vorbei - endfassung

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 15.04.2007, 14:43

ja
ich wollte der zeit
hinter den rücken sehn

und wieder den weg
mit dir gehn

zu den ernsthaften tannen*
(heller pfad unserer jugend)

doch nun?

kleingärten garagen ställe -

das lachen fiel mir
aus den händen
und dir
nichts mehr ein

neben uns
weinte der mohn
seine schwarzen tränen

*vorher:
und mit dir
den weg wieder gehn
zu den ernsthaften tannen

danke niko, silvi!
erste strophe vorher:
ich wollte der zeit
in die karten sehn


scarlett, 2007
Zuletzt geändert von scarlett am 24.04.2007, 22:24, insgesamt 7-mal geändert.

Perry

Beitragvon Perry » 15.04.2007, 14:56

Hallo Scarlett,
gefällt mir das Bild von den "ernsthaften Tannen" und dem Mohn (aber bitte ohne Tränen, was soll er den sonst weinen).
Irgendwie fehlt mir der Mittelteil, denn was ist geschehen in den Kleingärten etc.?
Schönen Sonnag noch und LG
Manfred

Max

Beitragvon Max » 15.04.2007, 17:30

Liebe Scarlett,

ich finde, dass dieses Gedicht gut in die Reihe zweier Deiner jüngeren Texte passt, P.S. und Amour malgache. Auch hier hast Du - wenn auch nur in Form eines Hauchs - eine zweite Ebene eingeflochten, auch hier scheint das lyr. Ich über das Beschriebene zu reflektieren, das gefällt mir.

Die ernsthaften Tannen kenne ich ja schon aus Deinem letzten Kurzgedicht, aber das gefällt mir, der Mohn ist auch ein häufiger Gast in Deinen Gedichten (aber nicht nur in Deinen, celan hat ihn ja sogar im Titel eines seiner Bände). Hier gfeällt mir vor allem, dass er schwarz weint, denn das passt gut zu den schwarzen Flecken auf den Blütenblättern des Mohns.

Die erste Strophe beschreibt für mein Gefühl noch nicht ganz das, was da eigentlich geschieht. Eher als in ihr in die Karten zu schauen, wandelst Du ja auf den Spuren der Vergangenheit - dass das so nicht schreiben möchtest verstehe ich, durch den oft verwendeten Ausdruck wird dieser ja unscharf. Mir ist aber, als wollte das lyr. Ich der Vergangenheit die Fingerabrücke oder hier vielleicht eher die Stiefelspuren nehme ... so etwas vielleicht.

Gut gefällt mir hingegen

das lachen fiel mir
aus den händen
und dir
nichts mehr ein –


Das schafft auch eine ironische Distanz zur Ernsthaftigkeit, mir der eine solche Situation für gewöhnlich erlebt wird.

Hab ich gern gelesen!

Liebe Grüße
max

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 15.04.2007, 17:39

Liebe Scarlett,

Es ist eine schöne Wanderung von den ernsthaften Tannen über die profane Kleingartensiedlung bis hin zum Mohn und den schwazen Tränen. Ich bin dir gern auf dem wehmütigen Pfad gefolgt.

Ja
ich wollte der zeit
in die karten sehn
"ja" gehört klein geschrieben. Dieses Bild ist mir etwas diffus. Es ist doch so, dass die beiden den Weg wieder gehen, längst erwachsen? Demnach wollte sie der Zeit nicht ..., sie tut es doch. Das stimmt für mich nicht, irgendwie.

Es gefällt mir sehr, Scarlett!

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

scarlett

Beitragvon scarlett » 16.04.2007, 22:28

Lieber perry, max, liebe elsa

entschuldigt, daß ich erst jetzt auf eure kommentare antworten kann, die trivialen dinge des alltags haben mich der poesie etwas ferngehalten...

ja, es geht mir schon darum ,der "zeit in die karten" zu schauen - nachzuschauen, was auf dem weg, der früher (jugend) etwas repräsentiert hat, jetzt so los ist, wie die zeit ihn verändert hat und nicht nur ihn! DA kommt dann nur die lapidare feststellung "kleingärten garagen ställe" - das bewirkt, dass das lachen aus den händen fällt, dem lyrdu fällt auch ncihts mehr ein (nur dazu? oder allgemein???, das bleibt offen, auf jeden fall es ist auch anders) und der mohn, mein - zugegeben - stetiger begleiter weint - schwarze tränen. Perry, er hätte auch was anders weinen können, etwa das "Vorbei", das "Vergangen" "das Gestern" - ich habe die schwarzen tränen gewählt, auch wenn man schon allgemein tränen weint, so sind es hier doch schwarze. Ich finde es schön, wie Max das verstanden hat und das bild beschreibt: rot mit schwarz. (ich dachte übrigens auch an den samen der mohnblume, schlaf, vergessen).

Und das "ja" liebe Elsa, gehört natürlich klein geschrieben, ich werde es ändern, danke.

Der text betont, dass das lyr Ich diesen weg, einen ehemals vertrauten weg, gehen will, einen weg der vergangenheit - in der jetzt-zeit, um zu sehen, was sich verändert hat, was gebleiben ist, von dem ehemaligen, letztendlich von der jugend...

Fazit des ganzen: nichts ist, wie es einmal war...wobei der text das "wie" es war schuldig bleibt u es dem leser überläßt, dieses aufzufüllen....(wobei es klar sein dürfte, dass früher wohl keine kleingärten, garagen, ställe den weg in irgendeiner form zu was besonderem hätte werden lassen..., nein, das ist das produkt des "heute")

Ich danke euch ganz herzlich für eure gedanken und für eure rückmeldungen zu meinem gedicht.

Grüße,

scarlett

Niko

Beitragvon Niko » 16.04.2007, 23:38

hallo scarlett!
ich geb mich mal ran.....vorangegangene komms habe ich nicht gelesen. das schreibe ich für den fall von wiederholungen.

ja
ich wollte der zeit
in die karten sehn


ein guter einstand. vielleicht ein wenig verspielt, aber dennoch sehr ok. besonders das "ja" am anfang.

und mit dir
den weg wieder gehn
zu den ernsthaften tannen


ich les immer "und mit dir wieder gehn" es wirkt ein wenig "jugendlich" oder naiv....weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll. gerade auch in der verbindung mit "karten sehn / wieder gehn" vielleicht kannst du diesen (unfreiwilligen?)reim in diesem gedicht aufgeben? mir persönlich würde es in "freier form" wesentlich besser gefallen. oder zumindest eine umstellung :" und mit dir / wieder den weg gehn" fände ich gelungener. wissend, das es der metrik schadet.....

(heller pfad unserer jugend)


ich mag klammern und nutze sie oft selbst. hier hätte ich mir ohne klammern gewünscht und mehr bezugnehmend zu den tannen. zb: zu den ernsthaften tannen // der helle pfad unserer jugend

kleingärten garagen ställe

das lachen fiel mir
aus den händen
und dir
nichts mehr ein –

mir scheint, hier hattest du gefallen am formulieren. die letzten beiden zeilen finde ich etwas platt. entweder etwas ganz anderes oder weg damit (nach meinem empfinden, sind alles nur gedanken!!!!) die kleingartenzeile ist mir als nahrung zu gering. das hätte ich mir ein wenig näher gebracht gewünscht.

neben uns
weinte der mohn
seine schwarzen tränen


das ist einsame spitze!


das ganze könnte ich mir also so vorstellen:

ja
ich wollte der zeit
in die karten sehn

und mit dir
wieder auf dem weg sein
zu den ernsthaften tannen

dem hellen pfad unserer jugend

kleingärten garagen ställe (wäre drei zeilen wert zum detaillierteren nahebringen)

das lachen fiel mir
aus den händen
die du nicht hieltest (mal als beispiel)

neben uns
weinte der mohn
seine schwarzen tränen


meine gedanken dazu.
mit liebem gruß: Niko

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 17.04.2007, 09:37

Hallo scarlett

deinen grundgedanken kann ich im bild gut sehen und auch fühlen.

deinen einführungsvers mit den karten, ist wohl unsere immerwährende ungeduld und auch die zweifel an allem, den finde ich aber nicht mehr aufgegriffen und zu den restlichen zeilen auch etwas ihne bezug.
und mit dir
den weg wieder gehn
zu den ernsthaften tannen


die nutzung des tannenbildes ist klasse!!
bei dem wieder gehen ergeht es mir etwas wie nico, aber der metrik zu liebe könnte sein voschlag auch in die mehrzahl der wege gehen

und mit dir die wege wieder gehen, wäre a auch schade, gäbe es nur einen...

die beschreibung der ställe garagen ect. ist ebenfalls sehr stimmungsvoll nur hier:
das lachen fiel mir
aus den händen
und dir
nichts mehr ein –


das ist mir zu redegewendet...

perrys anmerkung zu den tränen die der mohn weint stimmt, was sonst, aber... naklar WAS könnte er sonst noch weinen... da fällt dir bestimmt etwas ein

weint schwarzes vergessen
weint taubes tasten

egal, da glaube ich findest du ein lyrisch tiefes bild!!!! ganz bestimmt :-)

dir liebe grüße
silvi




da vielleicht

scarlett

Beitragvon scarlett » 17.04.2007, 19:07

Lieber NIko, liebe silvi

dank euch für die beschäftigung mit meinem gedicht.

Ihr habt nicht ganz unrecht, was das "mit dir wieder gehen" anbelangt. Da es mir aber wichtig ist, dass es ein weg bleibt (ein ganz bestimmter und nicht mehrere) werde ich es wohl dahingehend ändern:

und wieder den weg
mit dir gehen
zu den ernsthaften tannen

besser, oder?

Ich empfinde den einführungsvers nur scheinbar ohne bezug zum folgenden, silvi, es ist ja gerade die zeit, die vergangen ist, die anhand der "kleingärten garagen ställe" aufgezeigt wird. Ja und trotz der ahnung, nicht mehr das vorzufinden, was einmal war, will das Ich diesen weg gehen und sehen, was sich da verändert hat (deswegen auch dieser einstieg, ja ich wollte... trotz besseren wissens/oder ahnung, mich diesem risiko aussetzen...)

Dann habt ihr beide die stelle mit dem lachen angesprochen - gefallen am formulieren, wie du, Niko, das nennst, will ich ja gar nicht leugnen und doch ist es mehr - es beschreibt ja auch die hilflosigkeit des lyr du, das in dieser situation auch nichts mehr sagen kann/zu tun imstande ist... also auch das du, könnte man schlußfolgern, ist nicht mehr das gleiche wie früher, genau wie der einstige weg.

Und zu guter letzt die tränen des mohns: für den einen erscheint es gelungen, dem anderen irgendwie nicht so ganz "fertig".
Natürlich könnte ich das anders formulieren, hatte ich ja auch im letzten posting angedeutet, aber mir scheint, dass ich das hier genauso stehenlassen will, wie es ist. Es soll dem leser überlassen bleiben, wie er sich das auffüllen mag.

Niko, die klammer liest sich doch automatisch als erklärung/bezugnehmend zu den tannen in dem sinne, wie du es vermerkt hast, oder nicht? Ich möchte die klammer gern behalten, sie fügt sich m M nach gut zum restlichen, etwas "abgeklärten", distanzierten des gedichts. (etwa den garagen usw., das ist ja eine reine, neutrale bestandsaufnahme)

Ich hoffe, ich erscheine euch nicht zu "stur" - aber ich denke, bis auf die zweite strophe bleibt mein gedicht, wie es ist.

Lieben gruß an euch beide,

scarlett

Max

Beitragvon Max » 17.04.2007, 19:52

Liebe Scarlett,

verzeih wenn ich insistiere, aber wenn Du schreibst:

a, es geht mir schon darum ,der "zeit in die karten" zu schauen - nachzuschauen, was auf dem weg, der früher (jugend) etwas repräsentiert hat, jetzt so los ist, wie die zeit ihn verändert hat und nicht nur ihn!


So sagt mir das eigentlich, dass "in die Karten schauen" vielleicht wirklich nicht der richtige Ausruck ist. In die Karten schaut man jemandem, der etwas verbergen möchte, der sein Blazz geheim hält. Die Zeit möchte ja nichts verstecken, Du hast nur bisher nicht hingeschaut ....


Liebe Grüße
max

Niko

Beitragvon Niko » 17.04.2007, 20:33

Die Zeit möchte ja nichts verstecken,
sie versteckt aber, max. nämlich das zukünftige. und im weg zurück schaust du nach vorne, schlägst der zeit ein schnippchen (wär vielleicht auch als wendung nicht schlecht) und kannst die zukunft zwar nicht sehen, aber dir ausmalen (anhand des erkennenden "ist-zustandes") wie sie wohl sein wird.
von daher ist das spiel "im gang zurück erkennen und nach vorne sehen" gut gelungen.
lieben gruß: Niko

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.04.2007, 16:03

Lieber Max,

jemandem in die karten schauen heißt doch, jemandes absichten bzw. pläne erkennen zu wollen, oder? zumindest habe ich diese erklärung dafür gefunden.

Ich wollte das so verstanden haben, dass das lyrich sehen wollte, was die zeit für diesen ort, diesen weg "vorgesehen", aus ihm gemacht hat.... hmm, verstehst du, was ich meine? Und da paßt doch diese redewendung schon, oder bin ich jetzt total bedeppert? :12:

Ja und danke fürs insistieren, nur dadurch habe ich nochmal genauer nach dieser redewendung geschaut...

Lieber Niko,

auch dir nochmals danke für dieses "im gang zurück erkennen und nach vorne sehen" - anhand des vorgefundenen ist wohl kaum der schluß zulässig, dass es in zukunft jemals wieder den früheren weg geben wird- er ist auch buchstäblich verbaut!

Grüße an euch beide,

scarlett

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Beitragvon Elsa » 18.04.2007, 17:52

jemandem in die karten schauen heißt doch, jemandes absichten bzw. pläne erkennen zu wollen, oder? zumindest habe ich diese erklärung dafür gefunden.

Ich wollte das so verstanden haben, dass das lyrich sehen wollte, was die zeit für diesen ort, diesen weg "vorgesehen", aus ihm gemacht hat.... hmm, verstehst du, was ich meine?


Liebe Scarlett, ich weiß nicht, ob das passt. Denn i.A. geht es bei jemandem in die Karten schauen, darum, was sein wird, was er vor hat.
Hier geht es aber doch darum, dass etwas bereits gemacht wurde?

Ich weiß nicht, ob man das daher so verwenden kann.

Lieben Gruß
ELsa
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scarlett

Beitragvon scarlett » 18.04.2007, 18:03

Ja stimmt Elsa, es geht wohl wirklich nicht - die zeitebenen überlagern sich irgendwie... oder vertauschen die reihenfolge, wie auch immer, es kommt jetzt zum altpapier und aus is!

Merci fürs "Augenöffnen"

lg,
scarlett

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Beitragvon Elsa » 18.04.2007, 18:09

Liebe Scarlett,

ja, es liegt wohl an Zeitebenen. Das könnte sein.

Warum schreibst du nicht:

ja
ich wollte die zeit herausfordern

?

Lieben Gruß
Elsa
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