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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 07.04.2007, 15:04

Dort
auf dem Steg
wusstest du
um Ende und Anfang.

Du hast dich umgedreht,
nur einmal,
nur kurz
und dein Blick
sprach in den meinen.

Selbst die Sonne verharrte,
damit ich deinen Schatten halten konnte.
-so schien es mir,
oder es war nur das,
was wir Menschen Stillstand nennen-

Nie waren wir so eins
wie in dieser Vergänglichkeit.



die eckigen klammern sind gedankenstrichen gewichen, danke an smile...
Zuletzt geändert von Traumreisende am 08.04.2007, 10:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 08.04.2007, 19:08

Hallo Silvi, hallo Max

Für mich ist es weniger Aufgabe von lyrik, solche Denkprozesse im Leser vorweg zu nehmen, als vielmehr sie zu erzeugen.


das sehe ich ganz anders. Ich begrüße es sehr, wenn der Dichter mir seine Gedanken, Empfindungen und Denkprozesse mitteilt. Dadurch entfaltet das Gedicht für mich Persönlichkeit. Über das "nur" beschreiben habe ich mit Max ja schon öfter diskutiert. Da gibt es wohl einfach verschiedene Auffassungen. Für mich zerstört auch eine Schlussfolgerung nicht das vorher geschaffene Bild.
Für mich würden die letzten Zeilen fehlen. Sie sind der Abschluss, den ich auch lesen möchte. Es geht mir da ähnlich wie in Romanen, manch einer liebt offene Enden, ich nicht.

liebe Grüße smile

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 09.04.2007, 10:30

Liebe smile,

die Auseinandersetzung finde ich interessant! :-)

das sehe ich ganz anders. Ich begrüße es sehr, wenn der Dichter mir seine Gedanken, Empfindungen und Denkprozesse mitteilt. Dadurch entfaltet das Gedicht für mich Persönlichkeit. Über das "nur" beschreiben habe ich mit Max ja schon öfter diskutiert. Da gibt es wohl einfach verschiedene Auffassungen. Für mich zerstört auch eine Schlussfolgerung nicht das vorher geschaffene Bild.
Für mich würden die letzten Zeilen fehlen. Sie sind der Abschluss, den ich auch lesen möchte. Es geht mir da ähnlich wie in Romanen, manch einer liebt offene Enden, ich nicht.


Ich glaube nicht, dass Max (und ich auch nicht) nicht etwas mitgeteilt haben möchte oder dass es um ein offenes Ende geht. Natürlich geht es um Mitteilung. Aber die Frage ist, wie ich das mitgeteilt haben möchte. Und wenn jemand erst ein Bild verwendet und dann erklärt, was das Bild ja mitteilen will, ist das Bild für mich hinfällig oder der Leser zu doof oder das Bild zu vom Autor zu unsicher empfunden oder einfach nur seiner Schönheit beraubt...denn die Ästhetik entsteht ja auch dadurch, dass das Bild etwas mitteilt, das macht erst die Magie aus...für alles andere würde ich dann lieber einen Essay lesen.

Liebe silivi;

dieses, und das empfinde ich so, vergängliche hat etwas schönes und taucht glaube so nicht doppelt oder erklärend auf?????? oder doch?????


Es geht doch nicht darum, dass es zu oft oder doppelt auftaucht, sondern dass es überhaupt auftaucht; das Wort "Vergänglichkeit" direkt zu benutzen nach dem Bild, was Vergänglichkeit bzw, die Überwindung der Vergänglichkeit etc. ausdrückt, ist als ob ich zu einem Bild im Text die eigene Bedeutung7Interpretation der Bilder als Autor schreibe und das zerstört die Bilder, so meine Auffassung (auch davon giubt es natürlich stilistisch wieder Ausnahmen blabla, ist klar).

Soll heißen: Auch ich möchte etwas mitgeteilt bekommen, wenn aber sich ein gedicht dazu entschließt, dies auf dem Weg der Bilder zu tun, dann soll te es dies auch durchgängig so tun.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 09.04.2007, 11:01

ich muss es noch mal wiederholen, ich finde es sehr sehr interessant wie ihr mit den texten umgeht und dadurch ein feld von betrachtungen aufmacht die fast noch mehr öffnen, als es beim scheiben gedacht war. und das nehme ich gern an.

nicht weil smile sich mehr meiner betrachtung anschließt, möchte ich bei dieser auch bleiben, sondern weil es für mich ein stimmungsbild war, das ich ohne das ende nicht mehr so empfinden möchte, fast als wäre die gesamte aussage in diesem letzen satz.

ich dachte dadurch auch mehr den wechsel zwischen halten und annehmen dargestellt zu haben.
max hat es schon richtig gesagt, es ist die auffassung des autors, und es ist keine sturheit :-) von mir,wenn ich dies in diesem fall durchaus bejahe.

die fehlende bildsprache, die du lisa vermisst ist bereits zum zweiten mal ein denkanstoß.
ich dachte der steg, als bild vor dem fließenden wäre ein stück bild, muss aber auch diesmal feststellen, dass es immer noch ein grat zwischen direkter aussage und wirklichem bild ist.
also noch nicht deutlich genug fisch oder fleisch.

mir würde wirklich der rahmen fehlen, in dem diese aussage gebettet ist, ende -anfang ... wenn man mehr diesen prozeß als ständig rotierenden betrachtet=vergänglichkeit und doch ein weiter.

das ist bestimmt auch die erklärende aussage die lisa hier zu viel ist.

euch dreien ldank
lg silvi
Zuletzt geändert von Traumreisende am 09.04.2007, 11:01, insgesamt 1-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 09.04.2007, 11:01

Liebe Smile,

wenn Du schreibst


Zitat:Für mich ist es weniger Aufgabe von lyrik, solche Denkprozesse im Leser vorweg zu nehmen, als vielmehr sie zu erzeugen.


das sehe ich ganz anders. Ich begrüße es sehr, wenn der Dichter mir seine Gedanken, Empfindungen und Denkprozesse mitteilt. Dadurch entfaltet das Gedicht für mich Persönlichkeit


so denke ich als erstes, dass Du nicht ganz genau wiedergibst, was ich meine. Ich möchte natürlich auch mitgeteilt bekommen. Nur ist für mich ein mögliches Ideal, dass ich die Situation und vor allem die Gefühle des lyr. ichs nachempfinden kann. Das geht für mich am besten, wenn ich mich in die Situation hineinversetze. In dieser Situation aber werde ich meine eigenen Gedanken haben und möchte daher nicht schon vorher die Quintessenz lesen, wie ich denn die Situation empfinden soll. Man kann auch den Versuch unternehmen, das ganze rein von der Metaebene (oder einer Metametaebene) aufzuzäumen - nur die Vermischung der Ebenen zerstört für mich die Wirkungskraft jeder einzelnen.

Liebe Grüße
max

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 09.04.2007, 11:05

da haben wir uns gerade überschnitten max :-))

ich glaube nun auch zu verstehen, dass es diese vermischung, siehe undeutlicher grat ist, die hier zu dieser zwei meinungsbildern führt.?

es ist tatsächlich nicht so leicht dem freiraum ud der aussage gerecht zu werden.

lg silvi

Max

Beitragvon Max » 09.04.2007, 11:08

ich glaube nun auch zu verstehen, dass es diese vermischung, siehe undeutlicher grat ist, die hier zu dieser zwei meinungsbildern führt.?


Liebe Silvi,

ich glaube das triffft mein Empfinden - ja, danke!

Liebe Grüße
max

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 09.04.2007, 11:17

himmel nun hast du auch noch die fehler mit zitiert, s :icon_redface2:

:-)) lg

Max

Beitragvon Max » 09.04.2007, 11:20

*lach* Silvi, was Fehler angeht, überbietet mich hier sowieso so schnell niemand, ich darf das ...

Liebe Grüße
max

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 09.04.2007, 11:22

Liebe Traumreisende,
nein nein, dem Text mangelt es grundsätzlich nicht an Bildern! Schau mal hier:

Selbst die Sonne verharrte,
damit ich deinen Schatten halten konnte.
-so schien es mir,


Und das gefällt mir gut!

Nur danach die Erklärung dann zerstört diese Bildkraft.


Letztendlich: Wenn bestimmte Blickwinkel für dich völlig neu sind, ist es doch klar, dass du das nicht direkt umsetzen kannst. Du musst ja erstmal prüfen, ob du das auch so siehst oder eben nicht :-).

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Perry

Beitragvon Perry » 09.04.2007, 11:33

Hallo Sylvi,
da ist ja eine sehr intensive Diskussion am Laufen.
Ich möchte gerne auch noch einmal etwas beisteuern, weil mir hier zuviel an urprünglicher Substanz verloren zu gehen scheint. Mein Vorschlag wäre, die erklärenen Worte sozusagen als Bühnenbild an den Anfang zu stellen.
Auf die Erklärung in den Gedankenstrichen würde ich ganz verzichten, weil sich das scheinnbare Verharren jeder selber vorstellen kann.

Vorschlag:
Nie waren wir so eins
wie in dieser Vergänglichkeit
dort
auf dem Steg.

Du hast dich umgedreht,
nur einmal,
nur kurz
und dein Blick
sprach in den meinen.

Selbst die Sonne
schien zu verharren,
damit ich deinen Schatten
halten konnte.

LG
Manfred

Max

Beitragvon Max » 09.04.2007, 11:47

Lieber Manfred,

auch Deine Version gefiele mir besser ohen Vergänglichkeit :-)

Liebe Grüße
max

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 09.04.2007, 11:50

lieber manfred
das kommt mir sehr entgegen, ja wie ein bühnenbild, habe nur bedenken, dass die aussage kippen könnte, für mich ist etwas halten, gerade in den emotionen, nicht unbedingt positiv.. bin eine vertreterin des loslassens :-))

und lisa, dieses bild, danke!!! ein wichtiges, siehe aussage zu perry

ola, ihr bringt mich ganz schön ins grübeln...

lg silvi

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 09.04.2007, 11:52

ich glaube max ich muss mal was ganz unvergängliches schreiben :-)))
nein im ernst, bin wirklich erstaunt, dass eben gerade dieser wichtige satz das störende ist...der tropfen zuviel...

wenn es unter Blick aus dem fenster stehen würde... also nicht als liebeslyrik, würde es dann eine neue betrachtung bekommen??
neubeginn, fießen,loslassen jetzerkennung???

lg silvi

Max

Beitragvon Max » 09.04.2007, 12:01

Liebe Silvi,

ach der Tropfen zu viel ist auch wieder zu viel gesagt denke ich.

wenn es unter Blick aus dem fenster stehen würde... also nicht als liebeslyrik, würde es dann eine neue betrachtung bekommen??


Ich denke nicht, dass die kritischen Kommentare spezifisch den "Liebeslyrik"-Charakter betrafen, sondern eher die Frage, wie ein gedicht am besten wirkt, oder?

Liebe Grüße
Max


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