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Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Klara
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Beitragvon Klara » 20.12.2006, 13:22

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Zuletzt geändert von Klara am 17.06.2007, 15:22, insgesamt 3-mal geändert.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 21.12.2006, 17:50

Gefällt mir ausgezeichnet. Besonders die Gedanken und die Vorbereitung vor dem Umtausch.
Vielleicht könnte man dem Assipärchen noch eine Bedeutung in dem Text geben. Das Schielen in den Geldbeutel war ja schon ein bisschen indiskret! Das Murmeln der Frau genial!

„Wenn man Verkäufer ist, muss es noch grässlicher sein“, sage ich später unvermittelt in die Runde am Abendbrottisch.
„Was denn?“, will die Große wissen, ausnahmsweise ohne Meckerunterton.
„Ach, alles. Das Leben. Die Welt.“ Ich habe keine Lust zu erklären und beiße ein großes Stück Brot ab, damit ich was zu kauen habe.
Sie guckt mich nur ausdruckslos an.
Den Trick hat sie von mir.
Dann fragt sie: „Gehst du morgen mit mir shoppen?“
Den Teufel werde ich tun.


Find ich überflüssig … aber, ich weiß, du magst "Ausgeplänkel"

LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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noel
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Beitragvon noel » 21.12.2006, 18:16

ola klara
ein paar nölereien


dieser satz sperrt
sich mir
weil du deiner detailliebe erliegst

Ich stehe in der kurzen Schlange vor der Kasse neben der Rolltreppe, während mir das künstliche gelbe Licht zusammen mit dem Schweiß von der Stirn in die Augen tropft und


bedarf es "neben der rolltreppe"? was bringt mir dieses detail an informationen. bedarf der text dieser informationen? bringt es mehr gefühl in bewegung?

künstlich & gelb, muss beides dort stehen?
ist die stirne wichtig?

vor
_schlag:

Ich stehe in der kurzen Schlange vor der Kasse , während mir das künstliche Licht zusammen mit dem Schweiß in die Augen tropft und

feine umschreibung :)
Altherrenschweiß an sauer ungewaschener Dame.


Sie ist größer als er, ihr Gesicht eine weite zerklüftete Fläche, die regelmäßig mit Alkohol begossen wird; ihre Haare sind schütter, graubraun, und fallen ihr in fettigen Strähnen um den Hals. Ihr Begleiter hat weniger und noch grauere Haare; die Hose aus grobem Stoff in derselben Farbe schlottert ihm um die Beine. Er murmelt halblaut, senkt seinen Kopf auf und ab wie ein Perpetuum Mobile in einem immer währenden Nicken, während sie spricht. Beide sind völlig ineinander und in ihr Tagwerk versunken. Endlich entschließt sie sich und legt die braune wattierte Steppjacke in Größe XL mit Kunstfellkragen auf den Verkaufstisch.


hier sind mir manche worte zu aufdringlich. du hast ein feines auge & durch deine details, deine mikroskopische schreibe offen
_barst du schon viel ohne aufdringlichkeit
"begossen wird"
"schlottert"
sind mir obsolet

„Ich mag die Jacke nunmal“, sagt sie, ohne die Information an jemand Bestimmten zu richten, und es klingt wie ein schlecht parodiertes „Man gönnt sich ja sonst nix“.


auch hier beadrf dein fein umschriebener text der ausschnitt "ein schlecht parodiertes" ist vollkommen über
_flüssig mir : ]„Ich mag die Jacke nunmal“, sagt sie, ohne die Information an jemand Bestimmten zu richten, und es klingt wie „Man gönnt sich ja sonst nix“.


die wendung zum abendbrot, zum selbstgespräch der reflektion finde ich gelungen

noel
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 05.01.2007, 16:33

Liebe Klara,
guter Text und erschreckend nahe dran an meinen C&A Erfahrungen zu Schulzeiten, ich bin sicher dieses Pärchen bucht regelmäßig Städtereisen und klappert die C&A's deutschlands ab, ich hab die nämlich auch schon mal gesehen. Auch das Umtauschgefühl kenne ich nur zu gut (ehrlich gesagt tausche ich daher oft auch nichts um, wenn ich mal Kinder habe, ändert sich das aber sicher ;-)).
Da sind klasse Sätze drin und der Aufbau stimmt auch (soll heißen mir gefällt das Ausgeplänkel), ich kann das einzeln gar nicht aufzählen.

Was mir noch aufgefallen ist (hoffentlich nicht schon erwähnt):

Heute steht da nur ein großer, schlanker Mann im lässig karierten Hemd hinter der Kasse. Er trägt einen bunten dünnen Schlips, aber ich schöpfe Hoffnung.

Das aber verstehe ich nicht, müsste es nicht gerade ein und sein (oder zwei sätze ohne Konjunktion draus machen), weil ja gerade nicht die renovierungsbedürften damen hinter der kasse stehen?

Super text, den ich gerne mal in der Sonntagskolumne sehen würde, ich empfehle ihn mal Tom! :daumen:

Liebe Grüße, danke für das Erheitern ;-)
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 05.01.2007, 22:33

Liebe Klara,

als Kundin, die bei jedem Umtausch rote Ohren hat, mag ich diesen Text.

Mir sind zwei Sätze aufgefallen:
Vor mir warten zwei, die nicht so aussehen, als wenn sie genug Geld hätten, sogar für C&A,


... ich bin wohlgemerkt nicht sicher, aber sollte es nicht "nicht mal für C&A" heißen? (Herrgott, habe ich eben das & auf der Tastatur gesucht %$$§ ... :eek: )

Wie er mühsam dran schluckt, was man mit 100 Euro alles hätte anstellen können...

Dafür ein großes Kompliment. Unaufdringlich wird vermittelt, was er vermutlich gern mit den 100 Euro angestellt hätte.

Übrigens bin auch ich der Ansicht, dass die Zeile mit "er wünscht mir einen schönen Tag" einen knackigeren Schluss abgäbe, als es jetzt der Fall ist.

Wenn ich das richtig verstehe, hast Du Deiner Tochter rosa Stiefel gekauft? Na, damit sollte ich meinen beiden mal kommen.

lG Zefira, geteert und gefedert :pfeifen:
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

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leonie
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Beitragvon leonie » 05.01.2007, 23:24

Ach, kann ich das gut verstehen, Klara. Wenn das Teil irgendeinen Makel hat, dann geht es ja noch, dann fühlt man sich nicht ganz so schlecht. Aber nur, weil es nicht passt oder nicht gefällt....
Du hast das sehr treffend beschrieben.
Ich finde, der jetzige Schluss hat auch was. Ich kann das auch gut nachvollziehen, dass das LyrIch sich sogar noch in den Verkäufer hineinversetzt und damit Unverständnis erntet. Mir gefällt der Schluss!

Liebe Grüße

leonie

Klara
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Beitragvon Klara » 07.01.2007, 21:56

Hallo Zefira,

du hast Recht, es muss "nicht mal für C&A heißen, danke für den Hinweis, das ändere ich sofort :-)
Wenn ich das richtig verstehe, hast Du Deiner Tochter rosa Stiefel gekauft? Na, damit sollte ich meinen beiden mal kommen.

Du verwechselst das Erzähler-Ich mit dem Autoren-Ich... ;-)
Sei nicht böse, wenn ich dein freundlich gemeintes off topic jetzt als Anlass benutze zu betonen:
Insbesondere scheinbar authentische Texte sind keinesfalls "authentisch". Darauf bestehe ich vehement! Selbst wenn man abbildet (was ja langweilig wäre), wird jeder Text Fiktion schon dadurch, dass er Text wird.
Ich, Klara, stehe hier nirgendwo zur Debatte, außer vielleicht ein klein wenig in PNs, philosophischen Debatten, off-topics, aber nicht in den Topics.

Danke, Leonie, für dein Lesen und deinen Zuspruch für den Schluss.

LG
Klara

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.01.2007, 22:02

Liebe Klara,

sei nicht böse, wenn ich dein freundlich gemeintes off topic jetzt als Anlass benutze zu betonen:
Insbesondere scheinbar authentische Texte sind keinesfalls "authentisch". Darauf bestehe ich vehement! Selbst wenn man abbildet (was ja langweilig wäre), wird jeder Text Fiktion schon dadurch, dass er Text wird.
Ich, Klara, stehe hier nirgendwo zur Debatte, außer vielleicht ein klein wenig in PNs, philosophischen Debatten, off-topics, aber nicht in den Topics.


Dem möchte ich zustimmen und mich anschließen (auch mich selbst betreffend), wo ich schon mal die gelegenheit dazu habe. Ich hoffe, meine Verweise darauf, dass ich das im text vorkommende sehr gut für meine person anchvollziehen kann, ist nicht falsch rübergekommen. Es ging mir darum, dass ich mich gut damit identifizieren kann.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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Klara
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Beitragvon Klara » 07.01.2007, 22:05

Hallo Lisa,

Ich hoffe, meine Verweise darauf, dass ich das im text vorkommende sehr gut für meine person anchvollziehen kann, ist nicht falsch rübergekommen. Es ging mir darum, dass ich mich gut damit identifizieren kann.

Keine Sorge, sonst hätte ich schon früher mein Statement gebracht ,-)

LG
Klara

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 08.01.2007, 11:57

Liebe Klara,

das ist mir natürlich klar wie Klara ;-) , es war sozusagen ein Kommentar auf Metaebene.

(Ich empfinde es beim eigenen Schreiben immer als befreiendes Element, ein Erzähler-Ich richtigen Blödsinn machen zu lassen. )

Zefira
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(Ikkyu Sojun)

Max

Beitragvon Max » 08.01.2007, 17:40

Liebe Klara,

ich habe die Geschichte im ganzen gerne gelesen und fand sie gut beobachtet.

Zwei kleine kritische Anmerkungen habe ich trotzdem. Zum einen missfällt mir der Satz

Manchmal sind die bei C&A so pampig; da gibt es pummelige Verkäuferinnen mit aufgeschwemmten Gesichtern, notdürftig mit Lippenstift und Puder renoviert. Heute steht da nur ein großer, schlanker Mann im lässig karierten Hemd hinter der Kasse.


(naja, der erste der beiden ;-) ). Mir scheint das, was hinter dem Semikolon steht völlig ohne Zusammenhang zu dem, was davor steht (als könnten nur pummelige Verkäuferinnen pampig sein ;-) ... ich kann es auch :-) ) und vor allem zur Vorbereitung des folgenden Satzes zu dienen.

Die zweite kritische Anmerkung betrifft die Stelle
„Ich mag die Jacke nunmal“, sagt sie, ohne die Information an jemand Bestimmten zu richten, und es klingt wie ein schlecht parodiertes „Man gönnt sich ja sonst nix“.


Hier bin ich ähnlich wie Noel der Meinung, dass der Nachsatz eigentlich überflüssig ist, zumal, wenn ich die Stelle richtig verstehe der Satz
"Ich mag die Jacke nunmal“,


ja nicht als eine Parodie auf "man gönnt sich ja sonst nix" gemeint ist, sondern eben genau so ....

Ansonsten -wie gesagt - habe ich die Geschichte sehr gerne gelesen, hat mich an so manch verhassten Einkauf erinnert :-)

Liebe Grüße
Max

Klara
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Beitragvon Klara » 08.01.2007, 20:24

Hallo,
danke Max,
Du hast mit beidem Recht.
Ich ändere .-)
LG
k

Nifl
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Beitragvon Nifl » 09.01.2007, 19:25

"Ich mag die Jacke nunmal“,

neiiiiiin, ich flehe dich an … nicht ändern. Das ist für mich der stärkste Strich der Zeichnung … absolut authentisch und passt sooooo wunderbar … genau der Ton, den diese Figur braucht. (ich habe sofort ihre Stimmlage im Ohr und sehe ihre Gestik)
Für mich ist das kindlich Trotzige auch sehr wichtig und legt eine ganze Serie von Verhaltensmustern offen… ich kann beinahe anhand des Satzes bestimmen, wie viel Promille sie gerade intus hat. Für mich ein absoluter "Milieutreffer" …
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Max

Beitragvon Max » 09.01.2007, 20:15

neiiiiiin, ich flehe dich an … nicht ändern. Das ist für mich der stärkste Strich der Zeichnung … absolut authentisch und passt sooooo wunderbar … genau der Ton, den diese Figur braucht. (ich habe sofort ihre Stimmlage im Ohr und sehe ihre Gestik)
Für mich ist das kindlich Trotzige auch sehr wichtig und legt eine ganze Serie von Verhaltensmustern offen… ich kann beinahe anhand des Satzes bestimmen, wie viel Promille sie gerade intus hat. Für mich ein absoluter "Milieutreffer" …


Lieber Nifl,

stimmt ... es hat ja auch niemand dafür plädiert die Stelle zu streichen, sondern den schon gestrichenen Nachsatz :-)

Liebe Grüße
max


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