Lichtworte

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 06.02.2007, 18:36

Deine Lichtworte
pflanzen mir den Frühling
ins Gesicht –

die Frostgrenze überschreitend
blühe
wachse ich –

wohin?


scarlett, 2007

Max

Beitragvon Max » 06.02.2007, 19:10

Liebe Scarlett,

ganz spontaner erster Leseeindruck: das gefällt mir, das Bild funktioniert.

Vorschlagen würde ich, das Partizip Präsenes "überschreitend" :

Ich überschreite die Frostgrenze
blühe
wachse

zu ersetzen. Auch denke ich, dass die abschließende Frage viel stärker ist, wenn sie sich der Leser selbst stellt, also würde ich sie fortlassen und dadruch hervorrufen :-).

Hab ich gern gelesen

Liebe Grüße
max

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 07.02.2007, 12:56

Hallo Scarlett,
Hallo Max,

ein sehr schönes Bild, da gebe ich Max Recht. Die letzte Zeile würde ich aber lassen, das Gedicht hat so einen anderen Sinn, als wenn sie fehlen würde. Einfach nur wachsen ist das eine, sich selbst Gedanken darüber zu machen, welche Richtung nun nach dem Überschreiten der Grenze eingeschlagen wird, ist etwas anderes - für mich zumindest.

Liebe Grüße
Marlene

Mucki
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Beitragvon Mucki » 07.02.2007, 17:29

Hallo scarlett,

das Bild funktioniert, ja, aber nur, wenn man sich das LI als eine Pflanze und nicht als einen Menschen vorstellt, da mich hier:


pflanzen mir den Frühling
ins Gesicht –


das "pflanzen" stört. Ist zu gärtnerisch. Du meinst aber einen Menschen, nehme ich an. Deshalb würde ich hier ein anderes Wort wählen, das nicht so ablenkt, nicht so "handwerklich" ist.

Die Bindestriche würde ich alle streichen, die braucht dein Gedicht nicht. Und hier:


die Frostgrenze überschreitend
blühe
wachse ich –


aktiver schreiben: vielleicht so?

blühend überschreite ich
die Frostgrenze
wachse

wohin?

Saludos
Magic
P.S. Gehört unter Liebeslyrik, hm?

Niko

Beitragvon Niko » 07.02.2007, 18:54

hi scarlett!
ja, das bild funktioniert. metapher gut durchgezogen....und dennoch. zwei dinge stören mich: lichtworte.....-ich weiß nicht warum, aber ich mag dieses wort nicht. zuviel gehört? ja....daran könnte es liegen. ich kanns dir nichteinmal genau sagen, was und warum mir daran nicht zusagt.
das endende "wohin?" gefällt mir ebenso nicht. zum einen hat es hier (immer nur für mich!!!) keine konkrete aussagekraft. und ein getuntes sprungbrettwort, den leser zum denken anzuregen. das ist nicht nötig. mir persönlich hätte da besser gefallen zb: ich wachse und wachse (ende) das sagt aus und lässt offen.
lieben gruß: Niko

scarlett

Beitragvon scarlett » 08.02.2007, 21:22

Hallo an alle,

entschuldigt bitte, dass eure Kommentare so lang ohne Antwort geblieben sind, ich habe zur Zeit mächtig was um die Ohren und bis Ende März wird sich daran auch nicht viel ändern.

Lieber Niko,

gerade weil du einerseits sagst, dass das Bild funktioniert, die Metapher gut durchgezogen ist, verstehe ich nicht so ganz, wieso dann die Lichtworte stören können - Pflanzen brauchen ja Licht um wachsen und gedeihen zu können, sie sind somit Teil des Bildes, der "Motor" sozusagen für das Ganze.
Ist es also allein das Wort an sich?
Ich kann mich jetzt zumindest bewußt nicht daran erinnern, dieses Bild mal in dieser Art gelesen zu haben, aber das mag nichts heißen.
Du betonst ja, dass es für dich so bekannt daherkommt, und da ist es ja OK.
Ich habe nur leider kein anderes Wort parat, das genau das ausdrückt und im Bild bleibt.

Liebe Magic,

das gesamte Bild ist doch "gärtnerisch" - alle anderen Worte gruppieren sich doch sinn-voll drumherum, um das "pflanzen". Die Redewendung oder der übertragene Gebrauch von "pflanzen" ist doch allgemein üblich, oder irre ich da?

Lieber Max,

das Partizip muss bleiben - es erscheint mir hier angemessen, um die partielle Gleichzeitigkeit der Handlungen (überschreiten, blühen, wachsen...) deutlich zu machen.
Gleiches gilt für das "wohin" -

Liebe Marlene,

genau so, wie du das mit dem "wohin" gesehen hast, genau so will ich es verstanden wissen.
Es macht einen gewaltigen Unterschied in der Gesamtaussage des Gedichtes aus, ob das "wohin" da steht oder nicht. Es geht nämlich nicht um ein gewissermaßen "unkontrolliertes" Wachsen und Blühen, das dem lyrIch einfach so passiert- ( eben so, wie es einem jungen, vielleicht 20Jährigen geshcieht, der sich selten fragt, wohin es gehen soll) - es ist sich bewußt, dass gerade weil die "Frostgrenze" überschritten ist, die Frage nach einem "wohin" erstrecht zu stellen ist (man ist schließlich nicht mehr 20!).

So, ich hoffe, ich habe keinen von euch angesprochenen Aspekt vergessen - vielleicht könnt ihr jetzt, nach meinen Aussagen, den Text auch anders lesen.

Ich danke euch auf jeden Fall ganz herzlich für die Rückmeldungen.

Liebe Grüße von eurer

scarlett

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.02.2007, 22:50

Hallo scarlett,

das gesamte Bild ist doch "gärtnerisch" - alle anderen Worte gruppieren sich doch sinn-voll drumherum, um das "pflanzen". Die Redewendung oder der übertragene Gebrauch von "pflanzen" ist doch allgemein üblich, oder irre ich da?


aber wer ist dann das LyrDu, das die Lichtworte spricht? Die Sonne?
Wenn das Ganze wirklich gärtnerisch sein soll, wird der Leser, oder ich zumindest, dadurch in die Irre geführt, da durch "die Lichtworte", "zu mir sprichst", "ins Gesicht" zu vermenschlicht erscheinen, oder hab ich jetzt deinen Kommentar falsch verstanden? *grübel*.
Saludos
Magic

scarlett

Beitragvon scarlett » 09.02.2007, 06:56

Liebe Magic,

natürlich ist das ganze metaphorisch zu lesen - was ich sagen wollte, ist, dass nicht nur das von dir angesprochene "pflanzen" aus dem "gärtrerischen Bereich" stammt, sondern dass auch der Rest passend zu diesem Bild ist.

Im Endeffekt geht es doch um ein Du, dessen Worte (warm, hell, positiv) im Ich was bewirken, es zum (wieder)Erblühen bringen, nach einer Zeit der Kälte, der Leere oder wie immer man das Auffüllen möchte (die Frostgrenze läßt doch wirklich einiges an Spielraum zu).
Nicht zuletzt kann man durch "Frühling" bzw. "Frostgrenze" nicht allein Jahreszeiten sondern auch Lebenszeiten ablesen, oder?

Kannst du mich denn jetzt verstehen? Ich bin nicht besonders gut im Erklären der eigenen Texte aber ich hoffe, du kannst dieser Spur jetzt folgen. Falls nicht, werde ich es erneut versuchen...ok?

Liebe Grüße in den frühen Morgen,

scarlett

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Beitragvon Mucki » 09.02.2007, 13:49

Hallo scarlett,

genau so hatte ich dein Gedicht verstanden, dein Kommentar hatte mich nur verwirrt,-)
Also doch ein Liebesgedicht, und ein Schönes dazu,-)
Saludos
Magic

scarlett

Beitragvon scarlett » 09.02.2007, 20:25

Liebe Magic,

na dann is ja wohl doch noch alles gut - huch, ich war schon fast am Verzweifeln ;-)

Bleibt allein das Thema "Gedankenstriche" - ich meine, in diesem Fall sind sie gerechtfertigt, habe extra nochmal den Duden "konsultiert" deswegen. Aber letztendlich ist das Ermessenssache.

Merci dir nochmals!

Grüße,

scarlett

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 10.02.2007, 11:44

Liebe scarlett,
die Lichtworte gefallen mir sehr gut - ich habe sie noch nie gehört und habe sie sehr gern gelesen.
Auch die Gedankenstriche gefallen mir, falls die kritisiert wurden (sehe nur dein letztes posting dazu).

Zwei Dinge würde ich vielleicht überdenken: Das von max angesprochene Partizip aus seiner Störrigkeit befreien, wie weiß ich nicht genau ~ 8max Vorschlag gefällt mir nicht)

jetzt fällt mir ein!!

die Frostgrenze überschritten
wachse
blühe ich

wie wäre denn das?

(ich habe wachsen und blühen noch getauscht, weil das chronologischer wäre? oder steckt gar in der umgebkehrten reihenfolge ein Geheimnis? das wachsen ist wichtiger als das blühen? (schönheit NACH vegegativem?)

und aus dem pflanzen, vielleicht ein setzen machen? (letzteres ist aber wieder nur so eine Idee, wo ich wirklich nicht weiß, was besser ist...zu gärtnerisch kommt mir das pflanzen nicht daher, ich kann es schon gut lesen).

Beides Feinschliffvorschläge...vor allem die erste Strophe finde ich ein wunderbar entdecktes Gedicht und die Tragweite des frühlings im Gesicht gefällt mir.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 11.02.2007, 18:28

Liebe Scarlett,

auch wenn ich ahne, dass du an dem "überschreitend" hängst, möchte ich hier nochmal für Lisas Vorschlag plädieren (natürlich mit dem Gedanken, dass es Dein Gedicht ist im Hinterkop).

Liebe Grüße
Max

scarlett

Beitragvon scarlett » 12.02.2007, 14:43

Liebe Lisa, lieber Max

nun habe ich mir das alles wieder und wieder durch den Kopf gehen lassen und muß sagen, daß ich die ganze "Aufregung" ;-) um das Präsenspartizip nicht verstehen kann - wieso ist das "störrisch"?

Ich empfinde es im Gegenteil genau andersrum, es klingt mir viel weicher als sein Bruder, der zudem sowas Einschneidendes hat, das auch dem von mir intendierten Inhalt nicht entspricht.
Das lyrIch überschreitet während ,oder durch die Worte die Frostgrenze, unter diesen Worten vollzieht sich das Überschreiten.
Sorry, ich kann es nicht besser ausdrücken, jedenfalls wollte ich gerade nicht eine Aufeinanderfolge sondern ein teilweises Überschneiden der Aspekte ausdrücken, einen Verlauf.

Mit der Reihenfolge des Blühen bzw. Wachsen hast du natürlich nicht unrecht, liebe Lisa. Rein botanisch gesehen muß eine Pflanze sicherlich erst wachsen bevor sie blühen kann. Ich habe es absichtlich umgedreht, war kein Versehen - zum einen deshalb, weil ich eine gewisse "Anfangsmagie" in der Begegnung lyrIch mit den Lichtworten wollte, (so in dem Sinne: man blüht ja richtig auf, wenn....) andrerseits ist das Wachsen das Wichtigere und Zukunftsweisendere - so die HOffnung des lyrIch, auch wenn es nicht weiß, wohin... (es getragen wird, wohin die Lichtworte führen werden, usw.) und deshalb am Schluß, da es somit mehr Gewicht erhält.
Außerdem, find ich, geht "blühen - wohin" einfach nicht so gut...

Ich hoffe sehr, daß jetzt nicht ich störrisch erscheine, wenn ich diesmal bei meiner Version (Urversion) bleiben werde- ich bin euch sehr dankbar für die geäußerten "Bedenken", Vorschläge usw.- nur so war ich gezwungen, mich intensiv mit diesen Zeilen auseinanderzusetzen, um tatsächlich herauszufinden, was ich eigentlich wirklich wollte und was - diesmal leider - nicht.

Mit ganz lieben Grüßen an euch beide,

eure scarlett

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 13.02.2007, 22:14

Liebe scarlett,
ich finde deine Worte klingen genau richtig - und nicht störrisch. Ich finde es gut :-).

Zu dem umgedrehten: blühen/wachsen - ich hatte das ja auch schon vermutet, dass das nicht unabsichtlich gesetzt ist und dann gefällt es mir in seiner Eigenwilligkeit gut. Ich lese einfach das erwachsen/werden stärker als das kurze, schnell vergehende schöne Blühen.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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