Blickkontakt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 07.04.2007, 15:04

Dort
auf dem Steg
wusstest du
um Ende und Anfang.

Du hast dich umgedreht,
nur einmal,
nur kurz
und dein Blick
sprach in den meinen.

Selbst die Sonne verharrte,
damit ich deinen Schatten halten konnte.
-so schien es mir,
oder es war nur das,
was wir Menschen Stillstand nennen-

Nie waren wir so eins
wie in dieser Vergänglichkeit.



die eckigen klammern sind gedankenstrichen gewichen, danke an smile...
Zuletzt geändert von Traumreisende am 08.04.2007, 10:30, insgesamt 1-mal geändert.

Perry

Beitragvon Perry » 07.04.2007, 18:13

Hallo Silvi,
ein Abschied am Steg, fast ein Klassiker.
Es gefällt mir gut, wie du die Gedanken des lyrischen Ichs in den knappen Bildern sprechen lässt. "Nie waren wir so eins", dagegen klingt "Schau mir in die Augen Kleines", fast banal (lächel).
LG
Manfred

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leonie
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Beitragvon leonie » 07.04.2007, 22:52

Liebe Silvi,

mir gefällt die Idee auch gut, auch die Bilder, ich meine allerdings, Du könntest noch ein wenig verdichten.

Ein Vorschlag

Dort
auf dem Steg
wusstest du
um Ende und Anfang.

Du hast dich umgedreht,
nur einmal, kurz,
sprach dein Blick
in meinen.

Selbst die Sonne verharrte,
damit ich deinen Schatten halten konnte.
[oder es war nur das,
was wir Menschen Stillstand nennen]

Nie waren wir so eins
wie in dieser Vergänglichkeit.

Das Wort "Vergänglichkeit" finde ich auch ein wenig schwierig, vielleicht kannst Du ein Bild dafür finden?

Liebe Grüße

leonie

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 08.04.2007, 10:00

guten morgen Manfred

über deinen vergleich habe ich gern geschmunzelt, es ist der tat ein mir wichtiger satz und wenn du ihm soviel kraft gibst dann freut mich das sehr.

wünsche dir ein schönes osterfest
lg silvi


Hallo leonie

deine kürzungen sind sehr interessant, wenig aber ich denke doch effektvolles weniger...
bei der wiederholung des nur, dachte ich an eine verstärkung der stimmung, der momentaufnahme, doch das komma hat den gleichen effekt.

schien es mir... sollte eigentlich ein wortspiel zu sonne sein, scheint aber nicht so zu verstehen sein??

nur die vergänglichkeit, da halte ich sehr daran fest, weil es ein positiver moment sein soll, sich der vergänglichkeit bewußt zu sein und so die innigkeit intensiver zu spüren..., sicher es ginge auch moment, oder augenblick, aber vergänglichkeit hat etwas zerbrechliches und wir gehen oft mit den momenten so um, als hätten wir taschen voll davon.... kannst du es noch mal unter diesem aspekt betrachten?? eine frage, kein dich überzeugen wollen :-))

dir schöne ostern und liebe grüße
silvi

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 08.04.2007, 10:24

Hallo Silvi,

das hat mir wieder sehr gut gefallen, allerdings mag ich dieses "in Klammern setzten" gar nicht in Gedichten.
Die zweite Strophe würde ich so lassen, wie sie ist, sie war für mich genau richtig. :daumen:

Der Stillstand hat für mich einen sehr negativen Beigeschmack. War das von dir gewollt? Ich hätte eher an Zeitlosigkeit, Zeitaufhebung, Sekundenewigkeit...gedacht
Am liebsten hätte ich es ganz ohne die Klammer gelesen.

Die Vergänglichkeit trifft es genau. :nicken: .

liebe Grüße smile

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 08.04.2007, 10:29

hallo smile

die klammern müssen in der tat nicht sein, vielleicht reichen auch gedankenstriche, denn ein zwischengedanke ist es,
und du hast recht dieser stillstand war nicht so positiv behaftet, denn solche aussagen: als stünde die welt still sind verfälschungen, es fließt , jeder moment fließt, deshalb auch der genuss der vergänglichkeit am schluss, das sich bewußt sein...
deine interpretation freut mich- und... die klammern müssen nun ist osternest :-)- danke für diesen anstoß, den ich ohne bedenken gern annehme!

lg silvi

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 08.04.2007, 11:04

Liebe Silvi,

ich sehe da smit der Vergänglichkeit so wie leonie und Perry, dadurch da du das Thema mit diesem Wort direkt verwendest, schwächt es alle deine Bilder.

Zum Verständnis:

Wenn du schreibst:

Selbst die Sonne verharrte,
damit ich deinen Schatten halten konnte.


dann finde ich das ein gelungenes Bild für die Momentüberwindung der Vergänglichkeit.

Wenn du am Ende dann aber direkt schreibst:
Nie waren wir so eins
wie in dieser Vergänglichkeit.


Dann macht das dein ganzes Bild kaputt, weil das Bild nicht mehr wirken kann...du zerstörst es durch die Erklärung.

Darum würde ich den letzten Vers einfach streichen.

Smile hat zwar recht, dass es so ist, aber es ist auch so ohne die Erklärung...das so ist muss in den Bildern stecken, nicht in der Erklärung...

Mit dem Stillstand geht es mir übrigens fast genauso wie mit der Vergänglichkeit...für mich ist die Benennung überflüssig.

Die Klammern dagegen haben mich nicht gestört, ich mag sie, die Gedankenstriche finde ich aber auch OK, ja vielleicht hier sogar einen Tick besser, da es ein runder gespannter Bogen ist, mit einem Atemzug gsprochen.

Ich würd enochmal über die direkten Benennungen nachdenken...

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 08.04.2007, 12:20

Die Kritik an der "Vergänglichkeit" kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Wenn das Wort vor oder innerhalb der Bilder aufgetaucht wäre, könnte man von einer "Schwächung" (Lisa) reden; Aber es kommt doch erst am Ende, wenn die Bilder schon gewirkt haben?! Hm. Ich würd's lassen.

Leonies Kürzungsvorschlag verändert mir den Sinn etwas zu sehr, weil das "einmal, kurz" sich nun plötzlich auf "sprach" bezieht?!

Eigentlich würde ich alles lassen, wie es ist, Silvi. Bis auf die Gedankenstriche - setzt man die nicht durch ein Leerzeichen vom folgenden / davor stehenden Wort ab?! Und, ganz vielleicht, könnte man dem "Gedankenstrichabschnitt" durch eine zusätzliche Leerzeile auch optisch zu einem solchen machen.

Ferdigruß!
Zuletzt geändert von ferdi am 08.04.2007, 15:10, insgesamt 2-mal geändert.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Max

Beitragvon Max » 08.04.2007, 12:37

Liebe Silvi,

anders als Ferdi stimme ich mit Lisa überein, würde bei den Streichungen sogar noch weiter gehen. Es gibt nämlich in Deinem Text eine beschreibende und eine erklärende Ebene, von der ich die letztere komplett weglassen würde, um die erstere zur Entfaltung zu bringen. Meine Version sähe eher so aus:

Dort
auf dem Steg
hast du dich umgedreht,
nur einmal,
nur kurz
und dein Blick
sprach in den meinen.

Selbst die Sonne verharrte,
damit ich deinen Schatten halten konnte.

So schien es mir,
oder es war nur das,
was wir Stillstand nennen



Wie Du siehst ist auch noch die Erklärung von "Anfang und Ende" bei gefallen und auch das "Menschen" nach dem wir, denn das scheint mir überflüssig (was sonst sollte mit wir gemeint sein, wenn es von "Menschen" umschlossen würde).

Liebe Grrüße
max

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 08.04.2007, 12:40

Lieber ferdi,
also so kurz ist mein Kurzzeitgedächtnis auch nicht, dass mir Erklärungen parallel zu einem Bild, die Notwendigkeit des Bildes nicht zerstören ;-)...ob nun direkt im Bild oder kurz danach - es erklärt eben genau das, was das Bild erzählen will...und entkräftigt somit dieses. Wozu ist das nötig? Wozu sind die Erklärungen nötig? Und wenn sie nötig sind, wozu sind dann die Bilder nötig?

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 08.04.2007, 15:02

oh je, hatte wieder keine benachrichtigungen und plumpse verspätet in eure diskussion...

ich sah darin keine erklärung weil mein erstes stillstand eher sarkastisch gemeint war, in diese phrasen vom undnunbleibtdiewelt stehen.

dieses, und das empfinde ich so, vergängliche hat etwas schönes und taucht glaube so nicht doppelt oder erklärend auf?????? oder doch?????

für mich bleibt gerade dieser letzte satz wie etwas immerbleibendes, weil doch gerade mit dem ebengetanen atemzug doch schon wieder vergangenheit ist, immer, warum diesen fluss nicht einmal genießen und eigentlich war die aussage, dass sie, also die beiden blickkontaktler in diesem bewußtsein lange und innig verbunden sind...

als das LI noch seinen schatten halten wollte war doch eigentlich das noch da, was nicht sein sollte, etwas krampfhaft festzuhalten...????

siehst du es denn als erklärend lisa das gegenteil zu bebildern, dann komme ich dir näher im verstehen deiner aussage??


danke euch sehr für das anstoßen und nachdenken.
lg silvi

Max

Beitragvon Max » 08.04.2007, 16:27

Liebe Silvi,

Du schreibst:

für mich bleibt gerade dieser letzte satz wie etwas immerbleibendes, weil doch gerade mit dem ebengetanen atemzug doch schon wieder vergangenheit ist, immer, warum diesen fluss nicht einmal genießen und eigentlich war die aussage, dass sie, also die beiden blickkontaktler in diesem bewußtsein lange und innig verbunden sind...


Aber dieser letzte Satz, ist ein Satz, der sich in Dir gebildet hat, um Dein Fühlen zusammenzufassen, oder? Amndere Sätze sind für mein Gefühl näher am Erlebten.

Liebe Grüße
max

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 08.04.2007, 17:18

lieber max,
die streichung vom ende und anfang.. da zögere ich, weil die reihenfolge bewußt gesetzt war und eigentlich den rahmen zum letzten satz bilden sollte...??

aber du hast völlig recht, dieser satz ist ein ureigenes empfinden, vielleicht verteidige ich ihn deshalb so sehr :-)?????

welche sätze sind dir näher? näher an was? das würde mir deinen blick mehr erklären.

lg
silvi

Max

Beitragvon Max » 08.04.2007, 17:38

Liebe Silvi,

nun die Sätze, die ich in "meiner Version" belassen habe, also

Dort
auf dem Steg
hast du dich umgedreht,
nur einmal,
nur kurz
und dein Blick
sprach in den meinen.

Selbst die Sonne verharrte,
damit ich deinen Schatten halten konnte.

So schien es mir,
oder es war nur das,
was wir Stillstand nennen


scheine mir dichter an der Realität zu sein.

Erleben ist ja mehrstufig. Sicher sind die Gefühle zuerst da, so ist unser Gehirn gebaut. Um sie abzubilden, scheint mir eine Schilderung des Erlebten geeignet. Erst dann baut sich das Gehirn auf mehreren Ebenen Resultate des Erlebten zusammen. Die von mir markierten Stellen sind eher solche Resultate. Für mich ist es weniger Aufgabe von lyrik, solche Denkprozesse im Leser vorweg zu nehmen, als vielmehr sie zu erzeugen.

Liebe Grüße
Max


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