Gefährte (II)

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Max

Beitragvon Max » 25.11.2006, 17:59

Es gibt hier schon ein Gedicht von mir mit dem gleichen Titel, aber der Titel passt hier einfach gut.

Gefährte

Du alterst
in meinen Augen*
wie ich
in deinen

Sterblich
von uns
ist immer nur einer


*geändert auf Vorschlag von Hakuin: vorher "in meinem Auge"
Zuletzt geändert von Max am 29.11.2006, 13:45, insgesamt 1-mal geändert.

aram
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Beitragvon aram » 27.11.2006, 11:31

p.s.

lieber max, deinen 'verwegenen gedanken' sehe ich erst jetzt - obwohl du ihn schon 2x gepostet hast - (da sieht man's wieder, nutzt alles nix bei ignoranten rezensenten .-)

Max hat geschrieben:Sterblich ist nur einer, nämlich der, der zuerst stirbt, weil der andere keinen beobachter mehr hat, der das Sterben beobachten könnte -


ähem - meinst du das ernst? dass man seine eigene sterblichkeit nicht mitkriegt (zumindest mit zunehmendem alter), dass man sterblichkeit nur von außen 'beobachten' kann?

lebendige grüße
aram
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l. cohen

Max

Beitragvon Max » 27.11.2006, 11:45

Lieber Aram,
:-)

Dem ganzen liegt viel mehr (jetzt mache ich aber viel Gewese um die paar Zeilen) der Gedanke zugrunde, der von der Philosophie der Romatik (Fichte, Schelling, Hegel) bis hin zu einer philosophischen Interpretation der QM immer mal wieder durch die Köpfe geistert - auch durch meinen: vielleicht beeinflusse ich die Welt ja durch meine Beobachtung, vielleicht erschaffe ich sie sogar, vielleicht stirbt die Welt ja, wenn ich sterbe. In diesem Sinne ist es gemeint: Stirbt z.B. das lyr. Ich, so ist der Gefährte unsterblich (oder stirbt mit) und aus Symmetriegründen 8wobei ich die philosophische Ebene offenbar wieder verlasse) gilt das auch umgekehrt. Uff ...

Liebe Grüße
max

Max

Beitragvon Max » 27.11.2006, 11:47

PS: Über die Mittelzeile von S.2 meditier ich mal - macht sie den Text wirklich so sperrig?

aram
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Beitragvon aram » 27.11.2006, 12:05

Max hat geschrieben: Stirbt z.B. das lyr. Ich, so ist der Gefährte unsterblich (oder stirbt mit) und aus Symmetriegründen (...) gilt das auch umgekehrt.
:o)

äußerst clever - in der erklärung ist es ja ein (amüsanter) widerspruch, im text aber nicht, weil er sich nicht festlegt ob nun der solipsist oder sein gefährte sterblich sind

...also doch ein wenig übertragung der frage nach dem geräusch des stürzenden baumes im gehörlosen wald (oder gar schrödingers katze?) auf die sterblichkeit - hatte ich kurz dran gedacht - den gedanken aber wieder verworfen weil - na ja, sterben ist meines erachtens (plötzlichen tod ausgenommen) ein prozess, der auch erlebbar ist, nicht einfach ein 'abruptes ereignis'... noch dazu ist 'sterblichkeit' ja weiter gefasst - kann man auch erleben, wenn man am leben bleibt. - aber gut, philosophisch sind das wohl 'unschärfen', die die eleganz des abstrakten gedankens stören :-)

~ ja, ohne "von uns" finde ich den text wesentlich besser (...und nur ich existiere ja .-)

sterbliche montagsgrüße
aram
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l. cohen

Max

Beitragvon Max » 27.11.2006, 12:30

Lieber Aram

ja, ohne "von uns" finde ich den text wesentlich besser (...und nur ich existiere ja .-)


naja, vielleicht bist du (nach Fichte, Hegel, was weiß ich ...) ja auch nur ein produkt meienr Phantsasie, die mir dann aber mitteilen will, dass ich Z.2 S.2 besser streichen sollte. Danke Dir oder der Phantasie!

Liebe Grüße
max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.11.2006, 13:41

Lieber Max,

ich sehe das anders und würde das "von uns" nicht rausnehmen.
Wenn du es entfernst, ist im 2. Vers der "Gefährte" draußen, es wären zwei getrennte Verse, die nicht mehr verbunden wären.
Saludos
Magic

Max

Beitragvon Max » 27.11.2006, 13:50

Liebe Magic,

hm, ich überleg noch und wäre auch auf andere Meinungen gespannt.

Liebe Grüße
max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.11.2006, 13:54

Lieber Max,

frag doch mal deinen "Gefährten", was er meint :spin2:
vielleicht ergibt sich daraus ein recht kurioser Dialog *g*
Saludos
Magic

aram
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Beitragvon aram » 27.11.2006, 14:01

(keine andere meinung - wieder nur die phantasie von max)

Magic hat geschrieben:würde das "von uns" nicht rausnehmen.
Wenn du es entfernst, ist im 2. Vers der "Gefährte" draußen, es wären zwei getrennte Verse, die nicht mehr verbunden wären.

sehe ich anders - sie bilden doch zusammen das gedicht, und so 'episch breit' ist es ja nun nicht -
"du" und "ich" stehen in s1, "immer nur einer" in s2 nimmt unmittelbar bezug darauf - worauf denn sonst?

saludos
aram
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l. cohen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.11.2006, 14:18

Hallo aram,

sicher, den Bezug erliest man, aber wenn da im 2. Vers nur stünde:

Sterblich
ist immer nur einer

würde dieser Satz noch zu mehr Diskussionen führen, was die Sterblichkeit betrifft, weil er sich so kategorisch liest.

Bleibt jedoch der Text zusammen:

Gefährte

Du alterst
in meinem Auge
wie ich
in deinem

Sterblich
von uns
ist immer nur einer


ist das Ganze ein Wir, es wirkt auf mich harmonischer, der zweite Vers nimmt so richtig teil am Ganzen, entfernt sich nicht, sondern bildet eine Einheit.
Saludos
Magic

aram
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Beitragvon aram » 27.11.2006, 14:41

hallo magic!

...stimmt, es liest sich dann 'kategorisch' - wobei ich es so sehe, dass dieses kategorische schon im dargelegten gedanken enthalten ist (zumindest scheint mir gerade das der clou am text zu sein) - daher empfinde ich es als stärkung des textes, das auch formal herauszustellen. ~ hm ich fürchte, langsam begebe ich mich auf den pfad der überinterpretation ~

cumprimentos
aram
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.11.2006, 14:52

ok, dann fragen wir doch mal den Max, ob er den Satz:

Sterblich ist immer nur einer

wirklich kategorisch meint. Wenn dem so ist, dann kann das "von uns" weg.

(Ich glaube nicht, dass er ihn kategorisch meint)

Na, schaun wir mal.
Gespannte Grüße
Magic

Gast

Beitragvon Gast » 27.11.2006, 15:04

Lieber Max,

ich dacht sofort an einen Spiegel und an ein Selbstgespräch.
Vielleicht ist es so, dass du auf dieses: Sich unsterblich fühlen anpielst, es reflektiertst?
Ich habe nicht das Gedühl, dass es um eine zweite Person geht...
Tja... und gestorben wird woanders... ;-)
Das sind so meine Gedanken, die deinem Text entspringen.
Mir gefällt er sehr gut in seiner Dichte. ich vermisse nichts in ihm, bei meiner Denkart.

Liebe Grüße
Gerda

Max

Beitragvon Max » 27.11.2006, 19:30

Liebe Gerda,

dass es diese Spiegelebene gibt, ist bewusst so gewählt - die zweite person ist in diesem Fall auch nur wichtig als Spiegel der ersten. Dennoch möchte ich es nicht auf diese Ebene reduziert wissen. Gestorben wird woanders ist ürbigens auch eine schöne wendung für eine Gedichtzeile ...

Liebe Magic, liebeer Aram, lieber Unter-Teile meines Ichs,

ich überlege auch, ob ich es kategorisch meine - eigentlich bin ich immer für das Kategorische ...

Liebe Grüße
max


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