Gemeißelt

[leonie]

Die Tage
verwischen den Staub;
denn alle,

alle schrieben mit Kreide
vor Dir.

Du
hast Dich
in meine Herzhaut
gemeißelt –
süßer Schmerz, bis

bis Dein Lächeln
über mir
verblich.

Ich hüte
den steinernen Schatz
Narben, die bleiben
von dir.


Erstfassung:

Die Tage
verwischten den Staub;
denn alle,

alle schrieben mit Kreide
vor Dir.

Du
hast Dich
in meine Herzhaut
gemeißelt –
süßer Schmerz, bis

bis Dein Lächeln
über mir
verblich.

Ich hüte
den steinernen Schatz
Narben, die blieben
von dir.

[carl]

Liebe Leonie,

ich finde Dein Gedicht sehr gut und bewundere Deine Entwicklung!
Natürlich hat jedes Gedicht seinen Eigenwert und wenn ich jetzt "Erinnern" vom 5. Juni d.J. zum Vergleich heranziehe, dann haben beide Gedichte natürlich auch eine unterschiedliche und nicht vergleichbare Intention.
In "Gemeißelt" verzichtest Du fast vollständig auf den romantischen Gefühlsausdruck (bis auf die Klassiker "Herz & Schmerz" ) und deutest eher an, lässt es den Leser selbst ausprechen...
Vielleicht wäre in der 1.&2. und der letzten Strophe Präsens zu überlegen, weil es um einen zeitlosen Zustand geht.
Die Vergangenheit ist identisch mit dem eigentlichen Ereignis, um das es geht:

"Die Tage
verwischen den Staub;
denn alle,

alle schreiben mit Kreide
vor Dir."

...

Ich hüte
meinen steinernen Schatz
Narben, die bleiben
von dir."

Und jetzt zum Vergleich:

"Erinnern

Unter Lindenherzen
ließ ich mich
in deine Liebe fallen.

Wir lachten
Wolken aus,
die weiterzogen

ritzten
unsere Namen
in Ewigkeiten.

Ein Sommer nur.

Lachen verwehte,
Herzen fielen.

Ich lehne mich
an die Linde,
die blieb."

[Mnemosyne]

"Schrieben mit Kreide" finde ich ein sehr gelungenes Bild. Die ersten fünf Zeilen genügen mir schon völlig als eigenstehende Perle von Gedicht; "in die Herzhaut gemeißelt" dagegen klingt in meinen Ohren etwas ... "Eisregen" (d.h. martialisch, gewalttägig, jedenfalls unromantisch auch im tragischen Sinn von Romantik).

Grüsse

Merlin

[leonie]

Lieber carl,

letztens dachte ich bei mir: Wo mag wohl carl geblieben sein? Dann las ich Deinen Beitrag im Cafe und war beruhigt. (Wegen der medelz gibt’s natürlich gelb!, wo Ihr Jungs doch jetzt Fussball spielt...)
Wie dem auch sei: Ich freue mich mehr als sehr über Deinen Kommentar, vielleicht bist Du nicht ganz unschuldig an der Entwicklung?? Das Gedicht vom 5. Juni blieb ja in der Endfassung auch nicht so aufgrund eines dezenten Hinweises...
Das mit dem Präsens will ich mir noch mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen. Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht doch ein Nacheinander ist.
Lieber Merlin,
danke auch für Deinen Kommentar. Hm, nur die ersten fünf Zeilen (heul), ich verstehe, was Du meinst. Aber irgendwie ist mir der Schluss wichtig...

Auf jeden Fall danke Euch beiden und liebe Grüße

leonie

[Paul Ost]

Liebe Leonie,

ich mag Dein Gedicht, wie sollte es anders sein? Die Idee von Carl, den Anfang ins Präsenz zu setzen halte ich ebenfalls für bedenkenswert.

Das Bild mit dem Meißel, der in die Herzhaut schreibt finde ich besonders gelungen. Schließlich geht es hier um einen besonders effektiven Mediengebrauch.

Was in die Herzwände gemeißelt ist (frag Paulus), hält einfach länger, als alle Kreidezeichnungen dieser Welt.

Allein der "Schmerz" kommt mir ein wenig zu Herz-Schmerz-mäßig daher. Vielleicht solltest Du diese Zeile ersetzen. Sie fällt gegen den Rest ab.

Dagegen empfinde ich den Schluss wiederum als gelungen.

Beste Grüße

Paul

[Trixie]

Hallo leonie!

Jetzt komme ich endlich mal wieder nach Tagen dazu, mir einfach in Ruhe ein paar Gedichte durchzulesen. Die für mich angenehm sind. Von hoher Qualität. Wie viele hier im Forum. Und dann denke ich mir: Hey, was für ein interessanter Titel! Naja, und das war dann im Nachhinein wieder eines der Gedichte, bei denen ich beim lesen vergesse, dass mein Essen neben mir steht und die Katze ja raus wollte . Es hat mich einfach mitgenommen und für mich stimmt hier alles so, wie es dasteht. Es ist eine wunderschöne Idee mit einem typischen leonie-touch, der mir sehr gefällt. Danke dafür!!!

Lieben Gruß
Trixie

[carl]

Hallo Leonie,

ich finde Deine Variante des Herz-Schmerzes gut und für das Gedicht kaum ersetzbar!
Anders kann die Verbindung zwischen dem "versteinerten Schatz" und dem versteinerten Herz nicht gefunden werden.
Auch dass die Liebesbegegnung während sie noch dauerte ein süßer Scherz wurde, eingraviert als das/durch das Gesicht des Geliebten über "ihr", ist für mein Empfinden unverzichtbar.
Die gelbe Karte akzeptiere ich ohne Maulen, erhoffe aber noch eine differenzierte Begründung, warum es ein Foul war

LG, Carl

[leonie]

Lieber Paul (staun!),
Danke für Deine detaillierte Kritik. Freut mich, dass es Dir gefällt!! Ich denke, ich ersetze in der ersten und letzten Strophe die Vergangenheitsformen durchs Präsens. Mit dem Schmerz geht es mir wie carl es beschreibt, ich mag deshalb darauf nicht verzichten.
Außerdem überlege ich noch, das Gedicht „Denkmal“ zu nennen.

Liebe Trixie,
danke, danke, danke, freu!!! Ich hoffe, die Katze hat keinen Schaden angerichtet!

Lieber carl,
der „süße Scherz“ ist ja ein süßer Verschreiber! Oder war das als Änderungsvorschlag gedacht?
Wir Emanzen wollen Frauen genannt werden, Frauen, Frauen , Frauen!!! Nicht Fräulein, Mädels, Medelz, Baby, Barbie, Süße, Schnucki,....Wo doch der Preis schon hoch genug war, (schluck die Tränen hinunter), nächstes mal gibt’s rot!!! Jungs!!!

Liebe Grüße Euch allen!
leonie

[scarlett]

Denkmal????

nee, leonie, das bitte nicht!

Hallo,

wollt nur noch sagen, daß ich dein Gedicht auch ganz hervorragend finde, immer und immer wieder gelesen habe - es ist - wie würde louisa sagen? perfekt!

ABer Denkmal? - Da würde ich nochmal ganz tief in mich gehen, wenn ich du wäre....

Liebe Grüße,

scarlett

[leonie]

Liebe scarlett,

danke, für die schnelle Reaktion, wäre wohl wirklich ein bisschen zuviel des Guten! Ich freue mich sehr, sehr über das "perfekt" von Dir (ich mag Deine Gedichte sehr!) und will das auf keinen Fall durch eine Titeländerung "aufs Spiel setzen".

Liebe Grüße

leonie