nichts liebe ich

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 06.10.2006, 16:34

nichts liebe ich
so sehr wie
das zerstörbare
im gedärm klopft es an
macht mir fremd
was ich gerade lerne
und stößt mich
in ein gegenteil

gestern traf ich dich
sang von vulkanen
und nordlichtern
driftete in mir
wollte gar dem igel
die stacheln nehmen
und dann stahl eine winzigkeit
hinter einem wort
die sesshaftigkeit
das segeltuch
aus dem unser laken war
riss entzwei
und ich mischte die karten neu
aus denen unser haus war
Zuletzt geändert von Niko am 06.10.2006, 17:23, insgesamt 4-mal geändert.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 06.10.2006, 16:56

Lieber NJ,

da benutzt Du aber sehr merkwürdige Bilder. Ich bin mir noch nicht so sicher, ob es ein positives Signal ist, wenn Du dem Igel seine Stacheln nehmen willst. Wie sieht wohl ein Igel ohne Stacheln aus? Tragisch, denke ich mal.

Wahrscheinlich willst Du, dass sich der letzte Satz auf die Karten bezieht, oder? Dann solltest Du statt "dem" "denen" schreiben.

Grüße

Paul Ost

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leonie
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Beitragvon leonie » 06.10.2006, 17:10

Lieber Niko,

ja! Das gefällt mir gut. Das meine ich zu kennen und mag es auch. Vor allem die erste Strophe gefällt mir! Muß es nicht „stacheln“ heißen?

leonie

selachde

Beitragvon selachde » 06.10.2006, 18:42

"dann stahl eine winzigkeit
hinter einem wort
die sesshaftigkeit "


das gefällt mir.

lg.
Zuletzt geändert von selachde am 31.05.2009, 23:25, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 06.10.2006, 19:16

Hallo Niko,

schwere Kost ... Ich habe es immer wieder laut gelesen, versuchte zu ergründen, was hinter deinen Metaphern verborgen sein könnte und kam zu folgender Interpretation (wahrscheinlich liege ich völlig daneben ...)

nichts liebe ich
so sehr wie
das zerstörbare


Dies drückt m.E. die Sehnsucht aus nach einer zerstörten Beziehung, der das LI immer noch hinterhertrauert.


im gedärm klopft es an
macht mir fremd
was ich gerade lerne
und stößt mich
in ein gegenteil


Gedärm sehe ich als Kopf (Hirnwindungen). Die alte Liebe klopft wieder beim LI an (vielleicht Kontaktaufnahme des LyrDu), das LI war gerade dabei, sich damit abzufinden, dass die Liebe zerstört ist. Das LI beginnt, wieder an die alte Liebe zu glauben.

gestern traf ich dich
sang von vulkanen
und nordlichtern
driftete in mir


Hier befindet sich das LI im Rausch der wiederbelebten Liebe.

wollte gar dem igel
die stacheln nehmen


und war bereit, dem LyrDu zu verzeihen, indem das LI die Stacheln (als Symbol für die Wunde, die das LyrDu hinterlassen hat) herauszuziehen.

und dann stahl eine winzigkeit
hinter einem wort


Hier kommt erneut der Bruch, diesmal der endgültige, die Täuschung, das Erkennen. Diese "Winzigkeit hinter einem Wort" könnte z.B. das "Nicht" hinter "Ich liebe dich (nicht)" sein oder etwas in dem Sinne.

die sesshaftigkeit
das segeltuch
aus dem unser laken war
riss entzwei
und ich mischte die karten neu
aus denen unser haus war


Die ersten drei Zeilen und die letzte zeigen, dass es eine sehr feste und lange Beziehung war.

Mit "mischte die Karten neu" drückt das LI aus, dass es neu beginnen wird (ohne die alte Liebe), sprich für sich die Entscheidung gefällt hat.

Das waren meine Gedanken zu deinem Gedicht.
Saludos
Gabriella

pandora

Beitragvon pandora » 06.10.2006, 20:15

lieber niko,

ich lese dein gedicht in etwa so wie magic. gelungene, ungewöhnliche bilder, finde ich.
sprachlich sind mir zum einen die vielen "UND" aufgefallen. außerdem das doppelte "WAR" in den letzten versen.


NJKahlen hat geschrieben:nichts liebe ich
so sehr wie
das zerstörbare
im gedärm klopft es an
macht mir fremd
was ich gerade lerne
und stößt mich
in ein gegenteil

gestern traf ich dich
sang von vulkanen
und nordlichtern
driftete in mir
wollte gar dem igel
die stacheln nehmen
und dann stahl eine winzigkeit
hinter einem wort
die sesshaftigkeit
das segeltuch
aus dem unser laken war
riss entzwei
und ich mischte die karten neu
aus denen unser haus war


lg
p.

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leonie
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Beitragvon leonie » 06.10.2006, 21:06

Wie jetzt? Stand da nicht mal "gefühl" statt "gedärm"?
Lieber Niko, kannst Du die Erstfassung nochmal einstellen?

Danke und viele Grüße

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 09.10.2006, 10:54

Lieber niko,
ein starker Text von dir, ja, sehr...wieder wie ein Schuss aus einem Gewehr, der mich sofort in mich an einen Punkt bringt, wo ich den Zeilen unmittelbar folgen kann.

Zur Igelstelle schreibt paul:

Ich bin mir noch nicht so sicher, ob es ein positives Signal ist, wenn Du dem Igel seine Stacheln nehmen willst. Wie sieht wohl ein Igel ohne Stacheln aus? Tragisch, denke ich mal.


ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das sogar anbsichtlich so gesetzt ist und gar kein positives Bild darstellen soll, sondern einen Verzweiflungsakt. Das Bild soll zeigen, dass es nicht nur "falsch", sondern auch unmöglich (soll heißen im Sinne von zu nichst führt, ~zerstört) ist, aber TROTZDEM versucht wurde. Selbst wenn es keine Absicht war, finde ich, dass es passt.

Allerdings finde ich passt das Igelbild insgesmat nicht in den Text...ich fände es eine kostbare Suche wert, ein analoges Bild zu finden, dass sich in die anderen in den ~Topus einreiht...es fällt mir zu stark raus aus der Bilderwelt des Gedichts. letzlich könnte man den Igel sogar streichen...aber das schlage ich mal nur wieder dreist vor...ich glaube, dass das ,was in dem Bild steckt, in dem ganzen Gedicht steckt.


Zu pandoras war, am Ende ginge vielleicht:

und ich mischte die karten neu
aus denen unser haus bestand

dann wäre ein unschönes Doppelwar weg und eins alleine stört nicht. Zu den unds, wo ich pan aber zustimme, habe ich keine gute Lösung gefunden...


Ich finde besonders gelungen das Zusammenspiel von Strophe 1 und 2, Strophe 1 erklärt mir soviel, dass Strophe 2 möglich ist, so wie sie ist. Ich lese das Gedicht auch ähnlich wie magic.

Ein starker Text...

Liebe Grüße,
Lisa

PS: Wäre super, wenn du deine Änderungen kenntlich machen könntest, dann kann man die Diskussion besser verfolgen. Entweder sternchen oder einfach vorheirge Veriosnen drunter posten. Dank dir! :-)
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Niko

Beitragvon Niko » 09.10.2006, 20:23

bitte, bitte verzeiht mir mein schludriges antworten. ich hatte urlaub, war anschließend im stress, am wochenende noch zwei konzerte...-aber jetzt will ich mich wieder ein wenig mehr einbringen.

@paul

"denen" hab ich übernommen. danke dafür nochmal. was den igel betrifft, paul, so hast du genau das ausgedrückt, was ich versucht habe auszudrücken. ein igel ohne stacheln ist eine witzfigur, ist schutzlos, nackig - das LI verlöre ohne stachel sein selbstwertgefühl, wäre beim sich öffnen schutzlos ausgeliefert und würde sich der lächerlichkeit preisgegeben fühlen. und so sperrig wie der igel ist auch sein einfügen ins gedicht, was ich aber auch in dieser deutlichkeit erst jetzt erkenne.

@leonie

es freut mich sehr, dass dir meine zeilen gefallen. und das "n" habe ich natürlich angehängt bei stachelN. danke :daumen:

@johanna

schön, dass du gerade die von dir zitierte stelle als besonders empfindest. ich muss sagen, mir gefällt sie auch (darf man das sagen, ohne als eitel oder sowas eingestuft zu werden?)

magic, pandora, lisa.........ihr seid gleich dran. erstmal essen fassen. bis gleich!

lieben gruß: Niko

Niko

Beitragvon Niko » 11.10.2006, 12:10

nein...ich habe nicht die ganze zeit gegessen :pfeifen:

also. keine vorreden - weiter.

@magic:

deine lesweise finde ich interessant, aber nicht ganz deckungsgleich mit meiner intention (was im grunde ja völlig wurscht ist) vielleicht liegt der schlüssel dazu ja in der besagten igelstelle, du auf das lyrdu beziehst. ich hingegen bezog sie auf das lyrich. aber ist ja auch spannend zu sehen, das verschiedene varianten lesbar sind. die lange intensive beziehung sehe ich nicht darin. vielleicht führt dich die sesshaftigkeit da in die irre?



@pandora!

ja...die "und"....das ist eines meiner lieblingsworte. unscheinbar. aber bindend, warm klingend........ich habe einen kleinen "und"-fimmel. versuche es aber auch nicht damit zu übertreiben. und so oft auf die länge des textes gesehen und wenn man die abstände betrachtet ist es ja nun auch nicht. oder seh ich das irgendwie beschönigt? mit dem war allerdings geb ich dir recht. da wird sich etwas ändern. danke ;-)

@lisa!

ja.zukünftig werde ich veränderte veriosnen (ein nettes wort von dir) gesondert setzten. ich hatte den text eingestellt und dann fiel mir das wort "gefühl" auf, dass ich dann doch nicht haben wollte. habe dies dann durch gedärm ersetzt.

die erklärungen zu der igelstelle decken sich ja ziemlich mit meinen ausführungen. aus denen das haus war durch "bestand" zu ersetzen fände ich nicht glücklich. alleine deswegen, weil mir dieses wort nicht behagt (reine empfindungssache) aber um dem doppel-war vorzubeugen muss da natürlich ein anderes wort hin. werde mal überlegen. vielleicht fällt euch ja auch noch etwas passendes ein.

also: habt dank für euer kommentieren. und seht mir bitte meine kommentierfäule ein wenig nach. es wird sich wieder ändern. versprochen!

lieben gruß: Niko


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