungslosen vorhang an...ich werfe mich auf dreckige laken...etwas von der roten brühe kleckert ins bett...ich wische rum, lasse es wieder sein, und mache geräusche mit den lippen, während ich mir die heißen dinger reinlöffel...

lg
p.

PS: und wohl ist das ein männergedankentext.

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 18.04.2007, 16:07

Werte Frau Gebhard (so hieß meine erste Bio-Lehrerin, die die damals noch ziemlich revolutionäre Sexualkunde mit der Frage begann, wo denn der Mensch überall Haare habe, und als nach Nennung aller harmlosen Stellen seitens der Schüler nur noch die wirklich heißen Stellen übrigblieben, die sich unter Kichern keiner zu nennen traute, rief mein Sitznachbar: "Zwischen den ... Fingern"),

äh... liebe Frau Pandora:

Ich sprach von 'erkennbaren' Öffnungen. Ein Säugling wird sie sicherlich erkennen, wenn auch nicht visuell, ein Mann gehobenen, also höchst interessanten Alters, wird wohl nicht beim Liebesspiel den Mikroskopierkasten vom Dachboden holen und rufen: "Da! Ich sehe sie! Schatz, du hast da so Öffnungen! Ich habe es ja immer geahnt!"

äh, zum Text:
Da sind sie wieder draußen, die Adjektive, die den anderen so gut gefallen...und mir irgendwie auch...

Tom.

p.s. Die 'Raviolistelle' fiel auf dem Bettlaken auch stilistisch raus :o)
Zuletzt geändert von Thomas Milser am 18.04.2007, 16:15, insgesamt 4-mal geändert.
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 18.04.2007, 16:08

Hi Tom,

ich habe deinen Text gerne gelesen, fühlte mich wohl dabei, konnte mich sehr gut hineinversetzen in dieses Fallen-Lassen, dieses "Fünfe einmal gerade lassen können". Es ist dir gut gelungen, genau diese Stimmung zu erzeugen,-)
Saludos
Mucki

pandora

Beitragvon pandora » 18.04.2007, 16:21

werter herr fritsche,

(so hieß mein biologielehrer und der war realtiv unverklemmt. allerdings fühlte er sich mehrfach berufen, die weibliche anatomie höchstselbst halbpantomimisch darzustellen. er, ein kleines dickes männchen, reckte sich auf die zehenspitzen, hob die arme und ließ die hände mit ausgestreckten fingern baumeln: "sehen sie, und das wären dann die eierstöcke.")

gut. das war jetzt offtopic.

ich meinte natürlich: herr tom und ich wollte nur noch sagen, dass mich die stelle mit dem mikrobiologenliebesspiel sehr erheitert hat.
und jetzt bin ich stille und melde mich erst wieder, wenn ich was literaturtheoretisch relevantes zu vermelden habe.

peh.

PS: noch etwas zu "ockerner sonntag": http://www.duden.de/deutsche_sprache/ne ... .php?id=26

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 18.04.2007, 18:11

Sehr gut, Frau peh.

Ocker als Farbadjektiv ist in der Tat nicht beugbar. Ocker ist jedoch zuvorderst - als Rohprodukt - ein zu den Tonen, also Erden - gehörendes Gemisch, aus dem ein Naturpigment gewonnen und daraus Farbe hergestellt wird.

So sind dem Ocker im Sinne von 'Ton, Lehm, Erde' nicht nur farbliche, sondern auch haptische Eigenschaften zuzuschreiben, besonders, wenn er in Masse oder gar in feuchter Masse vorkommt. Hier könnte man sich das Gefühl vorstellen, das entsteht, wenn sich Lehm durch die nackten Zehen hindurchquetscht, aber auch das eines kürzlich verstorbenen Huhns, das in seinem Erdmantel der eigenen Durchgarung harrt. Das eine mag noch als angenehm empfunden werden, dem Huhn wirds - da verschieden - zunächst egal sein, lebte es noch, würde es jedoch womöglich ein gewisses Gefühl der Enge, des Eingeschlossenseins beklagen. Aus diesen Erwägungen heraus wurde einst der Römertopf erfunden, was das Huhn fortan zwar auch nicht vor dem Gekilltwerden schützte, ihm jedoch einen gewissen Freiraum auf seiner letzten Reise ließ und Platz bot für Grabbeigaben wie Zwiebelchen, Lauchstangen, Lorbeerblätter und ähnliches Geschmeide.

So mag sich - um den Bezug wieder aufzunehmen - der Protagonist anfangs ein wenig gefangen, eingeschlossen, wenn nicht gar tumb und dumpf vorgekommen sein in der irdenen Masse, die ihn im übertragenen Sinne umgab. Dies kann zur völligen körperlichen bis geistigen Regungslosigkeit führen, wie wir ja am Beispiel des Federviehs soeben gelernt haben. Auch wäre ein gewisser Garungsprozess bei sommerlichen Temperaturen vorstellbar.

Einen Bezug der Farbigkeit herzustellen (zum Herbst zum Beispiel, der Vergleich hinkt aber, da es Juni war, oder zur Farbe der ausgetrockenen Erde, eben weil es Juni war, der Protagonist dies aber nicht sehen konnte, weil die Vorhänge ja geschlossen waren, was dem geneigten Leser kaum entgangen sein dürfte, und somit als Stimmungsbild auch nicht herangezogen werden kann), erübrigt sich also ob dieser schönen langen Klammer.

Der Autor hätte auch einfach zugeben können, dass ihm diese grammatikalische Unschärfe bei der Niederschrift gar nicht aufgefallen war, aber soll man's ihm verübeln, wenn er doch - angestachelt durch die nahezu röntgenhafte Beobachtungsgabe seiner Leser - zu solch semantischen Höhenflügen anzusetzen und sein eigenes Gedicht im Nachhinein in seiner voller Bandbreite endlich zu verstehen in der Lage ist? Ich denke: Nein!

Irden, tönern, ockern, das war sein Sonntag. Amen!

Tom

ps.:
Esotherik-Claudias würden mitunter noch einen Schritt weiter in der Interpretationskette gehen, und von geistiger 'Erdung' sprechen.
'Ockerung' hörte sich allerdings selbst in diesem Genre ein wenig befremdlich an, deswegen mag der Autor diesen Schritt nicht mittun.
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pandora

Beitragvon pandora » 18.04.2007, 19:46

nur zu, was die interpretationsketten angeht: immer ocker vom hocker.
(bzw: ockern von hockern)

:tiere0051:

Sam

Beitragvon Sam » 18.04.2007, 23:12

...lies mal DBC Pierre, Jesus von Texas


!!!!!!!!


LG

Sam

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 18.04.2007, 23:22

Ein toller Kommentar, Sam, wenn man von jemandem ausschließlich die Buchempfehlung eines anderen und acht Satzzeichen als Antwort auf seinen eigenen Text bekommt...
Zumal ich zum Ersteren weiter oben schon was gesagt hatte.

Gute Nacht.
Tom.
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.04.2007, 00:39

Kommentar wieder gelöscht wegen Belanglosigkeit
Mucki

Sam

Beitragvon Sam » 19.04.2007, 07:03

Hallo Tom,

hast Recht. Wenn, dann sollte man was zum Text sagen und nicht nur Ausrufezeichen durch die Gegend werfen.

Sorry

LG

Sam

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 19.04.2007, 08:17

Nich' schlimm, Sam.
Is ja nur so: Wenn ich meinem Nachbarn mein neues Fahrrad zeige, und der dann ohne ein Wort seinen schwarzen SEL 500 aus der Garage holt, mag das für den Zartbesaiteten ein wenig ungalant erscheinen. Zum Glück bin ich aber keiner :o)

Hallo Mucki???
Erstmal netten Dank fürs Lesen. Das mit dem 'Fünfe-einmal-gerade-sein-Lassen' trifft die Sache wohl ganz gut. Vulgär würde man sagen: Mal so richtig einen raushängen lassen :o)
Was war denn so belanglos? *neugier*

An alle:
Ich möchte mich schonmal, obwohl das gerne weitergehen darf, für die wunderbare Kommentarkultur hier bedanken. Ich habe selten so gerne meine eigentliche Arbeit vernachlässigt wie gestern, aber das war einfach zu köstlich...
Inzwischen finde ich die Kommentare schon besser als den Text :o)

Tom.
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