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Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Nihil

Beitragvon Nihil » 05.04.2007, 22:08

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Zuletzt geändert von Nihil am 10.06.2007, 10:33, insgesamt 8-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 05.04.2007, 22:17

Ach, Nihil, das ist so melancholisch, dass ich es lieber nur einmal lese...

Liebe Grüße

leonie

Nihil

Beitragvon Nihil » 05.04.2007, 23:56

Hmm, Leonie, dabei habe ich den Text noch ein wenig überarbeitet .. aber ich gestehe, dass ich die Melancholie nicht überwinden konnte - aber das ist nicht mein persönliches Problem .. es ist existentieller Natur. ;-)

LG

Nihil

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 06.04.2007, 08:10

Hallo Nihil,
bitte nicht löschen! :daumen2:

zu mannigfaltig, als dass

d.h. würde ich ausschreiben
Jean war nicht unfähig darin. Jean war gut in der Umdeutung


Vielleicht träumte Jean auch nicht, vielleicht war er märchenlos, vielleicht war es das.

Das ist ein wunderbarer Schluss.

Hat mir sehr gut gefallen. Ein runder Text, der ohne die Melancholie darin nicht funktionieren würde.

liebe Grüße smile

Nihil

Beitragvon Nihil » 06.04.2007, 11:57

.. einen Grund zu trinken gibt es immer und wenn nicht, dann konstruieren wir uns eben einen, dachte sich der Nihil und zog einen Regenwurm aus der Tasche und setzte ihn auf den heißen Asphalt, um in zu bemitleiden, so sehr bemitleidete Nihil den armen Regenwurm, dass der Nihil wieder einen Grund zu trinken gefunden hatte - supi! ;-)

LG

Nihil

Gast

Beitragvon Gast » 06.04.2007, 12:48

Lieber Nihil,

das Prosastück ist gut, berührt mich sehr.
Die Melancholie ist genau richtig, davon wird die Geschichte getragen.

Ich will jetzt nicht an Formulierungen herumkritteln, da ich beim flüssigen Lesen auch nicht bemerkt habe, wo ein Kritteln überhaupt nötig sein könnte, ;-), wenn man davon absieht , dass der Autor, dem Lyrich die Verhältnisse, das "Mitleid" betreffend nicht wirklich "genau" in den Mund gelegt hat. (s. u.)
Insbesondere dann wenn die Traurigkeit "ertränkt" wird, kehrt sie umso schlimmer wieder. Dass Mitleid besonders gut in einem alkoholisierten Geist gedeiht ist auch bekannt, aber dein, "einen Grund gibt es immer" rückt das Trinkproblem" schon in die Realität. Was kommt als erstes? Das Realitätsproblem oder das Trinkproblem? Das Vermischen beider lässt im Nachhinein kein Auseinanderdividieren mehr zu. (Da hilft es nur, einen klaren Kopf bekommen).
Die Realität ist nicht zu ändern, aber der Blick darauf schon.

Ich finde dennoch, dass dir hier wirklich ein sehr berührender Text gelungen ist.

Liebe Grüße
Gerda

Charly

Beitragvon Charly » 06.04.2007, 13:01

Hallo Nihil!

Nihil hat geschrieben:Jean setzte die Flasche an und nahm einen großen Schluck, während er an Brustwarzen und Muttermilch dachte, dabei hatte Jean streng genommen nicht mal ein Alkohol- als vielmehr ein Realitätsproblem. Die Realität war eine beinharte Nummer und dafür musste man beinhart sein wie ein Rocker oder eben beinhart wie ein "Flasch Bier". Das hatte Jean aus einem Werner-Film gelernt. Das Dumme war nur, dass Jean weich war, dass Jean weich wie Scheiße war und mit jedem Regenwurm, der es nicht bis zur anderen Seite der sonnenbeschienenen Straße schaffte, d.h. mit jedem Regenwurm, der an Austrocknung krepierte, weil er die Wegstrecke aus Mangel an Intellekt zeitlich nicht in das Verhältnis zu der Sonneneinstrahlung setzen konnte, Mitleid empfand. Natürlich wusste Jean, dass Mitleid nichts Gutes war und das Leid nur vermehrte, indem das Leid des Regenwurms sich in Jean reflexiv bis zur Unerträglichkeit steigerte und auch, dass das Leid der Kreaturen im Ganzen gesehen letztlich verwischte, denn die Natur war ein Werden und Vergehen und ihre Schöpferkraft zu mannigfaltig, als dass ein Individuum ins Gewicht fallen würde. Jean hatte den Kampf gegen Windmühlen schon lange aufgegeben und er mischte sich nicht mehr in die Harmonie des Naturganzen ein, d.h. er ging an den Regenwürmern, die vor seinen Füßen in aller Öffentlichkeit der menschlichen Wahrnehmung krepierten, vorbei, wie es die anderen Menschen auch taten, ohne überhaupt Notiz von der sich an einem Sommertag abspielenden Tragödie zu nehmen. Jean aber versuchte es als Komödie zu betrachten, oder es wenigstens als halbe Tragödie und halbe Komödie zu betrachten und Jean war nicht unfähig darin, Jean war gut in der Umdeutung, denn Jean hatte das, was man Humor nennt, weil nur den verzweifelten und in ihrem Inneren zutiefst ernsten Menschen sich diese Möglichkeit der Negierung von Realität, die ja in Wahrheit keine ist, weil alles viel zu tragisch und viel zu ernst ist, erschließt. Doch Jean trank und er trank mehr und mehr, denn sein Weltschmerz war uferlos, es gab keine Ufer, Ufer waren schöne Märchen, die sich die ertrinkenden Menschen erzählten, um davon zu träumen nicht unterzugehen, noch nicht, wenigstens nicht im Moment. Und auf eine magische Weise funktionierten sie in ihren Märchenerzählungen. Jean funktionierte nicht. Und so setzte Jean die Flasche an und nahm einen großen Schluck, während er an Brustwarzen und Muttermilch dachte, dabei hatte Jean streng genommen nicht mal ein Alkohol- als vielmehr ein Realitätsproblem. Vielleicht träumte Jean auch nicht, vielleicht war er märchenlos, vielleicht war es das.

Nihil


Warum verhundst du den schönen Text mit diesem einen Wort so?
Wortwiederholungen funktionieren als Stilmittel (grün gekennzeichnet), keine Frage, aber manchmal nerven sie auch einfach nur (blau gekennzeichnet).

Du schreibst übrigens toll!
Ansonsten.

:daumen:

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 06.04.2007, 13:06

Sofern der Nihil kein Alkoholiker ist, kann der Nihil ruhig versuchen seinen Kummer zu ersäufen.
Wenn er aber keine Liebe hat, wozu braucht er dann einen Regenwurm? ;-)


smile

Gast

Beitragvon Gast » 06.04.2007, 13:48

Hallo charly,

mal abgesehen davon dass ich den Text keinesfalls durch den Namen "Jean" verhunzt finde, wie würde es denn deiner Meinung besser gehen?

Liebe Grüße
Gerda

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 06.04.2007, 14:23

Ach ja, ist nicht in jedem von uns ein bisschen Jean? (Ein sehr passender Name übrigens, lässt sich besonders beim lauten Lesen gut hervorheben.)

Was soll aber der Dreher "Mindwühlen"? Ich würde es ähnlich machen wie die Pianisten, die einen einmal gespielten Fehler gleich noch einmal machen, damit die Zuhörer denken, es sei Absicht gewesen. Also ein "Schmeltwerz" folgen lassen - dann weiß der Leser definitiv, Nihil hat sich nicht bloß vertippt.

Das mit dem absichtlich ausgebrachten Wegenrurm als Trinkgrund würde ich noch in den Text integrieren, das gefällt mir besonders.

Sehr gern gelesen!
Gruß, Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 06.04.2007, 15:53

Hallo Zefira,
die Mindwühlen hatte mein Gehirn doch glatt richtig gestellt. :pfeifen:
Der absichtliche Wurm war aber ein Nihil und kein Jean. In der Geschichte, würde ich es ungern lesen. Da wäre dann die schöne Wehmut dahin.
LG smile

Klara
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Beitragvon Klara » 06.04.2007, 16:18

Hallo,

das, find ich, wäre erst der Anfang (ein gelungener Anfang!) einer wunderbaren Geschichte (sehr frei nach Casablanca). Wie geht das Märchen weiter?

.-)
klara

Charly

Beitragvon Charly » 06.04.2007, 22:24

Hallo Gerda!

Gerda Jäger hat geschrieben:Hallo charly,

mal abgesehen davon dass ich den Text keinesfalls durch den Namen "Jean" verhunzt (Oh! Hat mein Korrektor übersehen. :pfeifen: ) finde, wie würde es denn deiner Meinung besser gehen?

Liebe Grüße
Gerda


Du findest also, dass es eine Art Abstrafung ist?
Hm ...
Bei der jedesmal der Name genannt werden muss, damit nicht der Eindruck entsteht, jemand anderes sei gemeint als eben dieser genannte?
So hab ich das noch gar nicht gesehen ...

:rolleyes:

Gast

Beitragvon Gast » 06.04.2007, 22:48

Hallo Charly,

ich finde den Namen einfach treffend und es ist im Text tatsächlich so, als würde sich Jean bei jedem "Jean" immer mit dem Zeigefinger auf die Brust tippen.
Ich teile da Zefiras Meinung, finde den Namen gut gewählt.
(Man kann nicht grundsätzlich davon sprechen, dass für einen Text schlecht ist, wenn ein Eigenname ständig fällt, es kommt ganz darauf an).


Liebe Zefi,

deine Vorschläge zu den "mindwills" ;-) ,scheltenwerz und wegenrurm finde ich klasse. Ich bin mal gespannt, was Nihil dazu sagen wird.


Hallöchen Nihil,

hoffentlich hat dir unsere Zustimmung nicht die Sprache verschlagen. :-)

Liebe Abendgrüße
Gerda


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