Da capo (alla fine della notte)

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 11.02.2007, 19:12

Neufassung



da capo (alla fine della notte)



es ist wahr,
der tag hat uns die honigkerzen ausgeblasen

aber schau, wenn ich zähl, was mir geblieben,
dann auf dich

komm, leg dich her zu mir in die nacht
ich will dich fortverführen

lass uns so tun

als lägen welpen
zwischen uns

ich häng dem grauen ein blaues halsband um
du küsst das totgeborene aufs weiße scheitelchen

als hätten wir uns
verhört
ineinander

denn nur, wenn wir die augen geschlossen halten
sehen wir morgen






Zwischenfassung

Es kann gut sein, dass...ja was...vieles noch geändert werden muss :-)



Da capo (alla fine della notte)


Es ist wahr,
der Tag hat uns die Honigkerzen ausgeblasen

aber schau, wenn ich zähl, was mir geblieben
dann auf dich

Komm, leg dich her zu mir in die Nacht
ich schlüpf ins Mieder meiner traumschweren Lider
und verführ dich fort

Lass uns So tun

als lägen Welpen
zwischen uns

Ich häng dem Grauen ein blaues Halsband um
du küsst dem Totgeborenen sein weißes Scheitelchen

als hätten wir uns
verhört
ineinander

Denn nur wenn wir die Augen geschlossen halten
sehen wir Morgen





Erst(kurz)fassung

Da capo

Lass uns so tun
als lägen Welpen
zwischen uns




*Da capo, wiki sagt: (ital.: vom Kopf) ist die Spielanweisung, ein Musikstück von der so bezeichneten Stelle an von vorne (da capo) zu beginnen.
Zuletzt geändert von Lisa am 15.02.2007, 13:20, insgesamt 11-mal geändert.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 15.02.2007, 13:18

Liebe Lisa,

der Text hat durch die Änderungen, inbesondere auch durch die Setzung und Kleinschreibung noch einmal mehr gewonnen, wie ich finde.
Sein außergewöhnlichen Bilder berühren mich noch direkter.
Aber, ich bin irritiert, stand da denn schon immer "scheitelchen"...
Ich finde das irgenwie unpassend, dieses "chen"
Tut mir leid, wenn ich das anmäkel, ist mir offenbar erst jetzt "aufgestoßen", mir ist das zu niedlich, gerade weil es sich auf "totgeboren" bezieht.
Ich weiß "scheitel" klänge sehr hart... im Moment habe ich noch keine Idee.

Liebe Grüße
Gerda

pandora

Beitragvon pandora » 15.02.2007, 13:27

liebe lisa,

ich habe die diskussion nicht verfolgt und jetzt nur die neufassung gelesen. ich finde sie, die überarbeitete version, perfekt. (und sie erinnert mich an else lasker)
die schlusszeile: genial.
ein gedicht übrigens, das ich gern in der hörbar hören würde.

lg
p]

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 15.02.2007, 14:04

Hallo,
da ändert man noch heimlich an seinem Text herum und dann das :pfeifen: . Ich hatte noch über Umwege kleine Diskussionen mit aram, wodurch dann die neue Fassung so entstand, wie sie jetzt oben steht und für mich auch fertig ist (glaube ich?). Die Kleinschreibung ist einfach unumgänglich wegen dem Ende und dem grauen und überhaupt - ja, ich habe mich :pfeifen: durchgerungen und "mag" es so jetzt.

(leonie entschuldige, das blau ist wieder zurück).

Liebe pandora,

danke!

:icon_redface2:

Liebe Gerda,
das Scheitelchen war nur zwischendurch ein Scheitel, aber ich kann ihn nicht ändern, für mich passt es, auch wenn die Perskeptive dadurch etwas empfindsam überreizt ist, das muss so ( :rolleyes: )

Ich dank euch sehr!
Das wird wohl das einzige gedicht sein, dass ich je gemßigt klein geschrieben haben werde ;-)
Prosaische Grüße,
Lisa
Zuletzt geändert von Lisa am 15.02.2007, 14:07, insgesamt 1-mal geändert.
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aram
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Beitragvon aram » 15.02.2007, 14:07

liebe lisa,

ich finde, in der aktuellen fassung




da capo (alla fine della notte)


es ist wahr,
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aber schau, wenn ich zähl, was mir geblieben,
dann auf dich

komm, leg dich her zu mir in die nacht
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zwischen uns

ich häng dem grauen ein blaues halsband um
du küsst das totgeborene aufs weiße scheitelchen

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verhört
ineinander

denn nur, wenn wir die augen geschlossen halten
sehen wir morgen





sind all die 'fragestellen', die der text noch aufwies, sehr gut beantwortet.


toller text.

liebe grüße,
aram



p.s. auch die zeichensetzung (kommata) finde ich so gut - klar fühlt es sich oft 'befriedigender' an, wenn man nach einem einheitlichen schema vorgehen kann, doch ich denke dieser spezifische text, der eine eigenwillige, in diesem fall für mich sehr stimmige mischung aus 'prosa-' und 'lyriksprache' spricht, braucht den mut zu dieser individuellen spielart (alle kommas zu setzen fände ich ermüdend/ störend, die jetzt gesetzten würden mir hingegen fehlen (insbes. nach geblieben) bzw. es würde die note des textes verändern, wenn sie nicht da wären)

p.p.s. du warst schneller :-)

p.p.p.s. einzig das 'grauen' - ich hatte vergessen, das hat mich schon in der ursprungsfassung beschäftigt - wirft für mich noch die frage auf, ob es wirklich das beste wort ist, ob das 'fühlbar' ist, oder begriffskonserve (sein soll?) - in der kleinschreibung stellt sie sich wieder etwas anders
(manchmal tauchen immer wieder fragen auf im leben, sowas aber auch...)
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.02.2007, 15:20

Hallo Lisa,
ich finde dein Gedicht wunderschön...
Vor allem:
als hätten wir uns
verhört
ineinander

aber auch wenn ich wohl die einzige bin, empfinde ich das Bild eines totgeborenen Welpen, der geküsst wird als seltsam.
Es verführt mich nicht fort.

Bei der zweiten Strophe habe ich auch gestockt, meintest du:
aber schau, was mir bleibt, wenn ich auf dich zähle
oder
aber schau, was mir geblieben, wenn ich auf jemand zählen kann, dann auf dich
oder
aber schau, wenn ich zähle, was mir geblieben - durch dich
oder alles
??

Liebe Grüße
smile

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leonie
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Beitragvon leonie » 15.02.2007, 16:03

Liebe Lisa,

ich trau mich kaum zu fragen: Aber warum brauchst Du dieses "her"?

Liebe Grüße

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 15.02.2007, 17:25

Lieber smile,

hihi - alles meinte ich, das ist absicht zu spielen mit etwas zählen und auf etwas zählen...danke für das wunderschön, das tut sehr gut.

Liebe leonie,
wieso traust du dich kaum? Ich schätze doch deine Kommentare so sehr und einer Moderatorin widerspreche ich schon gar nicht ;-).

Das her ließ ich bisher aus rhythmischen Gründen stehen - es war aber auch schon einmal fort...
weißt du was, ich werde am Wochenende mal Pandoras Wunsch erfüllen und den Text in der HörBar lesen und dabei gucken, ob es ohne her besser klingt?!

Liebe Grüße...

ps: aram: ja das grauen ist ein bisschen ~~~~....sag mir eine andere farbe mit eines welpen, die man übertragen lesen kann und ich nehme sie! (vielleicht) :blumen:
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aram
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Beitragvon aram » 15.02.2007, 17:50

tralala - die verbindung von 'grauen' und 'totgeborenem' zu den welpen hatte ich überhaupt nicht hergestellt, liebe lisa - und zwar deshalb nicht, weil nach dem "als ob" mit konjunktiv ein sprung in den indikativ erfolgt - (sowas liest ein aram automatisch als trennung der betreffenden ebenen ~ halte mich mit vorschlägen also lieber zurück und schweig fein still...) (d.h. 'grauen' passt dann schon!°)

(das 'her' finde ich passend zur sprache des lyr.ich - fiele es weg, klänge es ein wenig, als befände sich zunächst exklusiv das lyr.ich in der nacht ~ ich sagte dann eher "leg dich mit mir in die nacht")
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l. cohen

Peter

Beitragvon Peter » 16.02.2007, 20:03

Liebe Lisa,

beim ersten Lesen dachte ich: da ist sie wieder, die Hand, a-rhythmisch rhythmisch, aufhebend und fallen-lassend, annehmend und verwerfend. Sie lässt sich blicken (sie taucht auf) und schafft diese, ich weiß nicht: ungeordneten? Textflächen, die aber so natürlich erscheinen.

Ich sah mich erinnert an Risse, an aufgeworfene Bodenstrukturen, in die sich aber, kaum zu erfassen und irgendwie befreit, ein poetisches Dunkel schleicht, irgendetwas das nach Abgrund schmeckt, nach Wahn, Kindheit, nach Erinnerung, nach Verlust.

Man kann rätseln an deinem Text. Wer nur ist das Du? Das Du bildet mit dem Ich eine Intimität, die vom Tag (wiederum der Tag) unterbrochen wird. Wie heimlich und still und vor allem warm diese Intimität ist, sieht man im Bild der Honigkerzen. Das Ich sagt "Schau...". Dann sagt es "Komm...". Es beginnt eine Anrufung. Der Grundzug des Gedichts? Die Anrufung.

Erstaunlich finde ich in der zweiten Strophe die fast unvermittelt auftauchende Kehr. Das Ich tut so (fast wie ein jagendes Tier), als gäbe es etwas anderes, als wäre dort... dort... irgendwo dort irgendetwas, und sagt dieses Dort doch nur, um plötzlich zu sagen: Hier. (Mehr als eine Schmeichelei, ich würde eher sagen: Ein poetisches Jagdprinzip!)

Ich war beeindruckt, und ich bin es immer noch – nur die Veränderungen... hm. Das Mieder der Lider hat mich geschmerzt, vor Bild! Hätte ich nicht gestrichen... Die Kleinschreibung, gut, sieht gut aus. Mit dem "grauen" gibt es ein Problem, es kann ja auch das Grauen sein - bei Großschreibung lösbar. Und "so" schriebst du ja groß, um das "so" zu betonen? Fehlt auch... Und "sehen wir morgen", ich finde hier sollte man sich entscheiden, entweder für morgen oder das Morgen (weil doch das lyr. Ich mit dieser Aussage bestimmt sein will).

Für Hölderlin gab es das "Reinentsprungene". Was vielleicht heißt: Jeder Satz trägt und ist eine Wahrheit. Streicht man einen Satz, eine Strophe, den Teil einer Strophe, geht auch ein Teil der Wahrheit verloren. Ich glaube das "Mieder der Lider" gehörte zu einer Wahrheit. Jetzt fehlt sie.
Schade:-).

Liebe Grüße,
Peter

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.02.2007, 20:22

Lieber Peter,
viel zu schnell muss ich auf deinen wundervollen Kommentar antworten und noch so vieles außer Acht lassen bis morgen (aber das Wort Anrufung, soviel muss ich schon sagen: davon fühl ich mich wirklich gelesen - man könnte das ganze Gedicht ausradieren und nur anrufung schreiben - ach, danke dafür, das stimmt). Aber bevor ich lange antworten kann, kannst du mir das am Ende noch vorher erklären?

und "sehen wir morgen", ich finde hier sollte man sich entscheiden, entweder für morgen oder das Morgen (weil doch das lyr. Ich mit dieser Aussage bestimmt sein will).


Kannst du mir das blaue erklären? Dann kann ich morgen hoffentlich angemessen antworten.

Deine Worte haben mich so gefreut :blumen:

Liebe Grüße,
Lisa
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Peter

Beitragvon Peter » 16.02.2007, 20:41

Lisa, wir hatten schon mal ein Morgen-Problem, wenn du dich erinnerst. (Morgenland, Morgen, Annuells Morgen...) Aber vielleicht ist das Morgen in diesem Gedicht nur für mich ein Problem. Ich finde, man kann es auf zweierlei Weise lesen, bin mir aber nicht sicher, ob man es auf zweierlei Weise lesen soll.

Einerseits kann es heißen: Wann sehen wir? - morgen.
Andrerseits: Was sehen wir: das Morgen.

Wenn du dich hier entscheiden willst, würde ich selbst schreiben:

Denn nur wenn wir die Augen geschlossen halten,
sehen wir ins Morgen.

Was ja eine Morgendämmerung innerhalb der geschlossenen Augen impliziert.

Kannst du mir das blaue erklären?


Du weißt, Lisa, ich kann sehr gut ins Blaue erklären, aber das Blaue selbst leider nicht.

Liebe Grüße,
Peter

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.02.2007, 21:04

Lieber Peter,

ja, das zweifache Lesen von morgen (daher kein bestimmter oder unbestimmter Artikel) ist (bisher) Absicht, daher ja auch zu großen Teilen überhaupt die Kleinschreibung. Ich habe nur deine Begründung (das blaue) nicht verstanden - und wollte es gern ein wenig, um überhaupt darüber nachdenken zu können.

Liebe Grüngrüße,
Lisa (bis morgen ;-))
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Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 16.02.2007, 21:35

Liebe Lisa,

mir gefällt das Gedicht gut. Um den ewig drohenden Kitsch-Faktor zu verringern, solltest Du vielleicht auf die Honigkerzen verzichten. Kerzen reichen völlig. Sonst begibst Du Dich in einen Wunderkerzenbereich, in den Dir nicht alle Leser folgen werden.

Warum schreibst Du am Ende nicht: "den Morgen" (mit Artikel). Ich glaube, das klingt besser.

Beste Grüße aus dem Abseits

Paul

Max

Beitragvon Max » 17.02.2007, 17:56

Lieber Paul,

schön Dich hier wieder zu lesen!

Bei dem Einwand gegen Lisas Honigkerzen muss ich allerdings zugeben, dass ich an ihnen hänge, vielleicht mehr als die Aurorin selbst. Der Klang von

der tag hat uns die honigkerzen ausgeblasen


ist für mich ein ganz anderer als wenn dort stünde

der tag hat und die kerzen ausgeblasen

(ja, das zweite ist weniger kitschig, kannst Du sagen, aber das meine ich nicht :-) )

Liebe Grüße
Max


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