Ich habe dazugelernt.
Im letzten Jahr dachte ich noch hundefeindlich. Zum Beispiel, als ich an einem klaren Wintertag meinen Sohn mittags vom Kindergarten abholte. Nachdem der Kleine zunächst mit seinen neuen, profilstarken Winterstiefelchen die ersten drei Tretminen geschickt umkurvt hatte, erwischte er die vierte so, als müsse er die vorangegangenen nachholen. „Scheiße“, sagte er. Ein treffendes Wort. Ich sparte mir die Ermahnung; schließlich soll man Kinder ermutigen, wenn sie gerne und richtig sprechen.
"Ein Unglück kommt selten allein", sagt der Volksmund, und auf jenen Tag traf das unbedingt zu. Unser Nachbar Herr Schulze kam auch noch und auch nicht allein: Neben ihm sein Dackel, der auf den phantasievollen Namen Waldi hört. Wie alle Hundebesitzer passte auch Herr Schulze sich dem Tempo seines Freundes an. Schlendern im Vergleich zu dem, was die beiden taten, würde dem entsprechen, was Joggen ist, wenn man tatsächlich schlendert. Noch dazu redet der Mann gern.
Manchmal hilft es nichts, sich gegen sein Schicksal aufzulehnen. Manchmal muss man sich einfach fügen. Ich seufzte also und richtete mich auf ein vierzigminütiges Gespräch ein. Zum Glück hatte ich die Kartoffeln noch nicht aufgesetzt.
Während Herr Schulze mir ausführlichst von seinen neuesten Verdauungsproblemen berichtete, neigte mein Sohn sich hinunter zu Waldi. „Vorsicht“ unterbrach mein Nachbar seine Ausführungen über Trockenfrüchte und Milchzucker, „der beißt manchmal.“
„Na super“, dachte ich. "Das sollte ich mal über meinen Sohn sagen. Da stünde doch am nächsten Tag das Jugendamt vor der Tür."
Ja, ich gebe es zu, so dachte ich damals. Doch das ist vorbei. Ausgiebige Gespräche mit differenziert denkenden Hundebesitzern haben mich inzwischen einsehen lassen:
Man sollte Hunde und Kinder nicht gegeneinander ausspielen. Im Gegenteil: Man muss die Hunde samt ihren Angehörigen verstehen. Schließlich zahlen sie Hundesteuer. Für ein Kind aber bekommt man sogar noch Geld. Man könnte in gewisser Weise fast sagen, die Hunde finanzieren den deutschen Nachwuchs. Dafür müssen sie natürlich auch etwas bekommen.
Zum Beispiel das Recht aufs freie Scheißen. Selbstverständlich dürfen sie zur Verrichtung ihrer Notdurft die Grünflächen und auch den Bürgersteig nutzen. Kinder können doch nun wirklich woanders spielen. Und A-A machen. Im Kindergarten etwa, den ihre Eltern aus dem Kindergeld finanzieren können, das sie unter anderem der Hundesteuer verdanken. Da bleibt doch sogar noch was übrig. Dafür könnten auch sie sich zum Beispiel einen Hund kaufen, um das Säckel der Allgemeinheit wieder zu füllen.
Übrigens: Wie sehr ich dazugelernt habe, können Sie aus folgender Begebenheit ersehen, die mich sehr stolz gemacht hat:
Gestern nämlich wollte ich zur körperlichen Ertüchtigung und Entspannung nach einem hektischen Tag ein Weilchen Inliner fahren. Kaum hatte ich mich 58 Meter von zuhause weg bewegt, erschien in meinem Blickfeld der erste Hund. Nicht angeleint, versteht sich, schließlich soll sich die Freiheit der Hunde ja nicht nur auf den Toilettengang beschränken.
"Naja", dachte ich, "die meisten tun ja nichts. Sagen zumindest ihre Besitzer".
Ich fuhr also weiter und schwupps, hing das Tier an, was sage ich, in meiner Wade.
„Ja, die Skater“, sagte seine Besitzerin und lächelte ihn liebevoll an, „die mag mein Moppi gar nicht.“
„Macht ja nichts“, sagte ich, während sie Moppis Zähne unter gutem Zureden vorsichtig aus meiner Wade, den Socken und der Hose löste. Dann entschuldigte ich mich höflich, denn schließlich hätte ich mich doch wirklich über die im Umkreis von fünf Kilometern wohnhaften Hunde informieren und mich anschließend in angemessener Schutzkleidung bei den Besitzern nach den sexuellen, geschmacklichen und auf Menschen und Gefährte bezogenen Vorlieben und Abneigungen ihrer Schätzchen erkundigen können.
Gesagt, getan. Gleich fange ich an, eine Liste zu machen. Und dann muss ich schnell noch zum "Fressnapf" fahren. Hundekuchen kaufen für meine neuen Freunde.
Dazugelernt
Hallo leonie, Zeif und Herby,
ich meinte auch nicht, dass der Satz seine Verschachtelungen verlieren soll, sondern nur, dass er versucht einen bestimmten Stil zu halten, den oft satirische Texte haben, er dafür aber nicht elegant genug rüberkommt. Das liegt gar nicht so sehr an dem Satz selbst, sondern viel mehr an der Eingliederung in die anderen Sätze um ihn rum bzw. doch auch and em satz selbst, also seinen Bezügen zu vorher und nachher. Also will heißen: Ich möchte einen genauso verschachtelt schönen Satz, nur geschmeidiger (ohne Reizverlust). Ich kann es leider nicht genauer ausdrücken, was ich meine.
Ich mache jetzt keinen Alternativvorschlag, erstens, weil der Satz eh so bleibt, wie er ist, und zweitens..................
ja, ich gebs zu, weil ich es jetzt auch nicht unter 20 Minuten schaffe, ihn besser zu machen (oder gar gar nicht
).
Liebe Grüße,
(ich finds schön, wie ihr den satz verteidigt habt! )
Lisa
ich meinte auch nicht, dass der Satz seine Verschachtelungen verlieren soll, sondern nur, dass er versucht einen bestimmten Stil zu halten, den oft satirische Texte haben, er dafür aber nicht elegant genug rüberkommt. Das liegt gar nicht so sehr an dem Satz selbst, sondern viel mehr an der Eingliederung in die anderen Sätze um ihn rum bzw. doch auch and em satz selbst, also seinen Bezügen zu vorher und nachher. Also will heißen: Ich möchte einen genauso verschachtelt schönen Satz, nur geschmeidiger (ohne Reizverlust). Ich kann es leider nicht genauer ausdrücken, was ich meine.
Ich mache jetzt keinen Alternativvorschlag, erstens, weil der Satz eh so bleibt, wie er ist, und zweitens..................

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Liebe Grüße,
(ich finds schön, wie ihr den satz verteidigt habt! )
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Liebe Lisa,
schade, ich hätte den Vorschlag gern gelesen, weil ich nicht so ganz verstanden habe, was Du meinst...
. Falle er Dir in einer schlaflosen Nacht (die ich Dir natürlich nicht wünschen will!) oder so, eifällt, dann lass ihn mich wissen, okay?
Dir nochmal danke für die Beschäftigung mit dem Text!
Liebe Grüße
leonie
schade, ich hätte den Vorschlag gern gelesen, weil ich nicht so ganz verstanden habe, was Du meinst...


Dir nochmal danke für die Beschäftigung mit dem Text!
Liebe Grüße
leonie
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Hi Leo.
Da ist mir doch glatt dieser Text durchgerutscht, obwohl ich ja eigentlich wie ein Habicht über den Satiren kreise :o)
Ein paar kleine Sächelchen sind mir aufgefallen:
Ich sparte mir die Ermahnung; (besser Semikolon) schließlich soll man Kinder ermutigen, wenn sie gerne und richtig sprechen.
Ein Unglück kommt selten allein, sagt der Volksmund, und an jenem Tag hatte er recht.
Ich finde die Formulierung wegen des Bezuges ein bisschen unscharf. Hat der Volksmund nur an diesem Tag recht? Oder sagt er es nur an diesem Tag? Vielleicht besser: "...was auf jenen Tag unbedingt zutraf" ...oder so. Sollte das Sprichwort nicht in Anführungszeichen?
Ich fuhr also weiter und schwupps, hing das Tier an, was sage ich, in (kursiv setzen zur Betonung?) meiner Wade.
Gesagt, getan. (Punkt) Gleich fange ich an, eine Liste zu machen.
Übrigens: Wie sehr ich dazu gelernt habe, können Sie aus folgender Begebenheit ersehen,...
Hier sehe ich den Bezug nicht ganz deutlich in dem, was dann folgt. Zunächstmal lässt du dich ja beißen, hast also zu dem Zeitpunkt noch nichts dazugelernt. Vielleicht ein bisschen unglücklich in der Reihenfolge? Oder lese ich das falsch?
Aber auf jeden Fall ein Sonntagskolumnen-Anwärter :o)
Tom.
Da ist mir doch glatt dieser Text durchgerutscht, obwohl ich ja eigentlich wie ein Habicht über den Satiren kreise :o)
Ein paar kleine Sächelchen sind mir aufgefallen:
Ich sparte mir die Ermahnung; (besser Semikolon) schließlich soll man Kinder ermutigen, wenn sie gerne und richtig sprechen.
Ein Unglück kommt selten allein, sagt der Volksmund, und an jenem Tag hatte er recht.
Ich finde die Formulierung wegen des Bezuges ein bisschen unscharf. Hat der Volksmund nur an diesem Tag recht? Oder sagt er es nur an diesem Tag? Vielleicht besser: "...was auf jenen Tag unbedingt zutraf" ...oder so. Sollte das Sprichwort nicht in Anführungszeichen?
Ich fuhr also weiter und schwupps, hing das Tier an, was sage ich, in (kursiv setzen zur Betonung?) meiner Wade.
Gesagt, getan. (Punkt) Gleich fange ich an, eine Liste zu machen.
Übrigens: Wie sehr ich dazu gelernt habe, können Sie aus folgender Begebenheit ersehen,...
Hier sehe ich den Bezug nicht ganz deutlich in dem, was dann folgt. Zunächstmal lässt du dich ja beißen, hast also zu dem Zeitpunkt noch nichts dazugelernt. Vielleicht ein bisschen unglücklich in der Reihenfolge? Oder lese ich das falsch?
Aber auf jeden Fall ein Sonntagskolumnen-Anwärter :o)
Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hallo Tom,
danke erstmal für die Anregungen, ich habe sie gleich eingearbeitet!
Nur beim letzten Punkt meinte ich es so, dass auch die Tatsache, dass "ich" dem Hund nicht mehr unterstellt, er würde sowieso beißen (sondern sozusagen an das Gute im Hund glaubt
), schon ein erster Schritt in Richtung des Dazulernens ist.
Liebe Grüße
leonie
danke erstmal für die Anregungen, ich habe sie gleich eingearbeitet!
Nur beim letzten Punkt meinte ich es so, dass auch die Tatsache, dass "ich" dem Hund nicht mehr unterstellt, er würde sowieso beißen (sondern sozusagen an das Gute im Hund glaubt

Liebe Grüße
leonie
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Tja, dann bleibt mir wohl nix anderes übrig als dich zur nächsten Sonntagskolumne einzureichen. Also...ähm...nicht dich...den Text latürnich...
AAAA-ber: Was ganz Wichtiges sehe ich gerade noch: 'Dazulernen' wird zusammengeschrieben. Also auch 'dazugelernt'.
Auseinander gehört das, wenn man sagt: Sie besoff sich mit Gin, während sie die irischen Schimpfwörter dazu lernte. Sehen Sie den Unterschied?
Tom Argus.
AAAA-ber: Was ganz Wichtiges sehe ich gerade noch: 'Dazulernen' wird zusammengeschrieben. Also auch 'dazugelernt'.
Auseinander gehört das, wenn man sagt: Sie besoff sich mit Gin, während sie die irischen Schimpfwörter dazu lernte. Sehen Sie den Unterschied?
Tom Argus.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
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