Im Schatten der Linde

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 16.03.2007, 08:01

Im Schatten der Linde -
den steinigen Weg
links liegenlassen


scarlett, 2005

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annette
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Beitragvon annette » 16.03.2007, 08:56

Liebe scarlett,

ich bekomme das Bild nicht ganz zusammen. Zum einen die Linde, mit der ich eine Ortschaft verbinde. Natürlich kommen Linden auch im freien Gelände vor, aber meine Assoziation ist sofort die der Dorflinde, des Platzes der Gemeinschaft, des Zusammentreffens. Andere Assoziationen sind die der Linde als Heilpflanze, der starke Duft der Blüten und die der Göttin Freya, deren Baum sie ist.

Der steinige Weg hingegen ist für mich ein Weg außerhalb der Ortschaft, unwegsam, beschwerlich. Vielleicht meinst Du gerade das: den steinigen Weg verlassen habend in die Gemeinschaft einkehren, irgendwo ankommen oder einfach rasten? Das würde Sinn machen, trotzdem funktioniert das für mich nicht als ein Bild, in dem ich die Linde gleich neben dem steinigen Weg sehen müsste.

Verstehst Du, was ich meine? Mich würde interessieren, warum Du die Linde gewählt hast.

Lieber Gruß, annette

Niko

Beitragvon Niko » 16.03.2007, 08:58

hallo scarlett!
mir gefällt dieses kurzgedicht, von dem ich nicht weiß, obs ein haiku sein soll oder nicht. lediglich bei dem "steinigen weg" frage ich mich, ob das bild so sein muss. natürlich hat es seine aussage. ein steiniger weg ist eine metapher für ein beschwerliches leben, für ein mühsames sich durchs leben kämpfen. die frage, die sich mir stellt: ist das immer so? und: geht es nicht jedem auf irgendeine art und weise genauso? (stichwort: der eigene weg ist immer der schwerste) und daraus resultierend: ist "steinig" wirklich wichtig für dieses gedicht?
würde dort stehen:
Im Schatten der Linde -
den weg links liegenlassen - würde mir das reichen.

ein weig ist immer mühsam (steinig) schon alleine, weil man ihn gehen muss. das ist manchmal schon steinig genug.
ich will beileibe nicht dieses wort verdammen. und mir gefällt dieses gedicht auch so. aber es hat mich einfach sehr über das wort "steinig" nachdenken lassen. und das ist ein gute sache, wenn ein gedicht soetwas bewirkt, finde ich.

ganz lieben gruß in den noch sonnigen tag: Niko

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 16.03.2007, 18:24

im schatten
der linde
steiniger weg
links.

----------------------------------------------

Ich phantasiere halt mal wieder.

Moshe

scarlett

Beitragvon scarlett » 16.03.2007, 21:05

Liebe Annette,

alle von dir genannten Aspekte treffen zu - einen hast du dabei vergessen: Philemon und Baucis... ;-)

Den steinigen Weg... ich verbinde damit - über einen tatsächlich unebenen, mit Steinen versehen Weg, der durchaus in einem Dorf zumindest üblich war und der aus der Mitte hinaus geführt hat - einen mühsamen, beschwerlichen und gefahrenvollen Weg. Der Linde schreibt der Mythos auch die Kraft zu, Blitze abzuwenden- in ihrem Schatten zu sitzen bedeutet also auch Sicherheit (und keine Gefahr).

Unter der Linde wurde auch Recht gesprochen - sie ist darüberhinaus der Treffpunkt Liebender. Das alles zusammen mit Philemon und Baucis - dem Symbol schlechthin für Treue und eheliche Liebe ergibt das, was ich eigentlich intendiert hatte.

Ich finde, die Zeilen sind sehr offen - und das habt ihr alle wunderbar erkannt. Und ja, Linden kommen sehr wohl auch in "freier Wildbahn" vor...

Lieber Niko,

ein Weg muß durchaus nicht immer steinig sein - oft läuft ja alles so glatt, daß man meint der oder diejenige gleite nur so darüber hinweg, "ca roule" sagt der Franzose, es rollt...

Ich fürchte, der Steinige muß bleiben - und wenn er dich so sehr zum Nachdenken gebracht hat, dann kanns ja - so wie du selber sagst - so verkehrt nicht sein...

Lieber moshe,

du hast es auch wunderbar auf den Punkt gebracht - auf deine Weise. Gefällt mir sehr gut - wie du den Gedanken versprachlicht hast.

Ich danke euch ganz herzlich für eure Gedanken und hoffe, daß ich euch noch ein paar Anregungen mehr geben konnte...

Ganz liebe Grüße

von eurer Scarlett

P.S. Und obs ein Haiku ist, was nicht beabsichtigt war,.... das müßte vielleicht Ramona wissen... ich denke schon.

Ramona_L

Beitragvon Ramona_L » 18.03.2007, 14:38

... liebe scarlett,

das "steinigen" würde ich auch weglassen, das kann man dem
Leser überlassen, ob steinig, hangaufwärts oder bergab ...

Im Schatten der Linde
den Weg
links liegen lassen

Meine Gedanken dazu ...

Schönen Sonntag, Ramona :smile:

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annette
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Beitragvon annette » 18.03.2007, 15:45

Liebe scarlett,

nein, an Philemon und Baucis hatte ich wirklich nicht gedacht. Damit bekommt der Weg in Deinem Text noch deutlicher die Assoziation von "Lebensweg", denn Baucis wurde ja erst am Ende ihres (menschlichen) Lebens zur Linde.

Aber ich verstehe Dich so, dass das auch nur eine Lesart, nur ein Aspekt sein soll, den Du berücksichtigt wissen willst. Ich finde das Bild sehr schön, und Deine Erklärung der Linde als Symbol für Treue und eheliche Liebe ist einleuchtend.

Damit muss natürlich auch die Linde als Baum stehen bleiben. Mir gefallen die Deutungen und Gedanken, auf symbolischer Ebene leuchtet mir alles ein. Einzig das Bild als solches ganz konkret als Baum und Weg funktioniert für mich nach wir vor nicht ganz (wie oben erklärt). Für mein Empfinden müssten symbolische und konkrete Ebene beide lesbar sein, aber wie gesagt: Ich verstehe, dass es die Linde sein muss.

Lieber Gruß, annette

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.03.2007, 19:00

Liebe Ramona,

jetzt komme ich doch schon wieder ins Wanken... und Grübeln... und Abwägen...
Und dabei war ich so sehr überzeugt von diesen drei Zeilen...
Noch mag ich mich nicht trennen von dem "Steinigen" - mal sehen, wie hart (oder hartnäckig) er tatsächlich bleiben wird...

Danke dir!

Liebe Annette,

schön, daß du dich nochmal gemeldet hast.
Leider kann ich wohl ncihts tun, damit das Bild vom Baum und dem Weg für dich funktioniert - schade.
Und es hilft auch nicht, wenn du die LInde außerhalb eines Ortes siehst??? Oder - im Ort, an einem Platz, einem Hauptplatz, von dem etwa alle Wege abgehen????

Ich danke dir auf jeden Fall für deine Rückmeldungen - vielleicht gelingt es mir beim nächsten Mal dich vollends ins Bild mitzunehmen....

Liebe Grüße euch beiden,

scarlett

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Beitragvon annette » 19.03.2007, 08:47

scarlett hat geschrieben:Und es hilft auch nicht, wenn du die Linde außerhalb eines Ortes siehst??? Oder - im Ort, an einem Platz, einem Hauptplatz, von dem etwa alle Wege abgehen????

Das kann ich mir natürlich alles vorstellen, aber es ist nicht, was ich spontan mit den Worten verbinde. Natürlich muss ein Bild im Text nicht immer auf Anhieb völlig stimmig sein, sondern kann auch Fragen offen lassen, verwirren, irritieren. Nur glaube ich, das hattest Du hier nicht beabsichtigt.

Trotzdem mag ich die Idee hinter dem Text gerne - insbesondere nach Deinem Hinweis auf Philemon und Baucis.

Lieber Gruß, annette

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.03.2007, 14:07

Liebe scarlett,

deine Zeilen kann, auch ich, nur 1:1 lesen, sprich: ich sehe ein konkretes Bild vor mir, meine Gedanken wandern, es hallt nach, vor allem durch
"den steinigen Weg
links liegenlassen"

doch, was sich tatsächlich hinter deinen Zeilen verbirgt (deine Erläuterung), kann ich mangels Kenntnis um die Symbolik der Linde nicht für mich erschließen. Die Frage ist jetzt, ob es für dich wichtig ist, dass man genau das herauslesen sollte. Oder, ob du es offenlassen magst.
Jedenfalls habe ich wieder etwas dazugelernt,-)
Saludos
Mucki

scarlett

Beitragvon scarlett » 19.03.2007, 19:47

Nein, liebe Annette,

das hatte ich hier nicht beabsichtigt - die Philemon und Baucis Legende hat sicherlich nicht jeder sofort parat bei diesen Zeilen, trotzdem dachte ich, daß sich mit der Linde genügend anderes verbindet (was esja auch tut).

Liebe Mucki,

nein, man muss nicht die gesamte Symbolik herauslesen - es reicht ja, wenn überhaupt ein nachvollziehbares Bild entsteht. Dem einen oder anderen wird vielleicht bei der LInde Baucis einfallen, und wenn nicht - auch gut.

Habe mich gefreut, von dir zu lesen...

Liebe Grüße euch beiden,

scarlett

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 20.03.2007, 11:58

ebenerdig

im licht
zur rechten
geht der weg...

versuche gerade das gegenteil von dem geschrieben zu erleben

ein schönes stilles naturbild hast du gezeichnet,
doch da ist noch was, ein LI lässt links liegen...

salve
hakuin

scarlett

Beitragvon scarlett » 20.03.2007, 14:34

ja, hakuin... etwas/jemand wird links liegengelassen...

fein, deine antwort, dank dir dafür

salut,

scarlett


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