wErdung

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 27.11.2006, 16:05

wErd
Zuletzt geändert von Niko am 15.11.2007, 23:49, insgesamt 3-mal geändert.

aram
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Beitragvon aram » 03.12.2006, 00:53

lieber niko,

nochmal zum flammenbild -

so suche ich flammen / aus der asche

problem ist für mich das 'aus' - 'aus der asche' kann ich nur so lesen, dass die flammen da auch 'drin' sind (sonst könnte das lyr.ich sie nicht heraussuchen) - was rein vom bild nicht funktioniert.

'in der asche' würde sich dagegen nur auf die suche beziehen und offen lassen, ob die flammen zu finden sind.

aber vielleicht willst du hier ja ein dekonstruiertes bild haben.

(nochmal nebenbei: diesen text finde ich wirklich besonders gut)

liebe grüße
aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Niko

Beitragvon Niko » 03.12.2006, 10:06

danke aram für´s "besonders gut". ich find es im übrigen hervorragend, sich gerade über derartige details auseinander zu setzen. auch dafür nochmal danke.

ich sehe es so:

"so suche ich flammen aus der asche" impliziert, dass da auch welche sein könnten. "suche flammen in der asche" hingegen ist für mich negativer, weil es (nach meinem denken) von vorneherein klarstellt, dass in asche ohnehin nichts an flammen zu finden sei. aber ich glaube, insofern sind wir nicht weit auseinander. vielleicht auseinander im subjektiven empfinden? aus sicht des lyrichs ist "aus der asche" hoffnungsvoller. unter all der asche könnte ja vielleicht doch noch ein funken glut sein, das entflammbar ist. "in der asche" gleicht mehr dem verzweifelten versuch, der von vorneherein zum scheitern verurteilt ist.

ich hoffe, du kannst meinen gedankenwindungen folgen. macht es diese erläuterung für dich nachvollziehbarer?

lieben gruß: Niko

Last

Beitragvon Last » 03.12.2006, 10:38

Hallo Niko,

dazu muss ich mich natürlich melden, nicht nur wegen der Thematik, sondern auch weil mich deine Umsetzung sehr anspricht. :daumen:

Nach den bereits ausführlichen Kommentaren habe ich ja sogar den Luxus mich direkt zu Einzelheiten zu äußern. ;-)

Dabei müchte ich dich zunächst hinsichtlich der Formulierung "aus der Asche" unterstützen. Sie erscheint mir nicht nur richtig, sondern auch treffender, als "in der Asche". Der Grund dafür liegt in den Assoziationen, die bei mir entstehen, sucht jemand die Flammen aus der Asche, so empfinde ich das Bild von Jemand, der bereits das Brennen erlebt hat und nun wieder an diesem Schauspiel teilhaben möchte, deshalb durchpflügt er nicht nur das Verbrannte, sondern sucht intensiver. Er ist der Überzeugung, dass die Flammen nicht verschwunden sein können, sondern noch immer in der Asche stecken müssen, wo doch das Feuer die Essenz der Asche gewesen ist. So hofft er, die Flammen würden auferstehen, wie der Phönix aus der Asche. Von dieser Kraft ist er geleitet, noch während er resignierend feststellen muss, ein Fisch zu sein. Somit ist es eine aktive, nach vorne ausgerichtete Resignation, es hat etwas von Revolte. Diese Formulierung empfinde ich auch als jugendlicher, während mir bei "in der Asche" ein alter Mann in den Sinn kommt, der aus dem gleichen Grund sucht, jedoch das Feuer schon verloren hat, die Asche durchfegt, durchpflügt, eigentlich eher neurotisch als hoffnungsvoll (Hier hat doch mal ein Feuer gebrannt). Evtl. streichen seine Hände dabei die Asche zur Seite und scheuern sich am Asphalt darunter wund, während der einstige Feuerplatz immer weiter abkühlt. Hier wäre die Resignation von jener Natur, die dem Vergangem nachhängt.

Das Bild "gallseitig schlafen" stört mich hingegen. Nicht, dass es den Zustand nicht treffend beschreibt, jemand, der in warmer Galle schläft, darin genauso geborgen ist, wie ihn dieser Zustand anwidern muss. Ich empfinde es aber wegen der erschwerten Zugänglichkeit als zu stark, so überlagert es den gemalten Fisch, der mir im Gesamtkontext aber als deutlich wichtiger erscheint. Des Weiteren sind die galligen Assoziationen von so negativer Natur, dass man das "dies alles kann nichts schaden nur mir" als gelogen empfinden muss, es kann eben doch schaden, gallseitig zu schlafen ist ganz bestimmt gefährlich.

Den Fisch malen und ein Fisch sein ist natürlich ein ganz toller Gedanke, der das schrittweise Werden treffend beschreibt. Aber auch den Bedeutungshorizont auf das christliche Abendland einschränkt, obwohl dieser innere Konflikt weitaus älter ist und m.E. schon in der griechischen Mythologie in Gestalt des Prometheus auftaucht. Dieser Sachverhalt wirkt aber nicht abschwächend auf die Symbolik, die auch einer logischen Verknüpfung der beiden Sprichwörter "den Teufel an die Wand malen" und "wenn man vom Teufel spricht, dann kommt er" gleicht, auch wenn der Teufel in keinster Weise direkt angesprochen wird, aber im christlichen Gedankengut auch für Probleme hinsichtlich Freiheit und Autonomie gegenüber Gott steht.

Das war dann mein Senf und nicht zu vergessen, natürlich habe ich dieses Gedicht sehr gerne gelesen.

LG
Last


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