So lang schon

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 23.03.2007, 23:05

So lang schon

So lang schon war ich nicht mehr hier
und gehör noch länger nicht dazu
und muss doch bleiben

Die Tüte schneidet in die Hand
dieses wilde, laute Krätzeland...
wo ist der Tropenanzug, wooo ist der Tropenanzug...

Unter den Menschen
die das Cello in die Mitte rücken können
halte ich es nicht aus

Gerade war noch morgen
war Licht hinter der Magnolie

und jetzt...

Venus ist unter den Mond gewandert

So lang schon war ich nicht mehr hier
und gehör noch länger nicht dazu
und muss doch bleiben

Aber ich weiß, dass auch du
manchmal weinst...

Wie gut, dass ich weiß,
dass auch du manchmal weinst

und irgendwo wartet ein kühler Sommersee




können seiner Kursivität beraubt dank annette
Zuletzt geändert von Lisa am 29.03.2007, 20:14, insgesamt 1-mal geändert.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 29.03.2007, 20:13

Liebe annette,
ich habe heute so ein großes,. blaues Tor gesehen, zu Babel...dass ich beschlosse habe, das kursive einfach rauszunehmen...;.) ich denke, das doppeldeutige schwebt auch so mit, wenn man genauer guckt...und wenn nicht, ist es verzichtbar.

Liebe Grüße und danke nochmal,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 31.03.2007, 02:40

Liebe Lisa,

dein Text weckt in mir das Gefühl, dass Lyrich zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein scheint, einem Ort, den es kennt, es möchte nicht bleiben, aber irgend etwas hält Lyrich dort und so ist es froh, sich daran zu erinnern, dass es einem Du genauso geht ...
All dies wäre mir nahe, stünde da nicht dieser verwirrende Vers von der Tüte, die in die Finger schneidet, (ich sehe eine schwere Plastiktüte die nach untern zieht) vom fehlenden Tropenanzug und vom Krätzeland ... dieser Vers lässt mich sehr verwirrt zurück. :confused:

Vielleicht sollte ich mal Kommentare lesen.

Liebe Nachtgrüße
Gerda

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Beitragvon Lisa » 31.03.2007, 15:38

Liebe Gerda,

vielleicht hilft Peters Kommentar? Allerdings war auch iris von der Tütenkrätzetropenstrophe irritiert...ich denke aber, der ganze Text ist gleich eigenwillig. Ich hätte eine abstraktere Variante einstellen können, die hätte das schöner geklungen, ich glaube aber, sie wäre nur scheinbar näher gewesen...

Ansonsten kann ich da wohl nicht helfen ;-)

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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Othmar

Beitragvon Othmar » 01.04.2007, 13:47

Hallo Lisa.

Ich habe dein Gedicht wiederholt gelesen. Auch immer wieder mal dran gedacht tagsüber.
Da gibt es den Vers: „wo ist der Tropenanzug, wooo ist der Tropenanzug“. Er blieb mir zunächst fremd, hatte Fragezeichen. Heute gefällt mir das lange „woooo“, das Ausbrechen aus dem Rhythmus und dem Wort, das Zurückgewinnen der Subjektivität. Auch das Krätzeland ist mehr als ein Wort.
Das Gedicht hat mich immer wieder gefunden wegen der ersten Strophe und seiner Wiederholung und wegen der Cello-Strophe. Die Cello-Situation halte ich zu diesem Zeitpunkt auch nicht aus.
„Venus ist unter den Mond gewandert“. DIE Venus, die Liebesgöttin, DER Mond – der Planet der Frauen. Ist Venus ist UNTER den Mond gewandert. Der Vers hat eine Magie, die ich nicht erklärt haben will.
Für mich endet dein Gedicht mit der Wiederholung der ersten Strophe. Der Höhepunkt ist: „ ... gehöre noch länger nicht dazu“. In diesem Vers ist eine ganz große Sicherheit für die Zukunft und viel Verständnis für das Ich.

LG - Othmar

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 02.04.2007, 21:27

Lieber Othmar,

vielen Dank für deinen Kommentar, an dem vor allem schön klingt, dass du mehrmals am Tag an den Text gedacht hast...und auch schön, dass du dich für die etwas wilden Stellen entschieden hast...manchmal muss das bei mir einfach so, manchmal auch nicht.

Noch schöner, dass eine Textstelle so magisch ist, dass du sie nicht erklärt haben willst!

Damit machst du es mir leicht...und du scheinst mir nah an der Cello-Strophe (vom Verständnis meine ich).

Habe ich es richtig verstanden, dass der Text für dich auch nach der Wiederholung enden könnte? Dass die ganze "Weinen-Stelle" wegfallen könnte? Nicht dass ich es vorhätte, es gleich zu ändern, aber wäre denn dann die Idee (der Schwenk im Schmerz zum anderen) noch lesbar? Das würde mich sehr erstaunen! Und darum bin ich neugierig :-).

Hab dank für deinen dichten Kommentar,
liebe Grüße,
Lisa
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Othmar

Beitragvon Othmar » 04.04.2007, 17:52

Hallo Lisa,

ich habe mir die letzten Strophen nochmal angesehen. Die Schlußstrophe, finde ich, verliert an Dichte. Für wen ist diese mit Rot unterstrichene Hoffnung / dieses Versprechen wichtig? Für Dich (das bezweifle ich)?
Ich finde, die Stärke des Gedichts liegt in der Stärke des Ichs. Die beiden "vorletzten" Strophen - ich kann sie gut mitlesen und würde auch gut verstehen, wenn sie bleiben sollen. Entscheidend ist, was du mitteilen willst und für wen es nötig ist.

LG Grüsse - Othmar


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