Dämmerung

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Max

Beitragvon Max » 29.01.2007, 22:13

Version 6 (auch meine neue Lieblingsversion)


Dämmerung


Himmel schlüpfen ins sternlöchrige Nachtgewand
Wellen setzen ihre Lichtkronen ab
Strandhafer wispert Schlaflieder
Farben verebben

Der Tag atmet aus


Version 5 (meine neue Lieblingsversion mit Vorschlägen von Carl)


Dämmerung


Himmel schlüpfen ins sternlöchrige Nachtgewand
Strandhafer wispert Schlaflieder
Wellen setzen ihre Lichtkronen ab
Farben verebben

Der Tag atmet
aus



Version 4

Dämmerung

Der Himmel schlüpft ins sternlöchrige Nachtgewand
Strandhafer wispert Schlaflieder
Farben ebben ab

Der Tag atmet aus



Version 3

Dämmerung

Der Himmel schlüpft ins sternlöchrige Nachtgewand
Strandhafer wispert Schlaflieder
Wellen setzen ihre Lichtkronen ab
Farben ziehen sich ebbend zurück

Der Tag atmet aus



Version 2:

Dämmerung

Der Himmel schlüpft ins sternbestickte Nachtgewand
Der Strandhafer wispert Schlaflieder
Die Wellen setzen die Lichtkronen ab
Die Farben ziehen sich ebbig zurück

Der Tag atmet aus




Version 1:

Dämmerung

Der Himmel schlüpft ins sternlöchrige Nachtgewand
Der Strandhafer wispert Schlaflieder
Die Wellen setzen die lichtgischtigen Kronen ab
Die Farben ziehen sich ebbig zurück

Der Tag atmet aus
Zuletzt geändert von Max am 01.02.2007, 19:28, insgesamt 8-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 29.01.2007, 22:21

hallo max!
im grunde ein schönes und gelungenes stimmungsbild, mit ein paar kreativen neuschöpfungen. was ja immer begrüßenswert ist. "sternlöchrig" kann ich allerdings weder gedanklich noch emotional umsetzen und somit ist es für mich wertlos.
der zungenbrecher "lichtgischtigen" (versuch das mal in der hörbar zu lesen. 10x mal hintereinander bitte! und schnell :-) ) hingegen gefällt mir.
rein sprachflusstechnisch dachte ich bei mir, dass es schöner klänge, das "die" vor farben zu streichen.

insgesamt aber gefällt mir dat dingen juuut, max! fühlte beim lesen ein wenig an der westjütländischen dänischen küste.....
lieben gruß: Niko

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leonie
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Beitragvon leonie » 29.01.2007, 22:38

Lieber Max,

mir gefällt das von den Bildern und vor allem den Wortschöpfungen auch gut (hm sternlöchrig ist allerdings gewöhnungsbedürftig, löchrig klingt für mich doch recht negativ, während das Bild sehr positiv ist), aber ich finde die Umsetzung ziemlich "sachlich". Ich denke, dieser Eindruck entsteht bei mir durch den immer gleichen Satzbau. Also von mir aus dürfte es einen Tick romantischer sein, was in diesem Fall bedeutet, etwas "ausgestalteter", länger vielleicht sogar...(Du weißt, dass ich normalerweise immer für "kürzer" plädiere!).
Und: Nachtgewand ohne "t".

Das klingt negativer als es sein soll...
Wenn es so sachlich bleiben soll, würde ich zumindestens am Schluss vorschlagen: ausatmender Tag, um die Form einmal zu durchbrechen.

Liebe Grüße

leonie, die auch dank Deiner Worte ein Weilchen in Dänemark war

Herby

Beitragvon Herby » 29.01.2007, 23:50

Lieber Max,

Tageszeitengedichte und besonders über solche über Dämmerung / Abend / Nacht lese ich besonders gerne, daher lockte mich der Titel Deines Textes an. Als jemand, der sich mit der Kreation von Neologismen schwer tut, bewundere ich zum einen Deine Sprachkreationen, zum anderen wirken sie auf mich etwas erschlagend angesichts ihrer Fülle in dem kurzen Gedicht. Besonders gewöhnungsbedürftig finde ich Dein „lichtgischtig“, hier stört mich einfach der Sprachklang, die Wortmelodie.

Womit ich noch kämpfe ist der Satzbau Deines Textes, der für mich weniger Ruhe (wie es der Titel und vor allem der Schlussvers eigentlich vermuten lassen) als viel mehr Monotonie verströmt. Doch ich vermute, dass Dir dies auch schon beim Schreiben bewusst war und bin gespannt, ob du was dazu sagen magst.

Insgesamt lässt mich Dein Gedicht noch zwiespältig zurück. Die Grundidee sagt mir sehr zu, bei der Ausgestaltung knabbere ich an den beiden oben genannten Punkten.

Liebe Grüße
Herby

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.01.2007, 23:53

Hallo Max,

ein schönes Bild hast du geschaffen:)

"sternlöchrig" würde ich ersetzen durch ein positives Bild. Vielleicht "besternte".
Nachtgewand ohne t, aber das hat leonie ja schon angemerkt. "lischtgischtigen" ist wirklich ein Zungenbrecher *g*. Das Wort finde ich aber klasse, überhaupt die ganze Stimmung, die beim Lesen entsteht. Durch den durchgängigen Stil mit dem Der und Die vorne setzt so eine gewisse Ruhe ein. Der Schlusssatz gefällt mir ausgesprochen gut!
Saludos
Magic

Max

Beitragvon Max » 30.01.2007, 09:35

Lieber Niko, liebe Leonie, liebe Magic, lieber Herby,

habt Dank für Eure Kommentare. Die kritisierten Wörter "lichtgischtig" und "sternlöchrig" (dabei ist mir "besternt" allerdings zu Kantisch, auch wenn der "bestirnt" gesagt hat) versuche ich mal zu ersetzen. Der Schlusssatz muss aber so bleiben, sonst geht das gedicht für mich nicht auf.

Liebe Grüße
Max

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 30.01.2007, 10:05

Hallo Max

Ja, das ist klarer, klingt nicht so umständlich.

Der letzte Satz sollte meiner Meinung nach bleiben, da stimme ich Dir zu.

Ich hatte überlegt, ob nicht auch das ginge:
"Die Farben ziehen sich mit der Ebbe (oder in die Ebbe) zurück"
aber Ebbe hast Du ja nicht nur nachts :rolleyes:

Schön geworden

Jürgen

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leonie
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Beitragvon leonie » 30.01.2007, 10:19

Lieber Max,

ja, das finde ich so viel schöner, vor allem das "sternenbestickt". TTrotzdem würde mich interessieren, warum Du den immer gleichen Satzbau verwendest: Um dieses "Abendruhe" zu vermitteln? Dann würde ich Dir vorschlagen, den einen Artikel in Vers 3 auch noch wegzulassen, wie Du es in den anderen Versen ja auch tust, also nur "Lichtkronen," statt "die Lichtkronen".

Besonders gefällt mir übrigens:

"Die Farben ziehen sich ebbig zurück". Das trifft es für mich haargenau, diese Zeit, nachdem die Sonne untergegangen ist und die ich besonders am Meer besonders liebe...

Liebe Grüße

leonie

carl
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Beitragvon carl » 30.01.2007, 15:01

Hallo Max,

ich würde gerne eine Lanze für das Bild vom sternlöchrigen Nachtgewand brechen! Für das Bild, "sternlöchrig" könnte man meinetwegen durch "sterngelocht" , "sterndurchlöchert", "sterngestanzt" oder ähnliches ersetzen!
Bei mir entsteht die Vorstellung, der helle Taghimmel zöge sein samtblaues Nachthemd über, durch dessen Löcher er dann noch durchscheint!
Ein fast schon erotisches Bild...
Unsere Ladies ziehen ja auch gerne mal löchrige Jeans an um etwas Haut zu zeigen.
Zu Zeiten, als man noch Nachtgewänder trug, ein skandalöses Verhalten!
Nicht meine Meinung, ich empfinde es eher als Hingucker! Nicht nur Leonie oder Magic im löchrigen Nachtsuit ;-) sondern Deine Dämmerungs-Schönheit.
Im Ernst: "sternbestickt" ist eher etwas bieder...
Die Gischt finde ich unverzichtbar, und sie trägt ja schon das Weiße und das "i..cht" des Lichts in sich.

Die Wellen setzen die Gischtkonen ab
Die Farben ebben ab

Der Tag atmet aus

Toll, Carl

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 30.01.2007, 15:40

Lieber carl,

jaaa...du sagst es! So habe ich sternlöchrig auch gelesen, für mich ist das eben originell und gelungen, weil es das Himmelbild umkehrt, nicht viel schwarz mit ein wenig Licht, sondern (und darum so passend bezüglich der Dämmerung) nach und nach kommen die Sterne wie Löcher entstehen (und ein Stern am Himel sieht ja auch aus wie ein Loch im Himmelszelt).

Jetzt wirds aber noch schlimmer, das sternbestickt gefällt mir auch :icon_redface2: , es schmeckt schon sehr angenehm mit dem Nachtgewand(t)<--das schreibe ich auch immr mit t, sehr gut, das hast du sicher von mir ;-).......

Überhaupt mag ich jedes einzelne Bild dieses Textes sehr gern...worin ich mich anschließe ist leonies Kritik hinsichtlich des einheitlichen Satzbaus, das klingt etwas entgegen der Stimmung, besonders kommt das durch die vielen Artikel glaube ich.

Aber auch da muss ich nochmal diesen smiley benutzen: :icon_redface2: , denn daran bin wohl ich Schuld. Ursprünglich war das Gedicht etwas länger 2 verse?) und ich hatte diese vor schon langer Zeit mal bemängelt und max hat sie gestrichen. Wir wissen nun beide nicht mehr, wie die überhaupt original hießen, glaube ich. Ich fand sie nicht stark genug, aber der Aufbau stimmt so gekürzt nicht mehr, da stimme ich leonie zu.

Aber wie könnte man das ändern ohne die Bilder zu ändern? Artikel weglassen geht nicht so einfach...und das Ende gehört so, finde ich...

Der Himmel schlüpft ins sternbestickte Nachtgewand
Strandhafer wispert Schlaflieder
Wellen setzen ihre Lichtkronen ab
Farbe für Farbe zieht sich ebbig zurück

Der Tag atmet aus


Das ist sicher noch nicht fertig gefeilt...man könnte den zweiten Vers umformulieren, um die Textform in sich aufzulockern, indem man den Strandhafter jemanden in den Schlaf wispern lässt (wen müsste freilich noch überlegt werden, die Dünen?), aber so gefällt mir der Bezug zum Ich, das mitten unter diesen Dämmerungsaktivitäten ist...

Wenn man den Text ein paar Mal liest, habe ich das Gefühl, man kommt auch seiner jetzigen Form näher und empfindet den Aufbau als weniger starr, sondern als genau so, wie eine Dämmerung am Meer ist...vier Einzelblicke, die nacheinander ins Auge wandern...

Ich finde diesen Text sehr wortreich und zart.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Beitragvon annette » 30.01.2007, 16:06

Lieber Max,

ich hatte den Text gestern abend schon gelesen und mich gleich in das "sternlöchrig" verliebt.
Ich verstehe es so wie Carl: Der Himmel wirft sich sein dunkles Abendgewand über - das hat er schon so lange, dass es sehr löchrig geworden ist und überall ein kleines bisschen Tag durchblitzt.
"Sternenbestickt" ist auch schön, aber nicht so ungewöhnlich und neu.

Was mir nicht so gut gefällt ist das "ebbig". Es klingt für mich einfach nicht so gut. Ich würde wohl so etwas sagen wie: "Die Farben ebben schließlich ab" - aber dann hast Du zweimal "ab" am Ende einer Zeile hintereinander, also auch nicht optimal.

Was ich eigentlich sagen wollte: Wunderbar stimmungsvoller Text, gefällt mir sehr!

Gruß, annette

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Beitragvon leonie » 30.01.2007, 16:35

Hallo alle,

ja, ich hatte das sternlöchrig auch so verstanden wie carl, aber der Begriff "löchrig" lässt mich zuerst sehr an mottenzerfressen, muffig, etc. denken, bevor ich etwas schönes assoziieren kann. "Sterndurchlocht"? , auch nicht wirklich schön...
Statt "ebbig" könnte ich mir vielleicht noch "ebbend" vorstellen. Ich mag dieses Bild und ich finde das "ziehen sich zurück" sollte unbedingt bleiben. Denn genauso ist es!

Liebe Grüße

leonie

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Beitragvon annette » 30.01.2007, 18:12

leonie hat geschrieben:Statt "ebbig" könnte ich mir vielleicht noch "ebbend" vorstellen. Ich mag dieses Bild und ich finde das "ziehen sich zurück" sollte unbedingt bleiben. Denn genauso ist es!


Ja, da hast Du recht.
Vielleicht
"die Farben ziehen sich zur Ebbe zurück"
oder
"die Farben ziehen sich von der Flut zurück"
oder
"die Farben ziehen sich mit dem Meer zurück"

Schwierig.
Gruß, annette

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Beitragvon leonie » 30.01.2007, 18:24

An ebbig oder ebbend zurückziehen finde ich gut, dass eindeutig ist, dass die Farben das Subjekt sind und sie abebben.
Ich glaube, bei Deinen Varianten, annette, würde bei mir zunächst eine Irritation darüber entstehen, was denn da jetzt genau passiert. Bei max Formulierung ist das Bild unmittelbar da, das finde ich die Stärke daran.
Spannend, dieses Feilen, ich bin sehr gespannt, was max selbst dazu sagt und wie er sich entscheidet.

Liebe Grüße

leonie


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