Was an mir deutsch ist (im Jahr 2006)

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 07.12.2006, 10:43

was an mir deutsch ist
- im jahre 2006 -

die zäsur
vor dem jubel
der moment in dem
gerechtigkeit entsteht
oder der wille danach
die sehnsucht nach frieden
in mir

der pessimismus
sich selbst
nie ganz vertrauen
der schon immer gebrochene stolz der
die möglichkeit einer freude birgt
als sei er vom prisma
zerlegt wie das licht

magenkrämpfe bei
unifomiertem
ererbte scham
skepsis gegen robuste mandate
die vorgezeigt werden
wie ein diplom

und doch
dieses land lieben
seinen horizont
die sprache
deren schönstes wort lautet
versöhnung


Zweite Fassung:
Was an mir deutsch ist
- im Jahre 2006 -

Die Zäsur
vor dem Jubel
der Moment wo
Gerechtigkeit entsteht
oder der Wille danach
Die Sehnsucht nach Frieden
in mir

Der Pessimismus
Sich selbst
nie ganz vertrauen
Der schon immer gebrochene Stolz der
die Möglichkeit einer Freude birgt
als sei er vom Prisma
zerlegt wie das Licht

Magenkrämpfe bei
Unifomiertem und
Schwarz-Rot-Goldenem
(vor allem dem unverkrampften)
Ererbte Scham
Skepsis gegen robuste Mandate
die vorgezeigt werden
wie ein Diplom

Und doch
dieses Land lieben
seinen Horizont
Die Sprache
deren schönstes Wort lautet
Versöhnung


Was an mir deutsch ist (im Jahre 2006)

Die Zäsur
Vor dem Jubel
Der Moment wo
Gerechtigkeit entsteht
Oder der Wille danach
Die Sehnsucht nach Frieden
In mir

Der Pessimismus sich selbst
Nie ganz vertrauen
Der immer gebrochene Stolz der
Die Möglichkeit einer Freude birgt
Als sei er vom Prisma
Regenbogenfarben zerlegt
Wie das Licht

Der Magenkrampf bei
Unifomiertem und
Schwarz-Rot-Goldenem
(vor allem dem unverkrampften)
Ererbte Scham.
Skepsis gegen robuste Mandate
Die vorgezeigt werden
Wie ein Diplom

Und doch
Dieses Land lieben
Seinen Horizont
Und seine Sprache
Deren schönstes Wort lautet
Versöhnung
Zuletzt geändert von leonie am 08.12.2006, 15:48, insgesamt 2-mal geändert.

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 07.12.2006, 17:11

Hallo Leonie,

so ganz leicht ist es nicht, Deinem Gedankengang zu folgen. Es ist aber auch kein einfaches Thema, dass Du gewählt hast. Erstmal finde ich es sehr gut, dass Du es auch nicht so einfach, und damit reduziert, umgesetzt hast.

Der Titel lässt erwarten, dass Du im Text erörtern wirst, was deutsch an Dir ist. Die Sprache gehört dazu, ganz klar, die erwähnst Du auch in der letzten Strophe. Eine gewisse Sozialisation ebenso, schließlich wächst man in der Gesellschaft hierzulande auf und wird von ihr geprägt, aber auch darauf gehst Du ja ein.

Der Magenkrampf bei
Unifomiertem und
Schwarz-Rot-Goldenem
(vor allem dem unverkrampften)
Ererbte Scham.
Skepsis gegen robuste Mandate
Die vorgezeigt werden
Wie ein Diplom

Schön, dass Du einen Magenkrampf bei Uniformiertem und Unverkrampftem (Patriotismus) bekommst. Sicher beziehst Du dich auf die Entwicklung nach dem Nationalsozialismus (Ererbte Scham, finde ich zwar als Begriff nicht ganz glücklich, aber nicht gravierend). Ob die Skepsis und der Magenkrampf allerdings deutsch sind, bezweifele ich, wenn ich die Äußerungen manche (auch und gerade viele jüngere deutsche) Zeitgenossen höre. Da ist von Skepsis und Hinterfragung nichts zu merken, nur eine besoffene Wir-Definition, die gröhlt ´Deutschland, Deutschland…´, und das Schlimmste ist, oft genug ist sie nüchtern.

Die Zäsur
Vor dem Jubel
Der Moment wo
Gerechtigkeit entsteht
Oder der Wille danach
Die Sehnsucht nach Frieden
In mir

Liege ich richtig, wenn ich behaupte, dass Du dich auf die Stunde null beziehst? Schwierig, eine historische Situation so mit seinem eigenen Empfinden zu kombinieren (in mir). Ist Sehnsucht nach Frieden etwas Deutsches? Etwas typisch Deutsches? Etwas typisch Deutsches nach 1945? Ich glaube nicht. Sehnst Du dich nur nach Frieden, weil Nazideutschland besiegt wurde, weil die Menschen damals eine harte Zeit durchmachten? Ist das der einzige Grund, warum sich (manche!!!) Deutsche nach Frieden sehnen? Und sonst gibt es nirgends Pazifisten? Ich denke nicht. Oder mal so gesagt, nach 45 sehnten sich die meisten Deutschen nach den spießigen Fünfzigern. Bis es eine erste nennenswerte Friedensbewegung gab, gingen Jahrzehnte ins Land. Ich hoffe, Du verstehst, was ich meine.

„Der immer gebrochene Stolz der“

Die Formulierung finde ich im Zusammenhang zum Nationalsozialismus bzw. dessen Niederlage, fragwüdig. Stolz, der gebrochen wurde, das klingt nach berechtigtem Stolz, der gewaltsam gebrochen wurde. Das ist in Deutschland aber nicht gegeben. Im Zusammenhang Zweiter Weltkrieg passt das schon gar nicht. Das deutsche Reich war aggressiver Angreifer.

Und doch
Dieses Land lieben
Seinen Horizont
Und seine Sprache
Deren schönstes Wort lautet
Versöhnung

Abgesehen davon, dass ich denke, dass man dieses Land auch sehr gut nicht lieben kann, stolpere ich über ein Wort: „Versöhnung“. So wie Du die Strophe strukturiert hast, klingt es nach einer Aufforderung oder nach einem Anstoß. Aber da frage ich mich, mit wem soll sich versöhnt werden? Mit sich selbst? Mit der Geschichte (ich hoffe nicht)? Mit den Opfern des Holocaust? Es geht aus Deinem Text nicht hervor.

Das Gedicht behandelt ein Thema, dass sich nicht entpolitisieren lässt. Ich wundere mich, dass Du es nicht unter Lyrik und Kultur gepostest hast. Wolltest Du das damit ausdrücken? Eine unpolitische Annäherung? Tut mir leid, aber ich halte das für unmöglich.

Sehr gut übrigens ist, dass Du ein Land nicht personifizierst oder ihm menschliche Attribute gibst.

So lese ich Deinen Text. Mal schauen, was die Anderen sagen.

Schönen Abend

Jürgen

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leonie
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Beitragvon leonie » 07.12.2006, 18:02

Lieber Jürgen,

danke für Deinen Kommentar. Und: Du hast recht, es gehört in Lyrik und Kultur, da habe ich schlicht und ergreifend gepennt.Vielleicht kann es jemand für mich verschieben.

Da ich nicht möchte, dass zu viele Missverständnisse entstehen:
Ich habe gestern den Sönke-Wortmann-Film über die WM geguckt, was mich ins Nachdenken darüber brachte, warum ich mich zwar auch freue, wenn die deutsche Nationalmannschaft gewinnt, aber doch nicht so uneingeschränkt jubeln kann. Warum mir nie eine deutsche Fahne ins Haus käme, obwohl ich Deutsche bin. Warum ich bei den vielbenutzten Worten dieses Sommers „unverkrampft“ (es Verhältnis zur deutschen Fahne) und „robustes Mandat“ (mit diesem „Wir-sind-wieder-wer“-Ton vorgetragen) einen Brechreiz kriege.
Und das hängt genau damit zusammen, dass ich Deutsche bin auf dem Hintergrund der Geschichte, die dazu gehört, auch wenn ich selbst keinen Anteil an dem habe, was vor meiner Geburt passiert ist.

Deshalb auch der provozierende Titel. Deutsch an mir ist genau, dass mein nicht vorhandener Nationalstolz schon immer ein gebrochener war (weil ich mich schon oft geschämt habe dafür, Deutsche zu sein), dass eine meiner größten Sehnsüchte Frieden und Versöhnung ist, dass ich vieles an diesem Land und manchen seiner Leute nicht mag, aber im Laufe der Zeit doch einiges zu schätzen gelernt habe.

Und es ist ein sehr persönlicher Text, ich meine nicht die anderen, sondern mich.

Vielleicht ist es so besser verständlich. Ich bin froh über Anregungen und Ideen, das vielleicht besser auszudrücken. Deine Kritik an bestimmten Formulierungen lasse ich mir schon mal durch den Kopf gehen.

Liebe Grüße

leonie

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 07.12.2006, 18:32

Liebe Leonie,

ich teile Deine Sicht und kann mich (inhaltlich) in Deinen Zeilen wiederfinden. Schön, dass Du Dich auch so über das "robuste Mandat" ärgern kannst. Es heißt doch übersetzt: Wir führen jetzt dieselben erfolg- und sinnlosen Kriege wie die anderen und geben damit auch noch an.

Die Liste der robusten Mandate nach dem Zweiten Weltkrieg ist schließlich - rein historisch - eine Liste des Scheiterns. Warum das nur niemand merkt?

Gurke kann ich aber auch verstehen. Jüngere Deutsche werden offensichtlich in einem anderen Gefühl groß. Sie sind schon anders. Ich erlebe das täglich.

Grüße

Paul Ost

Klara
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Beitragvon Klara » 07.12.2006, 21:06

Hallo,

inhaltlich und sprachlich finde ich das ziemlich gelungen. Die Infinitive sind genau richtig: unendlich.

Formal erscheint es unentschieden (ist das gewollte? ich hoffe nicht?): Keine Zeichensetzung, aber Groß-Klein, große Versanfänge ohne (jedenfalls mir erkennbaren) Sinn...

Vielleicht wäre dem zerrissenen Deutschsein als Ausdruck eher gedient, wenn formal korrekter? Als Ironie und ZUGLEICH Bekenntnis?

Na gut, ich geb zu, ich bin... preußisch ,-)

Die Klammer hinter dem Titel finde ich überflüssig, den Schluss zu versöhnlich - das kann man schon sehen, dass du das Land liebst (sofern man so etwas Abstraktes lieben kann, aber ich glaube, ich weiß, was du meinst)

Ich würde die letzte Strophe umformulieren und mit dem - grandiosen! - Einstiegswort enden:

Und doch dieses Land
lieben
den Horizont
Und die Sprache
die Zäsur
vor dem Jubel


Gurke kann ich aber auch verstehen. Jüngere Deutsche werden offensichtlich in einem anderen Gefühl groß. Sie sind schon anders. Ich erlebe das täglich.


Äh, Paul Ost, wie alt ist Leonie deiner Ansicht nach?

Ich hätte eher den Eindruck, dass gerade "jüngere Deutsche" (wozu ich jetzt Leonie intuitiv zählen würde, und damit würde ich Leute meinen, die noch nicht vierzig sind) dieses Gedicht spontan nachvollziehen können.

LG
k

Max

Beitragvon Max » 07.12.2006, 21:41

Liebe Leonie,

das finde ich rundherum gelungen. Ich kann mich in beinahe jeder dieser Zeilen wiederfinden und wüsste auch nicht, wie ich es anders ausdrücken sollte. Lustigerweise scheint sich bei der Skepsis Uniform (für mich tatsächlich etwas, auf das ich so allergisch reagiere, dass ich schon mehrfach der Beamtenbeleidigung nahe war ... ) oder gar Fahne gegenüber, dem Verhältnis zur eigenen Nation etwas zu tun, dass aber nicht mehr mich betrifft - das ich aber einigermaßen gespannt verfolge.

Sehr gern gelesen.

Liebe Grüße
max

PS: Klara, das ist ein lustiges Spiel: wir raten wie alt Leonie ist und dann raten wir wie al Paul ist und dann ..

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leonie
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Beitragvon leonie » 07.12.2006, 22:02

Lieber Paul Ost, liebe Klara, lieber Max,

danke für Eure Rückmeldungen und die Bemerkungen zum Alter (hihi...), ich freue mich, dass Ihr diese gedanke nachvollziehen könnt!

Paul Ost, ehrlich gesagt bin ich mir auch nicht sicher, ob Jürgen jünger ist als ich. Und "robustes Mandat" fand ich nicht nur inhaltlich fragwürdig, sondern auch von der Wortschöpfung her abwegig originell (um es mal freundlich zu formulieren).

Klara, was das Formale betrifft, da bin ich mir noch nicht sicher. Ich habe ein paar Änderungen vorgenommen, nicht mehr durchgängig die Anfänge groß geschrieben. Ich wollte keine Satzzeichen und habe jetzt versucht, die Zäsuren durch Groß-und Kleinschreibung zu setzen. Ich bin mir unsicher, ob das so gut ist. Dein inhaltlicher Vorschlag verändert mir den Sinn zu stark, deshalb möchte ich das erstmal so lassen.

Max, ich stehe wie eine Zuschauerin vor diesen Veränderungen, genau, sie betreffen mich nicht, sie befremden mich. Warum ist ein Stück Stoff so wichtig? Und was ist "Deutsche Identität" als Sammelbegriff? Nichts für mich, denke ich...

Danke Euch allen!

Liebe Grüße

leonie

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 07.12.2006, 23:14

Liebe Leute,

jüngere Deutsche sind für mich alle, die jünger als zwanzig sind. Wer sich mit dreißig oder vierzig noch für jung hält hat ein kleines Problem mit der Realität (oder auch mit der fehlenden nachwachsenden Generation). (Schaut mal beim Spiegel online nach, was da heute abend so Schlagzeilen macht. Ich verlinke lieber nichts, sonst ist nachher noch jemand beleidigt).

Leonies Alter will ich hier nicht verraten. Und wenn ihr mich zwingt sage ich eben: Sie ist knapp über fünfundzwanzig.

Grüße

Paul Ost

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.12.2006, 00:00

Beitrag von Magic am 8.12. um 13.18 Uhr editiert, da er die Autorin anscheinend unötig verärgert hat.
Magic
Zuletzt geändert von Mucki am 08.12.2006, 13:18, insgesamt 1-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 08.12.2006, 01:28

Liebe leonie,
das finde ich einmal einen guten Text in Lyrik und Kultur - eigentlich wäre es fast mal spannend dazu ein Monatsthema zu machen (Trixie schlug ja sogar mal so etwas vor!) oder ein Gemeinschaftsprojekt unter der entsprechenden Rubrik, in welchem jeder eine Strophe einbringt. Aber erst mal zu deinem Text: Ich finde er hat einen für sich einnehmenden Auftakt: "die Zäsur vor dem Jubel" - Gedanke sprachlich einfach toll umgesetzt!

Mich selbst spricht am allermeisten diese Strophe an:

Der schon immer gebrochene Stolz der
die Möglichkeit einer Freude birgt
als sei er vom Prisma
zerlegt wie das Licht


- die sicher am wenigsten "politische" Stelle, ich gebe es zu, aber ich glaube, das ist diesmal Zufall, dass ich sie mir ausgesucht habe. Aber ja, ich finde, das ist typisch deutsch (abendländisch?). (Die anderen gefallen mir natürlich auch)

Meine Ideen wären:


Was an mir deutsch ist
- im Jahre 2006 -

Die Zäsur
vor dem Jubel
der Moment in dem (welchem)


wo fand ich schon immer ein schreckliches Wort...da wo...


Magenkrämpfe bei
Unifomierten und
Schwarz-Rot-Gold
(vor allem dem unverkrampften)<-- ich denke, hier wiederholt sich unabsichtlich der "Krampf"?


ich wäre für Uniformierte, weil Uniformiertes mir harmloser erscheint, wenn auch natürlich das unpersönliche daran mehr zum Vorschein kommt. Trotzdem, für mich wäre es hier wichtig, die Menschen zu bezeichnen und nicht etwas. Zugleich hätte es den Vorteil, das Schwarz-Rot-Gold etwas lesbarer zu machen als mit einem "enem" dran.


Und doch
dieses Land lieben
seinen Horizont
die Sprache<---ich wäre für kleines die, weil seines auch klein ist, oder absetzen und groß!
deren schönstes Wort
Versöhnung lautet <--so gesetzt klingt es für mich nicht weniger pointiert/betont und doch sprachlich schöner.

das habe ich sehr gerne gelesen - ich mag deine Spannbreite an Themen, die du immer angemessen angehst.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Klara
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Beitragvon Klara » 08.12.2006, 11:29

Hallo,

jüngere Deutsche sind für mich alle, die jünger als zwanzig sind. Wer sich mit dreißig oder vierzig noch für jung hält hat ein kleines Problem mit der Realität (oder auch mit der fehlenden nachwachsenden Generation).


Was du meinst, Paul, sind wohl eher die JUNGEN Leute, um nicht zu sagen die Jugendlichen und Kinder ,-)

Meine Mutter ist 67 und ist jünger in Herz und Kopf als so mancher Mitschüler meiner Töchter
Manchmal tendiert sie sogar zu regressivem Nöl-Verhalten, was weniger schön ist...) .-)

Mit der "nachwachsenden Generation" habe ich zurzeit nur insofern ein Problem, als deren vier unter meinen Fittichen befindlichen Angehörigen einander seit Wochen und bald Monaten abwechseln mit diversen Krankheiten und Verletzungen abwechseln - und somit noch mehr von meiner Kraft fressen als ohnehin. Überdies äußert sich dieses Wachsen der Nachwachsenden mitunter in schmerzhaften Knochen- und Muskelschmerzen wadenwärts, vorzugsweise nachts, und vorzugsweise unter elterlichem Beistand... Mein eigenes Jungfühlgefühl (und mit einiger Wahrscheinlichkeit auch mein inneres, geistiges Wachstum) ist dadurch zugegebenermaßen ein bisschen beeinträchtigt...

lg
k :16:

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Beitragvon leonie » 08.12.2006, 15:47

Lieber Paul Ost,
danke, das ist sehr charmant von Dir, nichts zu verraten!

Liebe Lisa,
danke für Deine Rückmeldung, über die ich mich sehr freue.
Ja, mit dem „wo“ hast Du recht.
Doch, das doppelte „kramf“ war Absicht, man hat zur Zeit der WM so oft das Wort „unverkrampfter Umgang mit der deutschen Fahne, dem Patriotismus, etc. gehört und ich wollte deutlich machen, dass gerade dieses Wort in mir einen Krampf auslöst. Aber ich habe es mal probehalber gekürzt. Das „m“ am Ende von Uniformiertem ist auch Absicht (weil Uniformierten so auf die Personen geht) und Uniformiertem für mich weiter gefasst ist.
Mit dem Groß/Kleinschreibung bin ich insgesamt noch nicht so ganz glücklich. Ich probiere gerade nur klein. Ich stelle es mal so ein, mit Kürzung und nur klein geschrieben und wäre gespannt, was Ihr dazu meint.
Und mir geht das mit dem Schluss anders, lese ich anders als Du. Für mich nimmt es dem „Versöhnung“ etwas weg, wenn das „lautet“ nachgestellt ist.

Liebe Klara,
also ist man doch so alt wie man sich fühlt, gell? Ich kenne auch viele Menschen, bei denen das eigentliche Alter nicht das wahre ist.

Liebe Grüße
leonie

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 08.12.2006, 20:48

Hallo leonie

Vielen Dank für Deine Erläuterungen. sie haben mir den Text näher gebracht.

Für Klara bin ich also jung, für Paul alt. Ich stecke in einer Identitätskrise :eek:

Ich stoße mich immer noch an dem "gebrochen". Es klingt so, als wäre ein berechtigter Stolz gewaltsam gebrochen worden. Das passt nicht zu Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg. Da spielten (hoffentlich) Aufarbeitung und Reflexion die entscheidene Rolle.
In Deiner Antwort schreibst Du:
"Deutsch an mir ist genau, dass mein nicht vorhandener Nationalstolz schon immer ein gebrochener war "
Wie kann etwas gebrochen sein, was nicht vorhanden ist? Aber vielleicht verdeutlicht es besser, was ich meine. Ich halte Nationalismus & Patriotismus für etwas höchst hinterfragenswertes. Das tust Du ja auch. Gebrochener Stolz klingt hingegen als wäre etwas gewaltsam zerstört worden. Und das geht an der Stelle nicht auf.

Ansonsten nähert sich dem Gedicht

Jürgen :-)

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Beitragvon leonie » 08.12.2006, 21:32

Lieber Jürgen,
ich verstehe Deinen Einwand. Ich hatte mir das so vorgestellt, dass in mir als Angehöriger einer späteren Generation der Stolz schon gebrochen "zur Welt kam".
Mir ist das Wort "Stolz" hier wichtig, weil davon so oft geredet wird und ich das als so schwachsinnig empfinde, Stolz unbedingt wieder erringen zu wollen (und dafür notfalls die Geschichte zu leugnen) und ich den Eindruck habe, in mir war Stolz (auf dieses Land) immer nur gebrochen vorhanden. Und das empfinde ich nicht als Nachteil, sondern als Quelle eines gewissen Verantwortungsbewußtseins.
(Ich denke übrigens, dass Stolz doch auch durch Einsicht in die eigene Schuld gebrochen werden kann, nicht nur von außen mit Gewalt).

Ich weiß einfach nicht, wie ich das besser und trotzdem angemessen ausdrücken könnte, hast Du eine Idee? Und wie empfinden andere das? Ich denke weiter darüber nach.

Dir auf jeden Fall danke fürs Nachhaken

liebe Grüße

leonie


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