herbstmorgen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Iris

Beitragvon Iris » 10.11.2006, 20:51

morgenpost

am fluss stehen
im nebel
einen halm
taubehangenen grases
zwischen den
lippen -

in den zeiten
des terrors
frischen frieden
atmen
Zuletzt geändert von Iris am 26.11.2010, 23:56, insgesamt 21-mal geändert.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 10.11.2006, 21:15

herbstmorgen

gläsern
mein erschrecken
im nebel beschlagen
von tropfen
taubehangenem grases
zwischen.....

---------------

nur so ne Idee

Moshe

Iris

Beitragvon Iris » 10.11.2006, 21:25

Ja, ich glaube, das ist besser, danke.

Lieber Gruß
Iris

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.11.2006, 00:28

Hallo Iris,

ich würde das Erschrecken intensiver ausdrücken. Mir scheinen deine Worte zu "harmlos", wenn man sie zu diesem Ereignis setzt.

Das hier als Schluss:

in den zeiten
des terrors
frischen frieden
atmen



gefällt mir sehr gut!
Saludos
Gabriella

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 11.11.2006, 10:59

ahoh iris!

Iris hat geschrieben:im zerbombten stahlbeton
glas zersplittert

war es nicht mehr ein zerbersten ein implodieren ein insichstürzen?
Iris hat geschrieben:verblutet
von entsetzen

ohne worte...
Iris hat geschrieben:im nebel beschlagen
tropfen von
taubehangenem gras
zwischen den lippen

will noch wirken in mir....
Iris hat geschrieben:in den zeiten
des terrors
frischen frieden
atmen

...wunderbar...

salve hakuin

Iris

Beitragvon Iris » 11.11.2006, 12:43

Hallo, lieber Hakuin,

stimmt Du hast recht, es war mehr ein Zerbersten.
Danke!

LG Iris

Max

Beitragvon Max » 11.11.2006, 13:34

Mir gefällt Moshes Vorschlag, wobei ich sagen muss, dassich grundsätzlich skeptisch bin Literatur zu diesem Thema, vor allem bei den vielen, die durch den Anschlag nur mittelabr betroffen wurden (was ja an sich ein glück ist).

Liebe Grüße
max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.11.2006, 14:45

Hallo Iris,

das finde ich sehr viel ausdrucksstärker. Ich würde noch Absätze einfügen:


herbstmorgen

zerschmetterter stahlbeton
glas splitterte
brach
verblutet
von entsetzlichem

im nebel beschlagen
tropfen von
taubehangenem gras
zwischen den lippen

in den zeiten
des terrors
frischen frieden
atmen


@ Max: Man kann ja nicht alle Facetten eines solchen Ereignisses beschreiben, das gäbe eine neverendingstory.

Saludos
Gabriella

Iris

Beitragvon Iris » 11.11.2006, 17:34

Lieber Max und liebe Gabriella,
ich danke für die weiteren Kommentare und Hinweise.
Ich habe mich für die Absätze und noch eine zusätzliche Zeile entschieden. Nun ist es kein Kurzgedicht mehr.
Max, ich war auch skeptisch als dieses Gedicht zu diesem Thema entstand, doch es kam von innen.
Und drängte danach aufgeschrieben zu werden.

Liebe Grüße Iris

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 11.11.2006, 21:31

Liebe Iris,
was ich an diesem Text mag ist, dass er zwei Ebenen hat - das Geschehen am 11. September und das lyr. Ich, das an einem ganz anderen Ort ist und darüber nachdenkt und -fühlt, also das Zusammenspiel von Strophe 1 und zwei und dann der Zusammenklang von drei.

Würde vielleicht noch interessanter werden, wenn man es zeitgleich schalten würde?

Allerdings habe ich allgemein Schwierigkeiten, in den Beobachtungen etwas individuelles zu sehen, was Du empfunden hast. Das sehe ich nicht, sondenr nur die typisch durch die Medien entstandenen Vorstellung und daraus resultierende Betroffenheit. Das reicht mir für das Thema nicht.

Dann einzelne Fragen:

ch stehe am fluß
im nebel
tropfen
taubehangenen grases
zwischen den lippen


wie kann das lyr. Ich die Tropfen des Grases zwischen den Lippen haben? So hoch ist das Gras? Nein...

Frischer Frieden, was ist das? Und was ist nicht frischer Frieden?

Glas verblutet?

Für mich sind hier wieder einige Formulierung noch nicht poetisch ausgefeilt...

Vielleicht gönnst du der Bearbeitung deiner Texte auch etwas mehr Zeit und stellst nicht so viele neue Texte zeitgleich ein? Ich finde, es ist schwer da mitzukommen und etwas beizutragen, alles geht so schnell, ist so fix "fertig". Wir haben doch Zeit :-)

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Iris

Beitragvon Iris » 11.11.2006, 21:41

Liebe Lisa,

tau mit grashalm natürlich,

morgendliche frische ist friedlich zumindest bei uns. abgestandene luft ist kein frischer frieden ;)

nein glas nicht,
menschen von entsetzlichem, da muß ich wahrscheinlich doch noch ändern.

zerbrochenes glas steht in der symbolik des volksglaubens im gegensatz zu porzellan für unglück und gar für todbringend.

ja ich hab immer so phasen, dann wird es wieder mal eine weile gar keine texte geben, okay?

liebe grüße iris

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 11.11.2006, 21:48

Liebe Iris,
wenn du mit deinen Schaffensphasen so schwankst, dann sammel doch einfach ein paar Gedichte für später (das Gedicht hier war doch eher von früher?). So gehen sie in der Flut einfach unter. Die Rückmeldungen sind hier ja nicht als "Toll.Punkt-Telegrammstil" gedacht.
Ich denke, wenn du dir etwas mehr Zeit nimmst, vielleicht auch für andere Texte (siehe anstrebenswertes Kommentierverhätlnis 1:3, insbesondere auch in Form einer Besprechung, die länger ist, als ein Satz (einige deiner Kommentare sind nur drei, vier Worte lang)), dann ist das alles etwas ausgeglichener und man (ich) fühlt sich in der Lage "antworten" zu können.

Liebe Grüße,
Lisa
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aram
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Beitragvon aram » 14.11.2006, 20:13

liebe iris,

die drei ebenen des textes finde ich interessant.

die erste ebene, 'das geschehen' - überzeugt mich nicht - das problem - es ist aus der distanz geschrieben, es sind quasi nur bilder und vorstellungen, ohne dass dies thematisiert wird.

"zerschmetterter stahlbeton"? - die türme des wtc waren aus stahl. man könnte das gedicht aufs pentagon oder den anschlag aufs wtc von 1993 beziehen, aber das tust du nicht.

"glas splitterte" - ich habe jetzt keine augenzeugenberichte recherchiert, doch dieser eindruck stand glaube ich nirgends im vordergrund - sicher nicht im tv. sagt mir also nicht nicht viel, transportiert nur vordergründig emotion.
(die fassadenverglasung des wtc bestand aus nur 50 cm breiten scheiben zwischen dicken stahlrohren mit profilblechverkleidungen, die nach dem einsturz gespenstisch aufragten)

- "verblutet / von entsetzlichem" - kannst du dazu etwas sagen? ich verstehe / assoziere nichts.
insgesamt sind mir die bilder zu unzutreffend, allgemein und abgegriffen - gerade bei diesem geschehen ist es merkwürdig, dass erst per fußnote darauf hingewiesen werden muss, worum es geht - ein gescheiterter versuch, das unaussprechliche in bilder zu fassen, obwohl es gerade durch die bilder so prominent wurde.

die zweite ebene - die situation des lyr.ich - gefällt mir sehr gut.

die dritte ebene, die integration, finde ich ansatzweise gelungen.

- "in den zeiten / des terrors" - ist mir zu allgemein / undifferenziert, weil - aus dieser distanz- nur die aufmerksamkeit auf einzelne ereignisse des terrors unterschiedlich ist. auf weniger beachtete art geschieht er in nicht geringerem maß - d.h. fände ich sowas wie "in der atmosphäre des terrors" treffender.

"frischen frieden atmen"...wurde ja schon besprochen. für mich ein zwiespältiges bild.

insgesamt würde ich mir wünschen, dass der text berührte, die individuelle situationdes lyr.ich, die bilder, die es hat, nicht nur in s2 zum ausdruck kämen. das lyr.ich reflektiert seine eigenen bilder, seine distanz zum geschehen nicht (s1 +s3), dadurch bleibt der text vordergründig.


liebe grüße,
aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Iris

Beitragvon Iris » 17.11.2006, 09:31

Liebe Lisa,

Ich verstehe, was Du meinst und nehme Deine Kritik an, ich werde mich bemühen!
Ich lese viele Gedichte hier und oft gibt es schon sehr viel Kommentiertes, so daß ich mich dann zurückhalte und denke, es ist nicht günstig jetzt noch ellenlang dazuzuschreiben.

Lieber Aram,

Dein ausführlicher Kommentar gibt mir sehr zu denken und ich werde mir Zeit nehmen, um an diesem Gedicht noch zu arbeiten.
Ich frage mich, muß das Geschehen thematisiert werden?
Muß es an Fernsehbilder erinnern?
Ich hätte den Fußkommentar auch weglassen können, denn es muß sich nicht auf ein bestimmtes Gebäude beziehen.

In "der atmosphäre des terrors" kann ich annehmen.

Wieso ist das Bild "frischen frieden atmen" für Dich zwiespältig?

Liebe Grüße Iris


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