wenn im traum gewünscht...

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Gast

Beitragvon Gast » 11.10.2006, 14:52

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 11.10.2006, 18:22

Liebe gerda,

die Stimmung des Textes (oder: die er vermittelt, der Unterschied ist da ja nicht ganz leicht auszumachen) gefällt mir.

Sprachlich finde ich, dass der text mit jeder Zeile stärker wird, spätstens ab

du magst nicht ruhn
lächelst über den pflaumenbaum
dem mann im mond zu

er schließt den vorhang


dann nimmt er mich völig gefangen. (auch die setzung, toll!) Das er am Ende bleibt offen, ja? (mond/mann oder lese ich da zu vorsichtig? ich kann da in zwei Richtungen gehen, finde ich, aber beides atmet nach Spätsommer und Ausschau halten).

Was kleines:

Hier wäre ich für eine Wortumstellung

fruchtschwer wiegt sich
die süße im wind


was größeres:

Der Anfang lässt mich stocken, vielleicht auch nur, weil der Titel nicht noch einmal direkt über dem Text steht.

wenn im traum gewünscht...die geräusche der nacht weichen


ich blicke durch diese Anordnung noch nicht durch, da mir das Ich doch wach und der "Rest" (~Spätsommer/Welt) nicht. warum also im Traum gewünscht? Soll das Ferne/Unmöglichkeit ausdrücken? und dann: warum weichen die geräusche der nacht? Befindet sich das ich in einem der Welt fernerem Traum als es der Traum des Schlafes vermag?Ist es das? Für mich würde so auch die personifizierung des Spätsommers ins Bild klingen, weil sie dann eben nicht nur personifizierung wäre, sondern eben auch auf das Ich...das Ich träumt und im Traum ist es wach?

ich würde diesen Gedanken sehr mögen, bin mir aber nicht sicher, ob du in diese Richtung geschrieben hast...aber es sind ja auch erste Eindrücke....

ich schick das erst mal ab...

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 12.10.2006, 16:46

Liebe Lisa,
vielen dank dir als Erstbesprecherin des Texts.

den Anfang habe ich erleichtert...
Es ist vielleicht ein Traum im Traum... ;-)
oder ein Wachtraum
Vielleicht habe ich zu viel in den vollen Septembermond gesehen.

Alles ist offen - aber nicht beliebig (hast du nicht geschrieben ist klar) - von mir so bewusst gesetzt...
Selbst das Lyrich schwankt hin und her zwischen ich und du...

Die fruchtschwere süße,nun, die muss so stehen bleiben, ausnahmsweise, ;-)
Die Betonung wäre sonst nicht meiner Intention gemäß.
Eigentlich wäre dort noch eine Zäsur - ein "GeRdankenstrich" nötig... g*

Zu viel erklärt?
Ich hoffe nein.

Liebe Grüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 12.10.2006, 17:11

Liebe Gerda,

das ist ein Gedicht mit sehr schönen, stimmungsvollen Bildern, das ich sehr gerne gelesen habe.
Nur bei den ersten drei Versen kämpfe ich noch mit meinem Nichtverstehen. Mal sehen, wer stärker ist ... ;-)

Liebe Grüße
Herby

carl
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Beitragvon carl » 13.10.2006, 09:38

Liebe Gerda,

mir gefällt das Gedicht auch sehr! Besonders die letzte Strophe... da schließe ich mich Lisa an. Auch in ihrer Kritik der Satzstellung: vielleicht wäre
"fruchtschwer die süße
wiegt sich im wind
gärung schwelt"

eine Möglichkeit, die Deine Intetion der Betonung wahrt?

Liebe GRüße, Carl

aram
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Beitragvon aram » 13.10.2006, 14:56

liebe gerda

gefällt mir, doch ich komme schwer rein - 'dann' und 'denn' unterbrechen für mich den lyrischen fluss, ich würde gut ohne sie auskommen.

'gärung schwelt' gibt keinen sinn, ist reines wortbild-konstrukt (etwas das "gärt" kann nicht gleichzeitig schwelen, die gärung selbst auch nicht - oder wie soll ich mir das vorstellen?)

die schlusszeile gefällt mir nicht so ganz, ist etwas plakativ ... da das 'er' nicht aufgelöst ist, frage ich mich, ob es dennoch so wesentlich ist ... ich vermute ja. ansonsten schriebe ich einfach "vorhang schließt".
wenn "er" aber wesentlich ist, gäbe ich ihm eine eigene zeile.

sehr schöne dichte bilder und atmosphäre.

liebe grüße, aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Max

Beitragvon Max » 13.10.2006, 16:32

Liebe Gerda,

das finde ich in seiner Geasamtheit ein sehr eindringliches Herbstgedicht.

Schwierigkeiten bereitet mir noch der gute Mann im Mond, vielleicht weil er im Gedichtwettbewerb vor einem halben Jahr immer wieder auftauchte, vielleicht auch, weil ihn doch niemand sieht und ich nicht genau weiss, wofuer er denn steht. Ich verstehe, dass Du schlecht auf ihn verzichten kannst, ohne die letzte Zeile zu opfern - also frage ich erstmal (aehnlich aram) nach der Wichtigkeit dieser.

Liebe Gruesse
Max

Gast

Beitragvon Gast » 16.10.2006, 01:49

Also ich beginnemal bei:

Lieber Max,

danke-schön und du glaubst nicht wie sehr es mich freut, dass du über diesen nichtxistierenden Herrn stolperst...
Ich glaube weiter oben habe ich schon geschrieben, dass dieser Passus unterschiedliche Perspektivenzulässt.
Hat nun das lyrich - oder das lyrdu im Traum gesprochen oder i. T. gewünscht...

Ist
es denn der Mann im Mond?
Oder steht ein Mann im Mond?

Wofür er steht?
Für nie endene Hoffnung vielleicht... für beständigen Wechsel?
Vielleicht zieht auch jemand Reales den Vorhang?
... weiter mag ich nicht erklären...

Liebe Nachtgrüße
Gerda


Lieber aram,
sei so freundlich und lies zunächst das, was ich an Max geschrieben habe.
Auch dir lieben Dank.
Du meinst wenn der MANN im Mond so wichtig ist, solle ich dem ER eine Zeile geben.
Hm, dann wird es erst recht plakativ, meine ich, auch will ich niemanden drauf stupsen.

Zur Gärung... nun da habe ich mir eine Freiheit genommen und darüber hinaus gedacht, dass Gärung auch einen Duft verbreitet und dieser schwelt, ich bin noch nicht sicher, ob ich da im Realen bleiben muss.
(ein wenig ist es auch beim Verdichten so zusammengepresst worden)
Aber da übrlege ich noch.
Dann das denn und das dann
Ohne die beiden geht es nicht, weil ich das Gedicht nicht auf den Kopf stellen möchte.
Dass du darüber stockst wundert mich ein wenig, denn sie sind die Bindeglieder fürs Verstehen. ;-)

liebe Nachtgrüße
Gerda

Lieber Carl,

dir herzlichen Dank fürs Lesen und Kommentieren.
Wenn ich den von dir benanntn Vers umstelle, müsste ich konsequenterweise auch den folg.:
sein atem geht flach umstellen.
Warum meinst du, Lisa ja auch, das es nur an der von euch monierten Stelle stört?
Mit deiner Setzung kann ich mich allerdings anfreunden.
Ich bleib also dran, ganz abgesehen davon, dass die anderen Herren hier im Reigen noch nicht fertig sind mit diesem Text, wie ich glaube ;-)

Nächtliche Grüße
Gerda

Lieber Herby,

ich bin ganz sicher, dass du stärker bist als die "Verschlüsselung" meiner Verse...
Lies sie so wie du magst - ? auf Traumebene, was soll dabei passieren?
Außerdem habe ich inzwischen vielleicht schon zu viel erklärt, aber davon kannst du ja mit profitieren.
Ich danke dir für die Aufmerksamkeit.

Liebe Nachtgrüße und schlafe gut
Gerda

carl
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Beitragvon carl » 16.10.2006, 06:13

Liebe Gerda,

es war nur ein Vorschlag aus dem Gefühl heraus, eine tiefere Begründung kann ich nicht angeben.

Liebee Morgengrüße, Carl

Gast

Beitragvon Gast » 19.10.2006, 00:05

Hm... danke und ich denke ;-)

Iris

Beitragvon Iris » 19.10.2006, 16:04

Liebe Gerda,

ich mag den Schluß sehr, der Mann im Mond, ob er den Vorhang schließt oder der Vorhang sich schließt, ist das wichtig?

Der Anfang ist noch nicht so schön flüssig, warum nicht fruchtschwer wiegt sich süße im wind, ist doch sehr poetisch ...

... wenn im traum gewünscht ..., würde ich sogar weglassen in der ersten Strophe, reicht im Titel meines Erachtens ...

die schwelende gärung stört mich.

denn würde bei mir wegfallen, -ich versteh es auch so.

Liebe Grüße Iris

Gast

Beitragvon Gast » 27.10.2006, 00:44

Liebe Iris,

ich danke dir herzlich für deinen Kommentar.
Ein wenig Zeit und Abstand brauche ich noch, um mich mit mir auf eine endgültige Version zu einigen ;-)

Nächtliche Grüße
Gerda

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 27.10.2006, 10:38

liebe gerda,

beim ersten lesen fand ich es einfach toll..... und die kommentare setzten mir dann eine analytische brille auf:

und durch dein DANN und DENN entstehen sinnstiftende kausalitäten
und fragen bleiben:

welcher pore entströmt der herbstduft?
und wer mag nicht ruhn?
und warum schließt er den vorhang?

muss ich das wissen?

grüße in die oktobersonne
hakuin

aram
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Beitragvon aram » 28.10.2006, 04:02

aram hat geschrieben:'dann' und 'denn' unterbrechen für mich den lyrischen fluss
Gerda Jäger hat geschrieben:Ohne die beiden geht es nicht, weil ich das Gedicht nicht auf den Kopf stellen möchte.
Dass du darüber stockst wundert mich ein wenig, denn sie sind die Bindeglieder fürs Verstehen. ;-)


liebe gerda,
lass es mich noch genauer sagen, da sich auch mit einigen tagen abstand nichts an meinem eindruck geändert hat:

vor allem zusammenwirken und exponierte stellung dieser wörter sind es, die ich als stark verstandesorientiert erlebe, als hätte ich ein logisches argument mit ableitung und schlussfolgerung vor mir - es ist also bereits die visuelle gestalt, die diesen eindruck hervorruft, bevor es noch ums lesen/ den eigentlichen inhalt geht.

"denn" finde ich für das verständnis nicht erforderlich, es erschließt sich ohnehin.

"dann" ist in eigener zeile sehr exponiert - mir ist nicht klar warum, da der oben beschriebene eindruck ja eher abträglich ist - es passte m.e. besser in die folgezeile.

zur "schwelenden gärung" - ich glaube ich habe den begriff 'schwelen' zu eng gesehen, ihn vor allem auf flammenlose verbrennung bezogen, er ist aber weiter gefasst, du hast recht.
...trotzdem finde ich die wortkombination etwas unschön, an 'gärung' gefällt mir in diesem kontext die endsilbe nicht - vielleicht "gärendes schwelt" oder "gärduft schwelt"? (nein, duft ist ja schon drin...)

"fruchtschwer die süße / sich wiegt im wind" - auch ich finde die inversion störend - zu den schon gebrachten vorschlägen kann ich mir auch die variante vorstellen, "sich" zu streichen - auch wenn der reflexive gebrauch des verbs danach verlangt, ist dies in einem lyrischen text durchaus möglich, um dichtere wirkung zu erzielen.

bei "schwächelt der sommer / sein atem geht flach" frage ich mich, ob hier nicht zweimal das gleiche gesagt wird...

ich habe auch überlegt, ob sich anstelle des bildes vom schließen des vorhangs, das nicht ganz in die linie der bilder passt und ein wenig abgegriffen ist, eine anderes finden ließe, bin aber zu keinem ergebnis gekommen.

bitte nimm meine nochmalige meldung zu diesem text nicht als mäkelei; spräche er mich nicht an, sagte ich nichts - lass ihn gut ausreifen!

- eine setzungsmöglichkeit, mit noch ein paar reduktionen, nur als anregung:


wenn im traum gewünscht...

geräusche der nacht
weichen

fruchtschwer die süße
wiegt im wind
gärendes schwelt

dann schwächelt der atem
des sommers
herbstduft entströmt
jeder pore

du magst nicht ruhn
lächelst über den pflaumenbaum
dem mann im mond zu

er schließt
den vorhang
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l. cohen


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