Dank

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 16.11.2006, 22:21

Dank

Im Luftzug schwingt der Vorhang,
Lachen schwebt im Raum,
der mir plötzlich so
leer erscheint.

Ich laufe umher, ziellos,
als könne ich in den Ecken
Euch finden, die Ihr eben
gegangen seid.

Doch während ich
Gläser beiseite räume
entfernen sich auch
Eure Stimmen, verklingen.

Eine Kerze aber hat
Eure Wärme gesammelt
und verströmt sie in
meine Gedanken

bis Stille nicht nur
um mich ist, auch in mir
als hätte der Abend mich
gesättigt mit seinem Glanz.


Erstfassung:

Dank

Leise schwingt der Vorhang und
Lachen hängt noch im Raum,
der mir plötzlich so
leer erscheint.

Ich laufe umher, ziellos,
als könne ich in den Ecken
Euch finden, die Ihr doch eben
gegangen seid.

Stimmen verklingen, ganz sanft,
eine Kerze hat Eure Wärme gesammelt
und verströmt sie noch lange in
meine Gedanken

bis die Stille nicht mehr nur
um mich ist, auch in mir
als hättet Ihr mich gesättigt
mit Eurem Sein.
Zuletzt geändert von leonie am 26.11.2006, 21:11, insgesamt 4-mal geändert.

aram
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Beitragvon aram » 17.11.2006, 04:36

liebe leonie

ein gedicht, das sich mir inhaltlich nicht erschließt, trotzdem bewegt es (sich).
...ein paar ideen/versuche dazu:
Dank

Leise schwingt der Vorhang [und]
Lachen [hängt noch] im Raum, (stattdessen vielleicht: "bleibt" o.ä.)
der mir plötzlich [so]
leer erscheint. (oder: der plötzlich so / leer ist)

Ich laufe [umher,] ziellos,
als könne ich in [den] Ecken
Euch finden, die ihr [doch] eben
gegangen seid.

Stimmen verklingen, ganz sanft, (besser anderes wort als "sanft" - bzw. nicht in verbindung mit "verklingen")
eine Kerze hat Eure Wärme gesammelt
[und] verströmt sie [noch] lange in
meine Gedanken (oder: sie strömt noch lange in /meine gedanken)

bis [die] Stille nicht [mehr] nur
um mich ist, auch in mir
als hättet ihr mich gesättigt
mit Eurem Sein. (oder- mit euch? ..."sein" finde ich fast immer problematisch...)


Dank

Leise schwingt der Vorhang
Lachen bleibt im Raum
der mir plötzlich
leer erscheint

Ich laufe ziellos
als könne ich in Ecken
Euch finden die ihr eben
gegangen seid

Stimmen verklingen
eine Kerze hat Eure Wärme gesammelt
verströmt sie lange
in meine Gedanken

bis Stille nicht nur
um mich ist, auch in mir
als hättet ihr mich
gesättigt mit Euch


- die kontrolle zeigt, dass es nicht darum geht, die einzelvorschläge allesamt umzusetzen - die richtung, die der text dabei nimmt, finde ich dennoch interessant.

entschuldige, dass ich so 'hemmungslos' vorschläge mache; da mir der inhalt nicht konkret wird, sind das vor allem 'fragen' zur dichte.

mmh, trotzdem - der text berührt mich.
bin gespannt, was dazu noch kommt.

alles liebe
aram


ps. mysteriös - du schreibst "euch" groß, "ihr" als anrede aber klein

pps. s1 könnte auch entfallen (?)
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Iris

Beitragvon Iris » 17.11.2006, 09:49

Liebe Leonie,

mich berührt dieser Text sehr, auch inhaltlich hab ich kein Problem,
es ist für mich eine Art Feier gewesen, Geburtstag oder ein anderer Anlaß und diese verklingt im von Dankbarkeit und Stimmung erfüllten Raum, die Gäste sind gegangen, doch der Raum ist nicht wirklich leer.

Arams Änderungsvorschläge empfinde ich teils als sehr gelungen, kleine Kürzungen bringen Verdichtung und Gewinn.

Liebe Grüße Iris

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leonie
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Beitragvon leonie » 17.11.2006, 16:09

Lieber aram,

vielen Dank, dass Du Dich so ausführlich mit diesem Text beschäftigt hast, das freut mich sehr!! Ich gehe Deine Vorschläge in Ruhe durch, dazu brauche ich ein Weilchen.

Liebe Iris,

Dir auch danke, und Du hast es genau so verstanden, wie ich es gemeint hatte.

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 17.11.2006, 18:17

Liebe Leonie,

das Gedicht beschreibt sehr treffend die Stimmung nach einer Feier - ähnliche Gedanken kenne ich auch, das Ausatmen, wenn alle gegangen sind. Ich finde es auch sehr schön, dass dieses Gedicht eine Dankbarkeit gegenüber den Gästen ausdrückt - eine sehr liebe Haltung.

Zu Arams Änderungsvorschlägen für die ersten beiden Strophe denke ich, dass man sie machen kann, aber nicht muss. Das Gedicht hat dort sowieso einen erzählenden Ton, den sollte man vielleicht gar nicht ändern. Anders verhät es sich in meinen Augen mit dem "sanft" in Strophe 3. Das finde ich noch zu wenig ausdrucksstark, sanft kann so vieles heißen und ich wäre hier neugierig zu wissen, was Du denn wirklich meinst. Der `Übergang von Strophe 3 auf Strophe 4 verwnadlet die Wärme der Kerze (und des Besuchs) in Stille (fast unmerklich) und ich muss mir noch ein wenig den Kopf zerbrechen, ob ich das natürlich finde :-) ....

Ein sehr schönes Gedicht.

Liebe Grüße
max

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leonie
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Beitragvon leonie » 18.11.2006, 18:44

Lieber Max,

danke für Rückmeldung und Lob! Ich wollte den Prozess darstellen, wie sich nach einem Fest so eine Hibbeligkeit (trotz äußerer Ruhe) nach und nach in eine innere Ruhe verwandelt und man das Nachklingen genießen kann.

Ich habe versucht, einiges von arams Vorschlägen umzusetzen, da ich aber trotzdem den erzählenden Ton beibehalten wollte, habe ich eine Strophe ergänzt.
Mit dem „Sein“ bin ich auch nicht glücklich, aber nur „Euch“ trifft es auch nicht. Ich denke weiter darüber nach.

Liebe Grüße

leonie

lichelzauch

Beitragvon lichelzauch » 18.11.2006, 18:44

Hallo Leonie,

ein schönes Stimmungsgedicht, ja, Strophe 3&4 gefallen mir sehr (bis auf das "Sein"... bei dem Begriff sträubt sich in mir was, das ist schlimm, aber ist wohl nicht bei jedem so - "gesättigt mit Euch" fände ich aber auch nicht ideal, wäre wohl eine Überstrapazierung der Personalpronomen... letzten 2 Zeilen streichen? Auch nicht gut...).

Die ersten beiden Strophen scheinen mir im Gegensatz dazu ganz anders geschrieben, viel erzählender - da das Gedicht hier bei Freies Weben steht kamen sie mir gleich ein bisschen "belanglos" vor, und im Vergleich mit dem Ende jetzt bestärkt das das Gefühl in mir (klar, "belanglos" sind sie nicht, aber für mich ist da ein - störender - Qualitätsunterschied. Ich weiß nicht genau, grundsätzlich hätte ich gegen so einen Wechsel gar nichts einzuwenden, hier aber scheint es mir schwächend - vielleicht auch meine falschen Erwartungen an den Text hier und von dir - oder man macht ein "richtiges" Erzählgedicht draus?).

Das ist dann zum Teil auch redundant, z.B. das zweimalige "noch", das ja in einem Gedicht über das "Nachklingen" einer Feier sowieso schon mitschwingt... ich finde arams Änderungsvorschläge da sehr sinnvoll (wenigstens in der 3. Strophe kann es meiner Meinung sehr gut ausgelassen werden) und denke auch, dass man die erste Strophe vielleicht weglassen könnte.

In der 4. Strophe ist noch ein "ihr" klein.

Trotz allem hast du eine Stimmung lebendig werden lassen, der Rest ist Nebensache.

Liebe Grüße,
lichelzauch

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Beitragvon leonie » 18.11.2006, 18:49

Hi lichel,

ich glaube, da haben wir gleichzeitig gepostet! Würde mich interessieren, wie Du die neue Variante findest! Ich glaube, manches von Deiner Kritik trifft sie auch noch, oder?
Und das "ihr" ändere ich sofort.

Liebe Grüße und danke!

leonie

Max

Beitragvon Max » 18.11.2006, 19:01

Liebe Leonie,

ich glaube, das Gedicht hat durch die Arbeit daran gewonnen. Einzig an dem "hängt" in Strophe 1 habe auch ich gehangen, weil es sich nach den Rauchschwaden anhört, die man manchmal bei rauchenden Besuchern auch noch tagelang in der Luft riecht.

Das "Sein" zum Schluss ... ist gar nicht so einfach. Du meinst - so vermute ich - vielleicht so etwas wie "Gegenwart"; nur ist das Wort halt gänzlich unlyrisch.

Liebe Grüße
max

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Beitragvon leonie » 18.11.2006, 19:09

Lieber Max,

ja, Gegenwart, sowas meine ich, aber das Wort finde ich hier so unangemessen. Ich überlege, ob "Dasein" besser wäre.

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 18.11.2006, 19:10

Liebe Leonie,

Dasein finde ich auch nicht besser - das "haut" ja mehr in die Seinskerbe. ich werde mal meditieren ....

Liebe Grüße
max

lichelzauch

Beitragvon lichelzauch » 19.11.2006, 17:05

Hallo Leonie,

ja, ich denke, es ist jetzt einheitlicher, hat den berühmten "Bogen", der Bruch oder was ich so bezeichnete ist verschwunden... ja. :smile: (besonders schön, wie du an bestimmten Stellen verknappt und trotzdem eigentlich verlängert hast)

(Dasein ist mindestens genauso schlimm, gebe Max recht und hoffe auf sein Meditationsergebnis.)

Liebe Grüße,
lichelzauch

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.11.2006, 17:26

Liebe leonie,

spontaner Gedanke, wie wäre:

als hättet ihr mich gefüllt
mit eurer Gegenwart.


Mit dem "gesättigt" tue ich mich auch schwer. "Gefüllt" ist wohl aber auch nicht der Wahrheit letzter Schluss ...

Saludos
Magic

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Beitragvon leonie » 19.11.2006, 17:36

Lieber Max, lieber lichel,

danke Euch beiden. Ich denke und denke, aber mir fällt noch immer nichts Besseres ein...
Liebe magic,

ich hatte auch schon an „Gegenwart“ gedacht, finde es aber nicht unbedingt besser als „Sein“. Vielleicht muss ich mir die ganzen letzten Zeilen noch mal vornehmen...

Grübelnde Grüße

leonie


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