Ach, wenn es doch schneien würde!
Die kristallenen Flocken verdeckten
sicher bald Dein aus Obsidian
gemeißeltes Nimmermehr.
Rot pocht auf meiner Stirn
das Kainsmal der Einsamkeit.
Wer es sieht, verschließt sein Herz
und verriegelt dreifach das Tor.
Wie einsam ich bin, so fern des Tages.
In der längsten Nacht, zwischen den Jahren.
Nur die Winterwölfe folgen mir.
Sie nehmen meine Fährte auf,
heulen mein Sterbelied.
Doch sie jagen mich nicht.
Meine Strafe ist schlimmer als der Tod.
Heimatlos muss ich umherirren.
Kein Haus wird meine müden Knochen bergen,
kein Weib wird bei mir sein,
wenn nachts die bösen Träume kommen.
Kein Kind wird seine lieben Augen
auf mich richten und meiner Antwort harren.
Mein Leben lebte ich vergeblich.
Ach, als ich jung noch war
und kräftig meine Glieder,
da lachte ich des Nachts,
wenn dunkle Schatten waren.
Doch jetzt bin ich müde
und trage schwer
an meinem alten Leib,
den lange schon kein zärtlich
Weib geborgen hat.
Ich spüre noch, als wäre es gestern
erst gewesen, den warmen Zephyr,
wie er unsere Körper umspielte.
Wir teilten Brot und Käse, saßen
auf einem Felsen und unsere
Blicke ruhten auf den stolzen Zedern,
die bis ins Meer hinab das Ufer säumten.
Wie blau war die See und wie lieblich Deine Gestalt!
Auf diesem Brocken will ich
sitzen und des Verhängnisses harren,
wenn nachtschwarz, grauschwarz,
rabenschwarz die Welt um mich herum versinkt.
Doch halt! Was regt sich da
in tiefster Nacht?
Welch Scheusal huscht
im nassen Unterholz?
Wes Lachen hallt dort
in dem finsteren Tann?
Ist’s Satan selbst, der
endlich meiner sich erbarmt?
Wird Luzifer mit kaltem Griff
mein Herz zermalmen und
mein Leben zu sich ziehen?
Es wär’ nicht schade drum.
Allein, es ist ein altes Weib.
„Was willst Du, Vettel? Sprich!
Warum suchst Du mich heim in
dieser Winternacht? Viel lieber
bliebe ich allein auf diesem kalten,
schwarzen Stein!
Was musterst Du mit falschem Blick
mein Antlitz? Ich will allein sein, Weib!
Dein fauler Atem ekelt mich und
Deiner schiefen Zähne Anblick ist mir widerlich.
Schieb ab! Ich bin schon vogelfrei genug,
um einer alten Frau den Hals schön artig umzudrehen!
Drum lauf schnell weg, wenn Dir Dein Leben lieb!“
„Hör erst, Du armer Ritter, was ich Dir zu sagen habe.
Ich bin, was übrig ist von Deinen Kinderträumen.
Ich bin der Rest all dessen, was Du Dir erhofft. Dein Gestern
bin ich, als noch blaue Sehnsucht sich in Deinen
Augen spiegelte. Ich bin Dein Mut und Deine Liebe,
bin das, was Frauen an Dir liebten und was Mädchen
von Dir träumen ließ.“
„Was willst du von mir, Hexe? Sprich!
Es schaudert mich, wenn Deine
gelben Augen auf mir ruhen.
Lass mich in Frieden sterben.
Die Träume sind geträumt.
Wir beide sind zum Sterben alt.
Sind Schatten, die der Mond verblich.“
Blau ist das Kästchen,
welches sie mit welker Hand
nun aus dem alten Kleide zieht.
Leis’ zittern ihre gichtigen Finger,
als sie die Schachtel hält:
„Öffne dies. Es ist mein letzter
Dienst für Dich. Danach ist’s aus.“
„Nun gut, ich will es sehen.
Schau an, was mag in diesem
Kästchen sein? Doch halt!
Vettel, altes Hexenweib!
Bleib hier!“
Zu spät. Sie ist nicht mehr zu sehen.
Wo gerade noch ihr alter Leib, ist
jetzt nur eisiger Nebel.
Aber was hat sie mir gebracht? Wer sendet
mir Botschaft in der kalten Nacht?
Oh nein, fast fühle ich ein banges Hoffen,
dass mir ein liebes Wesen eine Nachricht schickt!
Blaues Metall! Es ist der Anhänger,
den sie mir schmiedete. Die einzige Frau,
die ich je geliebt. Da ruht er auf rotem Samt.
Nur zwei gab es von dieser Art. Den einen trug
ich jahraus, jahrein an meinem Schlüsselbund.
Der andere hing an einer Kette um ihren
schlanken Hals!
Meinen warf ich fort im Zorn,
als sie für einen anderen Mann mich stehen ließ.
Und nun? Schickt sie mir ihren!
Als Zeichen, dass von allen Menschen
auch sie mich längst verstoßen hat.
Ach, wenn es doch schneien würde.
Die längste Nacht
Ganz großartig, lieber Paul,
eine tragische Ballade, die ein ganzes Leben erzählt, mit Bedacht gewählte Worte. Man hofft insgeheim, dass sich das Schicksal des Ichs zum Positiven wenden würde, aber ich finde, es ist richtig so, dass das Ich sich am Schluss den Schnee wünscht, um zu erfrieren.
Wirklich eine Lesegenuss! Ich habe keinerlei Dinge gefunden, die ich ändern würde. Es passt m.E. alles,-)
Ich würde dies sehr gerne von dir in der Hörbar hören. Das würde dem Ganzen noch das Sahnehäubchen draufsetzen!
Saludos
Gabi
eine tragische Ballade, die ein ganzes Leben erzählt, mit Bedacht gewählte Worte. Man hofft insgeheim, dass sich das Schicksal des Ichs zum Positiven wenden würde, aber ich finde, es ist richtig so, dass das Ich sich am Schluss den Schnee wünscht, um zu erfrieren.
Wirklich eine Lesegenuss! Ich habe keinerlei Dinge gefunden, die ich ändern würde. Es passt m.E. alles,-)
Ich würde dies sehr gerne von dir in der Hörbar hören. Das würde dem Ganzen noch das Sahnehäubchen draufsetzen!
Saludos
Gabi
Das ist ja gruselig! Hoffentlich nur erfunden. Ein paar kleine sprachliche Vorschläge habe ich eingefügt. Jetzt schnell weg hier, damit ich die Alte vergesse.
Gruß
leonie
Ach, wenn es doch schneien würde! (schneite, einheitlicher Konjunktiv, siehe nächste Zeile)
Die kristallenen Flocken verdeckten
sicher bald Dein aus Obsidian
gemeißeltes Nimmermehr.
Rot pocht auf meiner Stirn
das Kainsmal der Einsamkeit.
Wer es sieht, verschließt sein Herz
u(U)nd verriegelt dreifach das Tor.
Wie einsam ich bin, so fern des Tages.
In der längsten Nacht, zwischen den Jahren.
Nur die Winterwölfe folgen mir.
Sie nehmen meine Fährte auf,
heulen mein Sterbelied.
Doch sie jagen mich nicht.
Meine Strafe ist schlimmer als der Tod.
Heimatlos muss ich umherirren.
Kein Haus wird meine müden Knochen
bergen (und) kein Weib wird bei mir sein,
wenn nachts die bösen Träume kommen.
Kein Kind wird seine lieben Augen
auf mich richten und meiner Antwort harren.
Mein Leben lebte ich vergeblich.
Ach, als ich jung noch war
und kräftig meine Glieder,
da lachte ich des Nachts,
wenn dunkle Schatten waren.
Doch jetzt bin müde ich (bin ich müde)
und trage schwer
an meinem alten Leib,
den lange schon kein zärtlich
Weib geborgen hat.
Ich spüre noch, als wäre es gestern
erst gewesen, den warmen Zephyr,
wie er unsere Körper umspielte.
Wir teilten Brot und Käse, saßen
auf einem Felsen und unsere
Blicke (Augen, wegen Doppelung, s.u.) ruhten auf den stolzen Zedern,
die bis ins Meer hinab das Ufer säumten.
Wie blau war die See und wie lieblich Dein Blick! (Interessanter fände ich: lieblich die See und blau dein Blick)
Auf diesem Brocken will ich
sitzen und dem Verhängnis harren (mit Genitiv, soweit ich weiß, des Verhängnisses harren),
wenn nachtschwarz (und) grauschwarz (und ; Streichung bringt Steigerung besser raus)
rabenschwarz die Welt um mich herum versinkt.
Doch halt! Was regt sich da
in tiefster Nacht?
Welch Scheusal huscht
im nassen Unterholz?
Wes Lachen hallt dort
in dem finsteren Tann?
Ist’s (der) Satan selbst, der
endlich meiner sich erbarmt?
Wird Luzifer mit kaltem Griff
mein Herz zermalmen und
mein Leben zu sich ziehen?
Es wär’ nicht schade drum.
Allein, es ist ein altes Weib.
„Was willst Du, Vettel? Sprich!
Warum suchst Du mich heim in
dieser Winternacht? Viel lieber
bliebe ich allein auf diesem kalten,
schwarzen Stein!(“)
(„)Was musterst Du mit falschem Blick
mein Antlitz? Ich will allein sein, Weib!
Dein fauler Atem ekelt mich und
Deiner schiefen Zähne Anblick ist mir widerlich.
Schieb ab! Ich bin schon vogelfrei genug,
um einer alten Frau den Hals schön artig umzudrehen!
Drum lauf schnell weg, wenn Dir Dein Leben lieb!“
„Hör erst, Du armer Ritter, was ich Dir zu sagen habe.
Ich bin, was übrig ist von Deinen Kinderträumen.
Ich bin der Rest all dessen, was Du Dir erhofft. Dein Gestern
bin ich, als noch blaues Hoffen (Sehnen, wegen Doppelung) sich in Deinen
Augen spiegelte. Ich bin Dein Mut und Deine Liebe,
bin das, was Frauen an Dir liebten und was Mädchen
von Dir träumen ließ.“
„Was willst du von mir, Hexe? Sprich!
Es schaudert mich, wenn Deine
gelben Augen (so) auf mir ruhen.
Lass mich in Frieden sterben.
Die Träume sind geträumt.
Wir beide sind zum Sterben alt.
Sind Schatten, die der Mond verblich.“
Blau ist das Kästchen, welches sie mit welker Hand
nun aus dem alten Kleide zieht.
Leis’ zittern ihre gichtigen Finger,
als sie die Schachtel hält:
„Öffne dies. Es ist mein letzter
Dienst für Dich. Danach ist’s aus.“
„Nun gut, ich will es sehen.
Schau an, was mag in diesem
Kästchen sein? Doch halt!
Vettel, altes Hexenweib!
Bleib hier!“
Zu spät. Sie ist nicht mehr zu sehen.
Wo gerade noch ihr alter Leib, ist
jetzt nur eisiger Nebel.
Aber was hat sie mir gebracht? Wer sendet
mir Botschaft in der kalten Nacht?
Oh nein, fast fühle ich ein banges Hoffen,
dass mir ein liebes Wesen eine Nachricht schickt!
Blaues Metall! Es ist der Anhänger,
den sie mir schmiedete. Die einzige Frau,
die ich je geliebt. Da ruht er auf rotem Samt.
Nur zwei gab es von dieser Art. Den einen trug
ich jahraus, jahrein an meinem Schlüsselbund.
Der andere hing an einer Kette um ihren
schlanken Hals!
Meinen warf ich (vor Jahren) fort im Zorn,
als sie für einen anderen Mann(e) mich stehen ließ.
Und nun? Schickt sie mir ihren!
Als Zeichen, dass von allen Menschen
auch sie mich längst verstoßen hat.
Ach, wenn es doch schneien würde (schneite).
Gruß
leonie
Ach, wenn es doch schneien würde! (schneite, einheitlicher Konjunktiv, siehe nächste Zeile)
Die kristallenen Flocken verdeckten
sicher bald Dein aus Obsidian
gemeißeltes Nimmermehr.
Rot pocht auf meiner Stirn
das Kainsmal der Einsamkeit.
Wer es sieht, verschließt sein Herz
u(U)nd verriegelt dreifach das Tor.
Wie einsam ich bin, so fern des Tages.
In der längsten Nacht, zwischen den Jahren.
Nur die Winterwölfe folgen mir.
Sie nehmen meine Fährte auf,
heulen mein Sterbelied.
Doch sie jagen mich nicht.
Meine Strafe ist schlimmer als der Tod.
Heimatlos muss ich umherirren.
Kein Haus wird meine müden Knochen
bergen (und) kein Weib wird bei mir sein,
wenn nachts die bösen Träume kommen.
Kein Kind wird seine lieben Augen
auf mich richten und meiner Antwort harren.
Mein Leben lebte ich vergeblich.
Ach, als ich jung noch war
und kräftig meine Glieder,
da lachte ich des Nachts,
wenn dunkle Schatten waren.
Doch jetzt bin müde ich (bin ich müde)
und trage schwer
an meinem alten Leib,
den lange schon kein zärtlich
Weib geborgen hat.
Ich spüre noch, als wäre es gestern
erst gewesen, den warmen Zephyr,
wie er unsere Körper umspielte.
Wir teilten Brot und Käse, saßen
auf einem Felsen und unsere
Blicke (Augen, wegen Doppelung, s.u.) ruhten auf den stolzen Zedern,
die bis ins Meer hinab das Ufer säumten.
Wie blau war die See und wie lieblich Dein Blick! (Interessanter fände ich: lieblich die See und blau dein Blick)
Auf diesem Brocken will ich
sitzen und dem Verhängnis harren (mit Genitiv, soweit ich weiß, des Verhängnisses harren),
wenn nachtschwarz (und) grauschwarz (und ; Streichung bringt Steigerung besser raus)
rabenschwarz die Welt um mich herum versinkt.
Doch halt! Was regt sich da
in tiefster Nacht?
Welch Scheusal huscht
im nassen Unterholz?
Wes Lachen hallt dort
in dem finsteren Tann?
Ist’s (der) Satan selbst, der
endlich meiner sich erbarmt?
Wird Luzifer mit kaltem Griff
mein Herz zermalmen und
mein Leben zu sich ziehen?
Es wär’ nicht schade drum.
Allein, es ist ein altes Weib.
„Was willst Du, Vettel? Sprich!
Warum suchst Du mich heim in
dieser Winternacht? Viel lieber
bliebe ich allein auf diesem kalten,
schwarzen Stein!(“)
(„)Was musterst Du mit falschem Blick
mein Antlitz? Ich will allein sein, Weib!
Dein fauler Atem ekelt mich und
Deiner schiefen Zähne Anblick ist mir widerlich.
Schieb ab! Ich bin schon vogelfrei genug,
um einer alten Frau den Hals schön artig umzudrehen!
Drum lauf schnell weg, wenn Dir Dein Leben lieb!“
„Hör erst, Du armer Ritter, was ich Dir zu sagen habe.
Ich bin, was übrig ist von Deinen Kinderträumen.
Ich bin der Rest all dessen, was Du Dir erhofft. Dein Gestern
bin ich, als noch blaues Hoffen (Sehnen, wegen Doppelung) sich in Deinen
Augen spiegelte. Ich bin Dein Mut und Deine Liebe,
bin das, was Frauen an Dir liebten und was Mädchen
von Dir träumen ließ.“
„Was willst du von mir, Hexe? Sprich!
Es schaudert mich, wenn Deine
gelben Augen (so) auf mir ruhen.
Lass mich in Frieden sterben.
Die Träume sind geträumt.
Wir beide sind zum Sterben alt.
Sind Schatten, die der Mond verblich.“
Blau ist das Kästchen, welches sie mit welker Hand
nun aus dem alten Kleide zieht.
Leis’ zittern ihre gichtigen Finger,
als sie die Schachtel hält:
„Öffne dies. Es ist mein letzter
Dienst für Dich. Danach ist’s aus.“
„Nun gut, ich will es sehen.
Schau an, was mag in diesem
Kästchen sein? Doch halt!
Vettel, altes Hexenweib!
Bleib hier!“
Zu spät. Sie ist nicht mehr zu sehen.
Wo gerade noch ihr alter Leib, ist
jetzt nur eisiger Nebel.
Aber was hat sie mir gebracht? Wer sendet
mir Botschaft in der kalten Nacht?
Oh nein, fast fühle ich ein banges Hoffen,
dass mir ein liebes Wesen eine Nachricht schickt!
Blaues Metall! Es ist der Anhänger,
den sie mir schmiedete. Die einzige Frau,
die ich je geliebt. Da ruht er auf rotem Samt.
Nur zwei gab es von dieser Art. Den einen trug
ich jahraus, jahrein an meinem Schlüsselbund.
Der andere hing an einer Kette um ihren
schlanken Hals!
Meinen warf ich (vor Jahren) fort im Zorn,
als sie für einen anderen Mann(e) mich stehen ließ.
Und nun? Schickt sie mir ihren!
Als Zeichen, dass von allen Menschen
auch sie mich längst verstoßen hat.
Ach, wenn es doch schneien würde (schneite).
Liebe Leonie,
vielen Dank. Einige Deiner Vorschläge habe ich übernommen. Der Konjunktiv in der ersten Zeile soll in seiner Hilfsform daran erinnern, dass eben Konjunktiv II und nicht Präteritum gemeint ist. Danach ist das nach meinem Gefühl klar, also nehme ich dann die beiden Modi gemeinsame Form.
Danke für die Streichung zahlreicher überflüssiger Unds und für die Hilfe bei der Vermeidung von Verdopplungen. Letztere unterlaufen mir leicht, wenn ich einen Text einfach so herunterschreibe, so wie diesen.
Der Alten musst Du nicht entkommen. Ich glaube, jeder Mensch hat seinen eigenen Dämon. Dieser hier bleibt mir treu. Soviel weiß ich.
Liebe Grüße
Paul Ost
vielen Dank. Einige Deiner Vorschläge habe ich übernommen. Der Konjunktiv in der ersten Zeile soll in seiner Hilfsform daran erinnern, dass eben Konjunktiv II und nicht Präteritum gemeint ist. Danach ist das nach meinem Gefühl klar, also nehme ich dann die beiden Modi gemeinsame Form.
Danke für die Streichung zahlreicher überflüssiger Unds und für die Hilfe bei der Vermeidung von Verdopplungen. Letztere unterlaufen mir leicht, wenn ich einen Text einfach so herunterschreibe, so wie diesen.
Der Alten musst Du nicht entkommen. Ich glaube, jeder Mensch hat seinen eigenen Dämon. Dieser hier bleibt mir treu. Soviel weiß ich.
Liebe Grüße
Paul Ost
Ich überlege schon eine Weile, ob Du nicht noch ein anschaulicheres Adjektiv für das "alte Kleid" findest. Aber es muss wohl zwei Silben haben. Ich dachte an "muffig, stockfleckig", irgendetwas in der Art. "Alt" finde ich fast zu gebräuchlich hier.
Vielleicht hast Du eine Idee. Die Alte hast Du so anschaulich und eklig beschrieben, dass man sie sich nach dem Lesen zumindestens aus den Augen wischen muss.
Liebe Grüße
leonie
Vielleicht hast Du eine Idee. Die Alte hast Du so anschaulich und eklig beschrieben, dass man sie sich nach dem Lesen zumindestens aus den Augen wischen muss.
Liebe Grüße
leonie
Lieber Paul,
ach, auch wenn es ein trauriger Text ist, davon habe ich mich gern unterhalten lassen. Text und Sprache passen zur Winterzeit, man liest sich an der Kälte und der Düsternis warm. Der Text ist gut und spannend erzählt, seine Dichte und Gespanntheit nimmt spätestens seit Erscheinen der hässlichen Alten nochmal zu. Das kommt sicher auch, weil sie als Sinnbild gut ausgestaltet ist und mich natürlich serh anspricht (als das, was von den Träumen übrig bleibt).
Das habe ich gern gelesen.
Ich habe nicht viele Anmerkungen:
Ach, wenn es doch schneien würde!
Die kristallenen Flocken verdeckten
sicher bald Dein aus Obsidian
gemeißeltes Nimmermehr.
Rot pocht auf meiner Stirn
das Kainsmal der Einsamkeit.
Wer es sieht, verschließt sein Herz
und verriegelt dreifach das Tor.
Wie einsam ich bin, so fern des Tages.---- ich fänd auch „wie“ statt „so“ schön
In der längsten Nacht, zwischen den Jahren.
Nur die Winterwölfe folgen mir.
Sie nehmen meine Fährte auf,
heulen mein Sterbelied.
Doch sie jagen mich nicht.
Meine Strafe ist schlimmer als der Tod.
Heimatlos muss ich umherirren.
Kein Haus wird meine müden Knochen --- bergen hätte ich gerne noch in dieser Zeile
bergen, kein Weib wird bei mir sein,
wenn nachts die bösen Träume kommen.
Kein Kind wird seine lieben Augen
auf mich richten und meiner Antwort harren.
Mein Leben lebte ich vergeblich. – Zeit?
Ach, als ich jung noch war – als ich noch jung war, gefiele mir besser
und kräftig meine Glieder,
da lachte ich des Nachts,
wenn dunkle Schatten waren. --- gibt es noch ein besseres verb als waren hier? ich denke ja.
Doch jetzt bin ich müde
und trage schwer
an meinem alten Leib,
den lange schon kein zärtlich
Weib geborgen hat. --- ich würde ein mehr einfügen
Ich spüre noch, als wäre es gestern
erst gewesen, den warmen Zephyr,
wie er unsere Körper umspielte.
Wir teilten Brot und Käse, saßen –aha, der Autor zitiert sich jetzt auch selbst.gif)
auf einem Felsen und unsere
Blicke ruhten auf den stolzen Zedern,
die bis ins Meer hinab das Ufer säumten. --- schöner Rhythmus, diese Zeilen
Wie blau war die See und wie lieblich Deine Gestalt!
Auf diesem Brocken will ich
sitzen und des Verhängnisses harren,
wenn nachtschwarz, grauschwarz,
rabenschwarz die Welt um mich herum versinkt.
Doch halt! Was regt sich da
in tiefster Nacht?
Welch Scheusal huscht
im nassen Unterholz?
Wes Lachen hallt dort –ist das eine alte Form, die ich nicht kenne? wessen?
in dem finsteren Tann? in der? oder ist Tann gebräuchlich für Tannenwald/Nadelwald und ich kenne das auch nicht?
Ist’s Satan selbst, der
endlich meiner sich erbarmt?
Wird Luzifer mit kaltem Griff
mein Herz zermalmen und
mein Leben zu sich ziehen?
Es wär’ nicht schade drum.
Allein, es ist ein altes Weib.
„Was willst Du, Vettel? Sprich!
Warum suchst Du mich heim in
dieser Winternacht? Viel lieber
bliebe ich allein auf diesem kalten,
schwarzen Stein!
Was musterst Du mit falschem Blick
mein Antlitz? Ich will allein sein, Weib!
Dein fauler Atem ekelt mich und
Deiner schiefen Zähne Anblick ist mir widerlich.
Schieb ab! Ich bin schon vogelfrei genug,
um einer alten Frau den Hals schön artig umzudrehen!
Drum lauf schnell weg, wenn Dir Dein Leben lieb!“
„Hör erst, Du armer Ritter, was ich Dir zu sagen habe.
Ich bin, was übrig ist von Deinen Kinderträumen.
Ich bin der Rest all dessen, was Du Dir erhofft. Dein Gestern
bin ich, als noch blaue Sehnsucht sich in Deinen
Augen spiegelte. Ich bin Dein Mut und Deine Liebe,
bin das, was Frauen an Dir liebten und was Mädchen
von Dir träumen ließ.“
„Was willst du von mir, Hexe? Sprich!
Es schaudert mich, wenn Deine
gelben Augen auf mir ruhen.
Lass mich in Frieden sterben.
Die Träume sind geträumt.
Wir beide sind zum Sterben alt.
Sind Schatten, die der Mond verblich.“
Blau ist das Kästchen, welches sie mit welker Hand --- ab welches würde ich umbrechen
nun aus dem alten Kleide zieht.
Leis’ zittern ihre gichtigen Finger,
als sie die Schachtel hält:
„Öffne dies. Es ist mein letzter
Dienst für Dich. Danach ist’s aus.“
„Nun gut, ich will es sehen.
Schau an, was mag in diesem
Kästchen sein? Doch halt!
Vettel, altes Hexenweib!
Bleib hier!“
Zu spät. Sie ist nicht mehr zu sehen.
Wo gerade noch ihr alter Leib, ist
jetzt nur eisiger Nebel.
Aber was hat sie mir gebracht? Wer sendet
mir Botschaft in der kalten Nacht?
Oh nein, fast fühle ich ein banges Hoffen,
dass mir ein liebes Wesen eine Nachricht schickt!
Blaues Metall! Es ist der Anhänger,
den sie mir schmiedete. Die einzige Frau,
die ich je geliebt. Da ruht er auf rotem Samt.
Nur zwei gab es von dieser Art. Den einen trug
ich jahraus, jahrein an meinem Schlüsselbund.
Der andere hing an einer Kette um ihren
schlanken Hals!
Meinen warf ich fort im Zorn,
als sie für einen anderen Mann mich stehen ließ.
Und nun? Schickt sie mir ihren!
Als Zeichen, dass von allen Menschen
auch sie mich längst verstoßen hat.
Liebe Grüße,
Lisa
ach, auch wenn es ein trauriger Text ist, davon habe ich mich gern unterhalten lassen. Text und Sprache passen zur Winterzeit, man liest sich an der Kälte und der Düsternis warm. Der Text ist gut und spannend erzählt, seine Dichte und Gespanntheit nimmt spätestens seit Erscheinen der hässlichen Alten nochmal zu. Das kommt sicher auch, weil sie als Sinnbild gut ausgestaltet ist und mich natürlich serh anspricht (als das, was von den Träumen übrig bleibt).
Das habe ich gern gelesen.
Ich habe nicht viele Anmerkungen:
Ach, wenn es doch schneien würde!
Die kristallenen Flocken verdeckten
sicher bald Dein aus Obsidian
gemeißeltes Nimmermehr.
Rot pocht auf meiner Stirn
das Kainsmal der Einsamkeit.
Wer es sieht, verschließt sein Herz
und verriegelt dreifach das Tor.
Wie einsam ich bin, so fern des Tages.---- ich fänd auch „wie“ statt „so“ schön
In der längsten Nacht, zwischen den Jahren.
Nur die Winterwölfe folgen mir.
Sie nehmen meine Fährte auf,
heulen mein Sterbelied.
Doch sie jagen mich nicht.
Meine Strafe ist schlimmer als der Tod.
Heimatlos muss ich umherirren.
Kein Haus wird meine müden Knochen --- bergen hätte ich gerne noch in dieser Zeile
bergen, kein Weib wird bei mir sein,
wenn nachts die bösen Träume kommen.
Kein Kind wird seine lieben Augen
auf mich richten und meiner Antwort harren.
Mein Leben lebte ich vergeblich. – Zeit?
Ach, als ich jung noch war – als ich noch jung war, gefiele mir besser
und kräftig meine Glieder,
da lachte ich des Nachts,
wenn dunkle Schatten waren. --- gibt es noch ein besseres verb als waren hier? ich denke ja.
Doch jetzt bin ich müde
und trage schwer
an meinem alten Leib,
den lange schon kein zärtlich
Weib geborgen hat. --- ich würde ein mehr einfügen
Ich spüre noch, als wäre es gestern
erst gewesen, den warmen Zephyr,
wie er unsere Körper umspielte.
Wir teilten Brot und Käse, saßen –aha, der Autor zitiert sich jetzt auch selbst
.gif)
auf einem Felsen und unsere
Blicke ruhten auf den stolzen Zedern,
die bis ins Meer hinab das Ufer säumten. --- schöner Rhythmus, diese Zeilen
Wie blau war die See und wie lieblich Deine Gestalt!
Auf diesem Brocken will ich
sitzen und des Verhängnisses harren,
wenn nachtschwarz, grauschwarz,
rabenschwarz die Welt um mich herum versinkt.
Doch halt! Was regt sich da
in tiefster Nacht?
Welch Scheusal huscht
im nassen Unterholz?
Wes Lachen hallt dort –ist das eine alte Form, die ich nicht kenne? wessen?
in dem finsteren Tann? in der? oder ist Tann gebräuchlich für Tannenwald/Nadelwald und ich kenne das auch nicht?
Ist’s Satan selbst, der
endlich meiner sich erbarmt?
Wird Luzifer mit kaltem Griff
mein Herz zermalmen und
mein Leben zu sich ziehen?
Es wär’ nicht schade drum.
Allein, es ist ein altes Weib.
„Was willst Du, Vettel? Sprich!
Warum suchst Du mich heim in
dieser Winternacht? Viel lieber
bliebe ich allein auf diesem kalten,
schwarzen Stein!
Was musterst Du mit falschem Blick
mein Antlitz? Ich will allein sein, Weib!
Dein fauler Atem ekelt mich und
Deiner schiefen Zähne Anblick ist mir widerlich.
Schieb ab! Ich bin schon vogelfrei genug,
um einer alten Frau den Hals schön artig umzudrehen!
Drum lauf schnell weg, wenn Dir Dein Leben lieb!“
„Hör erst, Du armer Ritter, was ich Dir zu sagen habe.
Ich bin, was übrig ist von Deinen Kinderträumen.
Ich bin der Rest all dessen, was Du Dir erhofft. Dein Gestern
bin ich, als noch blaue Sehnsucht sich in Deinen
Augen spiegelte. Ich bin Dein Mut und Deine Liebe,
bin das, was Frauen an Dir liebten und was Mädchen
von Dir träumen ließ.“
„Was willst du von mir, Hexe? Sprich!
Es schaudert mich, wenn Deine
gelben Augen auf mir ruhen.
Lass mich in Frieden sterben.
Die Träume sind geträumt.
Wir beide sind zum Sterben alt.
Sind Schatten, die der Mond verblich.“
Blau ist das Kästchen, welches sie mit welker Hand --- ab welches würde ich umbrechen
nun aus dem alten Kleide zieht.
Leis’ zittern ihre gichtigen Finger,
als sie die Schachtel hält:
„Öffne dies. Es ist mein letzter
Dienst für Dich. Danach ist’s aus.“
„Nun gut, ich will es sehen.
Schau an, was mag in diesem
Kästchen sein? Doch halt!
Vettel, altes Hexenweib!
Bleib hier!“
Zu spät. Sie ist nicht mehr zu sehen.
Wo gerade noch ihr alter Leib, ist
jetzt nur eisiger Nebel.
Aber was hat sie mir gebracht? Wer sendet
mir Botschaft in der kalten Nacht?
Oh nein, fast fühle ich ein banges Hoffen,
dass mir ein liebes Wesen eine Nachricht schickt!
Blaues Metall! Es ist der Anhänger,
den sie mir schmiedete. Die einzige Frau,
die ich je geliebt. Da ruht er auf rotem Samt.
Nur zwei gab es von dieser Art. Den einen trug
ich jahraus, jahrein an meinem Schlüsselbund.
Der andere hing an einer Kette um ihren
schlanken Hals!
Meinen warf ich fort im Zorn,
als sie für einen anderen Mann mich stehen ließ.
Und nun? Schickt sie mir ihren!
Als Zeichen, dass von allen Menschen
auch sie mich längst verstoßen hat.
Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Liebe Lisa,
danke für die Hinweise. Die Zeilenumbrüche habe ich an den zwei Stellen geändert. Was die Wortwahl betrifft, so soll sie ein wenig altmodisch klingen, daher auch "wes" statt "wessen" und "Tann" statt Tannenwald.
Sogar mein peinliches Selbstzitat hast Du entdeckt. Toll. Wäre ich ein Professor, dann würde ich natürlich auch mein Literaturverzeichnis mit meinen eigenen Titeln füllen.
Grüße
Paul Ost
danke für die Hinweise. Die Zeilenumbrüche habe ich an den zwei Stellen geändert. Was die Wortwahl betrifft, so soll sie ein wenig altmodisch klingen, daher auch "wes" statt "wessen" und "Tann" statt Tannenwald.
Sogar mein peinliches Selbstzitat hast Du entdeckt. Toll. Wäre ich ein Professor, dann würde ich natürlich auch mein Literaturverzeichnis mit meinen eigenen Titeln füllen.
Grüße
Paul Ost
Lieber Paul,
ich schließe mich gerne dem allgemeinen und im besonderen Pandoras Lob an - auch mich hat es an Poe erinnert. Umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass Du sagst, Du habest es einfach so heruntergeschrieben - "The raven" ist ja beispielsweise sehr bewusst komponiert, das scheint Dein Gedicht nicht zu brauchen.
Liebe Grüße
max
ich schließe mich gerne dem allgemeinen und im besonderen Pandoras Lob an - auch mich hat es an Poe erinnert. Umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass Du sagst, Du habest es einfach so heruntergeschrieben - "The raven" ist ja beispielsweise sehr bewusst komponiert, das scheint Dein Gedicht nicht zu brauchen.
Liebe Grüße
max
Lieber Max,
Dein Vergleich mit Poe ist eine große Ehre. Ich hatte doch den Vorteil, dass ich Poe schon lesen durfte, deshalb ist der Ton, den ich anstimme, nicht mehr neu. Ich wäre also nur ein Epigone. Sogar ein schlechter. Aber manchmal möchte man auch gerne in anderer Leute Fußstapfen treten. (Natürlich nicht, wenn ich an Poes Leben denke! O Schreck!)
Grüße
Paul Ost
Dein Vergleich mit Poe ist eine große Ehre. Ich hatte doch den Vorteil, dass ich Poe schon lesen durfte, deshalb ist der Ton, den ich anstimme, nicht mehr neu. Ich wäre also nur ein Epigone. Sogar ein schlechter. Aber manchmal möchte man auch gerne in anderer Leute Fußstapfen treten. (Natürlich nicht, wenn ich an Poes Leben denke! O Schreck!)
Grüße
Paul Ost
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