Schnell!

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Rala

Beitragvon Rala » 17.02.2007, 11:48

Schnell! (Zweite Fassung)
Rennen werde ich müssen, immer rennen, immer weiter, der Wind wird mich unter den Wolken hintreiben, über weite Wiesen, wird mich über Zäune einfach hinwegfegen wie einen Fetzen Papier, bis ich unten in der Hafenstadt an der Mauer eines Fischerhauses hängen bleibe. Ich werde dort klopfen, werde die Frau, die öffnet, nach Selma fragen, sie wird mir sagen, sie sei fortgegangen, vor einer Stunde schon, und sie wisse nicht, wohin. Das wird mich weitertreiben, ziellos, fragend, und wieder werde ich rennen, bis mich der Anblick unserer Stammkneipe anhalten und mir zu bedenken geben wird, dass es reine Zeitverschwendung ist, zudem schleudert mir der Wind jetzt dicke kalte Regentropfen ins Gesicht. Es wird nicht sehr voll sein in dem düsteren, warmen Raum, denn es wird erst Nachmittag sein, aber ein, zwei Leute werden dasein von jenen, die wir kennen, die uns kennen. Ich werde mich zu ihnen an die Theke setzen, ein Bier bestellen, zu früh am Tag für meine Gewohnheiten, sie werden mich fragen, warum ich so verzweifelt sei, und ich werde ihnen sagen, dass ich Selma suche, dass ich nicht wisse, wo ich suchen soll, und dass es dringend sei, sehr dringend ... und dann wird mir einer von ihnen, der mit den langen blonden, fast weißen Haaren, dieser wird mir sagen, er habe sie gesehen, es sei keine halbe Stunde hergewesen, sie sei in Richtung der Hügel gelaufen. Und er wird hinzufügen, sie sei ihm sehr seltsam vorgekommen, so abwesend, sie habe ihn gar nicht bemerkt. Noch während er dies erzählen wird, werde ich hastig einen Schein aus meiner Hosentasche ziehen, ihn neben mein nur halb geleertes Bierglas auf die Theke legen und werde wieder rennen.
Durch den Regen, der mir nun, da die Richtung feststeht, nichts mehr anhaben kann. Mich nicht mehr treiben lassen vom Wind, jetzt habe ich das Steuer in der Hand. Wieder wird mein Weg über die Wiesen führen, nun schier endlos in meinen Augen, über Zäune, jetzt noch höher, aber nichts von dem wird mich aufhalten können. Irgendwann werde ich in der Ferne die kleine Kirche sehen, die sich gegen den nun wieder helleren Himmel abheben wird, majestätisch und doch bescheiden, und daneben kniend eine kleine Gestalt, und obwohl ich sie nur ganz von Ferne sehe, werde ich wissen, dass es Selma ist. Und wenn ich nah genug gekommen sein werde, werde ich ihre zarten Finger sehen können, wie sie Blumen in den Strick flechten, das Messer blankreiben, das Gift anrühren, ich werde ihr Murmeln hören, das um Vergebung für ihre Seele fleht, und dann werde ich vor ihr stehen, die Sonne wird über mir durch die Wolken brechen, Selma wird aufblicken mit ihren von Tränen klargespülten Augen, ihre Miene wird sich aufhellen wie der Himmel, sie wird fallen lassen, was immer sie in den Händen hielt, und ich werde nur "Du." sagen zu ihr, zum allerersten Mal, und sie wird sich in meine starken Arme stürzen.
Doch nun muss ich aufbrechen, anfangen zu rennen, sonst werde ich zu spät kommen.




Schnell!
Rennen werde ich müssen, immer rennen, immer weiter, der Wind wird mich unter den Wolken hintreiben, über endlos scheinende Wiesen, wird mich über Zäune einfach hinwegfegen wie einen Fetzen Papier, bis ich unten in der Hafenstadt an der Mauer eines Fischerhauses hängen bleibe. Ich werde dort klopfen, werde die Frau, die öffnet, nach ihr fragen, sie wird mir sagen, sie sei fortgegangen, vor einer Stunde schon, und sie wisse nicht, wohin. Das wird mich weitertreiben, ziellos, fragend, und wieder werde ich rennen, bis mich der Anblick unserer Stammkneipe anhalten und mir zu bedenken geben wird, dass es nur sinnlose Zeitverschwendung ist, zumal mir der Wind jetzt Regentropfen ins Gesicht wirft. Es wird nicht sehr voll sein in dem düsteren, warmen Raum, denn es wird erst Nachmittag sein, aber ein, zwei Leute werden dasein von jenen, die wir kennen, die uns kennen. Ich werde mich zu ihnen an die Theke setzen, werde ein Bier bestellen, zu früh am Tag für meine Gewohnheiten, sie werden mich fragen, warum ich so verzweifelt sei, und ich werde ihnen sagen, dass ich sie suche, dass ich nicht wisse, wo ich suchen soll, und dass es dringend sei, sehr dringend ... und dann wird mir einer von ihnen, der mit den langen blonden, fast weißen Haaren, dieser wird mir sagen, er habe sie gesehen, es sei keine halbe Stunde hergewesen, sie sei in Richtung der Hügel gelaufen. Und er wird hinzufügen, sie sei ihm sehr seltsam vorgekommen, so abwesend, sie habe ihn gar nicht bemerkt. Noch während er dies erzählen wird, werde ich hastig einen Schein aus meiner Hosentasche ziehen, ihn neben mein nur halb geleertes Bierglas auf die Theke legen und werde wieder rennen.
Ich werde wieder rennen, durch den Regen, aber diesmal mit einem festen Ziel. Wieder wird mein Weg über weite Wiesen führen, die mir jetzt noch endloser erscheinen werden, über Zäune, die mir jetzt noch höher erscheinen werden, aber auch meine Kräfte werden jetzt noch unerschöpflicher scheinen. Und dann irgendwann werde ich in der Ferne die kleine Kirche sehen, die sich gegen den nun wieder helleren Himmel abheben wird, majestätisch und doch bescheiden, und daneben kniend eine kleine Gestalt, und obwohl ich sie nur ganz von Ferne sehe, werde ich wissen, dass sie es ist. Und wenn ich nah genug gekommen sein werde, werde ich ihre Finger sehen können, wie sie Blumen in den Strick flechten, das Messer blankreiben, das Gift anrühren, ich werde ihr Murmeln hören, das um Vergebung für ihre Seele fleht, und dann werde ich vor ihr stehen, die Sonne wird durch die Wolken brechen, sie wird aufblicken, fallen lassen, was immer sie in den Händen hielt, und ich werde nur "Du." sagen zu ihr, zum allerersten Mal.
Doch nun muss ich aufbrechen, anfangen zu rennen, sonst wird es zu spät sein.
Zuletzt geändert von Rala am 19.03.2007, 22:09, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.02.2007, 14:25

hallo rala,

du beschreibst hier die suche nach sich selbst, so lese ich es zumindest.
doch ist mir der text zu lang, zu viele wiederholungen, zu viel "rennen", zu oft "werde". dann frage ich mich, warum der einwurf mit dem bier, welches das ich noch nie zu dieser zeit getrunken hat. es sind doch alles gedanken des ichs, wie der hetzlauf aussehen würde/könnte in der zukunft. oder willst du damit die verzweiflung des ichs verstärken? ein bisschen wirr kommen deine zeilen bei mir an. das getriebene kommt gut rüber, aber die wiederholungen passen mir hier als stilmittel nicht, bzw. sind zu oft drin. dies ist erst mal mein erster eindruck.
saludos
magic

Klara
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Beitragvon Klara » 17.02.2007, 17:37

Hallo,

ich hab den Eindruck, das Potenzial, das dieser Text hätte, ist noch nicht ausgeschöpft. Bzw.: wurde noch zu ungenau gearbeitet (sprachlich und inhaltlich). Bzw.: Versteckt sich die Aussage noch zu sehr, weil sie vielleicht noch gar nicht weiß, was sie wirklich ist?

R
ennen werde ich müssen, immer rennen, immer weiter, der Wind wird mich unter den Wolken hintreiben, über endlos scheinende Wiesen,

scheinende Wiesen wirkt hier unglücklich doppeldeutig - lass doch weg. Endlose Wiesen.

Ich werde dort klopfen, werde die Frau, die öffnet, nach ihr fragen, sie wird mir sagen, sie sei fortgegangen, vor einer Stunde schon, und sie wisse nicht, wohin.

sie, sie, sie, ihr... Bezüge unklar. Namen geben?

Das wird mich weitertreiben, ziellos

ziellos? den Eindruck habe ich nicht. Klischeebegriff hier!
sinnlose Zeitverschwendung

Tautologie... Zeitverschwendung allein reicht

Es wird nicht sehr voll sein in dem düsteren, warmen Raum
,
"überheizt" träfe es vielleicht besser?

werde ein Bier bestellen, zu früh am Tag für meine Gewohnheiten,

vor wem entschuldigt sich die Erzählerin? zu früh am Tag reicht.

sie werden mich fragen, warum ich so verzweifelt sei, und ich werde ihnen sagen, dass ich sie suche

entweder indirekte Rede im Konjunktiv oder nicht, aber imselben Satz Indikativ (ich suche) und Konjunktiv (verzweifelt sei) kommt schlampig.
werde ich hastig einen Schein aus meiner Hosentasche ziehen, ihn neben mein nur halb geleertes Bierglas auf die Theke legen und werde wieder rennen.

zweites werde überflüssig

Ich werde wieder rennen, durch den Regen,

Wiederholung nervt. Schließ doch direkt an: Durch den Regen...

aber diesmal mit einem festen Ziel.

Ziel war vorher auch, der Unterschied ist, dass "ich" jetzt weiß, wohin, örtlich.

Wieder wird mein Weg über weite Wiesen führen, die mir jetzt noch endloser erscheinen werden, über Zäune, die mir jetzt noch höher erscheinen werden, aber auch meine Kräfte werden jetzt noch unerschöpflicher scheinen.

Scheinen, scheinen, scheinen... nee! Behaupte es doch einfach. Es sind noch größere Wesen, noch höhere Zäune, noch größere Kräfte (unerschöpflich lässt sich nicht steigern)

lg
klara

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 18.02.2007, 18:51

Liebe Rala,

was ich wieder sehr an dem Text mag, ist das Gespinst aus Realität und Symbolischen/Traumartigem/Ahnungen - es wird in der Stammkneipe Bier getrunken und zugleich einem Wesen nachgejagt, bei dem es eher um Symbolik geht, fast überschneiden sich deine Wüstenbraut und "Warum karl ein Buch schrieb" von Mnem ;-).

Mich hat das viele rennen nicht gestört, nur an dieser Stelle:
einen Schein aus meiner Hosentasche ziehen, ihn neben mein nur halb geleertes Bierglas auf die Theke legen und werde wieder rennen.
Ich werde wieder rennen, durch den Regen


Da würde ich anders wechseln, der Übergang zum Absatz wirkt etwas stockend.

Das Symbolische ist diesmal für mich gar nicht leicht zu deuten. Das Fischerdorf erinnert mich an den Nixenm Undinen und Wasserfrauen, aber ich kann es weiter nicht deuten.

Dann die Abwesenheit der gesuchten...ganz schwierig.

Dann das feste Ziel (durch die "Hilfe" des weisen, alten, ja?)


werde ich ihre Finger sehen können, wie sie Blumen in den Strick flechten, das Messer blankreiben, das Gift anrühren, ich werde ihr Murmeln hören, das um Vergebung für ihre Seele fleht, und dann werde ich vor ihr stehen, die Sonne wird durch die Wolken brechen, sie wird aufblicken, fallen lassen, was immer sie in den Händen hielt, und ich werde nur "Du." sagen zu ihr, zum allerersten Mal.


Den letzten Satz würde ich streichen, auch wenn konjunktivisch erzählt wird, nimmt der Satz "nun muss ich aber losrennen" der Geshcichte ihre Glaubwürdigkeit und Unmittelbarkeit...ohne letzten Satz geht es doch auch gut auf?


das erinnert mich an Hexenbrauchtum und ich frage mich, da sie ja auch noch an einer Kirche neiderkniet, für was sie wohl mit all ihren Attributen steht. Dass es um eine allgemeinumfassende Selbstfindung geht, glaube ich eher nicht - Vielleicht die Schuld einholen, bevor sie vergessen wird? Das Eingeständnis? Oder etwas urtypisches? (Vielleicht gibt es ja auch keine direkte Auflösung und ich gehe hier den völlig falschen weg)...ich lasse mich vielleicht zu stark von der Schnelligkeit irritieren?

Du siehst, ich bin noch beim Lesen :-)

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Rala

Beitragvon Rala » 20.02.2007, 16:26

Hallo miteinander!

Hmm ... war ein Versuch. Stilistisch werde ich wohl tatsächlich ein paar Kleinigkeiten ändern müssen. Ansonsten sehr interessant, die Reaktionen, ich war wohl mal wieder viel zu rätselhaft, oder? Aber der letzte Satz muss bleiben, Lisa, er ist eigentlich der Schlüssel zum Lyrich ...
Ich glaub, ich warte mal weiter ...

Liebe Grüße,
Rala

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Beitragvon Lisa » 21.02.2007, 13:54

Liebe Rala,

ich weiß nicht, ob du zu rätselhaft warst - ich glaube, ich konnte die Bilder nicht angemessen deuten? Gibt es denn einen klaren Deutungsansatz, der sich von magics idee grundsätzlich unterscheidet?

Entschuldige, dass ich so umständlich bin, bei diesem Text, ich habe das Gefühl, ich habe ihn nich nicht fassen können.

Liebe Grüße,
Lisa
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Rala

Beitragvon Rala » 21.02.2007, 18:53

Hallo Lisa,

ja, auch hier hatte ich mir mal wieder etwas völlig anderes gedacht ... es handelt sich keinesfalls um die Suche nach sich selbst, sondern hier spricht jemand mit einem maßlos übersteigerten Selbstbild (also auch hier wieder kein "gesundes" Ich) ...

Liebe Grüße,
Rala

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Beitragvon Lisa » 23.02.2007, 17:37

Liebe Rala,

entschuldige bitte, dass du den Text so entschlüsseln musstest - das ist natürlich nicht schön für einen Autor.

Ich habe hier das Gefühl, dass es nicht nur an der Gestaltung des Textes liegt, sondern auch an meinen Lesegewohnheiten, ich war schlicht zu doof, nicht die üblichen Pfade zu gehen. Ich habe wohl von meinem Gefühl erkannt, dass es nicht um Selbstfindung geht, aber ich konnte mich nicht in die Richtung bewegen, den der Text nimmt.

Ein bisschen liegt das aber auch daran, dass ich die Motive gar nicht so auslegen kann, dass ich an Selbstüberschätzung denken muss. Schnelligkeit ist schon grenzwertig (die Hast nach etwas?). Meinst du denn jemand, der auf der Suche ist, seinem eigenen Anspruch gerecht zu werden? Oder meinst du wirklich jemanden, der ein übersteigertes Selbstbild hat? Und was bedeutet dann die Kirche? Das innere Götzenreich, die eigene Huldigung? Und warum der mit den weißen Haaren, der den Weg weißt? Das sind alles für mich starke symbole, die ich aber nicht mit Selbstüberschätzung zusammenbringe?

In jedem Falle wäre mir wichtig, dass das lyr. Ich stärker in Kontakt mit den anderen um ihn herum gesetzt wird, damit man sieht, dass seine Suche das Verhältnis zu anderen blockiert? Oder was ist dir an Aussage wichtig?

Ich glaube, du solltest nicht denken, dass du allgemein zu rätselhaft schreibst. Ich mag das an deinen Texten sehr! Manchmal ist es nur wichtig, die symbole genau genug auszusuchen, damit der Leser nciht fehldeutet?

Vielleicht kann man den Text dahingehend noch etwas nachbearbeiten?

Liebe Grüße,
Lisa
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lichelzauch

Beitragvon lichelzauch » 25.02.2007, 11:47

Hm, ich kann nicht ganz nachvollziehen, dass das ein symbolischer Text sein soll? (Falls er das ist, hat Lisa aber auf jeden Fall Recht und die Bilder müssten nochmal überdacht werden - mit dem Dach der Stringenz *g - jedenfalls drängt sich mir da nichts auf.)

Ich lese aus dem Text erstmal die tatsächliche Situation heraus, dass nämlich der Erzähler sich hier lang und breit Gedanken macht wie und was die langwierigen Schritte zu einer ach so "dringenden" Begegnung mit der geheimnisvollen "Sie" sein könnten - ohne diese Schritte bei aller Dringlichkeit aber auszuführen. Auch die schön kranke Endszene in der dem Erzähler scheint, als würde allein seine Ankunft reichen um diese "Sie" zu "erlösen" (denn letztlich ist ja nur das das "Dringende": dass er sie/sie ihn sieht) - (ja, das mag ich, dass er sich einbildet so eine schwere Prüfung abzulegen mit dem endlosen Rennen und gleichzeitig es sich so einfach macht, zu denken, dass das allein schon reicht (ich hoffe doch, dass es "in Wirklichkeit" nicht reicht, da könnte man vielleicht diese Frau/Mädchen noch etwas genauer zeichnen? Oder ist schon der Umstand, dass der Erzähler noch nicht läuft, Anzeichen genug?) UND seine (wahrscheinlich) total übertriebenen Vorstellungen von dem "Leid" dieser Frau (das ihm natürlich auch nur wichtig ist, weil es zu seiner "Rolle" gehört) - lustig in diesem Zusammenhang die pathetische Wetter-Parallelität ("die Sonne wird durch die Wolken brechen" etc.)).
Ich weiß nicht genau, ob man die Situation zwischen den beiden konkreter erfassen können soll? Ich nehme an, dass die Leute "uns" (also die beiden) kennen, heißt nicht notwendig, dass sie zusammen waren? Heimliche Obsession für diese Frau, aber es gab nie richtigen Kontakt ("ich werde nur "Du." sagen zu ihr, zum allerersten Mal." - oder doch symbolisch? *g)

Was ich dann schwach finde, ist der Versuch einer Steigerung nach dem Kneipenbesuch - "noch endloser" "unerschöpflicher" etc. - vielleicht könnte man auch auf eine Wiederholung der Wiesen und Zäune verzichten, stattdessen etwas anderes (ähnliches), oder doch wiederholen aber dann noch (ganz beiläufig) ergänzen... auch das wiederholte "rennen"... magich als Stilmittel, aber doch ein bisschen holprig manchmal.


und mir zu bedenken geben wird, dass es nur sinnlose Zeitverschwendung ist, zumal mir der Wind jetzt Regentropfen ins Gesicht wirft

Das finde ich erstens sehr schnell aufgegeben, zweitens hat Klara Recht mit "sinnlos" und dritten verstehe ich das "zumal" nicht ganz (also selbst für ihn ist es unglaubwürdig, dass er ein paar Regentropfen als "Argument" aufführt ~)

ich werde ihr Murmeln hören, das um Vergebung für ihre Seele fleht

Hm, ihr Murmeln fleht um Vergebung? "ich werde ihr Murmeln hören, das Flehen um Vergebung für ihre Seele"?

(Ansonsten nochmal bei Klara gucken, sie hat viel gefunden - allerdings auch, dass der Erzähler weiblich ist? :eek: )

Wäre auf eine stilistische Überarbeitung gespannt... ob du die Subtilitäten auch etwas entschärfen kannst, weiß ich nicht, es geht ja darum, einen Charakter nur durch seine Worte zu kennzeichnen, wenn du da auch nur ein bisschen direkter wirst, verliert es für mein Gefühl schnell an Glaubwürdigkeit (gerade bei solchen leicht krankhaften Figuren).

Schöne Beobachtung.

Liebe Grüße,
lichelzauch

Rala

Beitragvon Rala » 26.02.2007, 16:35

Hallo Lichelzauch!

Juhu, es hat doch einer verstanden, was ich meinte! Genau das sollte es sein. Er bildet sich ein, sie sei unglücklich in ihn verliebt, und weil er sie die ganze Zeit nicht so beachtet hat, wolle sie sich umbringen und er könne sie allein durch sein Zu-ihr-hin-Rennen und das "Du", als Zeichen, dass er sie doch wahrzunehmen bereit ist, davon abhalten und so ihr Leben retten und als Held dastehen. Die Elemente, die man als Symbole missversehen könnte (tut mir leid, Lisa, dass du dir da jetzt so viele Gedanken drüber gemacht hast, obwohl das vermutlich gar keinen Sinn ergeben kann, da es eben nicht so gedacht war), dienen der Ausschmückung des Ganzen, er will sich einfach eine Kulisse schaffen, die er seiner für angemessen hält. Und während er sich das in aller Ruhe ausmalt und sich selbst als Held sieht, verplempert er wertvolle Zeit, die in dem Fall natürlich entscheidend sein kann. Was sie betrifft, ist im Grunde gar nichts sicher, da wir ja alles nur von ihm wissen, und wie weit kann man einer so kranken Persönlichkeit schon trauen?

Ich werde den Text aber auf jeden Fall überarbeiten, nicht nur stilistisch. Mal sehen, ob ich das Ganze doch noch ein bisschen deutlicher machen kann ...

Liebe Grüße,
Rala

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 04.03.2007, 20:20

Liebe Rala,
entschuldige bitte - also so falsch habe ich schon lange keinen Text gelesen :icon_redface2: . Ich weiß nicht, ich wäre nie auf die Lesart gekommen, die lichel herausgelesen hat, puh! Aber ich kann nicht festmachen wieso dann überhaupt - der Fehler, alles als Symbole zu lesen ist sozusagen ja schon "produkt" meiner falschen Herangehensweise. Ich glaube, die falsche grundannahme, die bei mir zu allen Folgelesefehlern führte, war, dass ich "sie" sofort als Spiegel des lyr. ichs gesehen habe - ich habe nie gedacht, dass dort zwei Personen sind, immer nur eine. Lichel scheint das anders gegangen zu sein, oder...?

Lichel: War der Text für dich sofort eindeutig so zu lesen, sozusagen "gesichert"? Oder hast du es dir nach und nach erschlossen? Warst du sofort (einzig?)auf der tatsächlichen Ebene - ok, so war es wohl, aber das ist erniedrigend ;-)).

Könnte man das ganze nicht entschärfen, indem man ihm und ihr einen Namen gibt? Ich habe das Gefühl, dann hätte auch ich zur konkreten Lesart tendiert?

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

lichelzauch

Beitragvon lichelzauch » 05.03.2007, 23:17

Liebe Rala!

Das freut mich natürlich. Hm, ich dachte es wohl noch ein bisschen kranker als du, für mich ist der Erzähler noch eigenständiger bei der Erschaffung seiner Welt, d.h. ich würde eher vermuten, dass von Seiten der "Sie" da gar nichts ist, aber das liegt natürlich nicht am Text, sondern an Eigen-Projektionen ( :eek: ).

Was soll eigentlich der Titel? (Natürlich ist das jetzt dumm, weil der Titel ja daraufhin deutet, dass es "tatsächlich" Handlungsbedarf gibt, meiner kleinen Variante also widerspricht - wie gesagt, für mich ist das trotzdem wahrer - aber ich meine eigentlich... ich verstehe es chronologisch-erzähltechnisch nicht? Wer sagt "schnell!"? Kaum der Erzähler, der sich ja extra Zeit lässt? (Natürlich gehört dass auch zu seiner Rolle, aber ich denke dennoch, dass es nicht ganz passt, so exponiert...) Vielleicht könnte man da noch was finden (nur frag mich nicht *g - Titel bin ich ganz schlecht)).

Lichel: War der Text für dich sofort eindeutig so zu lesen, sozusagen "gesichert"? Oder hast du es dir nach und nach erschlossen? Warst du sofort (einzig?)auf der tatsächlichen Ebene - ok, so war es wohl, aber das ist erniedrigend ;-)).


Liebe Lisa,

wie ich ja schon oben schrieb, hat mir der Text zu keinem Zeitpunkt zu verstehen gegeben, dass er ein symbolischer wäre. Das erwarte ich aber von einem solchen (wie auch immer das "geht", es geht auf jeden Fall) oder er wäre ein schlechter und es bliebe für mich bei "Kapier ich nicht". Beim Lesen habe ich ja mitgekriegt, dass sich hier jemand etwas ausmalt und es schien mir dabei nicht so abstrus als dass es nicht "tatsächlich" sein könnte... auch die "Sie", wohl durch die relativ detaillierte Beschreibung, war für mich eigentlich klar getrennt vom Erzähler (obwohl ich diesen Aspekt durchaus verstehen kann, im Nachhinein hatte ich auch meine Zweifel... ich halte das mit den Namen auf jeden Fall für hinreichend um die Verwirrungen zu minimieren).
Ich könnte mir auch vorstellen, dass es leichter ist, "darauf" zu kommen, wenn man das (also diese absurde Art sich Wirklichkeiten zurecht zu machen, auch in dieser konkreten Konstellation) eh schon kennt (z.b. von Bekannten gehört hat :cool: )? Ich bin sowieso leicht erstaunt, dass eine Frau darüber schreibt. :smile: Ich dachte, diese Art Hybris wäre eher was für Männer. Naja... vielleicht sollte man das auch im Dunkeln lassen, wir sind ja keine Selbsthilfegruppe hier.

Liebe Grüße,
lichelzauch

Rala

Beitragvon Rala » 15.03.2007, 18:32

Hallo Lichel!

Entschuldige die lange Antwortzeit, war leider sehr beschäftigt die letzten Wochen. Den Titel hatte ich eigentlich ironisch gemeint, kann man ihn so auch verstehen? Hatte nämlich echt Probleme, überhaupt einen zu finden, und wenn ich jetzt noch mal anfangen müsste :schwitz: ...
Ich hoffe, dass ich in den nächsten Tagen Zeit finde, endlich die versprochene Überarbeitung vorzunehmen. Versprechen kann ich nix, aber ich tu mein Bestes.
Und weil du meinst, "diese Art Hybris wäre eher was für Männer": deshalb ist das Ich ja ein Mann, und vielleicht kenne ich die Männer einfach zu gut ...

Liebe Grüße,
Rala

Rala

Beitragvon Rala » 19.03.2007, 22:11

So, habe versucht, das Ganze zu verbessern, bin mir allerdings nicht sicher, ob mir das wirklich gelungen ist ... was meint ihr?

Liebe Grüße,
Rala


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