Zum Beispiel

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 07.09.2006, 22:33




Zum Beispiel

Fensterscheiben:
Sie vibrieren bei Erschütterung.
Das Ahornblatt gestern,
es ließ sich mitreißen.
Auch eine Welle
ist nachgiebig
und ein Erdbeben.
Dies alles fügt sich.

Heute blicke ich
gegen die Uhr
und fliehe
davon.
Zuletzt geändert von Niko am 07.07.2011, 10:29, insgesamt 2-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 19.09.2006, 20:16

Hallo Niko,
und diesen Kommentar von ir habe ich auch noch rausgekramt, da du mich ja explizit um Vorschläge gebeten hattest. Gibst da auch noch ne Rückmeldung? :-)

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Niko

Beitragvon Niko » 19.09.2006, 23:16

hallo lisa!
auch hier ein "danke" ans erinnern. im moment habe ich urlaub und bin nicht ständig zu hause und in meinem alter vergisst man auch schonmal was. selbst die eigenen texte :-) naja......über deine variante musste ich natürlich auch intensiv nachdenken :idee:
aaaaaaaaaaalso:
es ist schwierig, zu antworten. mir geht es da wahrscheinlich genau wie dir: es sind ja keine grammatikalischen fehler, sondern du beschäftigst dich ja hier mit satzstellung und klareren bezügen und in geringem maße mit der form.
grundsätzlich glaube ich, dass deine version nicht die schwingung hat, die mein ur-gedicht hat. (schwingung klingt so esotherisch, aber ich denke mal, du weißt, wie ich das meine). es liegt vielleicht einfach an dem individuell ganz unterschiedlichen gebrauch der sprache. ein beispiel:


Zum Beispiel:

Bei Erschütterungen
vibrierende Fensterscheiben
Das Ahornblatt
gestern
das sich mitreißen lies
Selbst die Welle
ist nachgiebig
und das Erdbeben bebt
- Dies alles fügt sich


hier habe ich den eindruck, dass du einen "nur" aufzählenden charakter wählst, um dem ende "dies alles fügt sich" gerecht zu werden. damit aber nimmst du dem gedicht etwas.

es ist ein unterschied, auch im empfinden, wenn ich so:

Zum Beispiel
Fensterscheiben:

oder so schreibe:

Bei Erschütterungen
vibrierende Fensterscheiben

mit meiner art habe ich versucht, die akzente auf die aufzählungen zu setzen. deins klingt mir so nach "bei risiko und nebenwirkungen" ist mir zu versachlicht.

Sie vibrieren bei Erschütterung.

mit "sie" hier im bezug auf fenster, setze ich aber auch gleichzeiteig den leser in die lage, ein bild entstehen zu lassen. auch hier:

Das Ahornblatt gestern,
es ließ sich mitreißen.

danach habe ich auf "sie" und "es" verzichtet, weil zum einen ich wiederholungen vermeiden wollte, zum anderen, weil der leser sich nun vielleicht autom,atisch ein bild versucht zu machen.

erdbeben bebt......ne, das klingt nicht, lisa.

Den Doppelpunkt fänd ich schon so "besser" , ich nähme ihn dann auch ind en Titel mir rein. Aber in deiner Version köntne er auch (mutig) hinter Erschüterung stehen und die Einleitungswirkung so unterstützen. So wie er bisher jetzt bei dir steht, finde ich ihn nicht ganz passend.


wie der doppelpunkt entstand, hab ich ja schon früher erklärt. auch hier finde ich, dass der doppelpunkt hinter den fensterscheiben besser passt. er bildet für mich den ausgleich zum betonen der aufzählung. fensterscheiben als einziges wort in der zeile mit doppelpunkt drängt nach der frage: was ist mit den scheiben? würde der doppelpunkt hinter zum beispiel stehen, würde der aspekt entfallen.
aber es ist schwer, das eigene sprachempfinden zu erläutern. ich hoffe, du kannst das verstehen.
so jedenfalls denke ich darüber.
lieben gruß: Niko. nicht uneinsichtig, hoffe ich, sondern verteidigend *wo ist das smiley mit dem schwert*

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Beitragvon Lisa » 20.09.2006, 14:21

Lieber niko,

grundsätzlich glaube ich, dass deine version nicht die schwingung hat, die mein ur-gedicht hat. (schwingung klingt so esotherisch, aber ich denke mal, du weißt, wie ich das meine). es liegt vielleicht einfach an dem individuell ganz unterschiedlichen Gebrauch der Sprache.


Ja, ich glaube jetzt auch, dass das hier der Fall. Es kann zwar trotzdem sein, dass man sich von seinen unterschiedlichen Gebrauch erzählen kann und der andere daraus etwas erahnen kann, was ihm für den konkreten Text etwas bringt, aber hier dachte ich gleich bei meinem Versuch schon, dass das hier nicht der Fall ist.

Ich nehme jetzt mal Anlauf...mir kommt es auch gar nicht so auf das einzelne Gedicht an (in einem "höheren" Sinne)...ich wünsche mir die Satzstruktur in diesem Gedicht immer noch anders, denke aber, dass das nicht änderbar ist, aus den von dir genannten Gründen. Ich glaube aber auch, dass du es "besser kannst"- weil ich so viel schon von der Stimmung für mich lesen kann, dass ich anderes wittere :-)

Deine schönste Antwort hast du mir allerdings sowieso in meinem Text gegeben - das hat mich umgehauen (nicht des Lobes oder dergleichen wegen) und ich bin richtig froh, dass du "hier" bist. Auch wenn ich etwas Zeit brauchen werde um zu antworten.

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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