sie hat die sprache verloren / ... vorher entzug

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Gast

Beitragvon Gast » 03.04.2007, 02:11

Bei der Accountlöschung bat die Autorin darum, dass ihre Texte gelöscht werden. Dieser Bitte kommt die Administration nach.
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 03.04.2007, 08:26

Hallo Gerda,
das habe ich sehr gerne gelesen!
Die Setzung finde ich jedoch nicht so gelungen, da sie durch die rasche Abfolge und das Abgehacktsein durch die / für mich dem Inhalt zuwiderläuft.
Zeile drei finde ich noch etwas sperrig. Hier würde für mich genügen:
welche worte würden den Zauber zurückbringen
In Zeile acht würde ich verkürzen
Hier mal ein Vorschlag:

ent zug

sie hat die sprache verloren
ihr sagt niemand etwas
wer könnte sie unterhalten
wen wollte sie hören
welche worte würden den zauber zurückbringen
dass sie wiederfände
silbenreihen und klänge
die sie nicht mehr suchen kann

im reden aus der übung ist sie
im hinwenden
vermisst zuneigung
was sie nicht zugeben kann
ist lieber für sich allein
da wo keiner ist der redet
als dort wo falsches gesagt, gefragt
belangloses dahergeredet wird
ohne nachhall
gewichtslos

schweigen ganz bei sich
verharren als zustand
kein überbrücken
sondern ab sage an laute
töne abgestorben
wünsche gezähmt
stille
ein freund, der ungerufen bleibt

liebe Grüße smile

Gast

Beitragvon Gast » 03.04.2007, 13:45

Liebe smile,

vielen Dank fürs lesen und deine Überlegungen.
Freut mich natürlich, dass dir der Text gefällt. :smile:

An der Setzung habe ich lange herumprobiert - gezögert. Sie soll drängend wirken, nicht "gehackt" ;-)
Möglicherweise gibt es aber ein bessere Mittel, dem Text dieses Eigene zu verleihen, was ich intentiere. ich benutze selten solche äußerlich erkennbaren Stilmittel, da bin ich wohl auf Tipps angewiesen. So auseinandergezogen, wie du es vorschlägst, möchte ich es nicht haben, da wäre mir einfach zu glatt ;-) ich hoffe, du verstehst.

Die zwei Stellen, an denen du etwas geändert hast, musste ich erst suchen, weil ich nicht wusste ob du dich auf deine oder meine Zeilenzahl beziehst, (ein kenntlich Machen z.B. mit Zitafunktion wäre prima) hatte ich in anderen Versionen auch schon einmal so, wie du vorschlägst.
Sperrig darf es ruhig sein, bei einem solchen Text.
Diese Stelle: "die sie nicht mehr suchen kann" gibt einen anderen sinn als : "die zu suchen sie sich nicht im stande fühlt"
Es geht ums Fühlen nicht ums Können.

Ich möchte zunächst einmal abwarten, was andere meinen.

Liebe Grüße

Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.04.2007, 13:51

Liebe Gerda,

dein Gedicht zum Monatsthema finde ich sehr gelungen!
Gerade durch die Striche dazwischen (du könntest evtl. auch die geraden nehmen), entstehen beim Lesen automatisch Pausen, entsteht ein nachdenklicher Nachhall. Auch gefallen mir die vielen Doppeldeutigkeiten in den Worten, beginnend beim Titel und sehr schön abgerundet durch den Schlusssatz. Ich würde es genauso lassen,-)
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.04.2007, 13:55

Liebe Gerda,

ich lese gerade, dass du an smile schreibst, dass deine Zeilen durch diese Setzung drängend wirken sollen. Seltsam, bei mir geschieht genau das Gegenteil. Siehe mein posting. Wenn man es laut liest, lese ich die Passagen nach den Strichen leiser und langsamer, zögernd, was ich aber gerade so gut finde.
Saludos
Mucki

Gast

Beitragvon Gast » 04.04.2007, 17:58

Liebe Mucki,

ich weiß auch nicht, wie mir geschieht, aber heute ist das "Drängende" fort.
Vielleicht war es (für mich) so lange drängend, bis sich der Text mitsamt dem Lyrich von mir entfernt hat ;-)

Mal abwarten, ob und wie andere lesen.

Dir danke ich jedenfalls für die Zustimmung zum Text.

Liebe Grüße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.04.2007, 18:11

Liebe Gerda,

ja, die Wahrnehmung eines Textes verändert sich, wenn Zeit vergeht. Mir geht das auch immer so. Wahrscheinlich ist das auch völlig normal.
Ich würde dieses Gedicht gerne von dir gelesen hören, wenn du, nachdem noch andere Meinungen gekommen sind, für dich sagen kannst: jetzt ist es fertig,-)
Saludos
Mucki, die gerade mit den "Blutscherben" kämpft. Da gehts mir nämlich genauso mit der Wahrnehmung,-)

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 05.04.2007, 22:11

Liebe Gerda,
ich schätze die Setzung des Textes sehr - sie ist für mich intuitiv richtig. Und das Monatsthema toll umgesetzt, sehr fein, auch in Teilen fern wie ein Traum/wie unter einer Haube, dann wieder konkret, gefällt mir sehr gut!

An einzelnen Stellen finde ich die Worte noch nicht völlig stimmig gewählt, der Sinn ist da, aber - und sei es nur der WortKLANG, an ein zwei Stellen stimmt noch was nicht für mein Ohr:

Ideen:

ent zug

sie hat die sprache verloren/ ihr sagt niemand etwas
wer könnte sie unterhalten/ wen wollte sie hören
welcher art worte würden den zauber zurückbringen
dass sie wiederfände/ silbenreihen/klänge
die zu suchen sie sich nicht im stande fühlt

im reden aus der übung ist sie/ im hinwenden
vermisst zuneigung/ was sie nicht zugeben kann
ist lieber für sich allein/ da wo keiner ist/ der redet
als dort wo falsches gesagt gefragt/ belangloses
dahergeredet wird/ ohne nachhall/ gewichtslos

(hier könnte ich mir noch stärkere Alternativen vorstellen, ohne dass ich die bisherigen falsch finde, ich glaube nur, sie fügen sich nicht ganz in den Ton ein, warum, kann ich nicht genauer angeben...)

schweigen
ganz bei sich/ verharren als zustand
(schweigen würde ich streichen oder zumindest einen / danach setzen)
kein überbrücken/ sondern ab sage an laute (ab sage würde ich unbedingt zusammenschreiben, es gibt keinen besonderen Sinn es auseinanderzuschreiben, außer dass das ab betont wird und die Trennung, die auch "sie" zu den anderen und damit den Worten (Ausdrucksmittel) hat, daher empfinde ich es als zu verspielt...die Brüche/Drängungen sind doch im ganzen Text)
töne abgestorben/ wünsche gezähmt
stille/ ein freund/ der ungerufen bleibt
(das ungerufen ist ~problematisch...ich bin unsicher, ob diese Beobachtung in der Welt deines Textes stimmt, du wirst es sicher mit Bedacht gesetzt haben, aber mir sagt es nicht zu. Denn du erzählst ja von jemanden, der bewusst die Einsamkeit sucht, auch wenn das nur daran liegt, dass sie nicht anders kann. Ich würde das ungerufen streichen. Stärkt sprachlich und inhaltlich, finde ich.)

Auch hätte ich diesen Text gerne insgesamt ohne Wortspiele, das Schmecken* ist für mich hier ein so feines Fühlen, das die Wortspiele auf mich störend wirken, besonders der Titel, dessen Auseinanderschreibung ich gar nicht mit einem Sinn lesen kann? Was bedeutet ent zug ? Ich fände einfach als Titel stark: Sie hat die Sprache verlorn, gefiele mir sehr.

* du schmeckst ja oft in deinen Texten durch Wortspiele/schreibweisen, bezüge die sprache ab, aber hier zerstört das den anderen (neuen) Ton, finde ich.

Insgesamt wäre das dann so für mich so sehr stimmig: (außer eventuell nachhall und gewichtslos ändern...)
sie hat die sprache verloren

sie hat die sprache verloren / ihr sagt niemand etwas
wer könnte sie unterhalten / wen wollte sie hören
welcher art worte würden den zauber zurückbringen
dass sie wiederfände / silbenreihen/klänge
die zu suchen sie sich nicht im stande fühlt

im reden aus der übung ist sie / im hinwenden
vermisst zuneigung / was sie nicht zugeben kann
ist lieber für sich allein / da wo keiner ist / der redet
als dort wo falsches gesagt gefragt / belangloses
dahergeredet wird / ohne nachhall / gewichtslos

schweigen / ganz bei sich/ verharren als zustand
kein überbrücken/ sondern absage an laute
töne abgestorben/ wünsche gezähmt
stille/ ein freund/ der ungerufen bleibt


Übrigens würde ich die Striche mit gleichen Leerzeichen nach links und rechts versehen. Korrekt wäre gar keien Leerstellen zu machen, aber hier wirkt es stärker, wenn du zu Vor- und Nachwort jeweils eins setzt. Deine Lösung empfinde ich als nachteiliger, da du ja auch mit Doppelbezügen arbeitest und es dann stört, wenn die Slashs einmal näher an einem Bezugswort sind und einmal weiter weg.

Wünsche gezähmt übrigens finde ich fantastisch, kam das durch das Zitat zum Monatsthema? Toll!

Ich finde der Text schafft es auf der Gefühlsebene das Thema Kommunikation zu thematisieren und wie der einzelne mir ihr gelassen wird.

Ich glaube, ein wenig und oft ein wenig mehr ist jeder so wie "sie" - jedenfalls in meiner Welt.

Außerdem (minus die Wortspiele) ein neuer Gerdaton? :hexe0013:

Hat es mir angetan!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 06.04.2007, 23:29

Liebe Mucki,

vielen Dank noch Mal, fürs nochmalige Feedback.
Mit dem Lesen, hm, das ist derzeit nicht möglich. (Mir fehlt die Stimme - sie blieb mir 1 Tag, nach dem ich diesem Text gepostet hatte einfach weg, ein grippaler Infekt - Stimmbänder angegriffen) es kann dauern ... :confused:

Liebe Lisa,

dir werde ich gesondert antworten. (Ich handele ja sonst immer gern alles in einem Posting ab, dies Mal aber nicht ;-)

Deine Auseinandersetzung, dein Einfühlen, haben die Seele des Textes gut getroffen. Über deine auführliche Rückmeldung habe ich mich sehr, sehr gefreut. :-)
Eine ausführliche Antwort folgt.

Alles Liebe bis Bald
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 06.04.2007, 23:42

Ich wünsch dir baldige Besserung, liebe Gerda,
ich habe gerade eine 5wöchige Bronchitis hinter mir *uff*, endlich ausgestanden. So lang hat es noch nie gedauert. Der Virus geht um, leider,-(
Saludos
Mucki

Gast

Beitragvon Gast » 14.04.2007, 13:11

Liebe Lisa,

nun denn - endlich.

Das "ungerufen" hast du moniert, als möglicherweise nicht passende Beobachtung in der Welt meines Textes.

Ich glaube, dass du meine Intention, bezüglich der Ambivalenz der Entscheidung des Lyrich, sich in die Stille zu begeben, nicht so heraus lesen möchtest, wie von mir intendiert.
Das Lyrich ist nicht festgelegt darauf, entschlossen zu sein. Es passt sich Gegebenheiten an, wenn nötig zieht es sich zurück, aber es schickt sich nicht wirklich drein, sondern bleibt immer auf der Schwelle, will die Möglichkeit am Leben (am Gespräch)Teil zu haben nicht ganz und gar hinter sich lassen. Es gibt da einen Schmerz, der hoffentlich zwischen den Zeilen zu lesen ist.
Insofern drückt gerade das ungerufen etwas davon aus, was sich das Lyrich wünscht. Es soll ungerufen jemand kommen, sich hinwenden, mit ihm reden und bleiben.
Die „absage an laute“ ist die letzte Konsequenz, die zu ziehen wäre, wenn nichts anderes mehr ginge. Besser ist es sich einzureden, man habe noch eine Wahl.

„absage an laute“, wie du schon bemerkst, werde ich absage zusammenziehen. Ich habe es hin und her gewendet, hinter dem ab sollte eine Zäsur sein, ja, aber der Sinn verändert sich nicht dadurch, dass ich es trenne.
Es müsste nur sehr mit Bedacht betont werden. Vielleicht fällt mir dazu früher oder später noch etwas ein.
Jetzt zum Titel.
Er bedeutet, dass das Lyrich sich (der Begegnung, eigentlich dem Leben entzieht).
Ich spüre aber, dass meine Intention nicht transportiert wird. Da werde ich überlegen müssen. Dein Vorschlag trifft nicht genau, weil es nicht zentral darum geht, dass, das Lyrich die Sprache verloren hat, obwohl genau, dieses wichtig ist. Es geht aber um mehr. Wie Kommunikation nicht mehr oder doch anders stattfinden kann.
Verstehst du mich überhaupt?
Das „gezähmt“ habe ich im Hinterkopf gehabt, ja, die ganze Zeit, aber es ist ohnehin ein wichtiges Wort, für mich, auch „sich bezähmen“ usw.
Die etwas andere Setzung werde ich gern übernehmen. Ich bin unsicher und unerfahren was den Einsatz solcher Mittel angeht. Ich habe es nur im Ohr, wie es sich anhören soll.
Dann sind da noch die Worte : „nachhall“ und „gewichtslos“, über die ich gern noch einmal nachdenken werde. Ich bin mir vielleicht deshalb nicht sicher, weil mich das doppelte „los“ (belangloses und gewichtslos) ohnehin stört.

Zum neuen Gerdaton. Ich kann nur das schreiben, was in mir steckt. ;-)
Mag sein, dass es ungewohnt anklingt.
Manchmal finde ich Worte für den Ton, der die Stimmung erzeugt. Manchmal sind es die Worte aus einer Stimmung heraus, die den Ton angeben.

Jetzt bezähme ich mich.

Herzlichen Dank für deine Hinwendung zum Text.

Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 14.04.2007, 17:00, insgesamt 2-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 14.04.2007, 13:13

Liebe Mucki,

danke dir für die "ermutigenden" Worte, ich hoffe dann doch, schneller gesund zu werden. ;-)

Immerhin ist meine Stimme zurückgkehrt.

Liebe Grüße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.04.2007, 14:47

Liebe Gerda,

Manchmal finde ich Worte für den Ton, der die Stimmung erzeugt. Manchmal sind es die Worte aus einer Stimmung heraus, die den Ton angeben.


Das ist wieder so ein tolle Aussage von dir, die ich immer wieder zwischen deinen Kommentaren finde ;-) Klasse!
Saludos
Mucki

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noel
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Registriert: 04.08.2006

Beitragvon noel » 14.04.2007, 19:48

ich habe jetzt einfach mal KEINEN kommentar gelesen &
schreibe frei fühlend in die tasten

mir gefällt die 2 version besser, weil die worte,
die vorher zerrissen standen, mir so mehr augen.

was ich mag, ist die kontroverse setzung
das eher beschreibende / das weiterführende, fast nihilistische in folge

was ich nicht verstehe. warum sind in manchen zeilen 2 --> /.../
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel


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