Eine Frau aus einem anderem Land

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 08.09.2006, 19:09

Eine Frau aus einem anderen Land

Meine Füße
setzen auf den Boden
nach der Nacht,
in der keine Augen
trocken blieben
und der Morgenwind
fächelt wieder
die Harmlosigkeit
in Samtschuhen
ins Gedenken
an Gestern.

Nein, brüllte ich
umsonst
lächerlich
gegen Unfaßbares
zur Stehlampe,
zum Fenster,
zu den Fliegen am Fenster
und meiner Faust,
die schlagen wollte,
zerschlagen den Rahmen.

Gibt es einen Weg
nach dieser Ermattung,
auf dem ich gehe?
Auf dem du mich siehst,
trägst?

Dorthin?

Dahin,
wo unsere Welt anfängt?

Gast

Beitragvon Gast » 12.09.2006, 00:57

Das gefällt mir unheimlich gut; habs schon mehrmals gelesen. Da klingen wunderbare Assonanzen und Konsonanzen, da entstehen Bilder, mit denen ich viel anfangen kann.
der Morgenwind
fächelt wieder
die Harmlosigkeit
in Samtschuhen


Ich denke schon du meinst Harmlosigkeit in Samtschuhen, ich könnte mir aber auch gut vorstellen zu sagen, dass die Harmlosigkeit in die Samtschuhe gefächelt wird. (Nur so ein Gedanke).

LG

Bea

Perry

Beitragvon Perry » 12.09.2006, 15:52

Hallo Moshe,
der Text hat viel Dynamik und fantasievolle Bilder. Weniger gefällt mir dazu "ins Gedenken" klingt nach Nachruf und "Ermattung" ist wenig lyrisch. Insgesamt aber gern gelesen!
Perry

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.09.2006, 18:48

Liebe Bea,
freut mich, daß es dir gefällt und viel zu dir sagt, und ich denke: Vielleicht verstehe ich warum. (s.u.)

Lieber Perry,
daß du den Moment des Nachrufes erfasst, ist mir verständlich. :smile:

Der gehört da auch hin.

Hm.

Es ist ein Moment des Schwankens zwischen Nachruf oder Zukunft.

Ich danke euch beiden

moshe.c

Louisa

Beitragvon Louisa » 16.09.2006, 21:19

HAllo Monsieur Zitrone!

Ich wundere mich, dass noch so wenig dazu geschrieben wurde. Also beim Titel habe ich ja zuerst gedacht jetzt kommt eine richtig erotische Szene :smile: ...
-Ich finde diesen Text wieder einmal sehr gut! Es klingt für mich nach einer Beziehungskrise (Oh, was für ein Kombinationsgenie ! :smile:)

Der Morgenwind fächelt (heißt es nicht fächert?) die Harmlosigkeit in Samtschuhen? Das ist aber eine riesige Leichtigkeit! Morgendwind personifiziert in Samtschuhen :smile: ...aber es gefällt mir ganz gut.

zur Stehlampe,
zum Fenster,
zu den Fliegen am Fenster
und meiner Faust,
die schlagen wollte,
zerschlagen den Rahmen.


-gegen diese originellen Bilder anzubrüllen ist auch wieder sehr raffiniert geschrieben, Monsieur. Schön!

Den Schlusssatz habe ich zusammen mit dem Titel so interpretiert, dass die Frau vielleicht gar nicht aus einem fremden Land kommt, aber durch den Streit haben sich beide so weit voneinander entfernt, dass man am Ende wieder nach einer gemeinsamen Welt sucht !?

(Könnte man im Gedicht vielleicht noch andeuten, wenn es so wäre. Aber auch so ist es gut!)

Also insgesamt wieder ein gutes Gedicht (für mich)!

Liebe Grüße und träumende Zitronen!
l.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 17.09.2006, 16:42

LIebe Luisa Zb.!

Fächeln ist richtig.

Die Frau kommt tatsächlich aus einem anderen Land, will sich aber nicht davon lösen, und dies bereitet dem Helden Probleme.

moshe.c


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