Jede andere Stadt - Teil Vier

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 10.03.2007, 23:40

In der Werkstatt.
Zuletzt geändert von Paul Ost am 09.05.2007, 21:27, insgesamt 4-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.03.2007, 22:56

Hallo Paul,

Ich kann mich nicht wirklich für Kommadiskussionen begeistern. Solange du keine fremde Jungfrau daraus machst. :engel2:

Die Autogeschichte löst du also noch auf? Darauf bin ich gespannt.

Das Bild hatte ich mir etwas anders vorgestellt, hast du nicht geschrieben der Reiter greift nach etwas, was er jenseits der Schlucht vermutet? Auf dem Gemälde (zumindest in Kleinformat) ist doch die Verlockung ziemlich eindeutig, er trampelt die eine nieder (die ihn vielleicht retten wollte) und will die Schöne erreichen, die ihn spielend ins Verderben lockt.

Mal sehen, ob du Paul auch stürzen lässt.


Liebe Grüße smile

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 12.03.2007, 23:13

Liebe smile,

im Original greift der Reiter nach Fortuna. Er ist ein Spieler, der aufgrund seiner Sucht sein Leben runiert. Allerdings ist mir diese Interpretation zu eng. Sie war allerdings vom Maler intendiert und auch als Sujet typisch für das späte 19. Jahrhundert.

Grüße

Paul

Klara
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Beitragvon Klara » 12.03.2007, 23:57

Hallo Paul,

die Frage bei der fremden, jungen Frau ist glaub ich einfacher als du denkst: Es geht darum, was du sagen willst.

Ist es eine "junge Frau" im Sinne von "junges Mädchen" oder "alter Knacker" - also eine Wendung, die jeder gebrauchen würde, der sich keine Gedanken macht, sondern nur auf die Schnelle etwas BEZEICHNEN will. Dann bezöge sich "fremd" auf die semantische Einheit "junge Frau", und dann kommt kein Komma hin.

Oder willst du neutral und genau beschreiben, dass sie eben fremd UND jung ist, die Frau (und eben nicht alt oder hässlich oder krank oder hinkend)?
Dann käme ein Komma da hin: Beide Adjektive beziehen sich unabhängig voneinander auf das Substantiv Frau.

Das st jetzt grammatologisch nicht abgesichert, sondern einerseits meine Schlussfolgerung aus den Beiträgen von Aram und Mucki, andererseits (hoffe ich) gesunder Menschenverstand.

lg
klara

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 13.03.2007, 08:10

off topic

Hallo Paul,
Der Maler wird schon seinen Grund gehabt haben, warum er die Szene so darstellte sei es aus gesellschaftlicher oder privater Sicht. Und wer weiß schon, ob er nicht die gängige Vorstellung, Bildwelt benutzte, um etwas ganz anderes Darstellen zu können. Eine Überlagerung sozusagen.
Liebe Grüße smile

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 13.03.2007, 10:29

Lieber Paul,

toll, wie es weitergeht, ich wiederhole mich nur ungern, aber was bleibt mir übrig? (Schreib einfach möglichst nahtlos den nächsten Teil, dann fällt es nicht so auf). Ich liebe die verschiedenen Würfe auf ganz verschiedene (und doch sehr gleiche, auf gewisse Weise) Städte und verschiedene Frauen, Männer und Paare...immer wieder dreht es sich um ähnliche Konstellaltionen, man lernt mit Paul wahrzunehmen, spürt wie er sich wiederholt, die Welt gestaltet, durch vieles durchblickt, mehr als viele andere, und doch nichts davon hat, also...doch nicht durchblickt und doch durcblickt und doch nicht.... Dann gibt es neben diese "Eigenspiegelexkursen" immer wieder "wirkliche" Exkurse, die ich bisher immer als sehr reizvoll empfunden habe, weil sie sowohl zu Pauls Themenkreis dazugehören als auch weitere Dimensionen sind.


Kleine Details:


Nach einer Weile war sie eingeschlafen. Vor Hannover standen sie im ersten Stau. Die Fahrt zog sich hin. Einmal fragte sie.
„Was sind das für komische Lichter?“
„Windmühlen.“


Den Satz "Einmal fragte sie" würde ich um die Information, dass sie kurz aufgeschreckt/aufgewacht/zwischen Wachheit und Schlaf ist, ergänzen, dann würde die Stelle besser fließen, jedenfalls für mich, ich war kurz irritiert, also so etwas wie:

Einmal schreckte sie kurz auf (schreckte trifft es nicht, da muss was besseres her, fällt mir aber gerade nicht ein) und fragte:


Durch die Intensität seiner Beobachtung wurden auch immer mehr Museumsbesucher auf das Gemälde aufmerksam


Das blaue markierte klingt merkwürdig beschrieben, der Erzähler (nicht die Szene) wirkt unfreiwillig komisch. Kann man das noch ein wenig variieren?


Das war es schon an Details.

Nochmal genossen habe ich die Stelle, an der Paul in das Bild hineintaucht und es "liest"...

Ich mag es (genauso wie die Ortedetails), wenn ein text solche realen Details einstreut wie das Gemälde, die man dann wirklich suchen und finden kann und vergleichen und die ganze Geschichte darin wiederfinden kann. Und es ist schön wie man an der Bildinterpretation dann auch noch spürt, wie sehr Paul sich in seinen Bildern bewegt, wie er die Realität darauf abstimmt.


Leider ist das Bild viel zu klein, ich würde es gern größer sehen. Denn alls ich nach dem Lesen deinen Link sah, klickte ich drauf und sah, dass ich mir das Bild aufgrund von den Beschreibungen im text ganz anders vorgestellt hatte. Erster Fehler: ich stellte es mir eindeutig zu dunkel vor, also das um ihn her dunkler, sogar sein Pferd war grau und schwärzlich, dass es golden ist, ist natürlich einfach vortrefflich. Au0erdem stellte ich mir es zu dynamisch vor, der Mann ritt nämlich nicht nur in Leserichtung von links nach rechts, sondern das Pferd stellte ich mir auch in typischer napoleonsteigemanier als Diagonale von unten links nach oben rechts vor...stattdessen reitet er von links nach rechts und das auch noch waagerecht, das ist natürlich übel. Zudem gefällt mir die Doppelfigur des Mädchens und wie man alles, was sich in Voder-, Mittel- und Hintergrund befindet in einer Reihe lesen kann (kein Zufall zum Beispiel, wo die Stadt/Burg liegt).

Was ist das runde unten zu Füßen des trügerischen Ideals? Eine Blase?

Auch schön, dass sowohl das schwebende Mädchen als auch das pferd mit keinen Füßen den Boden berühren, es aber tatsächliche Auswirkungen hat, wie bei Hans guck in die Luft. (man beachte, dass die vorderste fessel des Pferdes weiß ist...) Die Diagonalen des Himmels...den Tod kann ich nicht gut genug erkennen, um affige Beobachtungen zu machen ;-)

Entschuldige, sowas macht mir einfach Freude!

Bitte wieder mehr davon...

Liebe grüße,
Lisa

edit: oh, ich nahm Bezug aufs Bild ohne die anderen Komms...Entschuldigung.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 13.03.2007, 10:51

Lieber Paul,

Ich lese deine Stadtgeschichten fasziniert mit. Kaum fallen mir Wendungen oder der Korrektur bedürftige Sätze auf.
Ich vermute, das liegt an deiner eindrucksvollen Erzählart, vieles nicht ganz auszusprechen oder in Extra-Assoziationen (Frauennamen) abzuzweigen, um dann wieder auf den Punkt zu kommen.
Dein Personal ist mit wenigen Details skizziert und doch: Sie erstehen vor dem Auge des Lesers als wären sie aus Fleisch und Blut.
Wie machst du das nur? :eek:

Meinen Respekt für diese schöne Stadtreihe!

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 13.03.2007, 16:18

Liebe Klara,

danke für die Klarafizierung des Gedankens. Ob ich nun eine schöne, junge Frau oder nur eine schöne junge Frau meine, weiß ich nicht so recht. Ich habe es mit mathematischen Genauigkeiten nicht so. Deshalb streikte bei arams Klammervergleich (, der sicher sehr logisch ist) endgültig mein leicht überfordertes Hirn. Früher dachten meine Lehrer, ich sei doof, heute müssten sie mir wohl eine Lese-Rechtschreib-Rechenschwäche attestieren. Auch das logische Denken fällt mir schwer. Nur im assoziativen Bereich bin ich recht gut.

Liebe smile,

was die geheimen Wünsche des Malers angeht, müssen wir ja nicht viel deuteln. Gewiss sollten die schönen, nackten Frauen (oder schönen nackten Frauen) auch die Schaulust eines männlichen Publikums bedienen. Wobei gerade im ausgehenden achtzehnten Jahrhundert einige noch geeignetere Themen vorhanden waren, vor allem der Sklavenmarkt der orientalistischen Malerei.

Fortuna ist aber eindeutig gemeint, denn...

Liebe Lisa,

der Ball, auf dem die gute Frau dahinrollt, könnte so etwas wie Fortunas Rad sein. Zuerst begegnete mir dieses Bild übrigens in Form einer äußerst gelungenen Ekphrasis von Eberhard Roters, einem leider schon verstorbenen Kunstwissenschaftler. In seinem zweibändigen Werk "Malerei des 19. Jahrhunderts" beschreibt er auch Rudolf Hennebergs "Die Jagd nach dem Glück" von 1868. Irgendetwas an dem Bild hat mich fasziniert, obwohl die Abbildung in dem Buch ebenfalls dunkel und klein ist.

Als ich (durch Zufall) das Bild in der alten Nationalgalerie in Berlin entdeckte, war ich von seiner Größe und Farbenpracht geradezu erschlagen. Es lohnt sich also, mal nach dem Original zu schauen.

Handwerklich gesehen ist Henneberg eher ein drittklassiger Maler. Auch die Sujets sind nicht ungewöhnlich. An dem Bild faszinierte mich etwas anderes... Wahrscheinlich fand ich es so schön, vor Augen geführt zu bekomen, wie jemand sehenden Auges ins Verderben reitet.

Liebe Elsa,

es freut mich, wenn ich noch eine weitere Leserin für meine kleine Reihe gewinnen konnte. Um aus einem noch nicht ins Netz gestellten Teil zu zitieren: "Vielleicht wird eine Erzählung daraus. Aber für einen Roman reicht es garantiert nicht."

Grüße

Paul

Rala

Beitragvon Rala » 19.03.2007, 22:26

Hallo Paul!

Bin auch endlich zum Lesen gekommen und kann nach wie vor nur meine Freude über deine Einfälle äußern sowie von dem Genuss sprechen, den mir das Lesen deiner flüssig geschriebenen Texte immer wieder bereitet ... wann kommt das jetzt als Buch raus?

(Und zu der Kommadiskussion, zu der ich eigentlich gar nichts sagen wollte, ist mir eingefallen: In der Schule wurde mir beigebracht, wenn man zwischen die beiden Adjektive ein "und" setzen könnte, ohne den Sinn des Ganzen zu verändern, kommt ein Komma hin. Hilft das?)

Liebe Grüße,
Rala

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 19.03.2007, 22:53

Liebe Rala,

die Regel habe ich noch nie verstanden. Und das obwohl aram nicht versucht hat, sie mir zu erklären. :rolleyes:

Danke für Dein Lob. Ich bin extra nochmal zu den Kulissen gereist, um die Geschichte weitererzählen zu können.

Grüße

paul

Max

Beitragvon Max » 05.04.2007, 21:59

Lieber Paul,

"Jede andere Statdt 5" hat mich an der schon erschienen vierten Teil erinnert.

Faszinierend finde ich, wie Du mich für die Hauptfigur interessieren kannst, weil er eine Sichtweise hat, die meiner schon fern ist.

Einzig bei

Als Schülerin. Ich habe es gehasst, wenn die anderen die Lehrer geärgert haben. Es war immer so laut. Keiner wollte lernen. Alle waren so vulgär


glaube ich dem Text nicht so recht - die wörtliche Rede klingt mir künstlich, wobe ich gleich zugebe, dass wörtliche Rede schreiben gewiss nicht meine Stärke ist.

Habe ich wieder gern gelesen und ich bin gespannt auf Teil 5.

Liebe Grüße
Max

PS: Detmold finde ich auch nicht schöner als P. ;-)

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 05.04.2007, 22:31

Lieber Max,

Du hast schon recht. Es klingt ungelenk. An dieser Stelle aber die schwächste aller Dichterausreden: Sie hat es gesagt. Diesmal wurde auch kein Name geändert. (Ob ich es anders schreiben kann?)

Und Lena: Hoffentlich hast Du Deine Prüfung bestanden. Und falls Du das hier liest. Ich habe Deine Mappe in meinem Auto gefunden und alle Nummern durchtelefoniert, die in der Liste standen. Aber Dich habe ich nicht gefunden.
Ich bin sogar extra nach D. gefahren und habe einen Zettel ans Brett gehängt. Wenn Du die Unterlagen noch brauchst, dann melde Dich bitte. Ich gebe Dir - sagen wir - zwei Jahren. Dann mache ich eine Geschichte daraus.

Grüße

paul

Max

Beitragvon Max » 07.04.2007, 18:41

Lieber Paul,

manchmal ist halt die Realität wie ein Erfindung, dann kann man wohl auch nicht über gut oder schlecht streiten ...
Nun schau ich gleich mal auf Teil 5.

Liebe Grüße
Max


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