Ich weiß ein Lied davon zu singen / das klingt nicht schön

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 19.09.2006, 15:00

            Ich weiß ein Lied davon zu singen
das klingt nicht schön



Hula-Hoop, ich schwing den brennenden Reif
um meine Hüften |als | |ob | |nichts | |wär |

blicke in den wunden Himmel, den die alten Horizonte peitschen...

[align=left]                                                                       lirumlarum einerlei
                                                                      wer nicht quält, der bricht entzwei
[/align]


Und mir wird klar, da so zurück zwischen den duftenden Armen (nach Weichspüler) und Mündern (nach Apfel),
die goldnen goldnen Brücken führen | ALLE | hinab

Bruder Jakob, unter einem Stein, da wohnen Hund und Katze
und ich stehe | immer noch | an der Backsteinwand und schnippe | immer noch | in die Luft um | dranzukommen |


[align=left]                                                                       larumlirum diphtherie
                                                                      verzeih mein herz, das schaffst du nie
[/align]

Mir haben sie die Gans gestohlen, als ich bei den Ameisen Zucker verschwendete
und auf der Mauer auf der Lauer starb | immerfort| | einer | dieser| | vielen| | Träume|

Die große Uhr hat müde geschlagen. Die alten Photos sind nicht mehr.
Ich weiß. Heute klingeln andere Telefone. Aber mir ist es immer noch als wäre Gloria am Apparat und käme nicht – deinetwegen

[align=left]                                                                                                                                                           und wer nicht kann,
                                                                                                                                                          der kommt nicht dran
[/align]



das deinetwegen steht eigentlich nicht in einer Extrazeile, wurde hier aber wegen der Seitenbreite automatisch umgebrochen.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Rala

Beitragvon Rala » 21.09.2006, 21:49

Hallo Lisa!

Auch mir bleibt alldem, was schon gesagt wurde, nicht mehr viel hinzuzufügen. Der Text zeigt für mich diese Mischung aus scheinbarer Harmlosigkeit und Grausamkeit, die man so nur in der Kindheit findet, den verwzeifelten Versuch eines Kindes, irgendwie darin zu überleben, weil es sich dem allein ausgesetzt fühlt, da die Erwachsenen seine Nöte nicht wirklich verstehen können ... weiß nicht, ob ich mich jetzt verständlich ausgedrückt habe. Die Form finde ich unheimlich ausdrucksstark. Wirklich gelungen, auch wenn vielleicht nicht jedes Bild für jeden unbedingt vollkommen zu verstehen ist, der Gesamteindruck ist überwältigend. Gratuliere!!!

Liebe Grüße,
Rala

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 24.09.2006, 00:14

Lieber wäre es mir, ich könnte noch etwas qualifizierteres beisteuern, aber das meiste, was auf konkrete Stellen abzielt, scheint gesagt; daher: Wahnsinn. Dieser taumeltrunkene Torkelstil beeindruckt mich tief. Hast du noch mehr davon?

Grüsse

Merlin

Last

Beitragvon Last » 24.09.2006, 12:41

Hallo Lisa,

das ist enorm. Einerseits typisch für dich, von Form und Inhalt, andererseits etwas ganz Neues. Auf unlyrischer Basis kann ich nicht erklären, wie ich dich verstanden habe, allerdings habe ich mich gerade entschlossen ein Gedicht einzustellen, dass ich diese Woche geschrieben habe, denn genau darüber habe ich mir diese Woche auch Gedanken gemacht.


Als Kind hat man noch ein ganz anderes Empfinden über die Welt, die Zeilen:
Hula-Hoop, ich schwing den brennenden Reif
um meine Hüften |als | |ob | |nichts | |wär |

blicke in den wunden Himmel, den die alten Horizonte peitschen...


lirumlarum einerlei
wer nicht quält, der bricht entzwei

Erinnerten mich sehr an etwas, das mich meine erste "Moralkrise" warf. Damals muss ich 3 oder 4 Jahre alt gewesen sein und habe mir mit meinem Bruder die Augsburger Puppenkiste angesehen (Ich glaube Urmel aus dem Eis). In der Folge hat ein Vogel (Ein Storch oder Albatros, ich weiß nicht mehr) immer Postkarten von einem Schiff gestohlen und diese dann mit zwei Schweinchen gegen Süßkartoffeln getauscht. Die Schweinchen klebten die Postkarten auf ihre Bettdecke, damit ihnen beim Einschlafen nicht so langweilig ist. Das "Verbrechen" kam natürlich heraus und die Schweinchen gaben alle Postkarten zurück.
Ich hatte in der Nacht kaum Schlaf und habe viel geweint, denn ihre Süßkartoffeln hatten die Schweinchen nicht wiederbekommen, das fand ich ungerecht und ich habe begriffen das die Welt nicht gerecht ist.
Klingt jetzt vielleicht komisch, aber so denken Kinder und ich fühlte mich gerade daran erinnert.

Ich denke aber, dass diese Art von Sensibilität, im gegensatz zu deinem Gedicht, nicht zwangsweise verschwinden muss, man kann sie wiederbekommen, das ist aber harte Arbeit

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 24.09.2006, 19:18

Abgesehen von der ungemein gelungenen Darstellung eines Empfindens für Momente des Lebens (Kann man das überhaupt?) sehe ich doch eine Krise.
Der Blick und das Empfinden geht zurück und bedauert das Zurückgelassene.
Dies ist nicht vorwärts.
Dies ist nicht Perspektive.
Dies ist nicht ein Offen-Sein für Kommendes, von dem man vielleicht nichts weiß, aber doch voraussetzt, es sei schlechter.

Für mich ein sehr prägnantes Bild der derzeitigen Lebens- und Kulturbefindlichkeit unserer Zeit.

Danke Lisa, daß du es gegeben hast.

moshe.c

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.09.2006, 16:06

Hallo,
erst einmal danke für diese Wahnsinnsrückmeldung, auf die ich erst jetzt zeit finde zu antworten – ich hoffe, ich kann allen Anmerkungen gerecht werden....

Scarlett: Vielleicht haben dir die vielen, für mich berührend nahen Annäherung der anderen den Inhalt etwas näher gebracht? Ich glaube, ich kann das nicht besser...Louisas Beschreibung ist für mich sehr nah: Kindheits-Collage...die allerdings zwischen meinem eigenen Empfinden und den Beobachteten pendelt und dabei verschiedene Begeleitstimmen hat (zum Beispiel, die von pandora).

Was die Striche angeht: Vielleicht entscheide ich in einem halben Jahr, dass so was nur Spielerei ist, zur Zeit gestatte ich mir da ohne Begrenzungen zu machen, was mein Gefühl sagt. Ich brauche das zur Zeit, um ein Gefühl für die lyrische Form zu bekommen. Letztlich kannst du also sehr recht haben, wenn ja, dann weiß ich es jetzt aber noch nicht.
Für mich bedeuten die Striche eine harte, selbststrafende, autoaggressive Betonung...abgehakt, als ob man sich bei den Worten selbst schlägt oder die Fäuste ballt...sie sind umbarmherzig. Ist das irgednwie nachvollziehbar? Sie sollen wirklich so gelesen werden...

Das Umbarmherzige ist auch das, was es so gruselig macht, denke ich...letztlich zieht sie die Reime ins Dunkle, auch psychologische (pathologische? @Trixie, magic, gerda...)...mir war es wichtig Platz zu schaffen für das Umbarmherzige. Es geht (mir) nicht darum, so was wie Missbrauch oder Mord darzustellen, aber der Grad an Heftigkeit ist für mich da schon zu vergleichen...dabei ist sowohl das Kind/jetzt Erwachsene umbarmherzig als auch die Umstände/die Welt...die anderen...es liegt kein konkretes Verbrechen vor...die Gestaltung holt es aber in Form eines solchen hervor...

Louisa: mit dem Traum sterben habe ich auch gezaudert...aber erstens kann ich nicht, auf der mauer, auf der lauer ändern...da das ein Liedtext ist...und zweitens kann ich nicht sterben ändern. Ich könnte aber das Wort Träume ändern....wenn es durch ein besseres ersetzt werden kann...fällt dir was ein?

Max: alle Striche durch Zeilenumbrüche?? Dann würde das Gedicht wohl sehr lang?? Und unlesbar?
Das doppelte alt stimmt aber, ich könnte das alt streichen oder durch früheren ersetzen, was meinst du?

Gerda: deine Textantwort...ja...so eine Wand war das auch....die Wand steht für Spiellust, aber auch...Erniedrigung. Dazu gehören und erfahren, was das bedeutet...die Bilder (wie auch Gloria oder die Ameisen) sind wohl stark gemischt mit einerseits konkreten Erinnerungen von mir und dem beobachten, was anderen widerfahren ist


Pan: Dass du „Eigenwilligkeit“ sagst, gefällt mir hier fast...ich muss die nämlich erst mal lernen, an Lyriktexten (wenn es denn welche sind) das zuzulassen...egal, ob dann ein Gedicht bei rauskommt oder nicht. Dann erst kriege ich für mich eine Beziehung zu dem Text...ich lerne da für mich noch....

Niko: ich habe ja schon an anderer Stelle geschrieben, dass mich dein Kommentar sehr beeindruckt hat und dass ich es besonders schön fand, dich hier in dieser Bereitschaft in den Text einzutauchen, zu lesen...für ich ist es so unendlich spannend, deinen Leserwegen zu folgen:
Den Titel kann ich nicht ändern (reduzieren um die eine Zeile), aber vielleicht könnte ich die Fettschrift wegnehmen (schlug mir jemand anders vor)?
Ich überlege auch, ob ich die „Singzeilen“ nach links einrücken konnte, um das Blendwerk seiner Blendung etwas mehr zu berauben ;-)

blicke in den wunden Himmel, den die alten Horizonte peitschen...


ein ziemlich abstraktes bild für mich, dem ich nicht ganz folgen kann. ist es die vergangenheit (alte horizonte), eine lebenseinstellung, nicht letztendlich besiegt, die immer wund und drohend über dem lyrich schwebt?


ja, so kann man das ein bisschen sagen...die verschiedenen leben/phasen/erinnerungen/erlebnisse, die die Kindheit ausmachen, wenn jemand nicht alles erlebte (ob nun an sich oder jemand anderem) verwirken kann...die Horizontlinien (mehrere in der vergangenheit) erheben sich visuell aus der Horizontalen...wie eine Peitsche...denke dabei an Linienbewegung...

lirum larum löffelstiel" kenne ich. sehe es aber (im kontext mit den anderen liedeinschüben) als sarkastische selbstquälende einschübe des lyrichs, der sich anhand dieser zeilen selbst zurück in die harte realität werfen will, die ihm nicht behagt.


ja, find ich toll, dass du hier rausliest, dass das Ich das selbst singt (es beinhaltet zwar auch aussagen, die es von außen gelernt, also auch mal gehört hat, es ist aber doch das ich, dass da singt).

Bei der Brücke: das war ein Spiel bei uns auf dem Schulhof...das hieß: Himmel und Hölle und begann mit: Goldne, goldne brücke...und wenn man „dran“ war...dann war zwischen zwei Leuten „gefangen“ und dort roch es nach weichspüler und apfel...auf solche Assoziationen wie Paradies würde ich es nie direkt anlegen, aber natürlich schwingt das da alles mit...die Kinder rochen einfach nach zuhause und Familie...

Zu dieser Stelle:

Bruder Jakob, unter einem Stein, da wohnen Hund und Katze
und ich stehe | immer noch | an der Backsteinwand und schnippe | immer noch | in die Luft um | dranzukommen |


ja, da sind wirklich, niko, du hast das gut beschrieben....die Bilder wohl mit mir durchgegangen...ich woltle wohl, dass alle platz finden.

Hund und katze sind, max hat da völlig richtig gelesen, begrabene Tiere aus der Kindheit ...(streit passt als assoziation trotzdem!) dies soll an dieser Stelle nur den Kontrast bilden zu immer noch: schon so viel zeit ist vergangen, dass alle Tiere aus der Kindheit schon tot sind und dennoch, immer noch....stehe ich an der backsteinwand (schau hierzu gerdas ersten kommentar an, sie ist da nah dran)...das schnippen...hm...also in der schule oder auf dem pausenhof schnippte man im Unterricht oder wenn man in eine gruppe bei einem Spiel immer...und das tut das ich immer noch...obwohl so viel zeit vergeht (natürlich im übertragenen Sinne)...zuviel auf einmal? Ich versuche da mal zu lüften, dazu braucht es aber etwas zeit.

Gans – ameisen...sind wir wieder konform...wobei die Gans eben ein Lied ist (Fuchs du hast die...) und die Ameisen auf eine eigene Erinnerung zurückgehen, nämlich, dass ich Stunden damit verbringen konnte, diese kleinen Wesen zu beobachten (ohne sie umzubringen). Dass dabei der Zucker verschwendet wurde...soll Vorwürfe in sich tragen, gebündelt aus der Kindheit...

Uhr hat müde geschlagen und photos (warum die da stehen müssen, will ich nicht erklären) widersprechen sich nicht (für mich ;-)). Die photos sind die photos von früher...

Tja , gloria...wer ist das? Nicht mal eine besonders gute Freundin aus Kindertagen, dass der Name (sie hieß wirklich so!) dann noch so passt (für mich) ist mir erst beim Schreiben aufgefallen, manchmal fügt sich das einfach für einen selbst...pandora hat ganz gut beschrieben, worum es sich handeln könnte...es kommt aber in diesem Fall auf das deinetwegen an. Gloria hat nichts falsch gemacht. Auflösen will ich das aber auch nicht...
...bei vielen Bildern geht das nicht...weil sie im Kontext mit dem Gedicht etwas anderes sind, als die zugrundeliegenden Erinnerung, woraus sie entstanden...

leonie: danke...aber das ist doch die schönste Ebene...so geht es mir außerdem mit deinen texten auch...ich glaube, es ist eine gute Ebene...
Meintest du die Fragen zu den Strichen („Setzungen“)? Ich habe weiter oben was geschrieben, weil aber nicht, ob du das meinst...wenn nicht frag einfach...
Deinen einen Satzvorschlag habe ich mir genau angeguckt...ich kann ihn aber nicht ändern (auch wenn er sprachlich sogar besser ist?)...frag mich nicht warum, aber es gehört so....

Paul und trixie: danke....ich glaube, ihr habt das Gefühlm die Stimmung des textes gelesen...und das ist für mich das, was ich vermitteln wollte...das wichtigste...danke!

Tom: du bist ein schatz...danke

Mnem, moshe...rala, magic..danke...auch ihr habt soviel für mich textnahes gesagt, danke!!

Moshe: ja, das stimmt

Last: ich werde nach dem Text Ausschau halten....

Entschuldigt, dass ich bei den Rückmeldungen immer mosaikhafter werde...aber wie niko an seinem Kommentarende schrieb, ich bin jetzt einfach erschöpft...

Mehr kann ich dazu einfach nicht sagen!
Es war wundervoll all die Gedanken zu lesen....ganz wichtig für mich....danke....!!

Glückliche und müde Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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aram
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Beitragvon aram » 08.10.2006, 05:56

liebe lisa,

endlich schaffe ich es zu diesem tollen text.
während ich bei 'oldenburg' den zweiten teil "saugut" fand, ist es hier für mich der erste.

schon der erste halbsatz ist ein hammer; nein - vorher schon der titel.
ich brauch wohl nichts mehr sagen über das bild, den brennenden reif um die hüften zu schwingen.
sofort darauf, noch im gleichen satz, folgt der nächste dimensionssprung - besonders beeindruckt mich, dass du die wörter nicht nur voneinander trennst, sondern jedes wort zwei striche für sich hat - nicht mal die trennenden grenzen haben die wörter gemeinsam - klasse. einfach - ja.

und dennoch, das finde ich wesentlich, hat es kraft über diese spezielle grafik hinaus - allein wie es sich einprägt - z.b. auch in anderer trennung: / als - ob - nichts - wär / - obwohl das eine weit verbreitete phrase ist, ist sie in dieser abgesetztheit sofort als zitat erkennbar und erinnerlich.

die folgende zeile

blicke in den wunden Himmel, den die alten Horizonte peitschen...

finde ich nicht optimal - zweimal hintereinander bestimmter artikel + adjektiv + substantiv - schwächt sich.

ohne jetzt den inhalt zu berücksichtigen, fände ich es stärker das zweite adjektiv wegzulassen oder die artikel zu variieren.

z.b.
blicke in wunden Himmel, den die alten Horizonte peitschen...

es folgt der nächste dimensionssprung
lirumlarum einerlei / wer nicht quält, der bricht entzwei
wiederum genial - und der nächste - da erst recht, mit den klammerausdrücken...diese sprache ist toll.

ich finde diese überaschungsmomente, ohne dass der text dabei auseinanderfällt, absolut bemerkenswert - ok. ich bin kein lyrikexperte, aber mir fällt da jetzt in dieser art kein vergleichbarer text ein - formal natürlich schon, aber nicht in dieser inhaltlichen stringenz.

- kann nur mem zitieren: "Wahnsinn. Dieser taumeltrunkene Torkelstil beeindruckt mich tief."

ab hier ("bruder jakob") fesselt mich der text nicht mehr ganz so - das liegt auch an der mir fehlenden graphischen geschlossenheit des gesamttextkörpers - dies irritierte mich von anfang an.

Die große Uhr hat müde geschlagen

ist zwar ein toller satz, aber hier finde ich ihn ein wenig künstlich, er fügt sich sprachlich nicht ein.

und das ende erscheint mir irgendwie ungeordnet - an sich finde ich es sehr gut, dass nach der überwältigenden ersten hälfte der text nun ruhiger und geschlossener wird und ausklingt.

ich versuch mal eine variante in die richtung, an die ich denke - sicher nur ein ansatz, aber mich interessiert, was du dazu sagst




                      Ich weiß ein Lied davon zu singen
                  das klingt nicht schön


Hula-Hoop, ich schwing den brennenden Reif
um meine Hüften |als | |ob | |nichts | |wär |

blicke in wunden Himmel, den die alten Horizonte peitschen...
                                                                                                                       lirumlarum einerlei
                                                                                                                       wer nicht quält, der bricht entzwei


Und mir wird klar, da so zurück zwischen den duftenden Armen (nach Weichspüler) und Mündern (nach Apfel),
die goldnen goldnen Brücken führen | ALLE | hinab

Bruder Jakob, unter einem Stein, da wohnen Hund und Katze
und ich stehe | immer noch | an der Backsteinwand und schnippe | immer noch | in die Luft um | dranzukommen |

                                                            larumlirum diphtherie
                                                            verzeih mein herz, das schaffst du nie


Mir haben sie die Gans gestohlen, als ich bei den Ameisen Zucker verschwendete
und auf der Mauer auf der Lauer starb | immerfort| | einer | dieser| | vielen| | Träume|

Die große Uhr hat müde geschlagen. Die alten Photos sind nicht mehr.
Ich weiß.

                  und wer nicht kann,
                  der kommt nicht dran


Heute klingeln andere Telefone. Aber mir ist es immer noch als wäre Gloria am Apparat und käme nicht – deinetwegen




liebe grüße, aram
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Beitragvon aram » 08.10.2006, 15:22

und auf der Mauer auf der Lauer starb | immerfort| | einer | dieser| | vielen| | Träume|


zur frage, ob auf der mauer / lauer wirklich träume sterben sollen - ich finde das auch etwas schwer vorstellbar bzw. pathetisch.

in einer solchen situation kann ich mir besser vorstellen, dass ideen sterben - noch nicht mal träume also.

liebe sonntagsgrüße
aram


(sorry ich kann das nicht oben reineditieren, würde eine stunde dauern mit dem editor... .-))
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 10.10.2006, 14:06

Lieber aram,
danke für deine große Hilfe!

besonders beeindruckt mich, dass du die wörter nicht nur voneinander trennst, sondern jedes wort zwei striche für sich hat - nicht mal die trennenden grenzen haben die wörter gemeinsam - klasse. einfach - ja.


ja, das war tatsächlich genau so beabsichtigt..danke für deine mich lesenden Augen :blumen:...das war mir wichtig.

Mit den Träumen knuspere ich noch. Ideen sind es nicht. Eher !Annahmen", aber Annahmen kann ich an ander Stelle wohl nicht schreiben. Es ist eher eine Art Weltvorstellung, die anhand von einzelnen Erfahrungen dann Stück für Stück gebrochen wird. Ich weiß nicht, ob es dafür ein Wort gibt...?

Die umgekehrte Ordnung der Reimverse habe ich übernommen. Nur jetzt hier nicht perfekt dargestellt, da es stunden dauern würde(@quelltext). Ich wollte das erst nicht übernehmen, jetzt aber schon, mir gefrällt das "gegen die Leserichtung". Allerdings wird der letzte Vers dann etwas weiter links beginnen als alles andere.

Die Kritik am Ende teile ich inzwischen, ich könnte das entweder ganz streichen oder wie unten probiert ändern. Deine Gliederung kann ich leider nicht übernehmen, das "kommt nicht dran" muss die Schlusskonsequenz des textes bleiben, auch auf Textebene...also muss das ans Ende...

Das doppelte alt habe ich ersetzt. Ebenso habe ich den dann wohl zu krummen satz mit dem wunden himmel geändert, allerdings fand ich dann leonies Vorschlag dazu besser und habe diesen genommen.

Damit wäre dann dies (bis wie gesgat auf die versstellung) hier die neue Fassung:

            Ich weiß ein Lied davon zu singen
das klingt nicht schön



Hullahup, ich schwing den brennenden Reif
um meine Hüften |als | |ob | |nichts | |wär |

blicke in den wunden Himmel, den alte Horizonte peitschen...

[align=left]                                                                       lirumlarum einerlei
                                                                      wer nicht quält, der bricht entzwei
[/align]


Und mir wird klar, da so zurück zwischen den duftenden Armen (nach Weichspüler) und Mündern (nach Apfel),
die goldnen goldnen Brücken führen | ALLE | hinab

Bruder Jakob, unter einem Stein, da wohnen Hund und Katze
und ich stehe | immer noch | an der Backsteinwand und schnippe | immer noch | in die Luft um | dranzukommen |


[align=left]                                       larumlirum diphtherie
                                      verzeih mein herz, das schaffst du nie
[/align]

Mir haben sie die Gans gestohlen, als ich bei den Ameisen Zucker verschwendete
und auf der Mauer auf der Lauer starb | immerfort| | einer | dieser| | vielen| | Träume|

Die große Uhr hat müde geschlagen. Die Photos von einst, sie sind nicht mehr. Ich weiß.

[align=left]     und wer nicht kann,
der kommt nicht dran
[/align]


Aram, danke bisher, ich mag es immer sehr, wenn du mir beim Freilegen hilfst! Das hilft mir immer sehr!

Liebe Grüße,
lisa
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Schwarzbeere
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Beitragvon Schwarzbeere » 26.02.2007, 11:44

Torkeleien, Kreiseln oder Tiefsinn?

Die Umsetzung der Bewegung des Hula-Hoop-Schwingens ins Wort, das sich durch die Verwendung der Schrägstriche auch visuell aufdrängt, finde ich interessant. Ich erlebe diese Rhythmik, die das Gehirn zwingt, kindliche Abzählverse hervorzuquetschen oder was dort immer an Paarreimen und dergleichen zur Bewegungsablaufbegleitung parat liegt. Das wäre eine durchaus gültige Schau auf dein Sprachgekleckse, wenn ich Collage so, ohne beleidigende Absicht, übersetzen darf.

Dem gegenüber steht jedoch der Titel, bei dem mich das „davon“ zur ersten Gegenfrage „wovon?“ zwang, und der Hinweis, dass das nicht schön klänge, war für mich eine Koketterie, ein „fishing for compliments“ oder auch eine Entschuldigung, die man freilich nicht an den Anfang setzen sollte, falls dies die Absicht!

Der Rhythmus des rotierenden Reifens – und ich kann mich noch gut an meine verzweifelten Versuche erinnern, die Schwingeleganz meiner Schwester zu erreichen – der sich dem erlebenden Ich aufzwingt, ruft freilich auch völlig heterogene Gedankenfetzen in das manisch gestörte Assoziationsgefüge, deren verbal ausgedrückter Rhythmusabfall für mich die Unterbrechung der Reifendrehung kennzeichnet, wenn also dieses Gadget hinunterrutscht und wieder aufgehoben und gestartet werden muss – oder auch nicht, denn gegen Schluss des Textes ist der Reifen weg bzw hindert kein Tanz mehr das Denken, das aus der lustvollen Trudelei wieder zu sich findet und – wie sollte es anders sein, nach einer manischen Phase – sich mit eher depressiven, melancholischen Vorstellungen abgibt.

So dachte ich, als ich den Text las. Dann aber entdeckte ich, dass auch eine Hörversion existiert und ich hörte sie mir an. Das Ergebnis: völlige Auflösung der von mit gedachten Ereigniseinheit in Einzelmomente, die sich als solche vielleicht rechtfertigen könnten, jedoch nun zu einem Abhören willkürlich oder absichtlich einander störender Hörbilder führen, wie wenn man den Vorspann mehrerer Filme durcheinander gebracht hätte, also ein Theaterstück (Hörspiel?) mit einer Unzahl von Kurzszenen.

Wie spricht der Besessene in der Bibel? „Mein Name ist Legion…“. Interessant, sehr interessant, doch was ist es?

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Beitragvon Lisa » 27.02.2007, 20:24

Liebe schwarzbeere,
diesen Kommentar habe ich sehr gerne gelesen, das in der Kritik versteckte Lob wie auch die in dem Lob versteckte Kritik :-). Wirklich, das war ein echter Lesegenuss, ich mag deine eigene Art dabei.
Allerdings weiß ich nicht mehr, als diese fünf Zeilen zu antworten - ob das erlaubt ist? Denn ich kenne die Antworten auf deinen Vermutungen auch nicht. Ich glaube, es ist nicht entschieden.

Liebe Grüße,
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