Mit Deinen Augen (von Annette)

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Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 09.12.2006, 23:25

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Als wärs ein Herbst

Als wärs ein Herbst wie jeder andre,
ziehn Vögel fort, entblättert sich der Baum.
Krähen sammeln sich in kahlen Ästen,
zum Flug entlang am Tagessaum.

Der Sommer steht als Marmelade,
datiert, versehn mit Etikett
in Einmachgläsern in der Kammer,
teilt sich mit Dosenfisch das Brett.

Stell auch den innerlichen Kragen auf
der Mantel riecht noch dumpf nach Schrank.
die Dunkelheit schwappt in die Tage,
macht die Gemüter schwer und krank.

Als wärs ein Herbst wie jeder andre,
der welkend schön den Sommer stahl.
Doch seh ich ihn mit Deinen Augen,
und Du siehst ihn zum ersten Mal.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 16.12.2006, 10:41

Lieber Uloki,

auch Väter haben gelegentlich väterliche Gefühle, oder? Aus dem Text kannst Du das Geschlecht des lyrischen Ich nicht entnommen haben.

Wenn man das Gedicht genau betrachtet fällt auf, dass die Strophen eins und drei ziemlich schwermütig sind. Die zweite und die dritte Strophe dagegen wirken fröhlicher. Diesen Gegensatz hätte ich wohl stärker herausbringen können.

Grüße

Paul Ost

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Beitragvon annette » 16.12.2006, 20:42

Hallo Paul und uloki,

Ihr habt beide recht. Als ich Dich, Paul, das Gedicht zum ersten Mal habe lesen hören, dachte ich auch: "Oh, so melancholisch ist mein Text?" Aber es stimmt: Die erste und dritte Strophe haben die Schwermut der "alten Herbste", wohingegen die zweite und vierte die Leichtigkeit des Neuen andeuten.

Uloki: Sehr schön, wie Issa es ausdrückt. Aber in meinem Text kommt beides zusammen: Heiterkeit und Melancholie. Dabei fällt mir auf, dass beides für mich ohnehin oft ganz eng beisammen liegt ...

Heitere Grüße, annette

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Beitragvon annette » 16.12.2006, 20:59

Ach ja, noch zum wer-da-spricht. Es muss nicht die Mutter sein (als die ich mich ja geoutet habe), sondern es kann jede Person sein, die einem kleinen Kind nahe genug steht, um so mit ihm mitzuerleben. Aber eben nie, ohne - wie gesagt - die eigenen Erfahrungen, die eigene Melancholie darüber ganz zu verlieren.

Gruß, annette

uloki

Beitragvon uloki » 16.12.2006, 21:02

Was Melancholie anbelangt, bin ich zugegebenermaßen herausgefordert und habe diese wohl als weniger schwer wahrgenommen. Und in Folge dessen dann vielleicht den Ansatz eines "Erleuchtungsmomentes" reininterpretiert.


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