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Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Peter

Beitragvon Peter » 17.11.2006, 06:22

aus copyright-gründen gelöscht

siehe: http://www.blauersalon.net/online-liter ... highlight=
Zuletzt geändert von Peter am 19.02.2008, 14:01, insgesamt 3-mal geändert.

aram
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Beitragvon aram » 17.11.2006, 06:58

lieber peter, guten morgen!

(eine kleinigkeit vorab - ich würde den text in standardschrift setzen - vielleicht geht es nur mir so, aber ich kann groß gesetzte texte komischerweise nicht beurteilen - zum glück kann ich die schrift mit der browserlupe verkleinern und als normalschrift lesen, und deinen text kommentieren.-)

mich sprechen vor allem die absätze 2 bis 5 an, weil ich das was du darin beschreibst sehr gut nachvollziehen kann. den weiteren verlauf des erlebens kenne ich nicht, er ist aber ebenfalls sehr klar beschrieben.

der erste absatz ist mir noch ein wenig zu kompliziert /überfüllt, was beim annähern an ein schwierig zu beschreibendes erleben verständlich ist (falls du den text heute geschrieben hast - er ist wesentlich präziser und abgerundeter, als ich in so kurzer zeit destillieren könnte)
- aus dem ersten absatz würde ich streichen:

Heute Morgen, noch fast im Schlaf, hatte ich den Gedanken, vor irgendetwas zu stehen, das mir aber kaum zu unterscheiden war. Wie vor einigen Tagen dachte ich an einen Gegenstand - es war als hätte ich einen Gegenstand, oder vielmehr eine Form, die mir aber so nah vor Augen stand, dass ich sie, allein aufgrund der Stellung der Augen (oder weil es zwei Augen waren?), nicht fixieren konnte. Irgend eines war mir überaus nah,verblüffend nah, und wie ich mich auch wandte, wacher träumte oder dachte, ich sah mich davon bewirkt - es war ein bestimmter Gegenpol, der mich, sehr seltsam: mit Welt umschloss.

das wars auch schon - nun sagt mir auch die 'einleitung' sehr zu.

zum inhalt - schön, dass du dieses geschehen miterleben und beschreiben kannst - der eintritt auf eine bestimmte existenzebene, das 'werden', und das wahrnehmen können, 'wie es sich anfühlt', 'was da thema ist'.

vermutlich können nicht all zu viele menschen solche erlebnisse und wahrnehmungsarten nachvollziehen - ich weiß nicht, wie sich der text dann liest - doch ich finde ihn sehr klar, präzise und nachvollziehbar.

im einzelnen will ich ihn nicht 'zerreden', ist auch nicht nötig weil alles passt aus meiner sicht. inhaltlich könnte man sich über jede einzelne wendung austauschen.

für mich ist dieser text auch ein beispiel dafür, wie 'dienlich' sprache ist - dass man etwas beschreiben kann, wofür es an sich keine referenz gibt, solange man beim erleben der situation bleibt, wie ungewöhnlich / vergleichslos / rahmensprengend sie auch sein mag - ok, es mag ebenen geben, wo dies nicht mehr möglich ist - zumindest nicht mehr so erlebt wird - doch es gibt 'hilfsmittel', und die hast du sehr schön beschrieben - dieses 'ruhigstellen' bestimmter anteile, um insgesamt das relevante erleben/ wahrnehmen zu können, das 'fluktuieren' in einem raum mit schlaf- und wachzustandsanteilen -- das auge bildet sich an der sonne.

danke für den text und einen schönen tag!
aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Peter

Beitragvon Peter » 17.11.2006, 07:46

Lieber aram,

danke für deinen Kommentar. Die Schrift habe ich ein wenig verkleinert, ich dachte wir treffen uns in der Mitte. Die Handk'ische Großschrift möge man verzeihen, aber sie entspricht doch, wie ich denke, der Langsamkeit des Textes und seinem Beruhen(wollen) auf Einzelheiten.

Zu den Änderungen: Ich werde sie wahrscheinlich übernehmen, nur ist der Text noch so frisch, was du gestrichen hast, steht für mich in einem/ für einen Rhythmus, den kann ich jetzt nicht zerschneiden, das wäre ein großes Aua.

Schön, deine Gedanken. "Das Auge bildet sich an der Sonne" - ja.

Dir auch einen schönen Tag
Peter

aram
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Beitragvon aram » 17.11.2006, 08:04

hallo peter,

die jetzige schriftgröße finde ich gut.
meine striche sind selbstverständlich keine "zu-mutung" an dich, sondern spiegeln lediglich meine art zu lesen.
- wenn der text frisch ist, finde ich ihn wie gesagt umso bemerkenswerter "rein"geschrieben.

liebe grüße
aram
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l. cohen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 18.11.2006, 13:20

Hallo Peter,

die Welt im Halbschlaf zu beschreiben, ist dir auf bizarre Art sehr gut gelungen. Ja, so könnte ich es mir gut vorstellen. Du wählst ungewöhnliche Bilder, Worte, sehr kreative Wort-Kombinationen.
Doch, was Satzstellung betrifft, sehe ich einige Mängel, auf die im Einzelnen einzugehen, sicherlich eine größerer Aufwand wäre und, so glaube ich, auch nicht in deinem Interesse wäre. Ich vermute mal, dass du diese ganz bewusst so gelassen hast und keine ausführliche Auseinandersetzung im Detail möchtest (in Bezug auf Grammatik, Wortstellung, etc.), würde es doch deinen Text sehr stark verändern.
Saludos
Magic

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.12.2006, 16:25

Lieber Peter,
ich habe das schon ein paar Mal gelesen, bin aber nie dazu gekommen, etwas zu schreiben - am ärgsten hemmt mich ehrlich gesagt arams erster Kommentar (seine Änderungen finde ich übrigens gelungen), weil er einfach so treffend ist. Was bleibt mir zu sagen? Geschwafel :-).

Zuerst war mir dieser Text näher als der "Der Tod und die treibenden Menschen", inzwischen ist das (bisher) andersherum, aber auch hier bin ich schon ein bisschen näher gerückt. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie lange ich schon nicht mehr im Halbschlaf war bzw. mich daran erinnere. Ich glaube, meistens bin ich dann eher noch bei den Träumen (du wirst sicher sagen, du auch, aber ich meine es anders :-)) als beim Raum. Deshalb war es schön, trotzdem durch deinen Text erinnert worden zu sein, dass ich das sehr wohl kenne!

Ich stelle es mir unheimlich vor, diese Erinnerung ohne zu großen Verlust zu rekapitulieren. Heute nacht zum Beispiel (vielleicht schreibe ich deshalb gerade heute diesen Kommentar) habe ich wieder ein Lied geträumt (das passiert mir seit ein, zwei Jahren manchmal) und natürlich konnte ich es nicht erinnern, obwohl ich es, als ich es noch hörte und dachte, ich sei schon wach, es fest glaubte. Aber es ist etwas vollkommen anderes als man denkt. Das weiß man aber erst, wenn man dann "wirklich" wach ist. Manchmal erinnere ich mich zum Beispiel an aufgestellte Rechnungen oder Prämissen, deren Konklusion dann auf einmal völlig wirr wird, aber im Traum so klar und wahr erschien, dass ich befürchte mit der Musik wird es auch so sein. Was ich sagen will - ohne Verlust von solchen Übergängen zu schreiben, ist sehr sehr schwer, ohne in völlig andere Gesetze zu fallenund einige Passagen sind trotzdessen sehr genau, das gefällt mir.

Zwei kleine Ideen:

und wie ich mich auch wandte, wacher träumte oder dachte ich sah mich davon bewirkt. Es war ein bestimmter Gegenpol, der mich, sehr seltsam: mit Welt umschloss.


Hier bin ich peinlichweise unsicher, müsste es nicht passiere heißen? (Kommt vielleicht drauf an, ob man die Möglichkeit völlig oder nur etwas ausschließen möchte? Natürlicher wäre mir allerdings passiere....~~weiß aber nicht, KI,KII)
Der Schlaf war noch da, ich fand seinen leisen Sog, es war als passierte ich eine Schwelle


Da aram alles "allgemeine" schon gesagt hat, musste (durfte) ich persönlicher werden und steigere mich dort noch mit einem Textausschnitt hinein, den man, was die äußere Handlung angeht, sicher nicht so für sich verstehen kann, den ich aber trotzdem mal poste, weil mein Halbschlaf die Lichtveränderung ist, die etwas zu magisch aufgeladen (sie ist extra dramatisch überzeichnet) wirkt in ihrer Isolierung von dem Gesamttetx, die ich aber trotzdem gerade spannend finde, gegen deinen Halbschlaf zu halten:

Un mit ihm kam eine [...] Lichtveränderung. Eine Lichtveränderung in einer Welt -einer von vielen-, die in Farben gedeutet, durch Blaupausen gezeichnet. Die Lichtveränderung, die nicht Teil der Farbkreise, sondern das Atmen der Größe, durch die Farbgebung bestimmt ist. Sie ist die Bestimmung des Grades an sich, der Wurf des Winkels, in dem die Erde kreist, meine Perspektive in den Raum vorstößt und Maßfarben bildet beim Durchwirken der Dinge. Was bedeutet es schon, ob das Kleid des Mädchens jadewild [...]. Was bedeutet dieser Farbwechsel schon in Anbetracht einer Lichtveränderung. Einer Lichtveränderung, welche die gesamten meinen Augenkugeln einverleibten Anblicke der Erscheinungen verändert und, da es mit ihrem Eintreten keinen Anhaltspunkt zum Vergleich für das Vorher und das Jetzt gibt, nicht mehr als in einer kurzen Auffälligkeit erfasst werden kann. Dann aber erlischt sogleich die Lebhaftigkeit der Erinnerung und keine Veränderung ist mehr augenscheinlich. So bleibt von der Veränderung nur das Licht und dieses wiederum in seiner ständigen Durchwirkung der Dinge hinter den Farben zurück. So spare ich mit meinen Lidschlägen, um, bevor dies geschieht, noch im Dunkel meiner Vorstellung das Gestern für den Vergleich zu wahren.
Ich stelle mir vor: Gestern: Das eisblaue Kleid des Mädchens im stetigen Kontrast zum Außen, trotzverankert und furchtschwebend. Das Braun des Hauses horizontüberschreitend und sich über alles verwerfend. Stärker dies beschriebene, wenn ich in ihm, wintersonnengleich; etwas abgeschwächt wenn mein Blick von ihm abgewandt. Dann schlägt es Spiegelschatten zur Seite aus. Und Jakobs blassschachtelgelb, Schein eines Lichtfarbstern, den ich, verweile ich noch bei meiner Nachtsparsamkeit, nicht wahrzunehmen vermag.
Und wenn ich jetzt schmal meine zweischwingige Wimpernpforte um so viel öffne, dass der Übergang geahnt werden kann, dann – immer noch in mir, denn nirgends anders ist es möglich - das Gewahrwerden dieses Lichtfarbsternes, der erst noch ist: Jakobs grubenschwarzer Augenblick, der sich in den Himmel weitet, erst in Form einer Kugel, verigelt und in sich selbst verarmt, doch schon schlagen seine zuvor nach innen gebogenen Sternenarme weißlichtwild nach außen, zum Innen, in alle Himmelsrichtungen um dann mit einer letzten Kontraktion von ihrer gemeinsamen Mitte aus achtarmbögig, ihre Spitzen silberzischend an den Grenzen des von ihnen selbst geschaffenen goldgarnstraffen Durchschnitts festglühend, das Himmelszelt aufzuspannen - um einen Grad verrückt.
Und dann lasse ich mit dem vollen Öffnen meiner Augen den Tag unter dieser Jungkuppel aufgehen. Und sehe jetzt: Das Kleid des Mädchens noch eisblau fortweisend, doch die Bedeutung des Eisblau an sich nun um eine Spur trotziger, verzogener. Das Braun des Hauses stetig ausufernd, doch dieses Braun an sich nun in der Welt unschärfer in seinen Schattenwürfen und Jakobs Schachtelgelb erst jetzt eine Bezeichnung.
Meine Iris erzittert, mein Herz fällt in Aufregung, als ich mich aufsetze. Denn mein Schwur lautete: Ohne dies. Dinge solcher Art dürfen zu dieser Zeit nicht wichtig sein.


Etwas ganz anderes?
Es macht Freude in deinen Texten zu entdecken....
Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Peter

Beitragvon Peter » 07.12.2006, 17:59

Liebe Lisa,

wie ein Gedicht, das sich auflöst, kommt mir deine Beschreibung vor, wie ein Farbtropfen in Wasser, und was man sieht, oder fast nur noch erahnt, ist etwas ohne äußere Form. Mit zieht es sehr zu solchem Denken, weil mir selbst die äußeren Formen eigentlich fremd sind. Mich interessiert die Sprache in ihren a-materiellen Zuständen. Für mich selbst wird meine Existenz erst bekannt, wenn sie, wie jene deiner Beschreibung, sich auflöst und ihre, ich bin mir dem sicher, eigentliche, die ihr eigene Form annimmt, die eben eine ist ohne Form.

Mich wunderte oft, das Unverständliche ist eigentlich das Zuhaus, das Vertraute - So wie ja auch deine Beschreibung, trotz der gewissen Fremde der Bilder, für mein Begreifen zumindest vor Vertrautheit leuchtet. Wo die Punkte verschwinden, wo die Sprache nicht mehr zur Mitteilung dient, wo der äußere Nachvollzug, an uns geworfen, verschwindet, wir unbekannt werden im aber Eigenen, das sich steigert, und wir einkehren (ich glaube das darf man so nennen), dort beginnt - ich weiß nicht was beginnt - aber dort ist ein Anbeginn... des Lebens erst?...

Ich kann mir vorstellen, dass dein Beschriebenes irgendwann aus der Ferne sich hertragend einmal ein Gedicht werden wird. Eigentlich vergisst man ja solche Gedanken, aber vergessen sind sie nicht. Dafür sind zu sehr in der Sprache, viel mehr als wir selbst.

Danke fürs Lesendürfen, Lisa.

Zu den anderen Dingen: ja, ich glaube auch, aram hat schon viel gesagt, er hat die Gesetze angesprochen, die sich verändern im Aufwachen. Darum geht es, und dass es schwer ist, wie du schreibst, ohne Verlust von solchen Übergängen zu schreiben. Das hab ich oft versucht, ich glaube wir sprechen auch von "Schichten", diese (landschaftlichen) Schichten des Schlafens/ Denkens darzustellen, und wie ich meine, zielen eben dahin immer meine Worte, denn dort in den Schichten ist das Bild.

Zu den Vorschlägen, ich bin ja da oft sehr penibel. Du schlägst einen Punkt vor (im ersten Vorschlag). Für eine Lesbarkeit würde ich ihm zustimmen, aber weil ja der Nicht-Punkt hier eine Gebundenheit zeigen soll ("wie ich mich auch wandte..."), möchte ich auf ihn nicht verzichten, auf den Nicht-Punkt.

Ob KI oder KII, da geht es mir ähnlich wie dir. Meinem Dialekt nach würde ich den Satz so schreiben, wie ich ihn schrieb. Ich werd aber mal mein Grammatikbuch hervorholen, ich wollte schon oft lernen, wie man schreibt - aber man fühlt halt, lebt zusehr, taucht lieber in so schöne Quellen-Gewässer wie oben dein (ungeborenes) Gedicht.


Liebe Grüße,
Peter

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.12.2006, 11:44

Lieber Peter,

Mich wunderte oft, das Unverständliche ist eigentlich das Zuhaus, das Vertraute

Es müssen schon ganz schöne Anstrengungen unternommen werden oder viel muss zerbrochen/umgeschichtet/aufgerüttelt werden, damit man das Gewohnte als das Unverständliche ansieht, oder? Ich glaube nicht, dass das der Regelfall ist (ich meine auf bewusste Weise). Die meisten Menschen wachen anders auf als das lyr. Ich in diesem Text, zumindest mit der Zeit. Die meisten nehmen nichts dieser Phase wahr, ja die meisten werden deine Schilderungen sogar als unverständlich empfinden, als abgehoben, nicht nah am Erleben. Da bin ich mir sicher.
Wenn ich überlege wie selbstverständlich für mich als Kind das Zuhause war, so selbstverständlich, dass ich mich an den Bruch zwischen mir und dem anderem (Wände, Tische, andere Menschen) nicht mehr emotional erinnern kann, weil ich einfach nicht drüber nachgedacht habe...
Ist der prozess aber erst einmal in Gang gesetzt (von was eigentlich? von stärker ausgebildeten Synapsenverbindungen? Von angelerntem? Oder von etwas tiefer drinnen?) stimme ich dir allerdings zu, dass er in erster Linie das "Zuhaus" ins Auge fasst.

Zum Punkt/Gedankenstrich: ich habe den Vorschlag nicht aus Grammatikgründen gemacht, sondern aus rhythmischen, es liest sich ganz anders in meiner Variante (es kann also durchaus sein, auf eine von dir unerwünschte Art). Es ist meine Lesart der Stelle.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Thaddäus

Beitragvon Thaddäus » 17.12.2006, 18:47

Grüß Dich, mein Lieber!

Ja, das wünscht man sich: Eine Sprache, die sich spricht, aus sich selbst kommt, aus sich selbst als dem großen und schier unersättlichen Volumen von Observation und Selbstobservation. Eine Sprache, die sich wesentlich auf das Spiegelverhältnis von Betrachtung und Betrachtet-Sein einläßt und trotzdem die subtilen Öffnungen für glaubhaften Bildaufbau und Nachvollzug anbietet. Das Schöne ist ja, mein Lieber, daß deine Bilder immer auch von ihrer Bedrohung wissen, von ihrer Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit. Um so rührender deine Demut, dich diesen gewalttätigen Kräften von Eindruck und Auslöschung zu unterwerfen, die Metamorphosen des Subjekts in Bilder zu steigern, die - um nun selbst einen Vergleich zu bemühen - wie sinkendes, schwebendes, auftauchendes, verschüttetes, sich entblößendes, sich zeigendes und wiederum abtauchendes Treibgut im Meer anmuten. Entsprechend sind 'Heben' und 'Sinken', 'Wandel' und 'Ding', 'Sonne' und 'Dunkelheit' ja direkte Hinweise darauf, um was es geht: Um Sprache. Um die Genese von Sprache, um ihr Bedrohtsein, um ihre Rettung ins manifeste Denken. Ja, das. Und dann auch der narzißtische Brunnen, aus dem die Sprache trinkt, sich selbst trinkt, sich selbst reflektiert, als wärest du gar nicht dabeigewesen. Das ist Schlaf, das ist Halbschlaf, das ist Vergessen und Erinnern, Verlieren und Finden. Das ist Sprache in ihrem Grenzbereich zwischen außen und innen, überhaupt Sprache am Ort ihres Entstehens.

Lektüren, die diesem deinen Gestus Recht geben: 'Finnegans Wake' von Joyce, das Kultbuch von der Entstehung der Sprache aus dem 'Halbschlaf''; und, natürlich, Kafkas 'Galerie'-Text, der um die Bezugspunkte von Schlaf und Erwachen, Krankheit und Rettung ein Netz schier unerschöpflicher Sprach- und Denkrätsel legt. Aber nein, hier im Kafka-Text doch auch das Motiv der Musik als dem unaussprechlichen Rest von Sprache.

Das alles, glaube ich, verlangt nicht den "Leser" im traditionellen Sinne, sondern den existentiellen Leser. Denjenigen also, der aufbricht, um selbst im Zittern des Allerleisesten noch das Gleichnis seiner eigenen (bedrohten und sprachgeretteten) Existenz zu erahnen.

Für mich fraglos gelungen. Vollgültig. Keine Änderungswünsche. Wieso denn?


See ya, peace yo

Thaddäus

Peter

Beitragvon Peter » 17.12.2006, 19:47

Hallo mein Lieber,

ja ich denke auch, ohne Existenz oder Empirie (wie ja auch oben von Lisa und Aram angesprochen) wird sich dem Leser der Text entziehen - er muss hier anders wollen - auch, weil im Text kaum etwas "Aufgetauchtes" herrscht - daher hat man sich auf Eigenes (Erfahrenes) zu berufen und kommt erst von dort in eine Annäherung zum Text.

Du hast (m)ein Ideal beschrieben: Eine Sprache, die sich spricht, die aus sich selbst kommt und sich reflektiert, die aber trotzdem, obwohl nur Phänomen, sich zu ordnen weiß und, obwohl eigentlich verschwommen, eine Struktur aufweist.

Ein fernes, schönes Ziel...

immer wieder...

Ich danke dir dafür.

Liebe Grüße,
Peter


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