Un-Worte
Un-Worte
Es gibt ja, wie wir alle wissen, diese Unwörter. Nicht unbedingt Unwörter wie: Ich-AG, Insolvenz oder andere dieser öffentlich nominierten und von irgendwelchen Dudenheinies festgelegten Wörter. Es gibt ja auch noch die ganz persönlichen Unwörter, die je nach Wortbenutzer unterschiedlich sind. Langdenker beispielsweise nehmen gerne das Wort "also" als Denkpause. Ein anderer schafft das ganz locker, indem er einfach zur Streckung des Satzes und zur Vollendungsüberbrückung des noch nicht zuende gedachten Gedankens an Worte ein "e" anhängt, welches je nach Dauer und Komplikation des gerade Gedachten ganz kurz oder endlos lange sein kann. Sagt also jemand: icheeeeeeeee weiß noch nichteeeeeee was ich eeeeeee sagen soll, dann können wir davon ausgehen, dass er sagt, was er meint. Ganz anders hingegen sind Menschen, die ihrem Gegenüber auf subtile Weise sagen möchten: "Hey! Ich bin schlau!" Da man so etwas ja nicht von sich selber sagt, geht dieser Denker etwas geschickter vor. Gekonnt baut er dann und wann ein "Ich denke mal" ein. Als Beispiel: „Bei genauem zuhören, denk ich mal, kann ich theoretisch genau spüren, was du meinst“ oder „Ich denke mal, dass ich weiß, was du meinst". Vielfach will man darin eine Unsicherheit erkennen, so nach dem Motto: Ich weiß nicht ,was du meinst. Das jedoch halte ich für abwegig. Vielbenutzer dieses „Ich denk mal“ errichten sich somit zu Lebzeiten ein wahres Denk-mal.
Auch gibt es die Variante, die Selbstsicherheit durchblicken lassen soll. In diesem Fall streut der Sprechende in vollkommen unauffälliger Manier ein gleichsam gleichgültig gesprochenes: "ich sag mal" ein, und schon ist sein Gegenüber gewarnt. Gleichwohl könnte man rein theoretisch darin deuteln, dass der Redner all seinen Mut zusammen nehmen muss und dann gestärkt durch ein "Ich sag mal" wie ein gedachtes “:....Ach ich sag das jetzt mal einfach so......“ den Sprung in die Konversation schafft.
Dieses sind die Worte, die so ein jeder braucht im privaten Bereich. Oops...und schon sind wir bei dem Wort, auf welches ich eigentlich hinaus wollte: BEREICH Dieses Wort steht für mich als Begriff für: Umgebung, Umfeld. Also für nichts genaues. Aber wenn man mal genau hinhört - auch wenn man nicht genau hinhört - fällt einem auf, dass dieses Wort zwar kaum merklich, aber dennoch energisch um sich greift. Mal hier ein Bereich, dann da wieder einer. Und auf einmal ist die ganze Welt nur noch ein Bereich. Man könnte es auch als Ablösung für „Zone“ bezeichnen. Entweder war das Wort „Zone“ zu klar umrissen, oder es hat mit der jüngsten deutschen Geschichte zu tun, das dieses Wort durch den im Grunde gegensätzlichen Begriff "Bereich" abgelöst wurde. Mittlerweile hat dieses Wort schon bei den Ämtern Einzug gehalten. Und auch bei den Ärzten. Ich sitze jetzt nicht mehr im Wartezimmer, logischerweise auch nicht mehr in der Wartezone sondern im Wartebereich. Naja...... und wie oft passiert es dann - seien wir mal ehrlich - dass ein netter Beamter, der sonst so knapp aber bestimmt sagte :“Für diesen Fall bin ich nicht zuständig“ nunmehr sachlich und dennoch verbindlich verlauten lässt: „Dieser Fall fällt nicht mehr in meinen Zuständigkeitsbereich.“ Daran erkennt man deutlich, dass auch und gerade die Beamten die Sprache des Volkes sprechen. Wahrscheinlich sind spezielle Schulungen für Beamte eingerichtet, die vermitteln sollen, dass der Bürger mittels der Sprache unter Berücksichtigung der jeweiligen Obliegenheiten im Amtsbereich gezielter zu erreichen ist.
Auch im Privaten gibt es jetzt Bereiche: Gefühlsbereich, Schlafbereich, Wohnbereich, im Bad den Waschbeckenbereich, im Vorgarten den Parkplatzbereich, den Konfliktbereich und den Ehebereich. Wenn es gut meinende Freunde fragen: " Wie geht´s dir denn so? Auch im Ehebereich alles im grünen Bereich?" dann kommt vielleicht als Antwort: "Naja..... Im lebenstechnischen Bereich geht es, der Gefühlsbereich ist etwas im Argen. Und vom sexuellen Bereich mal ganz abgesehen..." Es ist dann zwar vielleicht nicht alles im grünen Bereich, aber immerhin im Bereich. Also im „Sprachbereich" ist das Wort Bereich mitnichten eine Bereicherung. Eher im Gegenteil.
Toppen kann man das ganze noch mit einem Wort, dass - ähnlich wie Bereich - eher undeutlich macht, nichts aussagt. Am schlimmsten natürlich in Kombination mit dem Wort Bereich. Es ist das Wort: "bestimmt". Im Gegensatz zum eigentlichen Sinne ein vollkommen unbestimmendes Wort. Zu gebrauchen dann, wenn man etwas ganz deutlich sagen will, aber im Grunde nicht weiß, wovon man redet. Denn auf Nachfrage bleiben die Benutzer dieses Wortes nur allzu oft eine Antwort schuldig. Beispiel: Das Kind benimmt sich im "zwischenmenschlichen Bereich" mal wieder voll daneben. Da kommt der Ernährer auf den Plan und sagt: "Es gibt bestimmte Regeln (im Zwischenmenschlichen Bereich) an die man sich zu halten hat." Wobei "man" ja auch ein Unwort ist. Wer ist dieser "man" ? Man ist doch nicht ich?... Aber das ist wieder ein ganz anderes Kapitel....
Es gibt bestimmte Regeln. Aha. Natürlich fragt der Kurze nach.... Nichts. Daddy schweigt. Wie kann auch ein Kind einher kommen und "bestimmte Regeln" hinterfragen!!! Schließlich müssen die ja mal irgendwann bestimmt worden sein...
So ist das mit den Unwörtern in unseren Tagen. Ich freue mich schon jetzt auf neue Kreationen, die das Leben nicht leichter, aber dafür wenigstens umständlicher machen.
So. Im Schreibbereich war ich jetzt eine gewisse Zeit tätig und ziehe mich jetzt für bestimmte Dinge in meinen Wohnbereich zurück. Ich denke, icheeeee hab also jetzt auch genug geschrieben. Sag ich jetzt mal einfach so.....
Unworte
Lieber Niko,
das ist vergnüglich zu lesen, doch leider bist du damit ein wenig spät dran.
Sebastian Sick, (Zweiebelfisch/ Spiegelkolumne) hat in seinem Buch, "Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod, genau dieses Pänomen ab Seite 148 beschrieben. (Sein Text ist aus 2003)
Tut mir leid, dass ich dich darauf so brutal hinweisen muss.
Aber leider eine Tatsache.
Das zeigt wieder, wie schwer es ist, gerade in diesem Genre au jour zu sein, soll heißen Spachusancen zu karikieren, die nicht schon gerade jemand anders in der Mangel hatte.
Liebe Grüße
Gerda
das ist vergnüglich zu lesen, doch leider bist du damit ein wenig spät dran.
Sebastian Sick, (Zweiebelfisch/ Spiegelkolumne) hat in seinem Buch, "Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod, genau dieses Pänomen ab Seite 148 beschrieben. (Sein Text ist aus 2003)
Tut mir leid, dass ich dich darauf so brutal hinweisen muss.
Aber leider eine Tatsache.
Das zeigt wieder, wie schwer es ist, gerade in diesem Genre au jour zu sein, soll heißen Spachusancen zu karikieren, die nicht schon gerade jemand anders in der Mangel hatte.
Liebe Grüße
Gerda
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
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Stimmt Gerda, es klingt stellenweise nahezu abgeschrieben. Speziell der Bereichsbereich. Aber auch zu den Füll-und Blähwörtern gibt es einen Aufsatz von Sick. Ich find ihn grad nicht. Es gibt ja inzwischen drei Bände von ihm.
NJ, kennst du die Texte von Sick echt nicht? Die Ähnlichkeit ist frappierend.
Tom
NJ, kennst du die Texte von Sick echt nicht? Die Ähnlichkeit ist frappierend.
Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
hi zusammen!
nein, das buch, so bekannt es ist, kenne ich nicht. ehrt mich ja, so nah an bestsellerautoren heranzuschreiben *g
ich schwöre, dass ich das wirklich nicht wusste!
lieben gruß: Niko, ziemlich verblüfft. der wird doch wohl nicht bei mir abgeschrieben haben?!?!?!?!?!) wenn´s zu urheberrechtlichen bedenken führen könnte, ...........soll ich ihn entfernen? (das würd mich ja noch mehr ehren!!!) ich fürchte, ich muss das buch dann doch mal lesen. oder die drei.
nein, das buch, so bekannt es ist, kenne ich nicht. ehrt mich ja, so nah an bestsellerautoren heranzuschreiben *g
ich schwöre, dass ich das wirklich nicht wusste!
lieben gruß: Niko, ziemlich verblüfft. der wird doch wohl nicht bei mir abgeschrieben haben?!?!?!?!?!) wenn´s zu urheberrechtlichen bedenken führen könnte, ...........soll ich ihn entfernen? (das würd mich ja noch mehr ehren!!!) ich fürchte, ich muss das buch dann doch mal lesen. oder die drei.
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
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Dann wärs zeitgleich...nein falsch...gleichzeitig gewesen. Der erste Band ist von 2004. Es gibt aber inzwischen kaum noch ein Falschsprech-Phänomen, das von Sick nicht bearbeitet wurde.
Guckmal spiegel-online unter Kultur unter Zwiebelfisch. Da gibts auch die Kolumne zu den Floskeln und Füllseln, leider bezahlpflichtig... andere kosten aber nix...
Ich wollte schon so oft ein Sprachfänomän beschreiben, aber es gibt alles schon... und nebenbei macht er das wirklich kenntnisreich und gut...der Fisch ist gelutscht, EnJay.
Guckmal spiegel-online unter Kultur unter Zwiebelfisch. Da gibts auch die Kolumne zu den Floskeln und Füllseln, leider bezahlpflichtig... andere kosten aber nix...
Ich wollte schon so oft ein Sprachfänomän beschreiben, aber es gibt alles schon... und nebenbei macht er das wirklich kenntnisreich und gut...der Fisch ist gelutscht, EnJay.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
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...besser als'n gefischter Lutsch.
Naja, lies einfach die Sachen von Sick, und entscheide selbst...
Dann mach' aber wenigstens solange aus den Dudenheinies normale Heinis. Das ist ein Foppas, da weder deutsche noch anglophone Wörter in den 'ies'-Plural versetzt werden. Einfaches Plural-s genügt ebenso, wie es richtig ist.
Tom
Naja, lies einfach die Sachen von Sick, und entscheide selbst...
Dann mach' aber wenigstens solange aus den Dudenheinies normale Heinis. Das ist ein Foppas, da weder deutsche noch anglophone Wörter in den 'ies'-Plural versetzt werden. Einfaches Plural-s genügt ebenso, wie es richtig ist.
Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
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Isch weißß, cherie....
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Lieber Niko,
tja, was soll ich sagen, Tom hat alles Notwendige geschrieben und mit mit nettem Beiwerk ausgeschmückt..gif)
Zwar ist man ernüchtert ob der Tatsache, dass der Kerl (Bastian Sick) kaum was auslässt, man hierdurch so ziemlich aller Möglichkeiten beraubt ist, ähnlich wie du es gemacht hast noch einzelne Worte und Begriffe des gegenwärtigen Sprachgebrauchs zu glossieren, aber die Kenntnisse, die man sich beim vergnüglichen Lesen, dieser Bücher, (es sind keine Wälzer) fast nebenbei aneignet, bringen einen vieleicht dann doch auf andere schreibideen.
Es nützt ja nix, den Kopp in den Sand zu stecken.
Liebe Grüße
Gerda
tja, was soll ich sagen, Tom hat alles Notwendige geschrieben und mit mit nettem Beiwerk ausgeschmückt.
.gif)
Zwar ist man ernüchtert ob der Tatsache, dass der Kerl (Bastian Sick) kaum was auslässt, man hierdurch so ziemlich aller Möglichkeiten beraubt ist, ähnlich wie du es gemacht hast noch einzelne Worte und Begriffe des gegenwärtigen Sprachgebrauchs zu glossieren, aber die Kenntnisse, die man sich beim vergnüglichen Lesen, dieser Bücher, (es sind keine Wälzer) fast nebenbei aneignet, bringen einen vieleicht dann doch auf andere schreibideen.
Es nützt ja nix, den Kopp in den Sand zu stecken.
Liebe Grüße
Gerda
nö......ich steck nicht den kopf in den sand. finds nur für alles schade, womit man sich beschäftigt hat, was einem irgendwie am herzen liegt und dann doch nur für die tonne geeignet ist. denn egal wem ich es zeigen würde: jeder würd mich auf die ähnlichkeit hinweisen. und sowas ist auf dauer bestimmt nervig.
mein schwerpunkt ist eh die lyrik, von daher kann mich ein fehlschlag in der poesie nicht groß kratzen.
liebe grüße ins wochenende: Niko
mein schwerpunkt ist eh die lyrik, von daher kann mich ein fehlschlag in der poesie nicht groß kratzen.
liebe grüße ins wochenende: Niko
^mein schwerpunkt ist eh die lyrik, von daher kann mich ein fehlschlag in der poesie nicht groß kratzen.
Über diesen Satz muss ich grinsen, Niko ... Ich will doch hoffen, dass es kein Freudscher Verschreiber war!
Mein Schwerpunkt ist das Geschichtenschreiben, ein Fehlschlag in der Prosa ist mir deshalb schnuppe.
Nachtgruß
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
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