kendo

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carl
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Beitragvon carl » 23.03.2007, 12:23

was ist ein haiku?
stille - aus dem zentrum ein
schlag! und? kein und. punkt.

Gast

Beitragvon Gast » 23.03.2007, 12:33

Huch, lieber Carl,

jetzt bin ich verblüfft. :eek:

... ist es nicht verpönt, das Wort Haiku zum Inhalt eines solchen zu machen?
Insofern viele Fragezeichen, auch weil ich keine Ahnung habe was "kendo" ist.

Liebe Grüße
Gerda

(kendo: Weg des Schwerts, dennoch Fragezeichen)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.03.2007, 14:42

Die Frage, die ich mir stelle, carl:
wolltest du überhaupt ein Haiku schreiben?

Ein Schlag mit einem kendo hinterlässt aber doch etwas, zumindest ne Beule, oder ein geschicktes Ausweichmanöver des Gegners oder einen Treffer, aufgrunddessen sich der andere als Anerkennung verbeugt.
angeregte Grüße
Mucki

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 23.03.2007, 15:15

carl als kendoka kann ich fühlen was du meinst,
mit:
stille-aus dem zentrum ein schlag

doch die frage
was ist ein haiku?

hat davor nix zu suchen - sorry ;-)

wenn du schreibst

kendo

stille
aus dem zentrum
ein schlag

dann....ginge das schon eher.

dann wäre es richtung haiku, ohne 5-7-5 etc.

wenn du diese ebene angehst,

gibt es keinen der schlägt
keinen der trifft
keinen punkt

dann hat:
es geschlagen
es getroffen

wenn du dort angekommen bist, dann verneige ich mich, ohne dass du nur ausgeholt hast,
dann hast du mich ohne eine bewegung
besiegt.

dann bist du ein wahrer meister
dann bst du frei!

ahoh
hakuin

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.03.2007, 15:25

stille
aus dem zentrum
ein schlag


Ja, das gefällt mir sehr gut, Hakuin.
Saludos
Mucki
P.S. Der Mann wird gefährlich, ist auch noch kendoka...

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leonie
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Beitragvon leonie » 23.03.2007, 15:30

Lieber carl,

könnte es sein, dass Du hier ein Hau-Ruck-Haiku geschrieben hast, oder ein "Auf-Biegen-Und-Brechen-Haiku? Und die Überschrift deshalb "Kendo" ist?
7-5-7 ist es ja jedenfalls...


Ehrlich gesagt, kenne ich mich mit beidem nicht aus. Aber als ich es las, kam mir diese Idee...

Liebe Grüße

leonie

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 23.03.2007, 15:49


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Lisa
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Beitragvon Lisa » 23.03.2007, 16:01

Hallo,
ich verstehe den Text so, dass der Haiku als kendo, die Sportart (ich kriege sicher Haue, dass ich es als Sport bezeichne, aber näher dran bin ich eben nicht, also beginne ich jetzt nicht zu recherchieren und zu reden, wovon ich nicht...) definiert wird, die Art des Haiku und seiner (behaupteten) Wirkung. Haiku = Kendo also als allgemeine Aussage, ein Spotlight, ein Schlaglicht und sonst ein Nichts auf eine Frage/anschließende Lust das Glühen berühren zu dürfen. kein und.

Diese allgemeine Aussage wird wiederum aber nochmal im Text selbst gebrochen, nämlich durch das Zusammenspiel einer Frage im Haiku selbst und dem "punkt".

Das ganze in Haiku-Form @Silben, aber das nur angedeutet, es bliebt spielerisch frei gebrochen, Titel und Gestaltung (Frage, etc.) brechen aus, wo sie es wollen. Das Spiel bleibt in der Schwebe.

Ich glaube das ganze ist recht amüsant gemeint (was ja nicht unkritisch bedeutet),

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 23.03.2007, 16:09

ok, lisa

wenn man so will ist kendo ein erlebtes haiku,
das ginge wieder.

doch der erläuternde ansatz, carl..denk doch mal drüber nach, ob du das so haben wolltest.

der punkt kann auch den treffer meinen, der nur gewertet wird wenn mit
ki ken tai ichi
getroffen wurde

wobei wir wieder beim erlebten haiku sind.

wiki
Ein wichtiger Aspekt des Kendō ist das ki-ken-tai-ichi (気剣体一), die Einheit von Geist (symbolisiert durch den ki ai, den Schrei), Körper (symbolisiert durch den fumikomi-ashi, einen sprungähnlichen Stampfschritt) und Schwert. Ein Schnitt/Treffer ist im Kendō nur dann gültig, wenn er mit Überzeugung ausgeführt wird und ki ai, fumikomi-ashi und Auftreffen des Shinai im selben Augenblick stattfinden. Verallgemeinernd kann man sagen, dass beim Kendō „aus der Hüfte“ und nicht, wie oft fälschlich angenommen, hauptsächlich mit den Armen geschlagen wird.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.03.2007, 16:31

Ein erlebtes Haiku?

Wow, interessant! Ich finde das wirklich spannend hier,-)
Saludos
Mucki

carl
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Beitragvon carl » 24.03.2007, 09:50

Hallo ihr,

zusammen gibt das schon eine gute Interpretation dessen, was mir vorschwebte, danke!
Gerda, natürlich ist das kein Haiku. Vielleicht eher was Aphorismusähnliches in 5-7-5 Form?
Hakuin, Du hast sehr schön formuliert, worum es geht beim Kendo, danke! Ich würde zu Deinem Link noch ergänzen: Nicht Schlag aus der Hüfte, sondern aus dem Hara (Bauch) heraus. Idealerweise gibt es keinen Sieger und Besiegten, und wie es ausgeht, steht schon am Anfang der Bewegung fest.
Es ist eher ein Tanz um eine gemeinsame Mitte.
Lisa, die Parallele hast Du sehr gut herasusgearbeitet, nur dass es nicht so ironisch gemeint war. Das liegt vielleicht daran, dass Du Dir nicht konkret vorstellen kannst, worum es bei einer solchen "Sportart" geht?
Mich intressierte die vom Zen inspirierte Parallele der Do (Do: Weg, z.B. Jud-do, Kend-do, Chai-do, also Tee-Weg, etc.) zu der auch Ikebana (Blumenstecken), Gartenkunst und eben auch ein Zweig der Haiku-Dichtung gehören.
Das ist unter den Heutigen als "Philosophie" verschrien (siehe Hans-Peter Kraus' Website, mit der Anleitung für einen schlechten Haiku) und diese Heutigen bringen ja auch folgerichtig eine Flut von Haiku hervor, die an Banalität nicht zu überbieten sind.
Worin jetzt genau die Parallele zum "Schlag" besteht, das könnte man noch überlegen...

Liebe Güße, Carl

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 27.03.2007, 12:10

Lieber carl,
das heißt, das "kein und" ist positiv besetzt?

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 27.03.2007, 12:44

Lieber Carl,
okay, dann ist alles wieder im Lot, :smile: ich hätte es mir auch nicht erklären können. Du weißt einfach zu gut Bescheid, (Nein kein Honig-um-den-Bart-Geschmiere). :antwort:
Ich lese den text nun auch ganz anders, nachdem ich die Ausführungen von Hakuin, Lisas Idee und deine Erläuterungen zusammen genommen besser verstanden habe.

Liebe Grüße
Gerda

carl
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Beitragvon carl » 27.03.2007, 12:59

Danke Gerda, ich freu mich darüber!!

Ja, Lisa: es kommt etwas zur Erfüllung. Der Schlag löst eine Erkenntnis aus (wenn man "Erkenntnis" nicht im westlichen Sinn versteht). Abstrakt gesprochen: die Einsicht, dass es keine Polarität gibt. Keinen Gegner. Damit kommt eine Spannung zur Lösung. Punkt ist der Siegpunkt, aber die Einsicht betrifft beide. Deshalb kann der Kampf entfallen, weil er in der Konzentrationsphase schon geführt und entschieden wurde (wie Hakuin schon sagte). Ist natürlich ein Idealfall, aber das solls auch im Sumo schon gegeben haben: Verbeugung, Konzentraton, Verbeugung. Und Schluss. Ist nix für Wrestlingfans...
Jetzt das Ganze auf den zen-inspirierten Haiku übertragen:

Shizukasa ya
iwa ni shimi-iru
semi no koe


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