Bänkelsang

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.03.2007, 12:26

Bänkelsang (mit Ziehharmonika oder Orgel zu begleiten)

Einst schleppt’ der Mann die Frau in seine Höhle,
sie blieb, sie hatte keine Wahl!
Er ging und jagte Tiger, Bisons, Löwen,
sie hütete das Feuer, kocht’ sein Mahl.

Refrain:
Ob Hüterin des Feuers
oder als Grande Dame,
vielleicht als Feministin?
Hauptsache, wir halten z’samm!

Nach einer Weil als Ritter hoch zu Pferde,
zog er auf Kreuzzug in das Heil’ge Land.
Im Keuschheitsgürtel Jahr um Jahr aus Ehre,
saß sie am Webstuhl, bis er heimwärts fand.

Ob Hüterin des Feuers
oder als Grande Dame,
vielleicht als Feministin?
Hauptsache, wir halten z’samm!

Der Bürger und Baron das Puff besuchte
und sich gerne auf das Mädchen legt’,
derweil die Ehefrau beim Kränzchen fluchte,
ansonsten schwieg und die Migräne pflegt’.

Ob Hüterin des Feuers
oder als Grande Dame,
vielleicht als Feministin?
Hauptsache, wir halten z’samm!

Es kam die Zeit der Suffragetten.
Frau schrie: wir wollen an die Macht!
Schluß, meine Herrn, wir sprengen alle Ketten,
das hättet ihr im Traum euch nicht gedacht!

Ob Hüterin des Feuers
oder als Grande Dame,
vielleicht als Feministin?
Hauptsache, wir halten z’samm!

Heut ist es so, die einen sagen: Schwanz ab!
Den anderen spuckt Mann auf den Kopf.
Der Macho meint: ihr schaufelt euch das eigne Grab!
Die Softies tragen einen Zopf.

Ob Hüterin des Feuers
oder als Grande Dame,
vielleicht als Feministin?
Hauptsache, wir halten z’samm!
Zuletzt geändert von Elsa am 08.03.2007, 23:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Klara
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Beitragvon Klara » 08.03.2007, 12:48

Hallo,
sorry, aber du zwingst mich zu einem ausführlichen Off topic, das ich sozusagen dem Frauentag schulde.
Einst schleppt’ der Mann die Frau in seine Höhle,
sie blieb, sie hatte keine Wahl!
Er ging und jagte Tiger, Bisons, Löwen,
sie hütete das Feuer, kocht’ sein Mahl.


Ich glaub nicht, dass es so war. Ich glaube, es war ihre Höhle, sie hatte die Macht übers Feuer, zumindest teilten sie die Macht. Ich glaube nicht an ein urmenschliches Patriarchat. Diese Prämisse ist schon patriarchalisch - und so weit verbreitet, dass jedes Reden dagegen mystisch-unglaubwürdig erscheinen mag.

Ich glaub auch nicht, dass grundsätzlich nur die Männer jagten. Ich glaube, die größte Macht war die Macht Kinder zu gebären, Leben aus sich zu schaffen. Niemand wusste etwas von y-Chromosomen. Man wusste nur, was man sah, erfuhr und glaubte. Biologische Vaterschaft war lange Zeit weder erfahrbar noch wissbar. Erst als - irgendwann ich weiß nicht wie - das Leben vom Tod getrennt wurde, erst als die Macht zu töten wichtiger wurde als die Macht Leben zu schaffen, erst als die Kunst sich vom Leben abwandte, erst da begann sich das Patriarchat zu entwickeln. Es hat mit Ackerbau zu tun, mit Landbesitz. Das sind alles Hypothesen - aber warum sollten sie weniger sinnvoll sein als die Hypothese des männlichen Jägers und Herrschers und des Höhlenweibchens am Herd? Allein die Sterblichkeitsrate, da mussten ganz andere Sicherheitsmechanismen greifen als die der patriarchalen Kleinfamilie. Da galt es tatsächlich ZUSAMMEN ZU HALTEN.

lg
klara

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.03.2007, 13:46

Hallo Klara,

Das mag durchaus so sein.

Aber ich habe nicht recherchiert und daher steht der Text nicht im Blick aus dem Fenster sondern unter Satire. Zudem trägt er den Titel : Bänkelsang, einer Gattung, in der häufig übertrieben wird.

BTW: Ich erinnere mich noch lebhaft an die Geschichtsbücher aus meiner Jugend, in denen auf Steinzeit-Bildern der Ur-Mann die Ur-Frau an ihren langen Haaren wie ein erlegtes Tier hinter sich herzieht. Die waren damals überhaupt ... Frauen an den Herd etc.pp.

Lieben Gruß
ELsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.03.2007, 20:56

Liebe Elsie

diesen Text möchte ich zu gerne von dir gelesen hören! :nicken:
vorfreudige Grüße
Mucki

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leonie
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Beitragvon leonie » 08.03.2007, 21:09

Liebe Elsa,

Du arbeitest ja gerade mit den Klischees hier. Die stimmen nie ganz und oft ist doch etwas Wahres dran. Ich finde es gut, wie Du das hingekriegt hast. Besonders gefällt mir, wie es "endet" (abgesehen vom Refrain):

"Die Softies tragen einen Zopf"

Ich kenne das Etablissement, das Du ansprichst (auch sehr witzig, die Strophe!) als "der Puff".

Singst Du auch, dann würde ich es noch lieber gesungen als gelesen hören!

Liebe Grüße

leonie

Herby

Beitragvon Herby » 08.03.2007, 22:42

Liebe Elsa,

DeinenText über Rollenverständnis und Emanzipation habe ich gerne gelesen.
Ich möchte ein paar Fragen zur Sprache stellen, wobei ich gleich vorab sagen muss, dass für einen gesungenen Text vielleicht andere Regeln gelten als für einen gesprochenen oder gelesenen. Falls dem so sein sollte, betrachte bitte meine Nachfrage als erledigt.

In der ersten Strophe fällt Höhle – Löwe aus dem ansonsten sauberen Reimschema raus. Jedoch sehe ich die Bredouille, dass sich auf die Höhle kein Tier reimt.

Müsste es im Refrain nicht Grande Dame heißen (grand = maskulin / grande = feminin)?

In der dritten Strophe frage ich mich, warum Du die Elisionen benutzt. Warum nicht

Und sich gerne auf das Mädchen legte

ansonsten schwieg und die Migräne pflegte


Kam es Dir hierbei auf das fünfhebige Versmaß an? Das ist ja ohnehin uneinheitlich, was aber, wie eingangs gesagt, vielleicht durch den Gesang nicht auffällt. Es kann durchaus sein, dass ich zu sehr von einem Text ausgehe, der gelesen wird. Daher finde ich leonies Vorschlag ganz hervorragend: kannst Du ihn nicht gesungen in die Hörbar einsetzen?
Übrigens: wäre bei der letzten Textstelle nicht auch "der Migräne pflegte" möglich? Dieser veraltete Genitiv würde hier schön passen, finde ich.

Liebe Grüße
Herby

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.03.2007, 23:09

Liebe Mucki,
Mal sehen, ob ich es spreche, eigentlich sollte es unbedingt wie ein alter Gassenhauer zur Drehorgel gesungen werden.

Liebe Leonie,
ja, es gehört gesungen, aber ich glaub, ich kann das nicht. In Wien sagen alle Gemma ins Puff, damit wird es bei uns wohl sächlich verwendet.

Lieber Herby, stimmt, die 1. Str. fällt raus, ist ein Auftakt sozusagen für das Lied. Es ist tatsächlich nicht als Gedicht konzipiert.

Es heißt definitiv Grande Dame, Fehler meinerseits. Ich editiere es.

legte/pflegte ist bestimmt schöner, passt aber nicht zur Melodie, die es mal dazu gab, für die der Text geschrieben wurde.

Falls ich tatsächlich mal die Muße habe, ein 'richtiges' Gedicht draus zu machen, müsste alles viel sorgfältiger überdacht werden.

Danke, dass es gefällt. Und wegen Lesen/Singen, muss mal nachdenken drüber.

Lieben Gruß
ELsa
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Herby

Beitragvon Herby » 08.03.2007, 23:19

Hallo Elsa,

ich schon wieder ...

legte/pflegte ist bestimmt schöner, passt aber nicht zur Melodie, die es mal dazu gab, für die der Text geschrieben wurde.


Das ist, was ich vermutet hatte. Es wäre toll, wenn Du es schaffen würdest, den Text zu singen. Erstens würde man dann mal Deine Stimme hören können (die ich mir eher dunkel als hell vorstelle), und zweitens fände ich einen Vergleich zum gedruckten, "nur" gelesenen Text reizvoll.

Liebe Grüße
Herby

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.03.2007, 23:24

Lieber Herby,

*krächz* :) Stimmt, eher dunkel meine Stimme.

a capella klingt vermutlich schauderhaft und der muskker, der das mit mir gemacht hat ist
schon lange in USA.

Mal sehen, was ich tun kann, wie gesagt.

Lieben Gruß
ELsa
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Schwarzbeere
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Beitragvon Schwarzbeere » 15.03.2007, 16:02

Liebe Elsa (sollte ich "Servas Madl" schreiben, um im Stil zu bleiben?)

wenn du schon "z'samm" wagst, dann wär es doch schön, wenn du die ganze letzte Zeile des Refrains deiner Umgangssprache anpassen wolltest, also
"Hauptsach' is, mia halten z'samm" oder, ein wenig gemäßigter
"Hauptsach' is, wir halten z'samm", oder ist das Hauptsacheee! ein beabsichtigter Bänkelsängertrick, was mir freilich auch gefallen könnte.

Verwirrt hat mich "Den anderen spuckt Mann auf den Kopf". Hätte die vorangehende Zeile ein Komma, dann müsste es heißen "die anderen: Spuckt Mann auf den Kopf!" oder "den anderen spuckt man auf den Kopf" oder solltest du meinen, dass "Mann" (also die noch beschwänzten Männer) den anderen (Frauen) auf den Kopf spucken?

Über die Richtigkeit bzw Gültigkeit deiner Aussagen zu urteilen, wäre für mich das Eingestehen eines völligen Mangels an Humor, und dieses "Outing" wage ich nicht zu wagen.

Freundliche Grüße. Schwarzbeere

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 15.03.2007, 18:52

Lieber Schwarzbeere,

Oder servas!

Die letzte Zeile habe ich für hier gemäßigt, in der Ursprungsfassung ist es so, wie du sagst, genau.
Z'samm war mir nicht möglich zu adaptieren.

oder solltest du meinen, dass "Mann" (also die noch beschwänzten Männer) den anderen (Frauen) auf den Kopf spucken

Genau so ist es gemeint.

Oh bitte nicht allzu ernst nehmen!

Vielen Dank für deine Betrachtungen und
humorige Grüße,
ELsa
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