Schneeadler

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 17.04.2007, 07:12

Du hattest mir versprochen, dass wir uns in den ersten Schnee legen würden, um dann mit den Armen und Beinen rudernd einen Adler darin zu formen. Dann legtest du dich auf die Wiese, um es mir vorzumachen.
Ich kann mich daran erinnern und auch, wie ich kindlich jeden Tag meine Nase an das Fenster presste und den Schnee herbei sehnte.
Ich hatte verdrängt, wie es mich irritierte, dass du über die Grasflecken auf deinem Hemd sauer warst.

Das war so adlerfremd.

Heute Morgen habe ich mir dein Hemd übergestreift und mich im Neuschnee gewälzt.
Doch es wurde nicht wieder weiß.





vergessen wurde durch verdrängt ausgetauscht, danke Elsa
Zuletzt geändert von Traumreisende am 17.04.2007, 11:05, insgesamt 1-mal geändert.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 17.04.2007, 09:41

Liebe silvi,

solche Texte mag ich sehr gern.

Ich würde aber hier :
Ich hatte vergessen, wie es mich irritierte, dass du über die Grasflecken auf deinem Hemd sauer warst.

eher schreiben: Ich hatte verdrängt. Denn das hat sie. Vergessen kann sie es nicht haben, da das Hemd nicht mehr weiß wurde.

Adlerfremd ist klasse!

Was meinst du?

Lieben Gruß
ELsa
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 17.04.2007, 10:32

Liebe Silvi,

ich mag kurze, einfache Texte auch sehr gern, aber...

ich finde den Text ~~~ schwierig - das Bild des Schneearmruderns kann man meines Erachtens nicht mal mehr in Filmen gebrauchen, so oft wurde es schon missbraucht für --- was auch immer, heiße Sehnsucht in der Kälte, Kindheitsschmerz Auch wenn du es in einen Adler wendest. Das Motiv rein/unrein dazu überfrachtet dann nochmal ein ganzes Stück den Text, für mich.


Das Wort adlerfremd finde ich dagegen gelungen, stärkt den ganzen Text (bitte aber dann einen anderen Titel der Geschichte, sonst nimmst du dir durch das doppelte Aufgreifen die Wirkung)

herbei sehnen --> herbeisehnen

Dieser Satz:

Ich hatte vergessen, wie es mich irritierte, dass du über die Grasflecken auf deinem Hemd sauer warst.

finde ich nicht gut erzählt, vor allem, weil das lyr. Ich nachher wohl doch nicht den Grasfleck vergessen hat, denn es holt das Hemd ja dafür heraus...klingt insgesamt wie ein unglaubwürdig verkauftes Hineinversetzen in die Kindheit - was sich selbst überführt.

ich weiß nicht...Kindheitsschmerz macht sich natürlich an kleinen Einzelheiten fest (wenn das Kind kein Trauma hat, meine ich jetzt etc.), aber für mich gelingt es dem Text nicht, diese Einzelheit echt rüberzubringen: papa (auch mama letzlich möglich) ärgert sich über dreckiges Hemd und zerstört so die von anderen Werten bestimmte Freude des Kindes...das ist mir zu oberflächlich bzw. die Figuren sind es durch die Wahl der Bilder.

ich möchte mehr schmecken...bei so einem Thema.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 17.04.2007, 11:04

Hallo Elsa, dein gedanke ist gut und kommt dem anliegen wirklich näher, gibt ihm mehr nachdenken und... die kann die hundert worte einhalten :-)

danke dir und liebe grüße


hallo lisa

erstaunt habe ich deine betrachtung auf die kindheit gelesen, ist schon eigenartig, wenn man als autor an solche möglichkeiten garnicht denkt und dann erst den impuls durch den leser bekommt.

für das schneerudern fehlt es mir gerade an einer idee, weil das ja tatsächlich die tätigkeit ist. einige sagen schneeengel zu diesem bild im schnee, wenn man sich hineinfallen lässt und durch diese bewegungen eben so ein abbild im schnee erzeugt, vielleicht hast du ja einen vorschlag dafür.

und vielleicht lässt dieses ja doch kindliche verhalten tatsächlich den blick auf kindheit zu.
schade wenn ich den verlusst von leichtigkeit in einer beziehung nicht besser ausdrücken konnte, vielleicht auch durch den rahmen der 100 worte?

werd mal drüber denken.
danke und liebe grüße
silvi

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 17.04.2007, 12:01

Liebe silvi,
ja - ich hatte noch überlegt, ob es wohl doch um eine Beziehung zwischen zwei erwachsenen Partnern geht, ist durchaus so lesbar...ich für meinen Teil wollte aber die Kindheits-eltern-Ebene stützen, weil ich denke, dass der Vergleich mit dem schmutzigen Hemd bezüglich zweier erwachsener Partner noch etwas weniger passt - ich weiß nicht, das lyr. Ich wird mir dann zu sehr vergutet innerhalb seines eigenen Horizontes und ehrlich gesagt finde ich es dann noc banaler, die unterschiedlichen Sicxhtweisen auf die Welt und kleinen Dinge anhand eines Flecks auszumachen...(auch das Nase plattdrücken stüzt extrem die kindlichen Aspekte). Kind/Erwachsenen-Leseversion wäre für mich daher die unproblematischere.

Einen Schneeengel würde ich nicht bevorzugen, da fand ich gerade gut, dass du einen Adler drausgemacht hast!

100 worte ja...ich finde so eine drabble-Form ja (bisher...) ziemlich willkürlich, wenn du dich dadurch behindert fühlst, würde ich es einfach so schreiben, wie es eben rauskommt.

Liebe Grüße,
Lisa
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Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 17.04.2007, 12:51

liebe lisa

wäre es nicht schade, gerade in partnerschaften auf das kind in uns zu verzichten, ich meine gerade kinder, die so unverfälscht und klar die dinge betrachten, diese eigenschaften, die oft durch verdrehungen im alter manchmal verloren gehen, oder besser ausgedrückt verkompliziert werden.

gerade die grasflecken sollten dieser hinweis sein, welches kind schert sich schon drum, wenn es spaß macht.

ich gebe dir recht, dass hier durchaus ein part nicht so gut abschneidet, der der das kindliche verloren hat und weißen hemden vorrang zu seinen sehnsüchten gibt, okay vielleicht etwas krass formuliert, aber so in der art ...:-)

stimmt, es ist schon etwas einengend mit den 100 worten, macht aber auch mal spaß sich dahineinzupassen, nur leiden sollte der text nicht....

liebe grüße
silvi

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Beitragvon ferdi » 18.04.2007, 10:27

Hallo Silvi!

Schönes Stück :smile: Ich sehe hier eher Erwachsene als Kinder. Der Satz "Ich hatte verdrängt, wie es mich irritierte, dass du über die Grasflecken auf deinem Hemd sauer warst." gefällt auch mir gar nicht - da fehlt jede Spannung, eine Einheit fällt einfach nur in die nächste.

"Drabble" kannte ich bisher nicht - wieder was gelernt :smile:

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 18.04.2007, 10:31

hallo ferdi
danke für deine bemerkungen

da fehlt jede Spannung, eine Einheit fällt einfach nur in die nächste.


da bräuchte ich etwas hilfe, wie meinst du das mit den einheiten.. weglassen kann ich die flecken und das hemd nicht, weil sie ja den bogen unten schließen und eigentlich fast die kernaussage sind, der mensch, der eigentlich so kindlich sich dargestellt hat, war letztlich kleinlich...

deshalb würde ich mich freuen, wenn du es mir genauer sagst.

lg silvi

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Beitragvon Elsa » 18.04.2007, 10:52

Liebe Silvi,

ich denke auch immer noch nach über deinen Text. Manches braucht länger :-)

Mein Vorschlag wäre, am Anfang umzudrehen und insegsamt zu ergänzen. Ich dringe jetzt unverschämt in deinen Text ein, es fällt mir zu schwer, es Wort für Wort zu erklären, verzeih. Wahrscheinlich sprengt mein Vorschlag die Drabble-Grenze:

Du legtest dich auf die Wiese, breitetest Arme und Beine aus.
"Schau, ich fliege!", sagtest du und, "das machen wir im ersten Schnee. Adlermäßig."

Ich kann mich daran erinnern und auch, wie ich jeden Tag meine Nase an das Fenster presste und den Schnee herbei sehnte. Kindisch.

Ich hatte verdrängt, wie es mich irritierte, dass du über die Grasflecken auf deinem Hemd sauer warst. Das war so adlerfremd.

Heute Morgen holte ich dein Hemd aus dem Kasten, das seit damals drin hängt/oder: das übrig geblieben ist. Ich streifte es über und wälzte mich im Neuschnee.

Doch es wurde nicht wieder weiß.


Liebe Grüße,
ELsa
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Beitragvon ferdi » 18.04.2007, 10:53

Hallo nochmal,

und entschuldige die ungenaue Ausdrucksweise. Ich meinte die drei syntaktischen Einheiten: "Ich hatte verdrängt | wie es mich irritierte | dass du über die Grasflecken auf deinem Hemd sauer warst." Vielleicht so: "Du warst sauer über die Grasflecken auf deinem Hemd, doch meine Irritation darüber hatte ich verdrängt." - Mist, ein Wort zu kurz! Ich fürchte, an diese Art von Vorgabe muss ich mich erst gewöhnen... Mich stört halt auch das "wie" ein wenig, weil ich nicht genau weiß, was es ausdrücken soll: "wie sehr", "auf welche Weise", "dass"? Ein allgemeines Unbehagen am Aufbau dieses Satzes, meinerseits; daraus muss für dich nichts folgen. Der Inhalt des Satzes ist völlig ok!

Was anderes: Schreibt man "herbei sehnen" seit neuesten Rechtschreibreformen auseinander? Meine Wörterbücher haben es noch als Kompositum.

Ferdigruß!
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Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 18.04.2007, 11:09

ah ja, jetzt verstehe ich dich ferdi :-) DANKE, ich muss mal den gesamten text noch mal bearbeiten und deinen vorschlag mal 100 % :-) einbauen, äh nein 100 wörtig und... herbeisehnen wird zusammengeschrieben, nur wollte ich die gesamtheit der überarbeitung noch mal prüfen und nicht aufgrund des dann fehlenden wortes murks einbauen...

dein unbehagen ist ein guter ansatz.

lg silvi


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