Lieber Max,
gespannt verfolge ich seit Tagen hier die Diskussion um deine - in meinen Augen - äußerst gelungene Momentaufnahme im Mozartjahr. Ich hatte leider bisher nicht die Zeit und vor allem nicht die nötige Ruhe mich dazu zu äußern, aber diskutiert habe ich über deinen Text sehr wohl mit Freunden.
Für mich steht außer Frage, daß das Bild der niederknieenden, lauschenden Mauern, die selbst jung zu werden scheinen unter der Musik, das zentrale Bild ist, auf das hin sind die anderen Strophen geschrieben. Und es ist einfach genial! Zumal ja der Bezug, wie schon des öfteren erwähnt, vielseitig ist und dem Bild der Hektik einerseits und der in ihrem Inneren "versteinerten" Menschen andrerseits sowohl entgegengesetzt ist als ihm auch entspricht.
"Pulst" gibt es als eigenständiges Wort sehr wohl und "nervös" muß es nicht unbedingt ausdrücken. Demzufolge nimmt das vorangestellte Adjektiv dem "pulst" gar nichts, es schwächt es nicht ab. Ich würde es unbedingt beibehalten, weil es ja gerade aufzeigt, daß das "wir" anfangs selbst von dieser Hektik ergriffen ist, mittendrin steckt.
Der vieldeskutierte Perspektivwechsel funktioniert bei mir einwandfrei, ich war mir lange gar nicht bewußt, daß da überhaupt einer drin ist, weil ich das von Anfang an als Beobachtung des "wir" bzw. des lyrIchs gelesen habe, so wie Lisa das auch dargestellt hat: erst mittendrin im Trubel, dann innehalten und - Kameraschwenk - ....
Das "und" kausal zu lesen - na ja, ich müßte mich dafür "verbiegen". Ich kann dir nur sagen, daß alle, die mit mir über deinen Text gesprochen haben, mit dieser Stelle überhaupt kein Problem haben: der Fluß (der Menschen) kommt ins Stocken (
nicht zum Stehen und das bewirkt erst, daß der eine oder andere sich ausklinkt, stehenbleibt, aufmerksam wird auf die Musik...
So lese ich das... als ein Nacheinander und durchaus logisch.
Die einzige Stelle, mit der ich Schwierigkeiten habe, ist der Tunnel "aus Leben und aus Arbeit" und zwar nicht aus den genannten Gründen, sondern weil für mich Arbeit in Leben drinsteckt, ich lese Leben sozusagen als Oberbegriff. Trotzdem verstehe und kann ich dem, was du damit bezweckt hast, sehr gut folgen.
Aber dies ist die einzige Stelle, an der m M nach noch zu arbeiten wäre. Leider habe ich dazu noch keine Idee, aber ich bleibe dran -
An deiner Setzung der 3. Strophe würde ich, nach längerem Überlegen, auch nichts ändern, obwohl mir Lisas Vorschlag hierzu spontan zugesagt hat: läßt du sie so, wie sie jetzt ist, trägt das dem Inhalt Rechnung, dem Sto-cken-den-Fluss-der-men-schen....
Am Schluß würde ich auch ein "und" einsparen - allerdings hätt ichs mir folgendermaßen gedacht:
"Die Mauern
knien nieder -
lauschen
und werden jung"
Ein sehr guter, intensiver Text Max, den ich sehr gerne gelesen habe.
Gruß,
scarlett