dich sprechen hören

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 02.12.2006, 21:03

dich sprechen hören
zwischen den hohen bäumen
wenn blätter rascheln

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 03.12.2006, 19:31

Schön, moshe.

Das ist mein spontaner Leseeindruck. Dass man sich zwischen hohen Bäumen unterhält, suggeriert, dass man schwebt. Sonst würdest Du ja "unter den hohen Bäumen" schreiben. Etwas Besonderes in Form eines japanischen Kurzgedichtes :daumen: , obwohl es wahrscheinlich weder Haiku noch Senryu noch Tanka nochwasweißich ist.

Gerne gelesen

Jürgen

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 03.12.2006, 21:05

Danke Gurke.

Was das nun genau von der Form ist und welchen Regeln es nun entspricht oder nicht, versuche ich selbst erst heraus zu finden.
Ich habe einen Eindruck aus hohem Buchenwald in Deutschland beim Pilze-Suchen mit einem japanischen Empfinden zu vermischen, wie eine Collage.

Wenn das gefällt und verstanden wird, hat der Text sich erfüllt.

Moshe

Klara
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Beitragvon Klara » 03.12.2006, 23:05

Hallo,

Ich habe einen Eindruck aus hohem Buchenwald in Deutschland beim Pilze-Suchen mit einem japanischen Empfinden zu vermischen, wie eine Collage.


Nein, das ist nicht gelungen, das zu vermitteln. Weder Buchenwald noch Pilze noch Japan. Bei manchen deiner Texte, moshe (und eben auch bei diesem und sei er ncoh so kurz bzw gerade deswegen), hab ich das Gefühl, dass du all deine Sinnlichkeit für die Wahrnehmung verbrauchst, und dem Text lässt du nur Haut und Knochen, den Leser blindlings stochern. Warum?

So entsteht bei mir keinerlei Empfindung, nur raschelndes Papier.

LG
Klara

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.12.2006, 01:02

Hallo Moshe,

dein Text hat zwar das Haiku-Versmaß, jedoch aus meiner Sicht keinen Bezug zu einem Haiku, weder traditionell noch modern.

Mir fehlt ein zweiter Vers, der das Gefühl des LI ausdrückt, wenn es das Du sprechen hört zwischen den Bäumen. So wirken die drei Zeilen verloren.
Saludos
Magic

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 04.12.2006, 10:27

Lieber moshe,
ich fand Gurkes Assoziation zum Schweben spannend:

Dass man sich zwischen hohen Bäumen unterhält, suggeriert, dass man schwebt. Sonst würdest Du ja "unter den hohen Bäumen" schreiben.


Mir gefällt die Momentaufnahme deshalb (könnte auch ruhig noch mehr kommen, aber so gefällt es mir auch).

Japanisches Empfinden finde allerdings ich auch nicht - da verlangst du dem Leser viel zu viel ab, woran soll er das festmachen? An der Form geht das ja nicht (Silbenanzahl, Inhalt).

Trotzdem gern gelesen,
Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Iris

Beitragvon Iris » 04.12.2006, 13:57

Lieber moshe,

für mich sind diese zeilen nicht nur raschelndes papier, sondern geben eine wunderbare stimmung wieder, ich spaziere gleich mit. doch hätte ich buchen statt bäumen geschrieben, da es so die stimmung noch spezieller macht.

lg iris

aram
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Beitragvon aram » 04.12.2006, 14:11

lieber moshe!

- ist es völlig egal, was das lyr.du sagt? geht es nur darum, dass es spricht?

...über solche fragen komme ich leider nicht hinaus bei kurztexten, die vieles implizieren, aber keinen hinweis darauf geben, was es sein könnte.

da spaziere ich nicht mit - womit denn auch, mit meinen eigenen assoziationen? - das ginge nur, wenn ich sie (zum text) hätte, ohne ihrer bewusst zu sein; d.h. ohne zu merken, dass ich "mich" lese und nicht den autor.

liebe grüße,
aram


p.s. - der 'normalfall' und das schöne an lyrik ist dagegen ja das gefühl, 'mich' zu lesen UND den autor.

hier ist das nicht so - schon der erste kommentar von jürgen z.b. spricht von etwas, das im gedicht nicht gesagt wird, und worauf der text keinen hinweis gibt. ("sich unterhalten") - eine assoziation des lesers (als solche natürlich ok.), die dem autor aufgrund des textes nicht 'unterstellt' werden kann.
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 04.12.2006, 15:48

Nun, die Meinungen sind hier sehr geteilt und ich bin weiter auf der Suche.

Iris: Die Idee 'Buchen' zu schreiben, anstatt 'Bäumen' , gefällt mir sehr gut, weil es dann konkreter wird.

Lisa: Warum geht 'Japanisches' von der Silbenanzahl nicht?
Vorsichtig gefragt: Könnte es sein, daß du keine große Anhängerin von Kurzgedichten bist?

Mit liebem Gruß

Moshe

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 04.12.2006, 16:13

Lieber moshe,

unvorsichtig geantwortet: Was ist eine Anhängerin?

Die Länge eines Textes und die Einordnung in eine bestimmte Form sind nicht entscheidend für meinen Lesegenuss, falls du das meinst. Wenn du aber meinst, dass ich vielleicht nicht genug Ahnung von bestimmten Formen der (japanischen) Kurzlyrik habe, so stimmt das sicherlich. Ich meine das nicht (nur) in Bezug auf Theoretisches, sondern in erster Linie in Bezug auf das nötige Gefühl.

Ich sprach nicht davon, dass "Japanisches" nicht aufgrund der Silbenanzahl nicht geht, in der Klammer steht Silbenanzahl, Inhalt. Aber genaueres dazu sollte wohl jemand erklären, der davon mehr Ahnung hat als wir beide :-).

Ich habe einmal von Gurke einen Haiku in die Blaue Anthologie gewählt, weil er ganz anders war, als die Versuche anderer Deutscher, sich an Haiku zu versuchen, "Haiku im Zeiltalter der Technik":

Das Handy vibriert
Polyphoner Klingelton
Display leuchtet auf

(Gurke, 9. April 2006)


Sowas finde ich dann schon wieder gut. Fast alle anderen Versuche kommen mir als einer daher, die der Urform eben nur bis zu einem gewissen Grade gerecht werden kann, nie bis zu einem echten. Dazu gehört jahrelange Beschäftigung, eine Annäherung von innen heraus. Viele in haikuform geschriebene Gedichte - auch in diesem Forum - gefallen mir, aber ich lese sie nicht als Haiku bzw. Senryu oder noch anderen Formen.

So auch deines (Haiku wäre ja sofort inhaltlich raus, Senryu kann ich letzlich nicht mehr beurteilen, stimme aber für nein). Ich habe deinen Text wie gesagt gern gelesen, aber japanische Assoziationen weckt es nicht in mir. Woher auch? Nur aufgrund der Silbenanzahl? Die Silbenanzahl stimmt für Haiku und Senryu, der Inhalt für einen Haiku nicht, für Senryu fraglich, nicht prüfbar für mich auf der Ebene, auf der es zählt, andere Formen sind durch Silbenanzahl ausgeschlossen.


Eine echte Annäherung erfolgt für mich auf umgekehrtem Wege, vom Inneren in die Form, woraus dann irgendwann durchaus ein Haiku (oder: noch spanneder eine wie du beschreibst Haikucollage) entstehen kann.

Lese ich dein Gedicht ohne japanische Form, gefällt es mir, mag ich es. Lese ich es mit, ist es für mich ein halbherziger Versuch bzw. ein gescheiterter Versuch.

ich denke zu einem Versuch (du schreibst ja selbst, dass es einer ist) gehört auch, die Rückmeldung zu bekommen, dass er nicht gelungen ist. (Und auch gesagt zu bekommen, dass auf einer anderen Ebene der Text trotzdem gern gelesen wird).

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 04.12.2006, 23:18

dreizeiligersibezehnsilberbistduselbstzufriedendamit...
salve
hakuin

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 04.12.2006, 23:49

Hakuin:

Dunnsdummsknallekelsaftfroschsummelstapel.

:daumen:

moshe.c

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.12.2006, 23:55

Ähm, ich glaube, wenn Schwarzbeere das liest, wird er nicht mehr vor "Ehrfurcht" erstarren :spin2:
Ich hab mir gerade die Zunge gebrochen.
Saludos
Magic

Iris

Beitragvon Iris » 05.12.2006, 11:57

Lieber aram,

Da moshe ein Mann ist und sicher auch aus männl. Sicht schreibt, auch wenn es keine 1:1 Übersetzung sein muß, sondern "Dichtung und Wahrheit" sein darf, so ist es eventuell so, daß das LI mit einer Frau spazieren geht.
Wenn ich einen Mann, den ich mag, lange nicht sah, dann ists bei mir so:
Wenn das Herz voll ist, läuft der Mund über; könnte durchaus sein, daß das lyr Du nur redet, so ists oft zwischen Männern und Frauen, Mann wortkarg, Frau "zwitschert", plappert, erzählt im Wald ja ... Blätter rascheln auch, wenn er mal was nicht so genau verstehen oder hören kann, möchte ...
und mancher Mann mag auch, wenn Frauen nicht schweigen und kommt lieber selbst nicht zu Wort ... und was sie sagen ... naja ...
ist oft wahrscheinlich nicht so wichtig, Hauptsache sie spricht (sich aus) und er hört sie.

Liebe Grüße Iris


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